BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/19797 21. Wahlperiode 28.01.20 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christel Nicolaysen (FDP) vom 20.01.20 und Antwort des Senats Betr.: Entwicklung unbegleiteter Minderjähriger Noch immer kommen regelmäßig unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) nach Hamburg. Zuletzt kamen im August 2019 insgesamt 39 unbegleitete minderjährige Ausländer nach Hamburg (siehe Drs. 21/18389). Nach erster Versorgung der UMA und Bemühungen der Unterbringung in einer Schule und in einer Folgeunterkunft, auch unter Vermittlung einer privaten Vormundschaft, sollen für die betroffenen jungen Menschen die schulische und berufliche Integration im Vordergrund stehen. Auch über die Minderjährigkeit hinaus sollen die jungen Menschen durch Hilfen für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII unterstützt werden. In seinem Integrationskonzept 1 formuliert der Senat zum einen das Ziel der Erreichung eines formalen Schulabschlusses und weiterhin der beruflichen Ausbildung. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Hamburg verfügt über eine gute Infrastruktur zur Einbindung von jungen Geflüchteten in die Gesellschaft. Ziel ist es, unbegleitete minderjährige Ausländer in die bestehenden Regelsysteme zu integrieren. Grundsätzlich besuchen alle schulpflichtigen neu zugewanderten Migrantinnen und Migranten unter 18 Jahren eine Hamburger Schule. Schulplätze für Minderjährige werden innerhalb von vier bis sechs Wochen zugewiesen . Die unter 16-Jährigen besuchen in der Regel einjährige Vorbereitungsklassen (gegebenenfalls vorlaufend Alphabetisierungsklassen) und wechseln dann in Regelklassen . Dort erhalten sie im Anschluss zusätzliche Förderung. Es gibt spezielle zweijährige Vorbereitungen des ersten allgemeinen Schulabschlusses (ESA) und des mittleren Schulabschlusses (MSA). Junge Volljährige sind in Hamburg nicht mehr schulpflichtig und erhalten daher keinen Schulplatz. Unbegleitete minderjährige Ausländer können aber nach Erreichen der Volljährigkeit ihren Schulbesuch bis zu einem Abschluss fortsetzen. Da unbegleitete minderjährige Ausländer kein statistisches Merkmal der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) ist, können allerdings zur schulischen Integration von unbegleiteten minderjährigen Ausländern im Sinne der Fragestellungen keine statistischen Angaben gemacht werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen zum Teil auf Grundlage von Auskünften des Statistik-Service Nordost der Bundesagentur für Arbeit wie folgt: 1. Für wie viele UMA besteht derzeit in Hamburg eine Vormundschaft? Wie viele von ihnen werden ausschließlich durch das Familiengericht betreut und wie viele befinden sich in privater Vormundschaft? (Bitte tabellarisch aufschlüsseln nach Jahren von 2015 bis heute.) 1 https://www.hamburg.de/contentblob/128792/4fa13860dcb7a9deb4afdfb989fc78e2/ data/konzept.pdf;jsessionid=2744D828C1DF97AF4AB81590CE7E77DA.liveWorker2. Drucksache 21/19797 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Der beim Kinder- und Jugendnotdienst (KJND) eingerichtete Fachdienst Flüchtlinge des Landesbetriebes Erziehung und Beratung (LEB) übernimmt alle jugendamtlichen Aufgaben während der Inobhutnahme einschließlich ihrer Beendigung und ist damit das zentral zuständige Jugendamt für unbegleitete minderjährige Ausländer in Hamburg . Nach § 42 Absatz 3 Satz 4 SGB VIII ist der Fachdienst Flüchtlinge verpflichtet, unverzüglich nach der regulären Inobhutnahme die Bestellung eines Vormundes oder Pflegers beim Familiengericht zu veranlassen. Das bedeutet, dass für jeden unbegleiteten minderjährigen Ausländer ein Vormund bestellt wird. Grundsätzlich erfolgt keine Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Ausländer durch das Familiengericht, sondern alle Vormundschaften – unabhängig davon, ob die Vormundschaft durch einen Amts-, Privat-, Vereins- oder Berufsvormund wahrgenommen wird – werden durch das Gericht bestellt. Bezüglich der statistischen Erhebung des Merkmals „Vormundschaft