BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/19754 21. Wahlperiode 24.01.20 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir (DIE LINKE) vom 16.01.20 und Antwort des Senats Betr.: Zugänglichkeit und Barrierefreiheit von Bürgerschafts-Wahllokalen für Menschen mit Behinderungen – Wie ist der Stand? Im Bericht des Senats zur Umsetzung des Landesaktionsplans zur Umsetzung der UN-BRK lautete es: „Im Übrigen wird der Senat die Maßnahmen zur Umsetzung von Art. 29 UN-BRK weiterführen und ausbauen, die bereits in der Drs. 20/14150 (S. 9 f.) angeführt sind. Dazu gehören u.a. Maßnahmen zur Barrierefreiheit von Wahllokalen einschließlich der Ausschilderung zum Auffinden der Wahllokale, das Bereitstellen von Stimmzettelschablonen für sehbehinderte oder blinde Menschen, die Formulierung von Wahl- bzw. Abstimmungsbenachrichtigung sowie weiterer Informationsmaterialien nach den Grundsätzen der Leichten Sprache sowie die Sensibilisierung von Wahlvorständen für die Belange von Menschen mit Behinderungen“ (Drs. 21/16645). Dazu gibt es noch einiges zu tun, denn in den FAQ zu den Bürgerschaftswahlen der Behörde für Inneres und Sport lautet es: „Nicht alle Wahllokale sind barrierefrei. In jedem Wahlkreis gibt es aber mindestens ein Wahllokal, das barrierefrei ist. Ob Ihr Wahllokal barrierefrei ist, können Sie über den Wahllokalfinder ermitteln. Falls Ihnen angezeigt wird, dass Ihr Wahllokal nicht (oder eingeschränkt) barrierefrei ist, wird Ihnen auch das nächstgelegene barrierefreie Wahllokal in Ihrem Wahlkreis angezeigt. Sie können sich auch beim Telefonischen Hamburg Service unter der Telefonnummer 115 informieren , wo in Ihrem Wahlkreis das nächstgelegene barrierefreie Wahllokal ist“, URL: https://www.hamburg.de/buergerschaftswahl/4426438/faqbuergerschaftswahl /. Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention legt die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am politischen und öffentlichen Leben fest. Ich frage den Senat: 1. Welche Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit von Wahllokalen hat der Senat seit Juni 2017 umgesetzt? Bitte angeben nach Maßnahmen für Menschen mit Körper-/Gehbehinderungen, Seh- und Hörbehinderungen , seelischen Behinderungen, Lern- und kognitiven Behinderungen . Im Vergleich zur Wahl des Deutschen Bundestags am 24. September 2017 konnte die Anzahl der barrierefrei zugänglichen Wahllokale deutlich von 223 auf 307 angehoben werden. Der Anteil beträgt bei der Bürgerschaftswahl am 23. Februar 2020 rund 24 Prozent (2017: rund 18 Prozent). Drucksache 21/19754 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Für Personen mit Lern- oder kognitiven Behinderungen wird in Umsetzung des Bürgerschaftlichen Ersuchens in der Drs. 21/15998 eine Broschüre in Leichter Sprache zum Abruf über das Internet sowie auf Anforderung in Papierform zur Verfügung gestellt. Mit der Abfassung in Leichter Sprache einschließlich Illustration und Qualitätssicherung wurde die Lebenshilfe Hamburg e.V. beauftragt. Auch die mit den Briefwahlunterlagen versandte Anleitung für die Briefwahl ist in Leichter Sprache abgefasst („Wegweiser für die Brief-Wahl“). Für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung werden in den Wahllokalen zur Ausschilderung des Wahlraums Hinweisschilder mit einer bildlichen Darstellung der Lebenshilfe Bremen e.V. verwendet. Für gehörlose Menschen sind die Darstellung zur Stimmabgabe aus dem Musterstimmzettel -Heft und die Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Briefwahl jeweils in Gebärdensprache beauftragt und werden kurzfristig zum Abruf in das Internetangebot des Landeswahlamts aufgenommen. 2. Wie viele Wahllokale gibt es für die Bürgerschaftswahl 2020 insgesamt und je Wahlkreis? Wahllokale Anzahl Insgesamt 1 283 Wahlkreis 1 98 Wahlkreis 2 90 Wahlkreis 3 89 Wahlkreis 4 85 Wahlkreis 5 62 Wahlkreis 6 60 Wahlkreis 7 67 Wahlkreis 8 67 Wahlkreis 9 92 Wahlkreis 10 69 Wahlkreis 11 71 Wahlkreis 12 74 Wahlkreis 13 91 Wahlkreis 14 65 Wahlkreis 15 94 Wahlkreis 16 56 Wahlkreis 17 53 3. Wie viele barrierefreie und eingeschränkt barrierefreie Wahllokale gibt es insgesamt in Hamburg und je Wahlkreis? Bitte aufschlüsseln nach barrierefrei und eingeschränkt barrierefrei, und angeben warum eingeschränkt barrierefrei. Wahllokale Barrierefrei Eingeschränkt barrierefrei* Nicht barrierefrei Insgesamt 307 849 127 Wahlkreis 1 12 65 21 Wahlkreis 2 7 75 8 Wahlkreis 3 44 31 14 Wahlkreis 4 48 32 5 Wahlkreis 5 20 33 9 Wahlkreis 6 9 44 7 Wahlkreis 7 4 62 1 Wahlkreis 8 16 49 2 Wahlkreis 9 21 47 24 Wahlkreis 10 12 51 6 Wahlkreis 11 8 61 2 Wahlkreis 12 7 61 6 Wahlkreis 13 18 68 5 Wahlkreis 14 1 56 8 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/19754 3 Wahllokale Barrierefrei Eingeschränkt barrierefrei* Nicht barrierefrei Insgesamt 307 849 127 Wahlkreis 15 58 28 8 Wahlkreis 16 9 46 1 Wahlkreis 17 13 40 - * keine automatische Türöffnung oder einzelne Stufen 4. Wie viele Wahllokale bieten in welchem Wahlkreis auf Anfrage Gebärdensprachübersetzung und Schriftübersetzung an für gehörlose Menschen ? Bitte insgesamt und je Wahlkreis angeben. 