BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/19756 21. Wahlperiode 24.01.20 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Deniz Celik und Martin Dolzer (DIE LINKE) vom 16.01.20 und Antwort des Senats Betr.: Dualer Studiengang Hebammenwissenschaft Mit dem Gesetz zur Reform der Hebammenausbildung wird auch in Deutschland die Hebammenausbildung akademisiert. In Hamburg hat die BWFG in Kooperation mit der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) und der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg im Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) einen praxisintegrierten Studiengang entwickelt, der ab dem Wintersemester 2020 an den Start gehen soll. Im Zuge dessen haben das UKE und die HAW mehrere Professuren „Hebammenwissenschaft“ mit unterschiedlichen Schwerpunkten ausgeschrieben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Hamburg wird – als eines der ersten Länder – die Akademisierung der Hebammenausbildung umsetzen und zum Wintersemester 2020/2021 den gemeinsam von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) und dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) entwickelten hochschulübergreifenden Bachelor- Studiengang Hebammenwissenschaft (B.Sc.) einrichten (siehe Drs. 21/19410). Die Akademisierung des Berufsfeldes der Hebammen ist in Deutschland noch im Aufbau begriffen, sodass die Anzahl an Bewerberinnen und Bewerbern, die die gesetzlich geforderten Einstellungsvoraussetzungen für eine Professur im Bereich Hebammenwissenschaft erfüllen, derzeit noch sehr begrenzt ist. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften des UKE und der HAW wie folgt: 1. Wie viele Professuren im Bereich Hebammenwissenschaft wurden von welcher Institution mit jeweils welchen Schwerpunkten ausgeschrieben? Das UKE hat zwei Professuren für Hebammenwissenschaft ausgeschrieben, eine davon mit dem Schwerpunkt „Geburtshilfe und Pränatalmedizin“, die andere mit dem Schwerpunkt “Versorgungsforschung und Prävention“. Die HAW hat zwei Professuren im Bereich Hebammenwissenschaft ausgeschrieben, die ein umfassendes hebammenfachliches Spektrum ausweisen. Die Stelleinhaberinnen und Stelleninhaber werden das Fachgebiet Hebammenwissenschaft in der gesamten Bereite vertreten. a. Wo wurden diese Professuren ausgeschrieben? Die Ausschreibungen des UKE wurden auf der Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (Professur mit Schwerpunkt „Versorgungsforschung und Prävention“) beziehungsweise im Deutschen Ärzteblatt (Professur mit Schwerpunkt „Geburtshilfe und Pränatalmedizin“) sowie jeweils auf der Internetseite des UKE veröffentlicht. Drucksache 21/19756 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die HAW Hamburg hat ihre Ausschreibungen in der Wochenzeitung „Die Zeit“, auf der Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft sowie über nationale und internationale Kontakte zu Hebammenwissenschaftlerinnen bekanntgegeben . b. Wie viele Bewerbungen sind jeweils eingegangen? c. Wie viele der Bewerber/-innen haben einen Abschluss in Hebammenwissenschaft ? d. Wie viele der Bewerber/-innen haben eine abgeschlossene Ausbildung als Hebamme/Entbindungspfleger? Aufgrund der laufenden Ausschreibungs- beziehungsweise Berufungsverfahren können aus rechtlichen Gründen zurzeit keine Angaben zur Anzahl der Bewerbungen insgesamt beziehungsweise zu individuellen Bewerbungen gemacht werden. 2. Inwieweit entsprechen die Anforderungsprofile der ausgeschriebenen Professuren den originären Zielen der Hebammenausbildung und den Forschungsgebieten der Hebammenwissenschaft? Die Stelleninhaberinnen und Stelleninhaber sollen in der Lehre die Studierenden befähigen, die hebammenkundliche Gesundheitsversorgung von werdenden und jungen Müttern mit ihren Familien wissenschaftsbasiert durchzuführen, kritisch zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Dabei sollen innovative Ansätze des Studiengangs – die Integration von theoretischer und praktischer Ausbildung im interprofessionellen Kontext – sowie insbesondere in der Begleitung von Familien theorie- und forschungsbasiert weiterentwickelt und vermittelt werden. a. Die Ausschreibung der Professur „Hebammenwissenschaft“ mit dem Schwerpunkt Versorgungsforschung und Prävention setzt den Nachweis der Habilitation in einem medizinischen oder ökotrophologischen Fachgebiet voraus. Inwieweit entspricht eine ernährungswissenschaftliche Expertise den Zielen und Anforderungen des Forschungsgebiets Versorgungsforschung und Prävention? b. Die Ausschreibung der Professur „Hebammenwissenschaft“ mit dem Schwerpunkt Geburts- und Pränatalmedizin nennt Forschungserfahrungen im Bereich der Feto-Maternalen Immunität als wünschenswerte Qualifikation. Inwieweit entspricht dies den originären Zielen und Anforderungen der Hebammenausbildung? Die thematische Ausrichtung von Professuren wird im UKE durch Bedarfsprüfungsverfahren hinsichtlich der