für unbegleitete minderjährige Ausländer“ werden Zahlen sowohl durch die Behörde für Arbeit, Soziales , Familie und Integration (BASFI) als auch durch die Justizbehörde (JB) erhoben: Die absolute Anzahl der jeweils innerhalb eines Jahres für unbegleitete minderjährige Ausländer durch ein Familiengericht bestellten Vormünder ist in der folgenden Tabelle dargestellt. Bei der statistischen Erhebung wird jedoch nicht danach unterschieden, ob die Vormundschaft von Amtswegen oder privat vermittelt wurde. Familiengerichtliche Vormundschaften (Amtsvormundschaften und private Vormundschaften ): 2016 2017 2018 2019 2020* 530 161 188 184 10 * Stand: 21.1.2020  Das zuständige Referat der BASFI fungiert seit 2015 als zentralisierte Stelle für Amtsvormundschaften für UMA. Hier werden ebenfalls Zahlen erhoben. Diese beziehen sich ausschließlich auf Amtsvormundschaften und es handelt sich zudem um Stichtagszahlen , das heißt die Zahlen machen Aussagen dazu, wie viele Amtsvormundschaften an dem jeweiligen Tag laufend waren. Da Vormundschaften oft über mehrere Jahre bestehen, kann so ein und dieselbe Vormundschaft in dieser Erhebung mehrmals erscheinen. Amtsvormundschaften: 31.12.2015 31.12.2016 31.12.2017 31.12.2018 31.12.2019 727 671 428 275 240 Im Übrigen gibt es keine statistische Erhebung im Sinne der Fragestellung. 2. Wie viele der in Hamburg verbliebenen UMA konnten bisher erfolgreich einen Schulabschluss absolvieren? a. Welche Abschlüsse konnten erreicht werden? (Bitte tabellarisch aufschlüsseln nach Arten und jeweils erreichter Anzahl der Abschlüsse .) b. Wie oft mussten Jahrgangsstufen wiederholt werden, bis ein Schulabschluss erreicht wurde? c. In wie vielen Fällen erreichten die UMA die Volljährigkeit ohne Erreichen eines formalen Schulabschlusses? d. Wie viele der UMA haben nach dem ersten formalen Schulabschluss einen weiter gehenden Schulabschluss erfolgreich absolviert ? 3. Ist die Teilnahme an außerschulischen Sprach- und Integrationskursen für UMA verpflichtend? a. Hat der Senat Erkenntnisse darüber, ob sich die Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen auf den angestrebten Schulabschluss auswirkt? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/19797 3 b. Bei der Absolvierung von Sprachkursen, mit welchem Niveau schließen die UMA diese ab? (Bitte aufschlüsseln nach Altersgruppen und Sprachniveau.) c. Wie viele der UMA bedürfen zunächst einer Alphabetisierung? (Bitte aufschlüsseln nach Altersgruppen.) Die Verantwortung für den Spracherwerb von unbegleiteten minderjährigen Ausländern trägt, solange die Schulpflicht besteht, das Regelsystem „Schule“. Eine außerschulische Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen ist deshalb nicht verpflichtend . Der Spracherwerb erfolgt intensiv während des Besuchs der Alphabetisierungsklassen oder der Vorbereitungsklassen. Der Unterricht wird auf die Bedarfe der Schülerinnen und Schüler abgestimmt. Daran anschließend findet die reguläre Beschulung statt, die in der Regel additiven und/oder integrativen Spracherwerb ermöglicht. Es werden in der für Schule zuständigen Behörde keine Daten mit dem Merkmal „unbegleitete minderjährige Ausländer“ erhoben. Junge Geflüchtete zwischen 16 und 18 Jahren werden im Rahmen der Ausbildungsvorbereitung für Migranten (AvM-Dual) wirkungsvoll auf den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt vorbereitet. Das ganztägige Bildungsangebot verknüpft schulisches und betriebliches Lernen und Arbeiten, ebenfalls eine integrierte Sprachförderung und individualisierten Unterricht. Im Übrigen siehe Drs. 21/16425 und Drs. 21/16139 sowie Vorbemerkung . 4. Wie viele der zunächst unter Vormundschaft stehenden UMA leben auch nach Erreichung der Volljährigkeit weiter in Hamburg und nehmen anschließend vorgesehene Hilfsprogramme in Anspruch? 5. Wie viele der UMA konnten, auch nach Eintritt der Volljährigkeit, auf dem Arbeitsmarkt vermittelt werden und wie viele davon konnten eine berufliche Ausbildung beginnen? Es erfolgt keine statistische Erhebung im Sinne der Fragestellung.