BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/19794 21. Wahlperiode 28.01.20 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Deniz Celik (DIE LINKE) vom 20.01.20 und Antwort des Senats Betr.: Skandal um Zytostatika – Hat die Behörde bei der Aufnahme der Stadtteilklinik Mümmelmannsberg in den Krankenhausplan versagt? Im Hamburger Krankenhausplan wird der Bedarf an voll- und teilstationären Betten geplant. Krankenhausträger können in den Krankenhausplan aufgenommen werden, sofern sie bedarfsgerecht, wirtschaftlich und leistungsfähig sind. Im Zusammenhang mit den großen Razzien Ende 2019 um den Korruptionsskandal mit hochpreisigen Zytostatika (siehe auch „Hamburger Abendblatt “ 18. und 19.12.2019) gerät auch die Stadtteilklinik Mümmelmannsberg ins Blickfeld, denn es gibt Überschneidungen in den Besitzverhältnissen von Stadtteilklinik und der durchsuchten ZytoService Deutschland GmbH. Das gibt Anlass zu Nachfragen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Zu welchem Zeitpunkt hat die Stadtteilklinik Mümmelmannsberg die Aufnahme in den Krankenhausplan 2020 beantragt? 2. Wann wurde die Stadtteilklinik Mümmelmannsberg erstmals durch den Landesausschuss für Krankenhaus- und Investitionsplanung aufgenommen und zu welchen Zeitpunkten entschied der Ausschuss jeweils, dass die Stadtteilklinik weiterhin im Krankenhausplan bleibt? Ein Antrag auf Aufnahme in den Krankenhausplan der Freien und Hansestadt Hamburg ist bei einem Trägerwechsel, so wie es bei dem Übergang von der Praxisklinik Mümmelmannsberg in der Trägerschaft der Klinik Gruppe Dr. Guth auf die SKH Stadtteilklinik Hamburg GmbH der Fall war, nicht erforderlich. Die frühere Praxisklinik Mümmelmannsberg war seit 1990 in den Krankenhausplan der Freien und Hansestadt Hamburg aufgenommen. Die Trägerschaft des somatischen Teils der Praxisklinik Mümmelmannsberg ist zum 01.07.2014 auf den neuen Träger SKH Stadtteilklinik Hamburg GmbH übergegangen. Der Landesausschuss für Krankenhaus- und Investitionsplanung war seit September 2013 über die schwierige Situation (geplante Schließung durch den Träger) des somatischen Teils der damaligen Praxisklinik Mümmelmannsberg informiert. Ein Beschluss des Landesausschusses für Krankenhaus- und Investitionsplanung zur Stadtteilklinik Hamburg war nicht erforderlich, da es sich um einen Betriebsübergang gehandelt hat, in deren Folge der neue Träger die Rechte und Pflichten des vorherigen Trägers übernommen hat. 3. Welchen Versorgungsbedarf erfüllte die Stadtteilklinik bei ihrer ersten Aufnahme in den Krankenhausplan und welchen Versorgungsbedarf erfüllte die Stadtteilklinik jeweils bei den Fortschreibungen beziehungsweise Zwischenfortschreibungen des Krankenhausplans? Bitte chronologisch nach Jahren auflisten. Drucksache 21/19794 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Fachgebiet 01.07.2014 Anzahl Planbetten 01.01.2017 Anzahl Planbetten 01.01.2020 Anzahl Planbetten Chirurgie 2 2 2 Gynäkologie 4 4 4 HNO-Heilkunde 3 3 3 Innere Medizin 5 5 6 Neurochirurgie 1 0 0 Urologie 1 0 Gesamt 15 15 15 Die frühere Praxisklinik Mümmelmannsberg verfügte zunächst über 82 Planbetten bei 3 300 stationären Fällen, in 2012 waren es noch 25 Planbetten und 964 stationäre Fälle. 