BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/19772 21. Wahlperiode 24.01.20 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten André Trepoll (CDU) vom 17.01.20 und Antwort des Senats Betr.: Mit Sicherheit in Harburg? Was tut der Senat für den Schutz der Bürger vor Ort? Eine der Kernaufgaben von Politik, die Sicherheit der Bürger zu schützen, wird in Zeiten von rapiden Bevölkerungszuwächsen immer relevanter. Seit Jahren ist bekannt, dass die Hamburger Gefängnisse ausgelastet sind und zu viele zu bearbeitende Fälle aus unterschiedlichen Kriminalitätsbereichen für zu wenig Justizbeamte vorliegen – ganz zu schweigen von den teilweise siebenstelligen Überstunden, die die Hamburger Polizei in den letzten Jahren zu bewältigen hatte. Daher fragt sich besonders für den Süden Hamburgs, ob und wie die Regierungsfraktionen der Stadt dieser zentralen Staatsaufgabe nachkommen wollen . Schließlich bestehen in Harburg spezifische Kriminalitätsschwerpunkte. Beispielsweise erhöhten sich die Raubüberfälle auf Straßen, Wegen oder Plätzen (PKS-Straftatenschlüssel 217000) im Bezirk Harburg laut Polizeilicher Kriminalstatistik 2018 (PKS) zwischen 2017 und 2018 um 40 Prozent (19 Fälle), während es im Bereich der Rauschgiftdelikte (PKS-Straftatenschlüssel 730000) ganze 36 Prozent (139 Fälle) im selben Zeitraum waren. Dass sich die Gesamtzahl an Straftaten im Bezirk um 175 Fälle erhöhte, unterstreicht nochmals wie wichtig sicherheitspolitische Maßnahmen vor Ort bleiben. Deshalb braucht es tiefgehende Maßnahmen um die bekannte Personalnot der Polizei und anderen wichtigen Sicherheitsorganen vor Ort zu lindern. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Polizei ist in Harburg präsent und schützt die Bürgerinnen und Bürger. Die ab der 21. Legislaturperiode begonnene deutliche Erhöhung der Einstellungszahlen bei der Polizei mit der anschließenden Einstellungsoffensive 300+ hat zunächst zu einem Anstieg der Anzahl der Auszubildenden/Studierenden an der Akademie (AK) der Polizei geführt. In der Folge wird sich die Zahl der von der AK an den Polizeivollzug zu übergebenden Vollzugsbediensteten deutlich erhöhen. Darüber hinaus wurden im Rahmen der Konzepts „Polizeiarbeit vor Ort ergänzen - Lebensqualität in den Stadtteilen weiter stärken“ bisher 38 Angestellte im Polizeidienst (AiP) den PK 14, 21 und 46 zugewiesen, siehe hierzu auch Drs. 21/16583. Die Anzahl der in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfassten Fälle von sonstigen Raubüberfällen auf Straßen, Wegen oder Plätzen im Bezirk Harburg ist von 50 in den ersten drei Quartalen 2018 um über 20 Prozent auf 39 in den ersten drei Quartalen 2019 gesunken. Drucksache 21/19772 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Bei der Rauschgiftkriminalität handelt es sich um ein sogenanntes Kontrolldelikt, das heißt, dass eine Intensivierung der Maßnahmen der Polizei auch eine Erhöhung der Fallzahlen der erfassten Delikte zur Folge hat. Dieser Trend setzt sich auch in den ersten drei Quartalen des Jahres 2019 fort und ist ein Indikator für die erfolgreiche Polizeiarbeit in diesem Deliktsbereich. Ziel des Senats ist es unverändert, die Anzahl der Mehrarbeitsstunden bei der Polizei Hamburg zu verringern. Seit Ende 2018 lag die Anzahl der Mehrarbeitsstunden kontinuierlich unter 1 000 000 Stunden, zum Stichtag 30. September 2019 beliefen sich diese auf 896 227 Stunden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der P+R-Betriebsgesellschaft mbH (P+R) sowie der DB Station&Service AG wie folgt: 1. Wie hat sich die PKS bezüglich des Bezirks Harburg in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 hinsichtlich folgender Delikte entwickelt (bitte Vergleichswerte aus den einzelnen Jahren für alle erfassten Delikte benennen): a) Mord, b) Totschlag, c) Körperverletzungen, d) Raubdelikte, e) Raubüberfälle auf Straßen, Wegen oder Plätzen, f) Vergewaltigungen/schwere sexuelle Nötigungen, g) Sexueller Missbrauch, h) Diebstahlsdelikte, i) Einbrüche, j) Sachbeschädigungen, k) Widerstand gegen und tatsächlicher