BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/19163 21. Wahlperiode 06.12.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten André Trepoll und Carsten Ovens (CDU) vom 28.11.19 und Antwort des Senats Betr.: Wieso wird die Zukunft der Hamburger Radiosender ENERGY und 917XFM aufs Spiel gesetzt? Die CDU setzt sich für eine Stärkung des Medienstandortes Hamburg ein. Dazu zählt auch der wichtige Hamburger Hörfunkmarkt. Der Medienrat der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) hat erstmals seit 1991 über einen Großteil der Frequenzzuweisungen im Hamburger UKW- Spektrum neu entschieden. Dabei verweigerte der Medienrat den etablierten Hamburger Radiosendern ENERGY und 917XFM die Lizenz zur weiteren Nutzung der Hamburger UKW-Frequenzen. Damit wird ENERGY, der insbesondere ein junges Publikum anspricht und für das Medium Radio zugänglich macht, ab August 2020 nur noch über sein nationales DAB+-Programm in der Hansestadt zu hören sein. Und das, obwohl sich ENERGY seit fast 25 Jahren fest am Hamburger Markt etabliert und die von der Medienanstalt gestellten Anforderungen in vollem Umfang erfüllt hat. 917XFM ist 2010 als redaktionelles Musikradio auf Hamburgs kleinster UKW-Frequenz gestartet und zwischenzeitlich eine tragende Säule der Hamburger Musikszene und dort fest verankert. Kein Hamburger Sender präsentiert mehr Konzerte in der Stadt und befüllt damit die Hamburger Clubs. Kein anderer Hamburger Sender bietet Newcomern – gerade auch aus der Metropolregion Hamburg – On und Off Air durch massive redaktionelle Unterstützung dieser Plattform und damit die Chance auf einen Plattenvertrag und Liveauftritte. Die Entscheidung der MA HSH sorgt daher in der Hamburger Medien- und Musiklandschaft sowie darüber hinaus für Verwunderung und Unverständnis und gefährdet zahlreiche Arbeitsplätze. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) vergibt im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereichs unter anderem Rundfunkzulassungen (umgangssprachlich oft auch Lizenz genannt) und ist für bestimmte Frequenzzuweisungen zuständig. Die Landesmedienanstalten wurden mit der Einführung des privaten Rundfunks insbesondere deswegen gegründet, damit die konkreten Entscheidungen über Zulassungen und Frequenzkapazitäten und damit die Auswahl über die Inhalteanbieter gerade nicht dem Staat obliegen. Diese Ausprägung des Gebotes der Staatsferne ist Ausfluss der aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) folgenden Rundfunkfreiheit. Dem Senat der Freien und Hansestadt Hamburg und der Landesregierung Schleswig- Holstein kommt gegenüber der MA HSH nicht die Rolle einer umfassenden Fachaufsicht zu, sondern vielmehr die Funktionen der Haushalts- und Rechtsaufsicht. Die Zuweisung von Übertragungskapazitäten durch die MA HSH erfolgt gemäß § 26 Absatz 7 Satz 1 Medienstaatsvertrag Hamburg/Schleswig-Holstein (MStV, abrufbar unter https://www.ma-hsh.de/service/rechtsgrundlagen.html (Gesetze)) für die Dauer von zehn Jahren. Im Anschluss ist gemäß § 26 Absatz 7 Satz 2 MStV eine einmalige Drucksache 21/19163 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Verlängerung von längstens zehn Jahren zulässig. Der MStV ist am 1. März 2007 als gemeinsames Landesmediengesetz von Hamburg und Schleswig-Holstein in Kraft getreten. Nach § 59 Absatz 2 Satz 1 MStV sind die bei Inkrafttreten des Staatsvertrages bestehenden Zuweisungen, die noch auf Grundlage der Vorgängerregelungen in Hamburg und Schleswig-Holstein vergeben wurden, unberührt geblieben. Zur Klarstellung enthält § 59 Absatz 2 Satz 2 MStV den ausdrücklichen Hinweis, dass auch die einmalige Verlängerung bereits bestehender Zuweisungen gemäß § 26 Absatz 7 Satz 2 MStV zulässig ist. Die in diesem Jahr ausgeschriebenen Kapazitäten waren nahezu alle bereits bei Inkrafttreten des Staatsvertrages den derzeitigen Zuweisungsnehmern zugewiesen. Den derzeitigen Zuweisungsnehmern wurde nach § 59 Absatz 2 MStV eine Verlängerung ohne Ausschreibung ermöglicht. Diese Zuweisungen enden alle in den Jahren 2020 bis 2022. Eine weitere Verlängerung ohne Ausschreibung wäre daher nicht mehr möglich gewesen, da das Recht zur einmaligen Verlängerung nunmehr verbraucht war. Somit wurde eine Neuausschreibung nötig. Die MA HSH weist nach § 26 Absatz 6 Satz 1 MStV demjenigen Antragsteller die Übertragungskapazitäten zu, der am ehesten erwarten lässt, dass sein Angebot die Meinungsvielfalt und Angebotsvielfalt fördert, auch das öffentliche Geschehen, die politischen Ereignisse sowie das kulturelle Leben in Hamburg darstellt und bedeutsame politische, weltanschauliche und gesellschaftliche Gruppen zu Wort kommen lässt. In die Auswahlentscheidung ist nach § 26 Absatz 6 Satz 3 MStV ferner einzubeziehen , ob das Angebot wirtschaftlich tragfähig erscheint sowie Nutzerinteressen und Nutzerakzeptanz hinreichend berücksichtigt. Außerdem kann nach § 26 Absatz 6 Satz 4 MStV berücksichtigt werden, inwieweit Finanzierungsgrundlage, Professionalität sowie infrastrukturelle Voraussetzungen für die Programmerstellung gesichert sind. Die bisherige Stellung am Hörfunkmarkt und die Arbeitsplätze fließen in die Entscheidung mit ein, sind aber keine eigenständigen, besonders gewichteten Kriterien. