BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/19136 21. Wahlperiode 03.12.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Dolzer (DIE LINKE) vom 25.11.19 und Antwort des Senats Betr.: Lürssen nutzt eine Lücke im Rüstungsexportverbot nach Saudi-Arabien – Sind auch Blohm+Voss und/oder die Norderwerft beteiligt? Die Lürssen Werft GmbH & Co. KG (Lürssen) ist eine Schiffswerft mit Hauptsitz in Bremen. Zur Firmengruppe gehören des Weiteren unter anderem die Lürssen Logistics GmbH & Co. KG sowie Niederlassungen in Schacht- Audorf, in Wilhelmshaven, die Peene-Werft GmbH & Co. KG (Peene-Werft) in Wolgast sowie Blohm+Voss B.V. & Co. KG (Blohm+Voss) und die Norderwerft Repair GmbH (Norderwerft) in Hamburg. Die Werft ist bekannt für den Bau militärischer Schnellboote und ziviler Großjachten. Aus internen Präsentationen die von report München, „stern“ und der Tagesschau öffentlich gemacht wurden, geht hervor, dass Lürssen weiterhin Mitarbeiter in Saudi-Arabien beschäftigt, die bei der Ausbildung von Schiffsmannschaften und am Unterhalt von Patrouillenbooten beteiligt sind. Ein Lürssen- Fortschrittsbericht aus dem Mai 2019 berichtet, eine neue Ankerwinde sei als Ersatz für eine defekte Winde „eingebaut und getestet“ worden. Außerdem organisierte der Konzern den Unterlagen zufolge Ersatz für defekte Schiffsschrauben eines Bootes, das auf Grund gelaufen war. Im Dezember 2018 waren laut einer internen Aufstellung 29 Lürssen-Mitarbeiter in Saudi-Arabien tätig. Saudi-Arabien hatte bei Lürssen vor einigen Jahren 33 Patrouillenboote bestellt. „Bei der Abwicklung des Hauptvertrages“ komme es „in erheblichem Umfang zur Durchführung von Aktivitäten in Saudi-Arabien“, hatte es bereits in einem internen Lürssen-Projekthandbuch aus dem Jahr 2015 geheißen. Zwar wurden wegen des Ausfuhrstopps nur 15 Patrouillenboote geliefert, doch das Ausbildungsprogramm für die Crews der exportierten Schiffe lief weiter. Im „stern“ heißt es zudem: „Bei einem Angriff im September 2018 beschädigten sogenannte Huthi-Rebellen sowohl eines der Patrouillenboote aus Wolgast wie außerdem ein Landungsboot aus dem Hause Lürssen, das 189 Meter entfernt im selben Hafenbecken in Jizan lag. An einem Gebäude an der Kaimauer – unweit des dortigen Lürssen-Büros – sei sogar „schwerer Schaden“ entstanden, hieß es in einer Präsentation von Lürssen im Dezember 2018“. Zu den Aspekten des Rüstungsdeals, die bisher verborgen blieben, gehören auch einige auffällig umständliche Firmenkonstruktionen im Hintergrund. Das betrifft etwa die Deeside Logistic Services Ltd (Deeside) im britischen Wales. Sie wurde im April 2015 gegründet, als das Saudi-Projekt gerade in Fahrt kam. Offenbar handelt es sich um keine reine Briefkastenfirma, denn sie er- Drucksache 21/19136 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 arbeitet teilweise die sogenannte Ablieferungsdokumentation für die Schiffe. Aber laut interner Aufstellungen sollte Deeside wiederholt auch Aufträge der Lürssen-Filiale in Saudi-Arabien annehmen und diese dann an die Unternehmenszentrale in Bremen weiterreichen. Deeside kaufe bei Lürssen in Deutschland ein, um für die Filiale in Saudi-Arabien als „Lieferant“ aufzutreten , hieß es in einem Papier. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wurden seit 2010 neben Schiffen und Schiffsteilen der Peene-Werft auch Schiffe oder Schiffsteile von Blohm+Voss oder der Norderwerft direkt oder indirekt nach Saudi-Arabien geliefert und/oder im Auftrag Saudi-Arabiens gebaut? (Bitte nach Blohm+Voss und Norderwerft aufschlüsseln .) 2. Waren Blohm+Voss und die Norderwerft in irgendeiner Form am Bau oder der Lieferung der 15 oben genannten Patrouillenboote beteiligt? Zum Beispiel durch Zulieferung von Teilen, Austausch von Personal et cetera? Wenn ja: in welchem Umfang und wie genau? (Bitte nach Blohm+Voss und Norderwerft sowie Beteiligungsart aufschlüsseln.) 3. Waren Blohm+Voss und die Norderwerft in irgendeiner Form am Bau oder der Lieferung des oben genannten Landungsbootes beteiligt? Zum Beispiel durch den Bau oder die Zulieferung von Teilen, Austausch von Personal et cetera? Wenn ja: in welchem Umfang und wie genau? (Bitte nach Blohm+Voss und Norderwerft sowie Beteiligungsart aufschlüsseln.) 4. Waren oder sind seit 2015 Mitarbeiter von Blohm+Voss oder der Norderwerft im Lürssen-Büro in Jizan beschäftigt? (Bitte nach Blohm+Voss und Norderwerft aufschlüsseln.) 5. Waren oder sind seit 2015 Mitarbeiter von Blohm+Voss oder der Norderwerft an der Ausbildung von Schiffsmannschaften in Saudi-Arabien beteiligt? (Bitte nach Blohm+Voss und Norderwerft aufschlüsseln.) 6. Waren oder sind seit 2015 Mitarbeiter von Blohm+Voss oder der Norderwerft an der Wartung oder dem Unterhalt der Patrouillenboote oder weiterer Marineschiffe in Saudi-Arabien beteiligt? (Bitte nach Blohm+Voss und Norderwerft aufschlüsseln.) 7. Arbeiten Blohm+Voss oder die Norderwerft mit Deeside Logistic Services Ltd im britischen Wales zusammen? Wenn ja: auf welche Weise? (Bitte nach Blohm+Voss und Norderwerft aufschlüsseln.) Der zuständigen Behörde liegen keine Kenntnisse vor. Für Rüstungsexporte beziehungsweise Verbote von Exporten ist das Bundeswirtschaftsministerium zuständig. Die entscheidenden Bundesgesetze sind das Außenwirtschaftsgesetz (AWG), die damit in Verbindung stehende Außenwirtschaftsverordnung (AWV) und insbesondere das Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG). Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst.