BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1946 21. Wahlperiode 23.10.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Ralf Niedmers (CDU) vom 16.10.15 und Antwort des Senats Betr.: Konzept Deichpark: Entwicklung des Spreehafens und Planungen zur Erhöhung des Klütjenfelder Hauptdeichs Am 10. Juni 2014 titelte das „Hamburger Abendblatt“: „Der Hamburger Spreehafen wird zum Freizeitparadies“ (vergleiche http://www.abendblatt.de/ hamburg/hamburg-mitte/article128879333/Der-Hamburger-Spreehafen-wirdzum -Freizeitparadies.html). Doch schon hier wurde klar, dass die Interessen, was die Umsetzung des Konzepts Deichpark anbelangt, durchaus unterschiedlich gelagert zu sein scheinen. Während Oberbaudirektor Jörn Walter bereits von der „Alster des Südens“ zu träumen scheint, zeigten sich sowohl die Hafenverwaltung als auch Hafenanlieger von den Plänen weniger begeistert und befürchten gar eine Zweckentfremdung des Spreehafens. Anders als an der Alster liegt das breite Hafenbecken im direkten Einflussbereich der Elbe. In Zeiten knapper Hafenflächen spielt der Spreehafen perspektivisch eine wichtige Rolle. Nicht nur, dass der Spreehafen sowohl für die Binnenschifffahrt als auch für die kleineren Hafenverkehre an Bedeutung gewinnt, auch gilt es Uferplätze als mögliche Verlagerungsorte für Hafenbetriebe bereitzuhalten. Die Vorlandstraße sichert die Hinterlandanbindung für den Lieferverkehr. Gleichzeitig möchte der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) aber Spaziergänger, Grill-Freunde und spielende Kinder auf diese Vorlandstraße locken, um die Deichkrone zu entlasten. Eine Herauslösung des Spreehafens aus dem Hafengebiet hin zu einem reinen Freizeitgewässer kann nicht zielführend sein. Seit der Beseitigung des Zollzauns hat sich die Nutzung des Deichs und der Vorlandstraße erheblich geändert. Es gibt kein aktuell angepasstes Nutzungskonzept. Als problematisch sehen viele der von der Umsetzung des Konzepts Deichpark betroffenen Hafenanlieger die Kompetenzüberschneidungen zwischen der Hamburg Port Authority (HPA) sowie dem zuständigen LSBG, dem Betreiber des Deichs. Weitere Kompetenzüberschneidungen ergeben sich zwischen Wasserschutzpolizei (WSPK 2) und dem Polizeikommissariat (PK) 44 in Wilhelmsburg oder den Zuständigkeiten für Reinigung und Müllbeseitigung. Hinsichtlich der Planungen für Olympia (Ausweichflächen für Hafenbetriebe im Spreehafen) und Infrastrukturprojekte, wie die Trassenführung der U-BahnLinie nach Wilhelmsburg, scheinen die Planungen den neuen Entwicklungen nicht angepasst worden zu sein. Hier fehle es an einer übergeordneten Steuerung und einem Nutzungskonzept für eine deichrechtliche Anlage, die einer „Parknutzung“ zugeführt werden soll. Die Interessen der Gewerbebetriebe auf dem Wasser werden in den Hintergrund gedrängt, weil die Vorlandstraße zwar seit Jahren von den Hafenbetrieben genutzt wird, diese jedoch kein Überfahrtrecht haben, weil die Straße vom LSBG betrieben wird. Die Lieger zahlen ihre Pacht für die Wasserflächen jedoch an die HPA, die wiederum kein Interesse an den Instandhaltungskosten für die Vorlandstraße hat. Zuletzt fand im April dieses Jahres eine Informationsveranstaltung zu dem Thema „Entwicklung des Spreehafens und Planungen zur Erhöhung Drucksache 21/1946 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 des Klütjenfelder Hauptdeichs“ für die Hafenanlieger statt. In Reaktion darauf teilten einige Hafenanlieger ihre Forderungen und Anregungen für die Umsetzung des Konzepts mit. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Konzept „Deichpark“ ist als IBA-Projekt im Rahmen des Leitthemas „Stadt im Klimawandel“ durch die IBA Hamburg 2013 entwickelt worden. Das Projekt wurde im Bereich Adaption und Klimafolgenmanagement Mitte August 2010 durch die IBA GmbH im Einvernehmen mit der damaligen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU), dem Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LBSG), Hamburg Port Authority (HPA) und dem Deichverband Wilhelmsburg gestartet. Das Konzept „Deichpark“ zielt auf zukunftsorientierte Strategien zur Integration des Hochwasserschutzes in die Stadt- und Landschaftsentwicklung ab. Die Deichbauwerke müssen Schutz vor Hochwasser bieten; gleichzeitig soll ihr Potenzial als attraktiver und bedeutsamer Erholungs- und Freizeitraum am Wasser weiter entwickelt werden. Das Konzept „Deichpark“ zeigt hier exemplarisch für die Elbinseln Möglichkeiten auf, vor Ort das allgemeine Bewusstsein für den Hochwasserschutz zu schärfen und im Zuge der Umsetzung von baulichen Maßnahmen integrierte Lösungen sowohl im Hinblick auf das Erleben von Hochwasserschutzanlagen als Freiraumelement als auch als Angebot für Erholung und Freizeit zu finden. Mit dem Konzept „Deichpark Elbinsel“ sollen im Zusammenhang mit Deichbaumaßnahmen ein langfristiger, behördenübergreifender und kontinuierlicher Prozess der wasserbezogenen Stadtentwicklung herbeigeführt und integrierte Lösungen erprobt werden. Für das Konzept Deichpark liegt die Machbarkeitsstudie „Deichpark Elbinsel“ (04/2011) vor. Grundlage ist der im Rahmen der IBA 2013 erstellte Wasseratlas Elbinsel (08/2008). Die Realisierung des Konzeptes „Deichpark“ erfolgt schrittweise im Rahmen von Hochwasserschutzmaßnahmen, die diese Grundgedanken konkretisieren und berücksichtigen . Der Klütjenfelder Hauptdeich am Spreehafen und der Deich an der Nordspitze der Veddel sind die ersten Deichabschnitte, die im Zuge der neuen Bemessungswasserstände bis 2016 erhöht werden sollen. Vor diesem Hintergrund hat die IBA Hamburg GmbH gemeinsam mit dem LBSG für diese beiden Deichabschnitte ein kooperatives städtebaulich-landschaftsplanerisches Planungsverfahren durchgeführt. Die Planungswerkstatt „Deichpark Klütjenfelder Hauptdeich“ und „Deichpark Veddel Nord“ wurde im Jahr 2012/2013 als „offene Ideenwerkstatt“ mit Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt und mit der Entscheidung des Beurteilungsgremiums abgeschlossen. Die Vorschläge der Planungswerkstatt sowie die Empfehlungen des Beurteilungsgremiums bilden die landschaftsplanerischen Grundlagen für die anstehende Erhöhung der Deichanlagen. Die in der Planungswerkstatt erzielten Ergebnisse sollen, soweit Qualität, Realisierbarkeit und Finanzierbarkeit dies zulassen, berücksichtigt werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Behörden sind im Einzelnen mit der Umsetzung und Planung des Konzepts Deichpark betraut? Wie verteilen sich die einzelnen Aufgaben - und Zuständigkeitsbereiche? Zuständige Fachbehörde für den Hochwasserschutz ist die Behörde für Umwelt und Energie, die für den Bau von Hochwasserschutzmaßnahmen den LBSG beauftragt. Die Zuständigkeit im Hafengebiet liegt bei HPA. Die Pflege und Unterhaltung obliegt dem jeweils zuständigen Bezirksamt. 2. Wer ist zuständig für den Betrieb der Wasserfläche, der Uferböschung, der Vorlandstraße, der Deichkrone, der Deichverteidigungsstraße und der Harburger Chaussee? Die Zuständigkeit der Unterhaltung ist wie folgt geregelt: Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1946 3 - Wasserfläche und Uferböschung: HPA - Vorlandstraße (Außendeichweg), Deichkrone, Deichverteidigungsstraße, Harburger Chaussee: Bezirksamt Hamburg-Mitte 3. Wann hat es in Bezug auf die Planungen zu dem Konzept Deichpark welche Bürgerbeteiligungen gegeben? Es gab drei öffentliche Veranstaltungen: - Auftaktkolloquium am 27. März 2013 in der Immanuelkirche auf der Veddel - Zwischenkolloquium am 24. April 2013 in der Schule auf der Veddel - Abschlusskolloquium am 18. Juni 2013 auf dem IBA-Dock 4. Welche Informationsveranstaltungen hat es in der Vergangenheit gegeben und welche sind wann zukünftig geplant? Die Erhöhung des Klütjenfelder Hauptdeichs wurde am 29. Januar 2015 dem Sanierungsbeirat Südliches Reiherstiegviertel des Bezirksamtes Hamburg-Mitte vorgestellt. Weiterhin gab es eine Informationsveranstaltung für die Hafenanlieger am 21. April 2015 beim LSBG. In diesem Termin wurde die Vorplanung vorgestellt. Ein weiterer Informationstermin zur Vorstellung der Entwurfs- und Genehmigungsplanung ist vorgesehen , aber noch nicht terminiert. Im Planfeststellungsverfahren werden die Planungsunterlagen öffentlich ausgelegt. Regelmäßig findet dazu ein Erörterungstermin statt. 5. Auf welchem Planungsstand befindet sich das Konzept Deichpark? Gibt es Planzeichnungen auf aktuellem Planstand? Der Antrag auf Planfeststellung für die Erhöhung des Klütjenfelder Hauptdeichs erfolgt voraussichtlich Anfang 2016. Weitere Schritte der Planung und Umsetzung erfolgen voraussichtlich im Jahr 2017. Derzeit wird die Entwurfs- und Genehmigungsplanung erstellt. Planzeichnungen mit dem aktuellen Planungsstand werden im Planfeststellungsverfahren veröffentlicht. 6. In welchem zeitlichen Planungsstadium befindet sich das Konzept Deichpark und wie sehen die weiteren Schritte in Bezug auf Planung und Gestaltung aus? 7. Über welche der folgenden Forderungen der Hafenanlieger haben die zuständigen Planungsbehörden wann beraten und zu welchem Ergebnis ist man im Einzelnen gekommen? Welche der Forderungen wurden für die weiteren Planungen des Konzepts berücksichtigt hinsichtlich: a. Aufstockung des Personals für die Wasserschutzpolizei und Einführung eines Ordnungsdienstes, b. Einführung eines Müll- und Reinigungskonzeptes, c. Schaffung von Inseln für das Grillen und die Ascheentsorgung jenseits der Straßen, d. Beschilderung zur Information von Deichnutzern sowie Hinweise über Gefahren, e. Schaffung von sanitären Einrichtungen in der unmittelbaren Nähe des Deiches, f. Schaffung öffentlicher Parkplätze jenseits der Deichtrasse, g. Verzicht auf eine Straßen-Verengung auf ganzer Linie durch Fahrradwege , h. Schaffung von Lieferzonen, Kranaufstellflächen, Rettungsflächen, Parkplätzen und Begegnungszonen für Treppenanlieger und deren Fahrzeuge, Drucksache 21/1946 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 i. Schaffung von mehr Beleuchtung, j. Aufstellung eines Sicherheitskonzepts, welches die Rettung und den Brandschutz für Treppenanlieger und Nutzer sicherstellt sowie Kriminalität , Vandalismus und Graffiti-Beschmierungen vorbeugt? Die gesamte Hochwasserschutzmaßnahme befindet sich in einem frühen Planungsstadium . Das als Grundvoraussetzung für die Realisierung des Projekts erforderliche Planfeststellungsverfahren ist noch nicht eingeleitet worden. Anregungen und Bedenken der Hafenanlieger, die den Hochwasserschutz betreffen, werden geprüft und erforderlichenfalls in den Antragsunterlagen zum Planfeststellungsverfahren berücksichtigt. Darüber hinausgehende Anregungen und Bedenken sind dann Teil des weiteren Umsetzungsprozesses. 8. Teilnehmer der Informationsveranstaltung wiesen darauf hin, dass geprüft werden solle, inwiefern die Dalbenhöhen der Liegeranlagen an die neue Sollhöhe angepasst werden müssten. Inwiefern hat eine diesbezügliche Überprüfung seitens der Planungsbehörden stattgefunden und zu welchem Ergebnis ist man im Einzelnen gekommen? Die Dalben der schwimmenden Anlagen befinden sich im Eigentum der HPA. Für Dalben sind andere Bemessungswasserstände anzusetzen als für öffentliche Hochwasserschutzbauwerke . Es gibt keine Anhaltspunkte, die auf eine notwendige Anpassung hinweisen. Daher werden im Bereich Spreehafen, Klütjenfelder Hauptdeich, die Dalben in der Höhe nicht angepasst. 9. Teilnehmer der Informationsveranstaltung brachten zudem den Vorschlag hervor, im sogenannten Containerdorf auch einen LSBG-Container mit einem Ansprechpartner unter anderem für die Koordination von Lieferfahrten et cetera einzurichten. Inwiefern hat sich die zuständige Planungsbehörde mit diesem Vorschlag befasst und zu welchem Ergebnis ist man gekommen? Während der Bauausführung wird der LSBG eine örtliche Bauüberwachung durchführen . Die örtliche Bauüberwachung steht auch als Ansprechpartner für Fragen zum Projekt zur Verfügung. 10. Teilnehmer der Informationsveranstaltung regten zudem dazu an, zu prüfen, ob es zu Erleichterungen (beispielsweise durch Verringerung der Vollsperrungs-Zeiträume) führen würde, Bauschritte oder Teilnahmemaßnahmen gegebenenfalls von der Mitte nach West und Ost zu planen und durchzuführen. Inwiefern haben sich die zuständigen Planungsbehörden mit dem Vorschlag befasst und zu welchem Ergebnis ist man gelangt? Es ist vorgesehen, den Klütjenfelder Hauptdeich in zwei Bauabschnitten von West nach Ost zu erhöhen. Ein Baubeginn in der Mitte mit gleichzeitigem Bau nach West und Ost hätte einen erhöhten logistischen Aufwand und eine stärkere Betroffenheit der Hauptverkehrsstraßen Harburger Chaussee und Hafenrandstraße für den An- und Abtransport von Baustoffen zur Folge. 11. Warum wird die LSBG-Baumaßnahme nicht dafür genutzt, um für die Hafenanlieger Infrastruktur zu schaffen? Eine Wasserleitung im Deich ist nicht mehr in Betrieb und müsste neu verlegt werden. Telefonleitungen sind nur unzureichend vorhanden. Die Schaffung einer Entsorgungsmöglichkeit für Fäkalien wäre ein notwendiger Schritt, um Park- und Gewerbenutzung zu harmonisieren. Somit könnte auch die Voraussetzung für ein öffentliches WC geschaffen werden. Es handelt sich bei der Maßnahme um ein Projekt des Ausbaus des Hochwasserschutzes . Fragen und Wünsche zur Erschließung des Gebietes müssen gesondert betrachtet werden. Anlieger können hierzu Anträge bei den zuständigen Leistungsträgern stellen. 12. Wer übernimmt die Haftung für die Nutzung des Deichpark bei Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1946 5 a. Beschädigung der Deichverteidigung, b. Rettung Ertrinkender, c. Unfallrisiko bei der längsten Parkbank Hamburgs auf einer Anlieferungs - und Rettungsstraße, d. Partyveranstaltungen auf dem Deich (unorganisierte Zusammenkünfte dieser Art haben sich im Sommer im Zuge von „Ego-Air“ auf der Veddel, dem „Dockville“-Festival oder „Spontanraves“ längst etabliert)? Haftbar für Schäden an dem Deich und öffentlichen Anlagen der Freien und Hansestadt Hamburg ist der jeweilige Verursacher. Ist dieser nicht zu ermitteln, sind die Schäden durch die unterhaltende Dienststelle zu beheben (hier Bezirksamt HamburgMitte ). Da die Anlage Klütjenfelder Hauptdeich nicht für den öffentlichen Verkehr gewidmet ist, erfolgt eine Nutzung auf eigene Gefahr. 13. Gibt es neben den Baukosten auch eine gesicherte Finanzierung für den Betrieb des Deichparks? Kosten wären Wasserrettung, Polizei- oder Ordnungskräfte, Toilettenversorgung, Beschilderung, Beleuchtung und vor allem Müllentsorgung und Reinigung. Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Es gibt keine gesonderte Veranschlagung für den Betrieb des Klütjenfelder Hauptdeichs . Die genannten Maßnahmen werden von unterschiedlichen Aufgabenträgern in eigener Zuständigkeit mit entsprechenden Mitteln geleistet. 14. Inwiefern ist geklärt worden, dass bei fehlender Wassertiefe im Spreehafen mit gegebener Brückendurchfahrtshöhe die Abhängigkeit der Hafenanlieger von der Vorlandstraße immer grösser wird? Dies betrifft das Einsetzen von Brücken ebenso wie Brandbekämpfung, Fäkalienentsorgung oder die Anlieferung. Wer vermittelt bei diesen Themen zwischen der HPA und dem LSBG? Ein Zusammenhang zwischen Wassertiefe und der Abhängigkeit der Hafenanlieger vom Außendeichweg wird nicht gesehen. Der Außendeichweg ist heute und zukünftig hinreichend bemessen. Zwischen der HPA und dem LSBG finden regelmäßige Abstimmungen statt.