BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/19823 21. Wahlperiode 28.01.20 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 22.01.20 und Antwort des Senats Betr.: Das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) in der Kritik (II) Die Antwort des Senats auf meine Schriftliche Kleine Anfrage, Drs. 21/19624, bietet Raum für Nachfragen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Der Senat gibt in der Antwort an, dass am Religionsunterricht in Hamburgs Schulen keine Geistlichen des IZH beteiligt sind und dies auch nicht für die Zukunft vorgesehen ist. In der Drs. 21/19110 führt der Senat aus: „Der Religionsunterricht trägt in Hamburg die Fachbezeichnung „Religion“. Er wurde seit den Verträgen mit den muslimischen Religionsgemeinschaften DITIB-Nord, SCHURA Hamburg e.V. und VIKZ e.V. beziehungsweise der Alevitischen Gemeinde Hamburg e.V. sowie den gleichlautenden Vereinbarungen mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland und der Jüdischen Gemeinde von 2012 beziehungsweise 2014 so weiterentwickelt, dass er zukünftig nicht mehr nur von der evangelischen Kirche, sondern von allen beteiligten Religionsgemeinschaften gleichberechtigt verantwortet wird.“ Auf der Homepage der Behörde für Schule und Berufsbildung (https://www.hamburg.de/bsb/bewerbungen/11228020/religionsunterricht -voraussetzungen/) heißt es dazu: „(…) Das bedeutet unter anderem, dass künftig für Bewerbungen für den Religionsunterricht die Beauftragung („Vokation“, „Missio“ und andere) durch eine Religionsgemeinschaft im Original oder in beglaubigter Kopie benötigt wird. Für die Bewerbung ist zunächst eine „vorläufige“ oder eine „befristete“ Beauftragung ausreichend. Beauftragungen werden von den für Hamburg zuständigen Religionsgemeinschaften ausgestellt beziehungsweise von ihnen bestätigt sein. (…) Bei muslimischen Bewerberinnen und Bewerbern : „Idschaza“ durch die islamischen Religionsgemeinschaften in Hamburg (DITIB/SCHURA/VIKZ) (nähere Informationen unter: muslimische -beauftragung@hamburg.de).“ a. Wie wird gewährleistet, dass keine Beauftragungen von Bewerbern, die dem IZH zugehörig sind oder nahestehen, erfolgen? Anders als in vielen anderen Ländern wird der Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen Hamburgs nicht von Geistlichen, die von den Religionsgemeinschaften entsendet werden, erteilt. Das Fach Religion unterrichten grundsätzlich Lehrkräfte des staatlichen Schuldienstes mit einem zweiten Staatsexamen und mindestens zwei Unterrichtsfächern. Die gemäß § 7 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) beziehungsweise Artikel 7 Absatz 3 GG erforderliche Kooperation erfolgt mit Religionsgemeinschaften , nicht mit einzelnen Gemeinden wie dem IZH. In den Gremien, die für die verfassungsrechtlich notwendige Zusammenarbeit zwischen der für Bildung Drucksache 21/19823 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 zuständigen Behörde und den Religionsgemeinschaften etabliert wurden, findet sich kein Vertreter des IZH. Die ausschließliche Tatsache einer formalen Mitgliedschaft im IZH kann ohne Nachweis einer extremistischen Haltung der jeweiligen Bewerberin beziehungsweise des jeweiligen Bewerbers aus rechtlicher Sicht jedoch keine Ablehnung begründen. b. Welche Informationen holen die Religionsgemeinschaften bei welchen Stellen über die Bewerber vorab ein? Gemäß Artikel 137 Absatz 3 der Weimarer Reichsverfassung in Verbindung mit Artikel 140 GG befinden die Religionsgemeinschaften eigenständig über ihre Grundsätze und die Kriterien, nach denen sie ihre Beauftragungen aussprechen. Für grundständig ausgebildete Lehrkräfte gelten folgende Regelungen: Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Deutschland verlangt gemäß ihrer Vokationsordnung neben dem Nachweis eines abgeschlossenen Lehramtsstudiums mit dem Fach „Evangelische Religion“ die Bestätigung der Mitgliedschaft in der Nordkirche, in einer anderen Gliedkirche der EKD oder in einer evangelischen Kirche, die Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) ist. Das Erzbistum Hamburg sieht gemäß der Missio-Ordnung neben einem abgeschlossenen Lehramtsstudium im Fach „Katholische Religion“ die Versicherung, den Religionsunterricht in Übereinstimmung mit ihren Grundsätzen zu erteilen und in der Lebensführung die Grundsätze der Lehre der Kirche zu beachten, als Bedingungen für die Erteilung einer Beauftragung vor. Darüber hinaus sind zwei Referenzpersonen zu benennen, darunter ein Priester. Die Idschaza-Ordnung der muslimischen Gemeinschaften in Hamburg sieht für die Beantragung neben der staatlichen Lehrbefähigung einen Lebenslauf und ein Motivationsschreiben vor. Die Alevitische Gemeinde erwartet gemäß ihrer Rizalik-Ordnung den Nachweis der staatlichen Lehrerlaubnis, eine Zusicherung der Zugehörigkeit