Angriff auf die Staatsgewalt, l) Delikte im Bereich Rauschgiftdelikte, Handel und Schmuggel mit Betäubungsmittel, m) Straftaten gegen die persönliche Freiheit, n) Gesamtzahl der Delikte? Die Polizei erfasst Straftaten gemäß dem Straftatenkatalog der Richtlinien für die Erfassung und Verarbeitung der Daten in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Da die erfragten Jahresdaten der PKS für 2019 zurzeit noch nicht qualitätsgesichert sind und ein Datenabgleich mit dem Bundeskriminalamt noch nicht erfolgt ist, werden die erfragten Daten zur Gewährleistung eines Minimums an Validität und der Vergleichbarkeit der erfragten Jahre untereinander als kumulative Dreivierteljahreszahlen (Januar bis September) berechnet. Im Übrigen siehe Anlage. 2. Bitte die Tatverdächtigenzahlen für die Jahre 2015 bis 2018 nach den folgenden Altersgruppen aufschlüsseln: a) Kinder, b) Jugendliche, c) Heranwachsende, d) Erwachsene. 3. Wie bewerten der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden die vorliegenden Angaben über die Altersgruppen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/19772 3 Die Anzahl der jeweiligen Tatverdächtigen ist seit 2015 deutlich gesunken, die Entwicklung für den Bezirk Harburg entspricht damit grundsätzlich der Entwicklung in Hamburg gesamt. Im Übrigen siehe Anlage. 4. Wie viele Polizeibeamte werden an den Polizeikommissariaten im Bezirk Harburg bis 2021 in Pension gehen? Bitte in absoluten Zahlen und auch für die Jahre seit 2015 angeben. Jahr 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Polizeikommissariat (PK) 46 2 4 6 7 4 9 7 PK 47 1 1 2 2 5 8 8 Stand: 31. Dezember 2019 5. Wie bewerten der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden die Personalentwicklung an den Polizeikommissariaten im Bezirk Harburg seit 2015? Die jeweilige Anzahl der an den PK 46 und 47 im Jahresdurchschnitt beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist in der nachstehenden Tabelle dargestellt: Jahr 2015 2016 2017 2018 2019 PK 46 167 166 161 162 171 PK 47 112 114 114 118 115 Der aktuelle Personalbestand ist im Vergleich zum Jahr 2015 im Bezirk Harburg gestiegen. 6. An welchen Orten im Bezirk Harburg werden Maßnahmen der Videoüberwachung zur Inneren Sicherheit eingesetzt? Bitte mit Ortsangabe angeben. 7. Wie hat sich die Anzahl an Maßnahmen für mehr Videoüberwachung seit 2015 im Bezirk Harburg entwickelt? Bitte nach Jahr und für die jeweiligen Maßnahmen angeben. Die Polizei Hamburg setzt im Bezirk Harburg keine Videoüberwachung im Sinne der Fragestellung ein. Für den Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei teilt das BMI mit, dass die Bundespolizei ausschließlich der parlamentarischen Kontrolle und dem damit korrelierenden Fragerecht des Deutschen Bundestages unterliegt. Zu Angelegenheiten der Bundespolizei erfolgt im Rahmen einer Parlamentarischen Anfrage eines Landesparlaments daher grundsätzlich keine Stellungnahme. 8. Planen der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden Maßnahmen , um die Videoüberwachung im Bezirk Harburg auszuweiten? Wenn ja, wo und bis wann? Wenn nein, warum nicht? Der Einsatz von Videoüberwachung im öffentlichen Raum und an besonders gefährdeten Objekten ist in § 18 Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei (PolDVG) geregelt. Grundvoraussetzung ist, dass es sich bei dem konkreten öffentlichen Raum um einen Kriminalitätsschwerpunkt handelt. Einen derartigen Kriminalitätsschwerpunkt gibt es im Bezirk Harburg aktuell nicht. 