BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1982 21. Wahlperiode 27.10.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien und Dennis Gladiator (CDU) vom 20.10.15 und Antwort des Senats Betr.: Umsetzung des Asylkompromisses in Hamburg Mitte Oktober haben Bundestag und Bundesrat das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz beschlossen, das bereits zum 1. November 2015 in Kraft tritt. Dieses Gesetz sieht zahlreiche Punkte vor, bei denen es den jeweiligen Bundesländern überlassen ist, sie umzusetzen oder nicht. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Ist geplant, Asylbewerber aus den nun „sicheren Herkunftsstaaten“ Albanien, Kosovo und Montenegro bis zum Abschluss des Asylverfahrens in Erstaufnahmeeinrichtungen zu belassen? Die zuständige Behörde wird ihrem verfassungsrechtlichen Auftrag aus Artikel 83 Grundgesetz nachkommen. Mit Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes besteht eine gesetzliche Verpflichtung für Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat , bis zur Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge über den Asylantrag und im Falle der Ablehnung des Asylantrages nach § 29a Asylgesetz als offensichtlich unbegründet oder nach § 27a Asylgesetz als unzulässig bis zur Ausreise oder bis zum Vollzug der Abschiebungsandrohung oder -anordnung in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. 2. Wird beabsichtigt, Asylbewerber insgesamt statt wie bisher drei jetzt sechs Monate in den Erstaufnahmelagern zu belassen? Mit der Neuregelung des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes wurde die Höchstdauer der Wohnverpflichtung in den (Erst-)Aufnahmeeinrichtungen von drei auf sechs Monate verlängert. In den Aufnahmeeinrichtungen in Hamburg verbleiben bereits heute Asylbewerber überwiegend mehr als drei Monate. Die künftige Aufenthaltsdauer bestimmt sich nach den gesetzlichen Regelungen, der Entwicklung der Verfahrensdauer und verfügbaren Alternativen in Folge- oder Wohnunterbringungen. 3. Beziehen Asylbewerber in Hamburg bereits Sachleistungen statt Geldleistungen ? Wenn ja, in welchem Umfang? Inwieweit ist eine Ausweitung hin zu mehr Sachleistungen nach der Gesetzesänderung geplant? In den Hamburger (Erst-)Aufnahmeeinrichtungen werden mit Ausnahme des notwendigen persönlichen Bedarfs auch bisher schon Sachleistungen gewährt. Für den notwendigen persönlichen Bedarf wird nach vorgenommener leistungsrechtlicher Erfassung eine Geldleistung von 143 Euro pro Monat für Erwachsene ausgezahlt. In der Folgeunterbringung werden Unterkunft, Heizung und Hausrat durch Sachleistungen , die übrigen Leistungen grundsätzlich durch Geldleistungen gedeckt. Es sind keine Änderungen geplant, da auch nach der Neuregelung der mit einem reinen Sachleistungsprinzip verbundene Verwaltungsaufwand einbezogen werden soll. Drucksache 21/1982 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. Geplant ist, Geldleistungen künftig nur noch einen Monat im Voraus zu zahlen. Wird dies bereits so in Hamburg gehandhabt? Wenn nicht, ist es geplant? Ja. 5. Bisher konnten Abschiebungen für sechs Monate ausgesetzt werden. a) Für wie viele Personen wurden in Hamburg 2015 (bitte nach Monaten angeben) Duldungen für sechs Monate gewährt? In der folgenden Übersicht sind die im jeweiligen Monat erteilten Duldungen mit einer Gültigkeit von sechs Monaten angegeben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Personen , denen zum Beispiel im Januar eine entsprechende Duldung erteilt wurde, im Juli unter Umständen eine weitere Duldung erhalten haben und somit erneut erfasst wurden : Monat Erteilte Duldungen für sechs Monate Januar 2015 416 Februar 2015 335 März 2015 426 April 2015 389 Mai 2015 380 Juni 2015 403 Juli 2015 468 August 2015 455 September 2015 597 Oktober 2015 (Stand: 21.10.) 290 (Quelle: Daten Einwohner-Zentralamt, Stand: 21. Oktober 2015) b) Das neue Gesetz verkürzt die Frist nun auf drei Monate. Wird Hamburg diese Gesetzesänderung umsetzen? Mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz wurde die Befugnis der obersten Landesbehörden , einen Abschiebungsstopp ohne Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern anzuordnen, für die Dauer von bisher sechs auf drei Monate verkürzt. Nur für auf diesen Duldungsgrund gestützte Duldungen gilt die Verkürzung. Diese bundesgesetzliche Vorgabe ist verbindlich und wird demzufolge auch in Hamburg entsprechend umgesetzt. 6. Asylbewerber, die ihre Ausreise verweigern, sollen keinerlei Sozialleistungen mehr erhalten. a) Schließt Hamburg sich diesem Vorschlag an? b) Welche Leistungen werden dieser Personengruppe zukünftig gewährt? Artikel 2 Nummer 2 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes sieht in § 1a Absatz 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) neue Fassung für vollziehbar Ausreisepflichtige , für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag Anspruchseinschränkungen vor, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Weiterhin sieht § 1a Absatz 3 AsylbLG neue Fassung für Geduldete und vollziehbar Ausreisepflichtige, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, und ihre Familienangehörigen ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag Anspruchseinschränkungen vor. Die Betroffenen haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6 AsylbLG, sondern erhalten nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege. Die genannten Familienangehörigen erhalten das im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar Gebotene. Hamburg wird die neuen Vorschriften umsetzen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1982 3 7. Zudem ist vorgesehen, dass nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise Abschiebungen nicht mehr vorher angekündigt werden sollen. Wird Hamburg sich an diese Vorgabe halten? Wenn nein, warum nicht? Wie die Neuregelung in § 59 Absatz 1 AufenthG umgesetzt werden wird, wird derzeit von den zuständigen Behörden geprüft. 8. Wird Hamburg seine Bemühungen zur konsequenteren Abschiebung abgelehnter Asylbewerber intensivieren? Wenn ja, durch welche Maßnahmen? Siehe Drs. 21/1947. 9. Wird es in Hamburg eine Reduzierung oder Einstellung von Rückführungen oder Abschiebungen im Winter geben? Nein, siehe Drs. 21/1656. 10. Wird es Leistungseinschränkungen oder -änderungen bei der Hamburger Gesundheitskarte für Flüchtlinge geben? Nach dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz sind keine Leistungseinschränkungen bei der Hamburger Gesundheitskarte vorgesehen. Ob sich aus der Änderung in § 1a Absatz 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) etwaige Anpassungsbedarfe für die Nutzung der Gesundheitskarte ergeben, wird von den zuständigen Fachbehörden geprüft.