zur alevitischen Religionsgemeinschaft sowie der Bereitschaft, den Religionsunterricht nach deren Grundsätzen zu erteilen. Die Jüdische Gemeinde hat auf Grund der geringen Anzahl der erwarteten Bewerberinnen beziehungsweise Bewerber zurzeit keine Ordnung für ihre Beauftragungen festgelegt. Für die Erteilung von Beauftragungen an Lehrkräfte, die an einem Qualifizierungskurs teilnehmen oder das Fach fachfremd erteilen, legen die Religionsgemeinschaften ähnliche Kriterien an. c. Welche Informationen erhält die Schule beziehungsweise die Schulbehörde über die beauftragten Bewerber? Das Fach Religion unterrichten grundsätzlich Lehrkräfte des staatlichen Schuldienstes mit einem zweiten Staatsexamen und mindestens zwei Unterrichtsfächern, siehe Drs. 21/19624. Lehrerinnen beziehungsweise Lehrer, die an Hamburger Schulen Religionsunterricht erteilen, sind grundsätzlich Beamtinnen/Beamte beziehungsweise Tarifbeschäftigte , die sich regulär für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst beziehungsweise für eine Tätigkeit im Schuldienst der Freien und Hansestadt Hamburg mit in der Regel zwei oder mehr Unterrichtsfächern bewerben. Damit liegen der für Bildung zuständigen Behörde alle Unterlagen beziehungsweise Informationen vor, die bei einer Bewerbung üblicherweise vorzulegen sind (siehe exemplarisch die Aufstellung im Bewerbungsbogen für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst, online unter https://www.hamburg.de/contentblob/4091336/efd753584e992abb43e9ace48b3b8b7a /data/bewerbungsbogen-vorbereitungsdienst.pdf). Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/19823 3 2. Muss die Beauftragung („Vokation“, „Missio“ und andere) durch eine Religionsgemeinschaft bereits bei der Bewerbung für den Vorbereitungsdienst vorliegen und/oder muss sie erst für den Eintritt in den Schuldienst vorliegen? Das von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland entwickelte Verwaltungsverfahren wurde mit der zuständigen Behörde abgesprochen und ermöglicht eine zügige Bearbeitung von Bewerbungen. Es entspricht den Standards und den Verfahren in den anderen Bundesländern, in denen Artikel 7 Absatz 3 GG Anwendung findet. Es wurde von den anderen, den Religionsunterricht für alle in Hamburg verantwortenden Religionsgemeinschaften für sich übernommen. Demnach muss bei der Bewerbung zum Vorbereitungsdienst eine für den Vorbereitungsdienst befristete Beauftragung eingereicht werden. Sofern zum Zeitpunkt der Abgabe der Bewerbungsunterlagen noch kein Zeugnis des Master-Abschlusses vorliegt , genügt auch eine vorläufige Beauftragung, da die Religionsgemeinschaften endgültige Beauftragungen erst erteilen, wenn ein Master-Zeugnis vorgelegt wurde. Eine Einstellung in den Vorbereitungsdienst erfolgt seitens der für Bildung zuständigen Behörde nur, wenn ein Master-Zeugnis vorgelegt worden ist. Bei der Bewerbung zum Schuldienst reicht in der Regel die für den Vorbereitungsdienst geltende Beauftragung aus, da sie für weitere zwei Jahre gültig ist, um den Religionslehrkräften die Teilnahme an einer „Vokationstagung“ oder Ähnlichem zu ermöglichen. Erst danach erhalten die Religionslehrkräfte die unbefristete Beauftragung. 3. Wie soll mit abgelehnten Bewerbern weiter verfahren werden? Die gemäß § 7 HmbSG beziehungsweise Artikel 7 Absatz 3 GG erforderliche Übereinstimmung des Religionsunterrichts mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften umfasst auch das Lehrpersonal. Liegt eine Beauftragung nicht vor, kann eine Lehrkraft nach Ende einer zurzeit noch laufenden Übergangsfrist den Religionsunterricht nicht erteilen. Studierende werden bei Studienbeginn auf diese rechtlichen Regelungen hingewiesen und sind gehalten, zur Klärung eventueller Fragen frühzeitig mit ihrer Religionsgemeinschaft Kontakt aufzunehmen. Die evangelische und die katholische Kirche bieten hierfür in allen Ländern Informationsveranstaltungen und Tagungen an. Eine Informationsveranstaltung der muslimischen Religionsgemeinschaften für Studierende der islamischen Religion an der Universität Hamburg fand am 15. Januar 2020 statt, eine Informationsveranstaltung der Alevitischen Gemeinde ist in Vorbereitung. Lehrkräfte aus dem Hamburger Schuldienst, die sich für einen Qualifizierungskurs für das Fach Religion am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung der für Bildung zuständigen Behörde bewerben, benötigen für die Zulassung eine befristete Beauftragung ihrer Religionsgemeinschaft. Die Erteilung orientiert sich an ähnlichen Kriterien wie den für grundständig im Fach qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber geltenden. Der für Bildung zuständigen Behörde ist bislang kein Fall bekannt, in dem in den vergangenen Jahren eine Beauftragung durch die muslimischen Religionsgemeinschaften verweigert wurde.