BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1947 21. Wahlperiode 23.10.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien und Dennis Gladiator (CDU) vom 16.10.15 und Antwort des Senats Betr.: Nach welchen Richtlinien wird in Hamburg abgeschoben? (II) Die Senatsantwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/1804 gibt Anlass zu Nachfragen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Der Senat sieht davon ab, verschiedene Dienstanweisungen zum Abschiebungsverfahren als Anlagen zur Drs. 21/1804 der Bürgerschaft zur Verfügung zu stellen. Er verweist auf ein Urteil des Verfassungsgerichts Sachsen, nach dem aus dem Auskunftsrecht kein Recht auf Übermittlung von Unterlagen folgt. a. Warum hat der Senat diese Anweisungen oder einen entsprechenden Link nicht der Drs. 21/1804 beigefügt? Siehe Drs. 21/1804. b. Sind die Anweisungen nach dem Transparenzgesetz herauszugeben ? Wenn nein, warum nicht? Ja, auf Antrag besteht gemäß § 3 Absatz 3 Transparenzgesetz ein Auskunftsanspruch . Eine Veröffentlichung im Transparenzportal ist jedoch nicht vorgeschrieben. c. Handelt es sich um vertrauliche Unterlagen und wenn ja, womit wird die Vertraulichkeit begründet? Nein. 2. Wurden die in Drs. 21/1804 genannten Richtlinien und Anweisungen seit Amtsantritt des aktuellen Senats geändert? Wenn ja, in welcher Weise? Nein. 3. Auf die Frage, welche Regelung hinsichtlich der Androhung und Ankündigung von Abschiebungen in Hamburg gilt, verweist der Senat auf den § 60a Absatz 5 Satz 4 AufenthG. Dieser Paragraph gilt jedoch ausschließlich für Duldungsinhaber. Von den 7.742 ausreisepflichtigen Personen im August befanden sich „nur“ 5.275 im geduldeten Aufenthalt.1 Das BAMF beabsichtigt darüber hinaus, mit personellen, organisatorischen Maßnahmen sowie durch Prioritätensetzung zumindest einen Anteil der anhängigen Asylverfahren beschleunigt zu bearbeiten. Somit 1 Siehe Drs. 21/1568. Drucksache 21/1947 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 ist zu erwarten, dass in Zukunft vermehrt Personen mit nur kurzer Aufenthaltsdauer in Deutschland vollziehbar ausreisepflichtig sein werden. a. Welche dringenden humanitären und persönlichen Gründe können in Hamburg warum einer Abschiebung entgegenstehen? Siehe hierzu Nummer 60a.2.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz (AufenthG) zur Ermessensduldung nach § 60a Absatz 2 Satz 3 AufenthG (http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/pdf/BMI-MI3-20091026-SFA 001.pdf) mit Hinweis auf die gesetzliche Neureglung in § 60a Absatz 2 Satz 4 AufenthG . b. Wie lange vorher wird in Hamburg eine Abschiebung warum angekündigt ? Gemäß § 60a Absatz 5 Satz 4 AufenthG ist, sofern die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt ist, die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen. Die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Die Frist von einem Monat ist ausschließlich Sperrfrist für den Vollzug der Abschiebung. Nach dem nun verabschiedetem Asyl-Beschleunigungsgesetz gilt ab Inkrafttreten, dass nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht mehr angekündigt werden darf. c. Gab es in Hamburg seit Jahresbeginn Fälle, in denen auf eine Ankündigung der Abschiebung verzichtet wurde? Wenn ja, wann? Die Regelungen in § 60a Absatz 5 Satz 4 und dem neuen § 59 Absatz 1 Satz 7 sind zwingende gesetzliche Regelungen. Die Sachverhalte, in denen von einer Bekanntgabe des Abschiebungstermins abgesehen wurde, werden statistisch nicht erfasst und können daher nicht ausgewertet werden. d. Ist in Hamburg eine Abschiebung zu bestimmten Tageszeiten ausgeschlossen ? Wenn ja, bei wem genau und warum? Nein. Die Vorgaben nach § 25 des Hamburgischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes sind zu beachten. e. Sollten in Hamburg bei einer angekündigten beziehungsweise nicht angekündigten Abschiebung nicht alle erwachsenen Personen (zum Beispiel Vater oder Mutter beziehungsweise volljährige Kinder) angetroffen werden, werden dann die übrigen Familienmitglieder nur dann überstellt, sofern sichergestellt ist, dass minderjährige Kinder in der Obhut eines Elternteils verbleiben? Bitte begründen. Ja, denn in diesem Fall wäre die Trennung von Kind und Elternteil grundsätzlich ein Eingriff in die Schutzvorschriften von Artikel 6 Absatz 3 GG, Artikel 8 EMRK und der UN-Kinderkonvention und stünde einer Abschiebung entgegen. f. Werden alle ausreisepflichtigen Personen über die Möglichkeit belehrt, die Härtefallkommission anzurufen? Wenn ja, werden hier Änderungen geplant? Wenn nein, wo gibt es welche Unterschiede? Nein, eine Belehrung erfolgt nicht und ist auch nicht geplant. 4. Der Senat hat das seit Kurzem existierende Ausreisegewahrsam in Unterkünften oder auf Flughäfen noch nicht genutzt. Wie bewertet der Senat oder die zuständige Behörde dieses Instrument? Schließt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Nutzung aus und wenn ja, warum? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1947 3 Da das Instrument des Ausreisegewahrsams in Hamburg bisher noch nicht genutzt wurde, kann eine Bewertung nicht erfolgen. Vom Bundesministerium des Innern hierzu angekündigte Anwendungshinweise liegen bisher nicht vor. Eine künftige Nutzung des Instruments des Ausreisegewahrsams in Hamburg wird nicht ausgeschlossen. Die zuständige Behörde prüft derzeit Möglichkeiten, den Vollzug eines Ausreisegewahrsams realisieren zu können. 5. Der Senat schreibt, dass er Sammelabschiebungen in diesem Jahr nicht durchführen wird. Plant der Senat für nächstes Jahr Sammelabschiebungen und wenn nein, warum nicht? Die Überlegungen dazu sind noch nicht abgeschlossen. 6. Der Bürgermeister hat in seiner Regierungserklärung angekündigt: „Denn wer keinen Anspruch auf Asyl hat, der muss unser Land wieder verlassen. Auch das gehört klar ausgesprochen. Dazu gehören letzten Endes auch Abschiebungen, wenn eine freiwillige Ausreise verweigert wird. Dass wir das durchsetzen können, ist auch eine Voraussetzung dafür, dass es uns gelingt, das Recht auf Asyl zu sichern. Wir werden deshalb hier sehr strikt sein.“2 Welche konkreten Maßnahmen beziehungsweise Änderungen von Abschieberichtlinien oder Ähnlichem sind genau geplant, um mehr Personen abzuschieben? Neben den Personalaufstockungen – siehe Drs. 21/1874 – und der damit einhergehenden Erhöhung der Bearbeitungszahlen setzt die zuständige Behörde die gesetzlichen Vorgaben zur Aufenthaltsbeendigung konsequent um. Hierbei werden bestimmte Personengruppen (Personen aus den Herkunftsländern Kosovo, Serbien und Bosnien -Herzegowina), aber auch straffällige Personen priorisiert abgeschoben, denen entgegen der bisherigen Praxis auch seit August 2015 nicht mehr die Möglichkeit der Selbststellung am Flughafen gegeben wird. Im Übrigen dauern die Überlegungen zu weiteren Maßnahmen an. 2 http://www.olafscholz.hamburg/main/pages/index/p/5/2722.