Anforderungen in Forschung, Lehre und Krankenversorgung entwickelt. Für beide Professuren für Hebammenwissenschaft des UKE wurden regelhafte Bedarfsprüfungsverfahren durchgeführt, die eine Befassung im Strukturausschuss und im Fakultätsrat vorsehen. Nach Auskunft des UKE haben sowohl der Strukturausschuss als auch der Fakultätsrat die Argumente für eine Schwerpunktbildung im Rahmen der Fächer Geburtshilfe und Pränatalmedizin sowie den Schwerpunkt Versorgungsforschung und Prävention als sehr sinnvoll erachtet und entsprechende Beschlüsse gefasst Nach Auskunft des UKE spielen die Ernährungswissenschaften eine zentrale Rolle in der Prävention während und nach der Schwangerschaft. Eine ausgewogene Ernährung und ein normales Ausgangsgewicht vor der Schwangerschaft sowie eine angemessene Gewichtszunahme und ein adäquates Bewegungsverhalten haben danach langfristige positive Auswirkungen auf die Gesundheit von Mutter und Kind. Dem gegenüber können eine unausgewogene Ernährung beziehungsweise eine unangemessene Gewichtszunahme in der Schwangerschaft gesundheitliche Folgen für Mutter und Kind haben. Von daher komme Forschungserkenntnissen zur Ernährung in der Schwangerschaft und in der frühen Kindheit sowie zur epigenetischen Prägung eine hohe Bedeutung für eine qualifizierten Ernährungs- beziehungsweise Lebensstilberatung in der Schwangerschaft zu, die es im Studiengang zu vermitteln gelte. Im Bereich der Geburtshilfe und Pränatalmedizin stehe unter anderem die Phase der kindlichen Prägung im Fokus, die sehr störanfällig sei. So würden Umweltfaktoren, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/19756 3 denen die werdende Mutter ausgesetzt ist, die „Umweltbedingungen“ des ungeborenen Kindes im Mutterleib verändern. Weiterhin spiele die mütterliche Stressbelastung während der Schwangerschaft eine kritische Rolle. Treten Störfaktoren wie eine hohe Stressbelastung während wichtiger Entwicklungsphasen des ungeborenen Kindes auf, so können dessen Organe und Organsysteme langfristig in ihrer Funktion verändert werden und diese Effekte das Krankheitsrisiko im späteren Leben des Kindes erhöhen . Um dies weiter zu untersuchen, nehme die Geburtshilfe und Pränatalmedizin im UKE mit der Klinischen Forschergruppe KFO 296 „Feto-Maternal Immune Cross Talk“ hochkompetitive Forschungsaufgaben im Schwerpunkt Immunität, Inflammation und Infektion des UKE wahr und entspreche damit wesentlich den Vorstellungen der Medizinischen Fakultät für eine innovative Professur der Hebammenwissenschaft. Beide Aspekte hat auch das Bundesministerium für Gesundheit in seiner Veröffentlichung „Nationales Gesundheitsziel/ Gesundheit rund um die Geburt“ unterstrichen (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/ Gesundheit/Broschueren/Nationales_Gesundheitsziel_Gesundheit_rund_um_die_ Geburt.pdf). 3. Wie viele Professuren im Bereich der Hebammenwissenschaft werden planungsmäßig noch von welcher Institution ausgeschrieben werden? Von der HAW werden weitere vier Professuren ausgeschrieben. 4. Wie viele Stellen für Wissenschaftliche Mitarbeitende für die akademische Lehre sind von welcher Institution geplant? Die beiden Professuren im UKE werden jeweils mit einer finanziellen Grundausstattung ausgestattet, aus der je nach Besoldungsgruppe zwei bis vier wissenschaftliche Mitarbeiterinnen beziehungsweise Mitarbeiter pro Professur finanziert werden können. An der HAW sind 4,5 Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen beziehungsweise Mitarbeiter geplant, die unterschiedliche Anforderungsprofile aufweisen und sowohl für Theorie- als auch für Praxislehre verantwortlich sein sollen. 5. Inwieweit sind die Anforderungsprofile der ausgeschriebenen Professuren und die inhaltliche Ausgestaltung der Module des Studiengangs Hebammenwissenschaft B.sc. deckungsgleich? Nach Auskunft des UKE und der HAW sind beziehungsweise werden den ausgeschriebenen Professuren konkrete aufeinander abgestimmte Module hinterlegt. Diese leiten sich aus den Kompetenzerwartungen der Studien- und Prüfungsverordnung für Hebammen ab. Insofern ergeben sich die Erwartungen an die Bewerberinnen und Bewerber und damit auch die Stellenausschreibungen aus den jeweils von der Medizinischen Fakultät beziehungsweise der HAW verantworteten Modulen. Darüber hinaus gilt für das UKE grundsätzlich, dass auch Spezialistinnen und Spezialisten anderer medizinischer Fachrichtungen, zum Beispiel der Physiologie oder der Neonatologie , an der Lehre im Studiengang Hebammenwissenschaft beteiligt sein werden. 6. Welche Professuren mit welchen Schwerpunkten sind zukünftig für welche Studienmodule zuständig? Nach Auskunft des UKE und der HAW wird die Verteilung der Zuständigkeiten nach Berufung der derzeit ausgeschriebenen Professuren erfolgen. Bei der HAW sollen die Erstberufenen bei der Frage der konkreten Ausgestaltung der Anforderungsprofile weiterer Stellen entscheidend beteiligt werden.