BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1968 21. Wahlperiode 27.10.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien und Dennis Gladiator (CDU) vom 19.10.15 und Antwort des Senats Betr.: Leistungen für Ausreisepflichtige In Hamburg lebten im August 7.742 ausreisepflichtigen Personen, von denen 5.275 geduldet waren. Wer eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes erhält, bekommt Leistungen nach dem „Asylbewerberleistungsgesetz“ (AsylbLG). Dort heißt es in Absatz 2: „Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände .“ Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie viele ausreisepflichtige Personen leben derzeit in Hamburg? Siehe Drs. 21/1906. Der Status „Ausreisepflichtig“ begründet nicht durchgängig auch eine rechtliche Pflicht oder tatsächliche Möglichkeit zum Verlassen des Bundesgebietes , weil dem Duldungsgründe aus Rechtsfolgen oder tatsächliche Umstände, wie zum Beispiel fehlende Reisedokumente, entgegenstehen. 2. Wo werden ausreisepflichtige Personen untergebracht? Wie viele von ihnen befinden sich derzeit noch in Erstaufnahmelagern, wie viele in Folgeunterbringungen? Was davon sind jeweils Gemeinschaftsunterkünfte ? Es gibt keine gesonderten Unterkünfte für ausreisepflichtige Personen. Diese können sich sowohl in Erstaufnahmeeinrichtungen, in Folgeunterkünften als auch in Privatwohnungen befinden. Da im Rahmen des Belegungsmanagements der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen und auch im Rahmen der Folgeunterbringung der konkrete Aufenthaltsstatus nicht statistisch erfasst wird, müssten zur Beantwortung der Frage mehrere Tausend Datensätze aller ausreisepflichtigen Personen händisch ausgewertet und mit den Adressen der zahlreichen Standorte abgeglichen werden. Dies ist in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 3. Da bei Leistungsberichtigten in Gemeinschaftsunterkünften die zuständige Behörde über die Form der Leistung entscheidet: a) Welche Leistungen erhalten geduldete volljährige ausreisepflichtige Personen in Euro und in Sachleistungen in Hamburg? b) Welche Leistungen beziehen minderjährige Ausreisepflichtige? Höhe und Art der Grundleistungen sind in § 3 AsylbLG geregelt. Bei Unterbringung in einer Erstaufnahmeeinrichtung wird der notwendige Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts durch Sachleistungen gedeckt. Zusätzlich erhalten Leistungsberechtigte Drucksache 21/1968 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 monatlich einen Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens (Bargeldbedarf) beziehungsweise nach neuer Rechtslage einen „notwendigen persönlichen Bedarf“. In der Folgeunterbringung werden auch zur Deckung des notwendigen Bedarfs Geldleistungen gewährt. Leistungsberechtigte, die sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben, erhalten gemäß § 2 AsylbLG Leistungen entsprechend dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch („Analogleistungen “). Die monatlichen Leistungen betragen: Grundleistungen (davon notwendiger persönlicher Bedarf) Analogleistungen Alleinstehende oder alleinerziehende Leistungsberechtigte 359,- € (143,- €) 399,- € Ehegatten und Lebenspartner, die in einem Haushalt leben und gemeinsam wirtschaften 323,- € (129,- €) 360,- € Erwachsene Leistungsberechtigte, die keinen eigenen Haushalt führen, weil sie im Haushalt anderer Personen leben 287,- € (113,- €) 320,- € Jugendliche vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres 283,- € (113,- €) 302,- € Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 249,- € (92,- €) 267,- € Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres 217,- € (84,- €) 234,- € 4. Personen, die schuldhaft ihren Ausreisetermin verpasst haben, erhalten offiziell nur das „unabdingbar Notwendige“. Was leistet Hamburg konkret in diesem Fall? Die zuständige Behörde geht davon aus, dass die Frage auf die Anspruchseinschränkung gemäß § 1a Nummer 1 AsylbLG-alt für Geduldete und vollziehbar Ausreisepflichtige sowie deren Familienangehörige, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, abzielt. Diese erhielten gemäß § 1a Nummer 2 AsylbLG um 20,45 Euro (bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres) beziehungsweise 40,90 Euro (vom Beginn des 15. Lebensjahres) gekürzte Leistungen. Am 24.10.2015 ist das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz in Kraft getreten. Anspruchseinschränkungen für die in der Fragestellung thematisierte Personengruppe sind in § 1a AsylbLG nun wie folgt geregelt: „(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden. (3) Absatz 2 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Für sie endet der Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6 mit dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag. Für Leis- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1968 3 tungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in Satz 1 genannten Personen handelt, gilt Absatz 1 entsprechend.“ Der Verweis am Ende von Absatz 3 für die Familienangehörigen auf Absatz 1 bestimmt, dass diese Leistungen nur erhalten, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist. Hamburg wird die Gesetzesänderungen umsetzen.