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen zum Teil auf der Grundlage von Auskünften der MA HSH wie folgt: 1. Wie setzt sich der Medienrat der Medienanstalt Hamburg/Schleswig- Holstein zusammen, wie oft tagt dieser und welche Kernkompetenzen werden ihm, neben den Frequenzzuweisungen, zugesprochen? Die Zusammensetzung des Medienrates der MA HSH ergibt sich aus § 41 MStV. Die aktuell von der Hamburgischen Bürgerschaft und dem Landtag Schleswig-Holstein gemäß § 42 MStV gewählten Mitglieder sind auf der Homepage der MA HSH abrufbar : https://www.ma-hsh.de/ma-hsh/medienrat.html. Das gesetzlich vorgeschriebene Mindestsitzungsintervall ergibt sich aus § 45 Absatz 1 MStV. Demnach tritt der Medienrat mindestens einmal im Vierteljahr zu einer ordentlichen Sitzung zusammen. In der Praxis tagt der Medienrat in der Regel aber häufiger als gesetzlich gefordert. Die aktuellen Sitzungstermine sind ebenfalls auf der Homepage der MA HSH abrufbar. Die Aufgaben des Medienrates und damit auch seine Kernkompetenzen ergeben sich insbesondere aus § 39 MStV. 2. Wieso wurde erstmals seit 1991 über einen Großteil der Frequenzzuweisungen im Hamburger UKW-Spektrum neu entschieden? Siehe Vorbemerkung. 3. Wieso wurde die Zeitspanne bis zur nächsten Entscheidung über die Frequenzzuweisungen auf zehn Jahre reduziert? Eine Reduzierung auf zehn Jahre liegt nicht vor. Bereits die Vorgängerregelung im Hamburgischen Mediengesetz sah einen Zeitraum von zehn Jahren vor. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/19163 3 4. Mit welcher Begründung haben die Radiosender ENERGY und 917XFM nicht erneut Frequenzen im Hamburger UKW-Spektrum zugewiesen bekommen? Den beiden genannten Sendern wurden nicht erneut Kapazitäten zugewiesen, weil der Medienrat bei der von ihm zu treffenden prognostischen Auswahlentscheidung nach intensiver Beratung zu der Überzeugung gelangt ist, dass im jeweils ausgeschriebenen Versorgungsgebiet ein anderes Programm besser erwarten lässt, die gesetzlichen Vorgaben von § 26 Absatz 6 MStV HSH zu erfüllen (siehe Vorbemerkung ). 5. Ist die unter 4. getroffene Entscheidung einstimmig gefallen? Wenn nein, warum nicht und wie viele Gegenstimmen gab es? Die Entscheidung für FluxFM wurde durch den Medienrat mit 13 Ja- bei einer Nein- Stimme getroffen, die Entscheidung für ByteFM wurde einstimmig mit 14 Ja-Stimmen getroffen. Begründungen für die Nein-Stimme sind der zuständigen Behörde nicht bekannt. 6. Nach welchen Kriterien hat der Medienrat der MA HSH die Lizenzen zur Nutzung der Hamburger UKW-Frequenzen vergeben? 7. Wurde bei der Entscheidung berücksichtigt, welche Sender bereits am Hamburger Hörfunkmarkt etabliert sind? Wenn ja, wie und warum wurde die Lizenz der Radiosender ENERGY und 917XFM trotzdem nicht verlängert? Wenn nein, warum nicht? 8. Wurde bei der Entscheidung berücksichtigt, wie viele Arbeitsplätze der jeweiligen Sender in Hamburg bei einer nicht erfolgten Lizenzverlängerung gefährdet sind? Wenn ja, wie und warum wurden die Lizenzen der Radiosender ENER- GY und 917XFM trotzdem nicht verlängert? Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung. 9. Der Radiosender ENERGY hat insbesondere ein jüngeres Publikum angesprochen, 917XFM sich stark für die Hamburger Musikszene und -wirtschaft zum Beispiel gemeinsam mit der IHM – Interessengemeinschaft Hamburger Musikwirtschaft e.V., dem Clubkombinat Hamburg e.V. und RockCity Hamburg e.V. eingesetzt. Nach § 26 Absatz 6 Medienstaatsvertrag Hamburg und Schleswig-Holstein (MStV HSH) muss die MA HSH bei ihren Entscheidungen unter anderem die Förderung der Meinungs- und Angebotsvielfalt zugrunde legen. Welcher der neuen Anbieter, die statt der Radiosender ENERGY und 917XFM eine Lizenz erhalten haben, stellt ein Angebot für die oben genannten Zielgruppen und damit einen Ersatz für das bisherige Angebot von ENERGY und 917XFM dar? Nach Überzeugung des Medienrats wird FluxFM die Angebots- und Meinungsvielfalt besser fördern können als ENERGY. Aus dem gleichen Grund wurde ByteFM der Vorzug gegenüber 917XFM sowie den anderen vier Bewerbern gegeben. 10. Wie bewertet der Senat das Ergebnis der Lizenzvergabe im Hamburger UKW-Spektrum im Allgemeinen und dass die Radiosender ENERGY und 917XFM keine erneute Lizenz erhalten haben im Speziellen? Mit Blick auf die in der Vorbemerkung dargestellte Rolle des Senats sieht er an dieser Stelle von einer Bewertung ab.