5. Wie erfahren Menschen, die auf Gebärdensprache angewiesen sind, von der Möglichkeit Gebärdensprachdolmetschung in Anspruch zu nehmen , um die Wahlen durchführen zu können? In den 1 283 Wahllokalen werden keine Gebärdensprachdolmetscher eingesetzt. 6. Es gibt auch Menschen, die das Internet nicht nutzen können. Warum wird nicht direkt auf der Wahlbenachrichtigung angegeben ob ein Wahllokal und aufgrund welcher Aspekte barrierefrei ist oder nicht und wo das nächste barrierefrei ist? In der Wahlbenachrichtigung ist im unteren Abschnitt das eigene Wahllokal mit der Information angegeben, ob es barrierefrei, eingeschränkt barrierefrei oder nicht barrierefrei ist. Die Information über das nächstgelegene barrierefreie Wahllokal kann mittels Wahllokalfinder im Internet oder telefonisch beim HamburgService (115) eingeholt werden. Eine Festlegung auf der Wahlbenachrichtigung kann zum einen den fehlerhaften Eindruck erzeugen, dass alternativ (ohne vorherige Beantragung eines Wahlscheins ) auch das angegebene barrierefreie Wahllokal aufgesucht werden könnte. Zudem hängt es von den jeweils individuellen Verhältnissen der betreffenden Person ab, ob gegebenenfalls ein eingeschränkt barrierefreies Wahllokal ausreichend oder ein räumlich weiter entferntes Wahllokal für die betreffende Person besser zu erreichen ist, als ein räumlich näher gelegenes. 7. Werden die Wahlbenachrichtigungen auch unaufgefordert in Leichter Sprache an alle Bürger/-innen Hamburgs verschickt? 8. Wie viele Wahlbenachrichtigungen werden aufgrund welcher Umstände auch in Brailleschrift versendet? Die Wahlbenachrichtigung für die rund 1,3 Millionen Wahlberechtigten ist einheitlich gefasst und sprachlich möglichst einfach gehalten. Gesonderte Fassungen in Leichter Sprache oder in Braille-Schrift gibt es nicht. 9. Wie kommen die Stimmzettelschablonen für seheingeschränkte und blinde Menschen zu diesen Menschen? Die Stimmzettelschablonen können beim Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg e.V. abgefordert werden. Die für die Herstellung und Verteilung veranlassten Ausgaben werden dem Verein erstattet. 10. Wie können Menschen mit Behinderungen, die eine Assistenz zum Wählen benötigen, aber keine/n gesetzliche/n Betreuer/in haben, diese/n als Wahlassistent/in angeben, sodass die Stimme dann gültig ist? Menschen mit Behinderung, die den Stimmzettel nicht selbst kennzeichnen oder in die Wahlurne einwerfen können, können sich hierzu einer Hilfsperson bedienen. Die Entscheidung über die Hilfsperson trifft die wahlberechtigte Person selbst, sie kann im Fall der Betreuung also auch eine andere Person als Hilfsperson bestimmen. 11. Wie steht es um die Beschilderung in und zu den Wahllokalen, wird hier das Zwei-Sinne-Prinzip angewandt? Drucksache 21/19754 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 12. Wenn ja, in wie vielen Wahllokalen ist das der Fall? Bitte insgesamt und nach Wahlkreisen aufschlüsseln. Nein. 13. Inwiefern erfolgte eine Sensibilisierung von Wahlvorständen für die Belange von Menschen mit Behinderungen? a. Wie viele Schulungen hat es zur Sensibilisierung gegeben? i. Wenn ja: Wer hat wen geschult? ii. Wenn ja: Haben Menschen mit Behinderungen oder ihre Verbände geschult? iii. Wen nein: Warum nicht? iv. Wenn nein: Wie erfolgte anstelle von Schulungen die Sensibilisierung ? Vor jeder Wahl führen die Bezirksämter an mehreren Terminen Schulungsveranstaltungen für die Leitungskräfte der ehrenamtlich besetzten Wahlvorstände durch (Wahlbezirksleitung und deren Stellvertretung). Im Rahmen dieser Schulungen wird regelmäßig auch auf die Belange behinderter Menschen eingegangen. Darüber hinaus ist ein Flyer des Bundeskompetenzzentrums Barrierefreiheit „Tipps für Wahlhelferinnen und Wahlhelfer im Umgang mit Wählerinnen und Wählern mit Behinderung“ als Anlage der Geschäftsanweisung für die Wahlvorstände abgedruckt.