BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1981 21. Wahlperiode 27.10.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Ralf Niedmers (CDU) vom 20.10.15 und Antwort des Senats Betr.: Zunehmende Verschlickung des Hamburger Hafens – Umleitung von Schiffsanläufen aufgrund mangelnder Wassertiefen? Täglich werden im Hamburger Hafen Containerschiffe entladen. Doch seit Monaten kommt es an einigen Stellen aufgrund zunehmender Verschlickung der Hafenbecken zu Problemen. Durch die Sedimentablagerungen und die daraus resultierende Verschlickung haben sich die Wassertiefen der Hafenbecken an einigen Stellen um mehr als zwei Meter verringert. Die Hamburg Port Authority (HPA), die für die sogenannte Unterhaltungsbaggerei und Wassertiefeninstandhaltung im Hamburger Hafen zuständig ist, hat das Problem zwar erkannt, scheint diesem aber nur begrenzt Herr werden zu können. Auch die zahlreichen Beschwerden von Hafenunternehmen, die in den vergangenen Monaten über nicht gegebene Wassertiefen in den Hafenbecken und daraus resultierende Umschlagsrückgänge eingingen, zeigten nur begrenzt Wirkung. Wie prekär die Situation tatsächlich ist, zeigte zuletzt die juristische Auseinandersetzung zwischen der HANSAPORT HAFENBETRIEBSGESELLSCHAFT mbH und der HPA. Die Geschäftsführung der HANSAPORT hatte die HPA verklagt, da diese die vertraglich zugesicherten Wassertiefen nicht einhalten konnte. Im Rahmen einer Ausnahmegenehmigung der Hamburger Behörden wird inzwischen wieder gebaggert. Laut „Hamburger Abendblatt“ müsse HANSAPORT „seinen Betrieb zunächst jedoch unterbrechen, beladene Schiffe müssten vorerst für zwei Tage in der Nordsee warten“ (vergleiche http://www.abendblatt.de/hamburg/ article205848213/Aus-Hafenbecken-wird-wieder-Schlick-gebaggert.html). Zudem ist aus der Hamburger Hafenwirtschaft zu hören, dass aufgrund zu geringer Wassertiefen vermehrt Schiffe in andere europäische Häfen umgeleitet werden mussten, um sie dort zu entladen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Ziel der Wassertiefenunterhaltung ist die bedarfsgerechte Bereitstellung der nautisch und betrieblich erforderlichen Wassertiefen. Dabei können diese von der AusbauSolltiefe oder vertraglich vereinbarten Wassertiefe abweichen, ohne dass unmittelbar eine Beeinträchtigung des Hafenbetriebs vorliegt. Der Ist-Zustand der Wassertiefen wird durch Peilungen des gesamten Hafengebietes regelmäßig erfasst. Auf dieser Basis informiert die HPA die Hafenunternehmen über die sie betreffenden, aktuellen Tiefen. Wenn die vorhandene Wassertiefe um mindestens 0,50 m geringer ist als die vertraglich vereinbarte Wassertiefe und die betrieblichen Abläufe es erfordern, erfolgen in der Regel die Anträge der Hafenunternehmen auf Herstellung der Wassertiefen . Wichtigstes Element der Wassertiefenunterhaltung ist dabei die Umlagerung von Sedimenten im Gewässer. Im Zeitraum vom 7. November bis zum 31. März können Sedimente, deren Belastung es zulässt, innerhalb der Hamburger Landesgrenze tide- Drucksache 21/1981 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 abhängig umgelagert werden. Unter bestimmten Bedingungen können Sedimente im dringenden Bedarfsfall auch früher, ab dem 1. Oktober, umgelagert werden. Besonders bei ungünstigen hydrologischen Bedingungen, wie etwa langanhaltend niedrigem Oberwasser, wird ein Teil des umgelagerten Sediments mit dem Flutstrom zurück in den Hafen geschwemmt, wo es sich bei Abnahme der Strömungsgeschwindigkeit erneut ablagert und gegebenenfalls gebaggert werden muss. Gleichzeitig ist eine Umlagerung in den kritischen Sommermonaten innerhalb Hamburgs aus Gewässerschutzgründen nicht zulässig. Um diesem Umstand entgegenzuwirken, wurde 2005 im Einvernehmen mit Schleswig -Holstein die Verbringung von Sedimenten aus der Delegationsstrecke in die Nordsee zur Tonne E3 unter strengen Umweltauflagen befristet ermöglicht. Hierdurch konnte die Situation mehrfach deutlich entlastet werden, da auch ein Teil des Feinsediments nachhaltig aus dem System ausgetragen wurde. Andere Möglichkeiten der Umlagerung stehen der HPA bislang nicht zur Verfügung. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen und Möglichkeiten stellt die HPA in enger Abstimmung mit den Hafenkunden den jeweils bestmöglichen Unterhaltungszustand her. Da aufgrund der bestehenden Restriktionen keine ganzjährige Unterhaltung gesichert ist, können Mindertiefen nicht ausgeschlossen werden. Um für die Wassertiefenunterhaltung eine nachhaltige Verbesserung zu erreichen, insbesondere durch die Ermöglichung eines gesteigerten und bedarfsgerechten Austrags an Feinsedimenten, befindet sich die HPA in intensiven Verhandlungen mit den Nachbarländern und der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Hierbei werden auch die Ergebnisse eines umfassenden Dialogprozesses mit über 40 Interessensvertretern aus der Region berücksichtigt. Ziel der zuständigen Behörde ist es, ein verbessertes und gemeinsam getragenes Gesamtkonzept für die Unterhaltung der Tideelbe ab 2016 vorzulegen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA) wie folgt: 1. Wie viele geplante Schiffsanläufe mussten seit 01.01.2015 aufgrund zu niedriger Wasserstände der Elbe umgeleitet, abgebrochen oder zeitlich verschoben werden? Wohin wurden die Schiffe jeweils umgeleitet? 2. Wie viele geplante Schiffsanläufe mussten seit 01.01.2015 aufgrund nicht gegebener Wassertiefen in den Hafenbecken umgeleitet, abgebrochen oder zeitlich verschoben werden? Wohin wurden die Schiffe jeweils umgeleitet? Mindertiefen werden üblicherweise durch eine Reduzierung des Schiffstiefgangs oder unter Berücksichtigung der Tide durch eine zeitliche Anpassung des Anlaufes ausgeglichen . Da durch die Kaibetriebe bei der Liegeplatzanmeldung bestehende Mindertiefen bereits berücksichtigt werden, liegen der HPA keine Informationen dazu vor, wie viele Schiffsanläufe zeitlich verschoben oder umgeleitet wurden. Der HPA ist kein Fall bekannt, in dem ein Anlauf wegen Mindertiefen abgebrochen werden musste, weil im Vorwege jeder Seeschiffsanlauf unter Berücksichtigung der geltenden Anlaufbedingungen von der HPA genehmigt wird. 3. Wie viele Liegewannen (und Zufahrten zu diesen) hatten im Zeitraum 01.01.2015 – 30.09.2015 nicht die vertraglich zugesicherten Tiefen? Bitte monatlich ausweisen und lediglich Anzahl angeben. Die HPA nimmt im gesamten Hafengebiet Peilungen vor. Eine statistische, liegewannenscharfe Erfassung in der abgefragten Form erfolgt nicht. Für die Beantwortung müssten bestehende IT-Systeme der HPA auf die Erfassung des abgefragten Sachverhalts hin angepasst und neu programmiert werden. Dies ist in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Trifft es zu, dass das Oberhafenamt den Terminalbetreibern die aktuellen Wassertiefen in regelmäßigen Abständen mitteilt und damit sowohl Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1981 3 die Terminalbetreiber als auch die Reedereien über mögliche Abweichungen informiert sind? Wenn ja, wie sichert der Senat, dass diese Informationen und deren Weitergabe nicht dazu führen, dass daraus Rückschlüsse auf die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens gezogen werden können? Aktuelle Wassertiefen werden durch die HPA nur an den jeweils verfügungsberechtigten Kaibetrieb weitergegeben. Damit wird sichergestellt, dass sich daraus keine Übersicht über die Situation bei anderen Kaibetrieben ergibt. Eine Übersicht über die Gesamtsituation und Rückschlüsse auf die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens sind somit nicht möglich. 5. Inwiefern teilt die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation die Ansicht, dass die HPA von allen ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten ausreichend Gebrauch gemacht hat, um zu prüfen, ob das Vornehmen von Baggerarbeiten in den Hafenbecken – wenn auch im Ausnahmefall – im Zeitraum zwischen April bis November nicht doch zu realisieren gewesen wäre? Die HPA hat nach Ansicht der zuständigen Behörde von allen ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausreichend Gebrauch gemacht. So wurde der Beginn der Umlagerung bei Neßsand auf den 1. Oktober vorgezogen. Weitere Optionen, die kurzfristig Abhilfe schaffen könnten, bestanden nicht.