BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1993 21. Wahlperiode 27.10.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien und Dennis Gladiator (CDU) vom 20.10.15 und Antwort des Senats Betr.: Folgen der Baurechtsänderungen vor allem unter dem Aspekt der Bürgerbeteiligung Angesichts der dringenden Notwendigkeit, schnell Wohnraum für Asylbewerber zu schaffen, wurde bereits im November 2014 § 246 des Baurechts (BauGB) geändert. Im Rahmen des aktuellen Maßnahmenpakets, das Bundestag und Bundesrat Mitte Oktober beschlossen haben und das zum 1. November 2015 in Kraft tritt, erfolgt eine erneute Änderung. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Welche Erleichterungen haben die Baurechtsänderungen vom November 2014 bei a) der Planung, b) der Bürgerbeteiligung und c) dem Bau von Flüchtlingsunterkünften bewirkt? Mit dem Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20. November 2014 wurde das Baugesetzbuch (BauGB) wie nachstehend dargestellt geändert: a) Im Hinblick auf die Aufstellung von Bauleitplänen wurde das BauGB um eine im Wesentlichen klarstellende Regelung ergänzt, nach der die Belange von Flüchtlingen und Asylbegehrenden und ihre Unterbringung bei der Bauleitplanung zu berücksichtigen sind (§ 1 Absatz 6 Nummer 13 BauGB). b) Die Regelungen im BauGB zur Beteiligung der Öffentlichkeit bei Bauleitplanverfahren wurden nicht geändert. c) Im Hinblick auf die planungsrechtliche Zulässigkeit von Flüchtlingsunterkünften sind neben einer eher klarstellenden Regelung in § 31 Absatz 2 Nummer 1 BauGB (Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden als Grund des Wohls der Allgemeinheit) in § 246 Absätze 8 bis 10 BauGB zeitlich bis zum 31. Dezember 2019 befristete Sonderregelungen ins BauGB aufgenommen worden . Diese bewirken, dass Geschäfts-, Büro- oder Verwaltungsgebäude im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) erleichtert in Flüchtlingsunterkünfte umgenutzt werden können (§ 246 Absatz 8 BauGB), Flüchtlingsunterkünfte im Außenbereich (§ 35 BauGB), soweit dieser innerhalb des Siedlungsbereichs liegt und ein räumlicher Zusammenhang zu bebauten Bereichen besteht, erleichtert zugelassen werden können (§ 246 Absatz 9 BauGB) und Drucksache 21/1993 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 in Gewerbegebieten (§ 246 Absatz 10 BauGB) erleichtert zugunsten von Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden kann. 2. Bei wie vielen Unterkünften wurde bereits das neue Baurecht von 2014 angewendet? Bitte jeweilige Einrichtungen nennen. Insgesamt acht Einrichtungen: Björnsonweg, Hagendeel 60, Große Bahnstraße 50, Auf dem Sandwisch 1, Brookkehre 18-20, Am Aschenland 13, Lewenwerder 20, Cuxhavener Str. 564. 3. Welche zusätzlichen Erleichterungen erhoffen sich Senat oder zuständige Behörden durch die erneute Änderung, die in wenigen Tagen in Kraft tritt, in Bezug auf a) die Planung, b) die Bürgerbeteiligung und c) die bauliche Umsetzung? Mit dem am 24. Oktober 2015 in Kraft getretenen Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 werden befristet bis zum 31. Dezember 2019 weitere Erleichterungen im Hinblick auf die planungsrechtliche Zulässigkeit von Unterkünften für Flüchtlinge und Asylbegehrende in § 246 Absatz 8 und Absätzen 11 bis 17 BauGB eingeführt. Das Änderungsgesetz enthält weder im Hinblick auf die Aufstellung von Bauleitplänen noch im Hinblick auf die Beteiligung der Öffentlichkeit oder die bauliche Umsetzung von Unterkünften zur Flüchtlingsunterbringung neue oder geänderte Regelungen. 