9. Wie bewerten der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden den Einsatz von Videoüberwachung zur Bekämpfung von Kriminalitätsschwerpunkten ? Durch den ergänzenden Einsatz von Videoüberwachung sollen im Bereich von Kriminalitätsschwerpunkten potenzielle Täter von der Begehung von Straftaten abgeschreckt werden. Einsatzkräfte können bei beobachteten Gefahrensituationen präventiv und zielgerichtet eingesetzt werden und bei erfolgter Videoaufzeichnung können die Aufnahmen gegebenenfalls die Aufklärung von Straftaten und die Identifizierung von Straftätern ermöglichen. Drucksache 21/19772 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 10. Planen der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden Maßnahmen , um die Beleuchtungen von zum Beispiel P+R-Anlagen oder Bahnhöfen zu erweitern? Wenn ja, an welchen Standorten und bis wann? Wenn nein, warum nicht? Die vier P+R-Anlagen im Bezirk Harburg an den Haltestellen Harburg, Neuwiedenthal (Parkhaus und Parkplatz) sowie Neugraben entsprechen den qualitativen Standards des P+R-Entwicklungskonzepts. Ziel ist es, dass sich die P+R-Anlagen gegenüber den Kundinnen und Kunden durch Transparenz, Sicherheit und Übersichtlichkeit auszeichnen . Die Anlagen verfügen daher auch über eine adäquate Beleuchtung. Im Rahmen der Modernisierung der S-Bahn-Tunnelstationen werden die Bahnsteige, Verteilerebenen und Zugangsanlagen in den Stationen Harburg (S-Bahn), Harburg Rathaus und Heimfeld durch die neue Beleuchtung und Farben heller und die Bahnsteige durch die neue Ausstattung übersichtlicher. Mit diesen Maßnahmen wird dafür gesorgt, dass das subjektive Sicherheitsgefühl der Fahrgäste verbessert wird. Die Fertigstellung ist schrittweise bis zum Jahr 2022 geplant. 11. Wie viele Personen sind laut dem Senat beziehungsweise den zuständigen Behörden aktuell im Bezirk Harburg als wohnhaft gemeldet, die dem Spektrum des links, rechts oder religiös motivierten Extremismus angehören ? 12. Wie haben sich die in 11. angegebenen Zahlen im Bezirk Harburg seit 2015 entwickelt? Bitte pro Jahr einzeln nennen. 13. Wie bewerten der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden die Entwicklung der in 11. und 12. angegebenen Zahlen? Daten im Sinne der Fragestellung müssten im mindestens mittleren dreistelligen Bereich mit den Daten der Meldebehörde aktuell und händisch abgeglichen werden. Dies ist in der Kürze der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Es kommt erschwerend hinzu, dass eine trennscharfe Bezirksabfrage maschinell nicht möglich ist, da sich einige Postleitzahlen über unterschiedliche Bezirke erstrecken. 14. Planen der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden Maßnahmen , um den politisch beziehungsweise religiös motivierten Extremismus im Bezirk Harburg zu bekämpfen? Wenn ja, welche Maßnahmen sind bis wann geplant? Wenn nein, warum gibt es keine? Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg wird im Rahmen seines gesetzlichen Auftrages auch künftig den Extremismus in Harburg beobachten und über die Ergebnisse öffentlich berichten. Im Übrigen siehe Drs. 20/13460, 21/5039, 21/14037, 20/9849, 21/18643 und 21/19404. 15. Sind dem Senat beziehungsweise den zuständigen Behörden Orte im Bezirk Harburg bekannt, die als Versorgungszentren militanter Extremisten (vergleiche Rote Flora) dienen? Wie bewerten der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden die eventuelle Gefahrenlage dieser Zentren im Bezirk Harburg? Der Begriff „Versorgungszentrum“ ist kein Ordnungskriterium des LfV Hamburg. Über Anlaufpunkte und Trefforte von Extremisten berichtet das LfV Hamburg in seinem Jahresbericht und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit. Nennenswerte Anlaufpunkten sind die Taqwa-Moschee (Islamismus) und die Sauerkrautfabrik (Linksextremismus). Im Übrigen siehe Antwort zu 14. Au sz ug a us d er P K S B ez irk H ar bu rg PK S- Sc hl üs se l De lik t Ja n- Se pt 2 01 5 Ja n- Se pt 2 01 6 Ja n- Se pt 2 01 7 Ja n- Se pt 2 01 8 Ja n- Se pt 2 01 9 --- --- St ra fta te n in sg es am t 12 .8 53 12 .5 27 10 .7 79 10 .9 52 11 .2 60 01 00 00 M or d 2 1 1 1 0 02 00 00 To ts ch la g un d Tö tu ng a uf V er la ng en 1 4 2 2 2 11 10 00 Ve rg ew al tig un g, s ex . N öt ig un g un d se x. Üb er gr iff im b es . s ch we re n Fa ll 7 8 13 16 21 13 00 00 Se xu el le r M iß br au ch 20 36 34 26 26 21 00 00 Ra ub , r äu b. E rp re ss un g, rä ub . A ng rif f au f K ra ftf ah re r 14 5 12 7 95 96 98 21 70 00 So ns t. 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Wahlperiode Drucksache 21/19772 5 Anlage 19772ska_Text 19772ska_Anlage