4. Die Stadtteilklinik zeichnet sich aus durch eine große Vielfalt an Behandlungsanlässen und eine große Vielfalt an durchgeführten Operationen und Prozeduren. Gleichzeitig sind die absoluten Fallzahlen sehr gering (zum Beispiel 41 Hysterektomien OPS 5-683) Wie bewertet der Senat die durchgängig sehr kleinen Fallzahlen der Stadtteilklinik, in Hinsicht auf den Versorgungsbedarf und die Qualitätssicherung? 5. Welche Strukturvoraussetzungen muss die Stadtteilklinik Mümmelmannsberg erfüllen? Wann wurde die Einhaltung der Strukturvoraussetzungen seit 2014 geprüft, durch wen und mit welchem Ergebnis? Der neue Träger der Somatik der damaligen Praxisklinik Mümmelmannsberg, die SKH Stadtteilklinik, hat das Versorgungsangebot in 2014 unverändert übernommen und diese dann weiter entwickelt, insbesondere auch in der kurzstationären Patientenversorgung für den Stadtteil Billstedt/Horn. Für das Aufgabenspektrum der Stadtteilklinik gibt es keine über die externe stationäre Qualitätssicherung des Gemeinsamen Bundesausschusses hinausgehenden Vorgaben zu Mindestmengen. Diese Vorgaben werden in Richtlinien durch die Selbstverwaltung festgelegt und geprüft. Es liegen der Behörde keine Erkenntnisse vor, dass Qualitätsstandards nicht erfüllt wurden. Die Kostenträger prüfen in den Entgeltverhandlungen das Vorliegen von Strukturvorgaben. 6. Wie war die Bettenkapazität seit 2014 ausgelastet? Wie war die durchschnittliche Auslastung der Betten in den Jahren 2014 – 2019? Belegungsdaten der Stadtteilklinik Hamburg – 2014 bis 2019 (ab 01.07.2014 Stadtteilklinik Hamburg, bis 30.06.2014 Praxisklinik Mümmelmannsberg): 31.12.2014 31.12.2015 31.12.2016 31.12.2017 31.12.2018 31.12.2019 Planbetten insgesamt 15 15 15 15 15 15 2014 2015 2016 2017 2018 2019_vorl* Fälle 742 876 876 806 816 985 Tage 2 265 2 164 2 432 2 120 2 483 3 128 Verweildauer 3,1 2,5 2,8 2,6 3,0 3,2 Auslastung** 41,4 39,5 44,3 38,7 45,4 57,1 * unterjährige Angaben, noch nicht abschließend abgestimmt ** Auslastungsberechnungen beziehen sich auf im Jahresdurchschnitt beschiedenen Planbetten des jeweiligen Jahres Quelle: Angaben der Krankenhäuser auf Basis § 15 Hamburgisches Krankenhausgesetz. Zusammenstellung: Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz BGV. 7. In der Zwischenfortschreibung des Krankenhausplans 2017 wird in Tabelle 10 (Seite 14) angegeben, dass es in der Stadtteilklinik eine Minderauslastung von acht Betten gegeben habe und dafür ein sogenannter Sondertatbestand geltend gemacht worden sei. Dieser Sondertatbestand wurde erläutert als „Berücksichtigung der Angebotsstruktur“. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/19794 3 a. Welcher konkrete Sachverhalt verbirgt sich hinter dieser Formulierung ? b. Welchem der auf Seite 64 (Punkt 11.1) genannten Sondertatbestände 1 (große Baumaßnahmen), 2 (Veränderung der Bettenzuordnungen ) oder 3 (Temporäre Kapazitätsverlagerungen) ist der geltend gemachte Sondertatbestand der Stadtteilklinik zuzuordnen beziehungsweise welchem anderen Sondertatbestand ist er zuzuordnen? Der Träger der Stadtteilklinik Hamburg hat in 2015 zum Krankenhausplan 2020 den Erhalt der Planbettenzahl von 15 trotz niedriger Auslastung in 2014 beantragt. Darüber hinaus wurde beantragt, ein Bett Neurochirurgie zu streichen und dafür – wie in der Vergangenheit – ein Bett Urologie der SKH