4. Gelten diese Erleichterungen auch für den Bau von Großsiedlungen mit rund 800 Wohnungen, wie von Senatorin Stapelfeldt vorgestellt, auch wenn diese dauerhaft als Wohnraum zur Verfügung stehen? Ja, wenn es um die Nutzung als Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende geht. 5. Sind bereits Unterkünfte in Planung, bei denen das zum 1. November 2015 in Kraft tretende Baurecht angewendet wird? Bitte Einrichtungen benennen. In konkreter Planung ist bisher die Unterkunft am Mittleren Landweg in Billwerder. 6. § 246 Absatz 14 BauGB soll eine „Notfallklausel“ enthalten. Was ist damit gemeint und was bedeutet diese in der Umsetzung? Nach § 246 Absatz 14 BauGB kann bei Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Vorschriften des BauGB oder den aufgrund des BauGB erlassenen Vorschriften im erforderlichen Umfang abgewichen werden, wenn anders dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können. 7. Im Rahmen der Flüchtlingsunterbringung wurde bereits mehrfach auf das Sicherheits- und Ordnungsgesetz (SOG) verwiesen. Ist das nach Inkrafttreten der aktuellen Änderung § 246 Absatz 14 BauGB noch notwendig ? Wenn nein, warum nicht? Die zuständigen Behörden haben sich hiermit bisher nicht befasst. 8. Welche Baumaßnahmen wurden seit dem 1. Januar 2015, jeweils wann, auf Grundlage des SOGs durchgeführt? Die Zulassung der Errichtung von Flüchtlingsunterkünften nach den Vorschriften des SOG erfolgte durch die Behörde für Inneres und Sport (BIS) sowie die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI). Im Einzelnen wurden folgende Vorhaben zugelassen: Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1993 3 Einrichtung Maßnahme* Durchführung Albert-Einstein-Ring 10/2015 Am Anzuchtgarten 12/2015 Bargkoppelstieg 09/2015 Billwerder Straße 31 Umbau Gebäude 08/2015 Blomkamp 09/2015 Bredowstraße 08/2015 Bullerdeich 6 Aufstellung von Containern und Umbau Gebäude 03/2015 Curslacker Neuer Deich Erweiterung 07/2015 Cuxhavener Straße 188a Errichtung von Modulhäusern 09/2015 Dehnhaide 161a, b Aufstellung von Containern 08/2015 Dratelnstraße 10/2015 Eschenweg 03/2015 Freiligathstraße 11/2015 Friesenstraße 14 12/2015 Friesenstraße 22 12/2015 Geutensweg 09/2015 Grellkamp 06/2015 Hammer Straße 124 Umbau Gebäude 05/2015 Hohe Liedt 67 Aufstellung von Containern 09/2015 Hörgensweg 10/2015 Jenfelder Moorpark 07/2015 Jugendparkweg 58 Aufstellung von Containern 08/2015 Kieler Straße 10/2015 Kiwittsmoor P&R 10/2015 Kurdamm 10/2015 Kurt-A.-Körber-Chaussee 10/2015 Langenhorner Chaussee 140 Umbau Gebäude 03/2016 Lerchenfeld 4 Errichtung von Modulhäusern 09/2015 Mittlerer Landweg P&R 11/2015 Neuenfelder Fährdeich 1. Quartal 2016 Neuland I 02/2015 Neuland II 10/2015 Niendorf Markt P&R 10/2015 Ohlstedter Platz 08/2015 Oktaviostraße 09/2015 Osterrade 10/2015 Papenreye 10/2015 Parkplatz „grün“ 12/2015 Rodenbeker Straße 12/2015 Rugenbarg 10/2015 Schlenzigstraße 12/2015 Schnackenburgallee 08/2015 Schule Eichtalpark /Walddörferstraße 11/2015 Sülzbrack Umwandlung ZEA in ÖrU 12/2015 Weddestraße Erweiterung 11/2015 Weidenbaumsweg 10/2015 Wendenstraße 10/2015 Wiesendamm 10/2015 * Hinweis zu den leer gebliebenen Zeilen in Spalte 2: Um in der aktuellen Situation die Aufnahme und Versorgung aller ankommenden Flüchtlinge gewährleisten zu können, werden alle zur Verfügung stehenden Personalressourcen in den betroffenen Aufgabenbereichen eingebunden. Zur Beschreibung der einzelnen Baumaßnahmen Drucksache 21/1993 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 müssten Auswertungen von Hand vorgenommen werden. Dies wäre nur auf Kosten der eingangs beschriebenen Maßnahmen möglich und kann daher derzeit nicht geleistet werden.