BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1992 21. Wahlperiode 27.10.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Daniel Oetzel (FDP) vom 20.10.15 und Antwort des Senats Betr.: Anwendung von Wechselmodellen bei Trennung von Eltern (II) Bezug nehmend auf die Antwort des Senats zur Drs. 21/1488 – Anwendung von Wechselmodellen bei Trennung von Eltern – ergeben sich weiterführende Fragen. Daher frage ich den Senat: Nach Auffassung der zuständigen Behörde stellt das Wechselmodell beziehungsweise die paritätische Doppelresidenz eine von verschiedenen Möglichkeiten zur gemeinsamen Sorgerechtsausübung von Eltern nach der Trennung dar. 1. Welche weiteren Modelle sieht die zuständige Behörde? Neben der paritätischen Aufteilung der Betreuung bei einem Wechselmodell beziehungsweise der paritätischen Doppelresidenz ist auch jede andere Form der Aufteilung als Modell denkbar, zum Beispiel das Residenzmodell mit festem Wohnsitz des Kindes bei einem Elternteil und Umgangskontakten zum zweiten Elternteil oder das „Nestmodell“, bei dem das Kind im Elternhaus wohnen bleibt und dort abwechselnd von den getrennt lebenden Eltern betreut wird. 2. In welchem (prozentualen) Umfang wird von der Nutzung des Wechselmodells beziehungsweise der paritätischen Doppelresidenz im Vergleich zu den anderen Möglichkeiten Gebrauch gemacht? Die zur Beantwortung der Frage erforderlichen Daten werden weder im Rahmen der Justiz- noch der Jugendhilfestatistik erhoben. Im Übrigen kann die Entscheidung für das Wechselmodell beziehungsweise die paritätische Doppelresidenz von den Eltern zu jedem Zeitpunkt getroffen werden, sodass eine Einbeziehung des Jugendamtes oder des Familiengerichts nicht zwingend ist. 3. Stellt fehlende Kooperationsfähigkeit oder -willigkeit der Eltern aus Sicht der zuständigen Behörde ein Ausschlusskriterium für die Anwendung des Wechselmodells beziehungsweise der paritätischen Doppelresidenz dar? 4. Gibt es Kriterien, wie eine Elternbeziehung aus Sicht der Behörde beschaffen sein sollte, um das Modell der Doppelresidenz erfolgsversprechend erscheinen zu lassen? Wenn ja, wie werden diese im konkreten Falle ermittelt? Nach Auffassung der zuständigen Behörde ist die Kooperationsfähigkeit und -willigkeit der Eltern ein entscheidender Aspekt für das Gelingen eines Wechselmodells. Ob die Eltern über die Bereitschaft und Fähigkeit verfügen oder durch flankierende sozialpädagogische Beratung/Mediation in die Lage versetzt werden können, sich am Kindes- Drucksache 21/1992 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 wohl orientiert über die Interessen und Bedürfnisse des gemeinsamen Kindes austauschen zu können, wird im Rahmen der Trennungs- und Scheidungsberatung gemäß § 17 SGB VIII, der Mitwirkung in den Verfahren vor den Familiengerichten gemäß § 50 SGB VIII und den damit zu leistenden Beratungsprozessen sowie gegebenenfalls im familiengerichtlichen Verfahren ermittelt. Darüber hinaus sind für die Durchführbarkeit eines Wechselmodells auch kindeswohlgerechte Rahmenbedingungen von Bedeutung; insoweit siehe Drs. 21/1488. Fachliche Standards bezüglich der Umgangs- und Betreuungsregeln werden nach Auskunft des Senats „(…) ständig aktualisiert, diskutiert und zwischen den Professionen ausgetauscht im Rahmen von Aus- und Fortbildungen, Dienst- und Fachbesprechungen sowie im Arbeitskreis „Hamburger Praxis“.“ 5. Wer ist für die Koordination des Arbeitskreises „Hamburger Praxis“ zuständig? 6. Inwiefern ist es für einen Bürger und/oder Betroffenen möglich sich über die Beratungs- beziehungsweise Erkenntnisinhalte aus den regelmäßigen Zusammenkünften zu informieren beziehungsweise sich einzubringen ? Informationen über die Arbeit des Arbeitskreises zur Entwicklung einer Hamburger Praxis in Sorge- und Umgangsverfahren befinden sich im Hamburger Familienwegweiser unter http://www.hamburg.de/hamburger-praxis/. Eine Veröffentlichung/ Darstellung weiterer Themen, mit denen sich der Arbeitskreis beschäftigt, soll erfolgen , sobald eine Abstimmung der erarbeiteten Ergebnisse in den einzelnen Berufsgruppen über den Arbeitskreis hinaus stattgefunden hat. Hieran wird derzeit gearbeitet . Eine Kontaktaufnahme zum Arbeitskreis ist über die E-Mail-Anschrift HamburgerPraxis @basfi.hamburg.de möglich und wird auch genutzt. Der Arbeitskreis organisiert sich im Wesentlichen selbst. Die Mitglieder des Arbeitskreises bestimmen die Themen sowie Zeit und Ort der Treffen und wer an dem Arbeitskreis teilnimmt. Ferner führte der Senat aus, dass „Fortbildungen (…) zumeist den Charakter eines Angebotes an die einzelnen Fachkräfte oder ihre Anstellungsträger (haben). Fachkräfte streben aus eigener Initiative die Teilnahme an (…)“. „Bei Themen mit herausgehobenem fachpolitischem Stellenwert erfolgt stets zusätzlich eine Abstimmung mit den Fachabteilungen in der BASFI. Ist die Teilnahme an Fortbildungen durch die öffentlichen Träger (…) als verbindlich vorgesehen, werden die Inhalte auch mit den Anstellungsträgern abgestimmt .“ 7. Welche Themen folgen der behördeneigenen Definition von „herausgehobenem fachpolitischem Stellenwert“? Entspricht das Wechselmodell beziehungsweise die paritätische Doppelresidenz der Definition des „herausgehobenem fachpolitischem Stellenwert“? 8. Ist geplant das Angebot an Fortbildungen über Inhalte des Wechselmodells beziehungsweise der paritätischen Doppelresidenz zu forcieren? Die Themen mit herausgehobenem fachpolitischem Stellenwert orientieren sich an den Inhalten und den Zielen der Reform des Kindschaftsrechts, der sich daraus ergebenden Rechtsprechung sowie der Mitwirkung des Jugendamtes im familiengerichtlichen Verfahren. Bei der Planung und Durchführung der Fortbildung wird das Wechselmodell beziehungsweise die paritätische Doppelresidenz als eine von verschiedenen Möglichkeiten einbezogen (siehe Drs. 21/1488). 9. Ist dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde die Resolution des Europarates „Equality and shared parental responsibility: the role of Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1992 3 fathers“ (RES 2079/Doc. 13870) vom 02. Oktober 2015 bekannt? Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde den Inhalt und zu welchen Schlussfolgerungen für das Handeln des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde wurde gelangt? Hiermit haben sich die zuständigen Behörden noch nicht befasst.