zuzuordnen. Die zuständige Behörde hat als Sondertatbestand für die Betriebseinschränkungen in der Übergangszeit nach Übernahme der Praxisklinik Mümmelmannsberg durch die Stadtteilklinik von insgesamt acht Betten berücksichtigt. Dem Antrag auf Ausweisung des einen Bettes Urologie und Wegfall des einen Bettes Neurochirurgie wurde entsprochen. Vor diesem Hintergrund wurden weiterhin 15 Planbetten im Krankenhausplan der Freien und Hansestadt Hamburg ausgewiesen. Die Zwischenfortschreibung 2017 des Krankenhausplans 2020 sieht zum 01.01.2018 für die Gesamtkapazität der Stadtteilklinik Hamburg insgesamt keine Veränderung vor. Das eine urologische Bett ist zum 01.01.2018 entfallen, dieses Bett wurde der Inneren Medizin zugeordnet. Im Zuge der Aufstellung des neuen Krankenhausplanes wird vom Träger ein Zukunftskonzept erwartet, bei dessen Umsetzung die Behörde unterstützen wird. 8. In der Zwischenfortschreibung des Krankenhausplans 2017 wird in Tabelle 10 (Seite 14) angegeben, dass es in der Stadtteilklinik eine Minderauslastung von acht Betten gegeben habe (bei einer Gesamtzahl von 15 Betten, also mehr als 50 Prozent). Laut Hamburgischem Krankenhausgesetz (HmbKHG) § 15, Absatz 4a, können nur geeignete Häuser, die wirtschaftlich, leistungsfähig und bedarfsgerecht sind, in den Krankenhausplan aufgenommen werden. Das stationäre somatische und das teilstationäre psychiatrische Versorgungsangebot (Träger der psychiatrischen Tagesklinik ist die Klinik Gruppe Dr. Guth) am Standort Mümmelmannsberg ist für den Erhalt der medizinischen Versorgung der Bevölkerung im Stadtteil Mümmelmannsberg von Bedeutung. Hier befinden sich alle Versorgungsangebot des ambulanten und stationären/ teilstationäre Bereiches unter einem Dach. Die Vernetzung zwischen den Versorgungsangeboten ist hoch und vorbildlich für eine wohnortnahe Versorgung im Sinne von interdisziplinären Gesundheitszentren. Die Frage der Wirtschaftlichkeit ist insbesondere bei anstehenden Baumaßnahmen zu prüfen und fällt im Übrigen in die Organisationshoheit des Krankenhausträgers. a. Geht der Senat davon aus, dass die Stadtteilklinik bei einer Bettenauslastung von weniger als 50 Prozent wirtschaftlich ist? Dazu liegen der zuständigen Behörde keine Erkenntnisse vor. b. Hat der Senat geprüft, ob die Stadtteilklinik wirtschaftlich ist? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Und wenn nein, warum wird das nicht als notwendig erachtet? Dafür gibt es aktuell keinen Anlass. c. Falls die Wirtschaftlichkeit der Praxisklinik nicht gegeben ist, wie wird dann der Verbleib im Krankenhausplan geprüft? Die Prüfung über den Verbleib im Krankenhausplan hängt vom Bedarf ab. Ein örtlicher Bedarf ist gegeben. Drucksache 21/19794 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 9. War der Behörde bei der Aufnahme der Stadtteilklinik in den Krankenhausplan bekannt, dass die Stadtteilklinik Mümmelmannsberg der alanta health group GmbH gehört, die gleichzeitig Eigentümerin der ZytoService Deutschland GmbH ist? Falls nein: Wann und wie ist dieser Umstand der Gesundheitsbehörde bekannt geworden? Nein. Die alanta health group GmbH ist nach Kenntnis der zuständigen Behörde erst nach der Übernahme der Praxisklinik Mümmelmannsberg durch die SKH Stadtteilklinik Hamburg gegründet worden.