BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/19838 21. Wahlperiode 31.01.20 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jens Meyer und Michael Kruse (FDP) vom 23.01.20 und Antwort des Senats Betr.: Genehmigungen für den Wohnungsbau in Hamburg – Gab es eine ominöse Jahresendrallye oder führt der Senat seine eigene Statistik? Am 16.01.2020 berichteten der Erste Bürgermeister Dr. Tschentscher (SPD) und die Stadtentwicklungssenatorin Dr. Stapelfeldt (SPD), dass im Jahr 2019 in Hamburg der Bau von 12 715 neuen Wohnungen genehmigt worden sei.1 Ausweislich der entsprechenden Senatspressemitteilung lagen die Genehmigungen des Baus neuer Wohnungen in den Vorjahren gemäß dort gemachter Zahlenangaben ähnlich hoch. Auffällig ist jedoch, dass die Senatszahlen grundsätzlich höher liegen als die vom Statistischen Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein gemeldeten Zahlen (vergleiche nachfolgende Tabelle).2 Baugenehmigte Wohnungen laut Jahr Senat Statistikamt Nord Differenz 2015 9 560 8 634 926 2016 12 471 10 736 1 735 2017 13 411 12 465 946 2018 11 243 11 087 156 2019 12 715 6 388 (bzw. 5 847)* 6 327 bzw. 6 868 * Zahlen bis inklusive November 2019; 5 847 Wohnungen in Neubauten Bei Betrachtung der zuletzt am 15.01.2020 veröffentlichten Monatsmeldungen des Statistikamts Nord fällt insbesondere auf, dass bis November 2019 der Bau von nur etwa halb so vielen Wohnungen genehmigt wurde, wie der Senat für das Gesamtjahr 2019 nur einen Tag später berichtet hatte. Es müssten demzufolge im Dezember 2019 noch rund die Hälfte aller laut Senat 2019 erteilten Wohnungsbaugenehmigungen erfolgt beziehungsweise ans Statistikamt Nord gemeldet worden sein, mithin für mehr als 6 300 Wohnungen . Bereits im Jahr 2018 wurden auffällig viele Wohnungen (2 453) offenbar erst im Dezember baugenehmigt beziehungsweise entsprechend an das Statistikamt gemeldet. 1 Vergleiche https://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/13463768/2020-01-16-bswwohnungsbau -weiter-erfolgreich/. 2 Vergleiche https://www.statistik-nord.de/zahlen-fakten/bautaetigkeit-wohnen/monatszahlen/ ?inputTree%5B%5D=c%3A14&prevInputTree%5B%5D=c%3A14&inputTree%5B%5D= t%3A79&prevInputTree%5B%5D=t%3A70&filter%5Blocation%5D=0&showAllYears= &filter%5BadditionalTopics%5D= beziehungsweise https://www.statistik-nord.de/fileadmin/ Dokumente/Statistische_Berichte/industrie__handel_und_dienstl/F_II_1_m_H/F_II_1_m_ 11_19_HH.pdf. Drucksache 21/19838 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Unerklärlich bleiben dennoch die offenbar strukturell höheren Angaben des Senats zur Genehmigung des Baus neuer Wohnungen. Denn Verzögerungen auf dem Meldeweg ans Statistikamt Nord müssten beispielsweise in Folgemonaten beziehungsweise -jahren zu entsprechend höheren Zahlen in der Baugenehmigungsstatistik führen, was jedoch nicht der Fall ist. Insgesamt weist das Statistikamt Nord damit alleine für die Jahre 2015 bis 2018 bereits 3 763 weniger baugenehmigte Wohnungen aus, als den Zahlen des Senats zu entnehmen wäre. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die Bezirksämter erfassen die von ihnen erteilten Baugenehmigungen im Moment der Genehmigungserteilung. Diese Zahlen geben demnach einen stets aktuellen und monatsgenauen Überblick und bilden die Grundlage für die Feststellung, ob die im Vertrag für Hamburg – Wohnungsneubau vereinbarten Ziele erreicht werden. Deshalb greifen Senat und Bezirksämter bei ihrer Berichterstattung auf diese Zahlen zurück. Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein (Statistikamt Nord) erfasst demgegenüber die Baugenehmigungen erst nach Eingang eines vom Bauherrn vollständig ausgefüllten Statistikbogens. Dieser wird dem Statistikamt Nord nach der Erteilung der Baugenehmigung entweder vom zuständigen Bezirksamt oder direkt vom Bauherrn übermittelt. Dabei kann auch eine aufwendige Nacherhebung unvollständiger oder nicht plausibler Angaben erforderlich sein. Im Ergebnis führt dies dazu, dass die Erfassung der Baugenehmigungen beim Statistikamt Nord grundsätzlich zeitversetzt gegenüber der Erfassung bei den zuständigen Bezirksämtern erfolgt. Grundsätzlich erstellt das Statistikamt Nord die Dezemberergebnisse zu den Baugenehmigungen turnusgemäß nach bundeseinheitlicher Methodik Anfang März des Folgejahres . Dadurch ist es zum Jahresabschluss möglich, über das Jahr hinweg ungeklärte Bauvorhaben noch im Berichtsmonat Dezember und damit für das betroffene Berichtsjahr aufzunehmen. Dadurch weisen die Dezemberergebnisse des Statistikamts meist ein höheres Niveau auf. Trotz des hohen Aufwandes ist es unvermeidbar, dass Bauvorhaben, die durch die Bezirksämter im Berichtsjahr genehmigt werden, vom Statistikamt Nord erst im Folgejahr erfasst und gezählt werden. Die jeweiligen Zahlen der genehmigten Wohneinheiten liegen zu anderen Zeitpunkten vor, dienen unterschiedlichen Zwecken und geben verschiedene Sachverhalte wieder. Sie sind nicht daher nicht vollständig vergleichbar. Siehe auch Drs. 20/2002, 20/2891, 20/11209, 21/3865, 21/8741 und 21/9491. Darüber hinaus wird auf folgenden Link verwiesen: https://www.hamburg.de/bsw/8547826/hintergrund-wohnungsbauzahlen/. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften des Statistikamtes Nord wie folgt: 1. Wie erklärt sich, dass die vom Senat gemeldeten Genehmigungszahlen für den Bau neuer Wohnungen offenbar strukturell höher liegen als die vom Statistischen Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein ausgewiesenen Zahlen? Woher erhält der Senat seine Zahlen? a. Welche Zahlen treffen zu? Siehe Vorbemerkung. b. Inwieweit bereinigt das Statistikamt Nord die ihm gemeldeten Zahlen um welche Effekte beziehungsweise aus welchen Gründen? Die methodischen Unterschiede bestehen darin, dass es sich bei den von den Bezirksämtern gemeldeten Zahlen um die Summe aller Wohneinheiten, für die die Bezirksämter im Berichtszeitraum eine Baugenehmigung erteilt haben, handelt. Das Statistikamt Nord weist demgegenüber – entsprechend bundesgesetzlichen Vorgaben – bei der „Schaffung neuer Wohnungen durch Baumaßnahmen in bestehenden Gebäuden“ Wohnungszugänge saldiert aus, meldet also den Saldo aus neu geschaffenen und wegfallenden Wohnungen. Die Zahlen der amtlichen Statistik berücksichtigen die Veränderungen des Wohnungsbestands und dienen der Erfassung und Ein- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/19838 3 schätzung des Wohnungsbestands in Hamburg, während die Bezirkszahlen die gesamte Genehmigungstätigkeit in einem bestimmten Zeitraum abbilden. 2. Wie viele Wohnungen wurden in Hamburg im Dezember 2019 baugenehmigt ? Welche Zahl wurde wann ans Statistikamt Nord gemeldet? a. Womit erklärt sich eine gegebenenfalls besonders große Zahl? Gab es beispielsweise ein einzelnes, großes Bauprojekt, das genehmigt wurde? b. Womit erklärt sich die große Zahl der eingangs erwähnten, erst im Dezember 2018 ans Statistikamt Nord gemeldeten Wohnungsbaugenehmigungen ? Im Dezember 2019 wurden von den Bezirksämtern Baugenehmigungen für 1 111 Wohneinheiten erteilt. Das Statistikamt Nord erstellt die von ihm gemeldeten Zahlen aufgrund eigener Erhebungen . Hierzu siehe Vorbemerkung.