BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/20002 21. Wahlperiode 07.02.20 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Boeddinghaus (DIE LINKE) vom 30.01.20 und Antwort des Senats Betr.: Steigende pädagogische Aufgaben, geringe Weiterbildung für Lehrkräfte Die Aufgaben der Schulen in Hamburg steigen stetig an. Inklusion, Integration , Ganztag, Digitalisierung sind nur vier Schlagworte, unter denen wesentliche Änderungen im Berufsbild einer Lehrkraft zu fassen sind. Besonders hinsichtlich der sozialpädagogischen Aufgabenbereiche erreichen Schulen oftmals die Grenze der Belastbarkeit. Engpässe werden immer deutlicher. Auch deswegen hat die Fraktion DIE LINKE am 30.12.2019 einen Antrag zur Sicherung der Qualität für die Sozialpädagogischen Fachkräfte eingereicht (Drs. 21/19480). Dort stellt sie Forderungen bezüglich der Qualitätssicherung (auf DQR 6-Niveau), der Finanzierung (eine Ausbildung mit staatlicher Unterstützung und ohne Schulden), der Zugangsvoraussetzungen und der Steigerung der Ausbildungsplätze auf. Aufgrund von Jubelmeldungen des Schulsenators hatte ich Ende 2019 die Lage der vier staatlichen Schulen für sozialpädagogische Berufe abgefragt (Drs. 21/19118). Nun ist die Ausbildung nur ein Bereich, um die dringend benötigten Fachkräfte zu gewinnen. Ein weiterer Bereich wäre die Weiterbildung im Bereich der Sozialpädagogik. Ich frage den Senat: Die Ausbildung zur Sozialpädagogischen Assistenz (SPA), die im Rahmen einer vollschulischen Ausbildung erfolgt, führt zu einem Berufsabschluss auf Niveau 4 des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR). Die Weiterbildung zum Erzieher beziehungsweise zur Erzieherin an Fachschulen für Sozialpädagogik sowie zur Heilerziehungspflegerin beziehungsweise zum Heilerziehungspfleger an Fachschulen für Heilerziehungspflege führt zu einem Weiterbildungsabschluss auf DQR-Niveau 6. Mit insgesamt 1 140 Ausbildungsanfängerinnen und Ausbildungsanfängern ist die Sozialpädagogische Assistenz in diesem Schuljahr der meist gewählte Ausbildungsberuf in Hamburg. Innerhalb von nur drei Jahren hat sich die Anfängerzahl verdoppelt. Siehe hierzu auch Pressemitteilung der für Bildung zuständigen Behörde, https://www.hamburg.de/bsb/pressemitteilungen/13222268/2019-11-18-bsb-reformerzieherberufe /. Aber auch die Anfängerzahlen für die Weiterbildung zur Erzieherin beziehungsweise zum Erzieher sind auf einem konstant guten Niveau. Insgesamt beginnen in diesem Jahr 1 215 Anfängerinnen und Anfänger die Weiterbildung sowie weitere 109 die Weiterbildung in der Heilerziehungspflege. Verglichen mit dem Jahr 2015 ist das ein Anstieg um 108, verglichen mit 2011 sogar um 323 Personen. Drucksache 21/20002 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Über die genannten Aus- und Weiterbildungsangebote hinaus hält das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung ein umfangreichendes Fortbildungsangebot für das pädagogische Personal an Schulen bereit, mit dem sich Erzieherinnen und Erzieher, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen sowie auch weiteres pädagogisch -therapeutisches Personal fortbilden können (siehe hierzu https://li.hamburg.de/ programmhefte-fortbildung/13486770/li-programm/). Darüber hinaus bietet das Sozialpädagogische Fortbildungszentrum Veranstaltungen für sozialpädagogische Fach- und Führungskräfte an, siehe https://www.hamburg.de/ basfi/programm/. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. An welchen staatlichen Einrichtungen ist eine Weiterbildung zur Sozialpädagogischen Fachkraft möglich? 2. Wie hat sich die Zahl der Weiterbildenden seit Februar 2015 entwickelt? (Bitte für jeden Standort pro Halbjahr gesondert ausweisen und jeweils im Jahr und im Standort gesamt in einer Excel-Tabelle angeben.) Im Schuljahr 2015/2016 wurden an allen Standorten insgesamt 3 413 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Weiterbildung zu sozialpädagogischen Fachberufen, das heißt Erzieherinnen beziehungsweise Erzieher und Heilerziehungspflege, unterrichtet, im Schuljahr 2016/2017 waren dies 3 361 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, im Schuljahr 2017/2018 3 524 Teilnehmerinnen und Teilnehmer und im Schuljahr 2018/2019 waren dies 3 555 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die Zahlen der Weiterbildenden an den staatlichen und nicht staatlichen sozialpädagogischen Schulen je Schuljahr sind im Einzelnen der folgenden Tabelle zu entnehmen . Halbjahresbezogene Schülerzahlen liegen im Rahmen der Schuljahreserhebung nicht vor, da diese stichtagsbezogen einmal im Jahr erhoben wird. Die Schülerzahlen für das Schuljahr 2019/2020 liegen Ende Februar 2020 mit Veröffentlichung der Schuljahreserhebung 2019 qualitätsgesichert vor. Schulname Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Erzieherberufen 1) in den Schuljahren 2015/ 2016 2016/ 2017 2017/ 2018 2018/ 2019 Berufliche Schule Hamburg-Harburg*, staatlich 512 495 444 452 Berufliche Schule für Sozialpädagogik – Anna-Warburg-Schule, staatlich 232 259 276 278 Staatliche Fachschule für Sozialpädagogik Altona, staatlich 1 054 1.050 1 187 1 244 Staatliche Fachschule für Sozialpädagogik Wagnerstraße , staatlich 1 019 978 1 023 940 Evangelische Fachschule für Sozialpädagogik Alten Eichen, privat 266 238 232 242 fachschule für soziale arbeit alsterdorf (HEP), privat 284 274 268 280 Hamburger private Fachschule für Sozialpädagogik 46 67 94 119 1) Erzieherin beziehungsweise Erzieher, Erzieherin beziehungsweise Erzieher für Migrantinnen und Migranten, Heilerziehungspflege (HEP); einschließlich der berufsbegleitenden Bildungsgänge * Bis zum Schuljahr 2015/2016 hieß die Schule Staatliche Schule für Sozialpädagogik Harburg . 3. Zwar erhebt die Bundesagentur für Arbeit sozialpädagogische Berufe nicht zu einem „Engpassberuf“. Doch im Einklang mit der OECD erkennt sie, dass der gesamte Bereich der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen einen erheblichen Bedarf an Personal hat.1 Wenn also nicht alle staatlichen Einrichtungen Weiterbildungen zur Sozialpädagogischen Fachkraft 1 Anja Warning, Engpässe werden immer stärker sichtbar, IAB-Kurzbericht, 2/2020. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/20002 3 anbieten: Welche sachlichen und fachlichen Gründe liegen für diese Beschränkung vor? (Bitte so konkret wie möglich und gegebenenfalls auch für jede einzelne Institution begründen.) Siehe Vorbemerkung. 4. In welchen Formaten wird an den vier staatlichen Schulen, die sozialpädagogische Ausbildungen anbieten, Unterricht angeboten? (Bitte je Standort und Aus- beziehungsweise Weiterbildungszweig aufführen.) An der Beruflichen Schule Hamburg-Harburg (BS 18) werden folgende Bildungsgänge angeboten: Berufsfachschule Sozialpädagogische Assistenz (SPA): Abschluss staatlich anerkannte sozialpädagogische Assistentin beziehungsweise anerkannter sozialpädagogischer Assistent für Absolventinnen beziehungsweise Absolventen mit erweitertem ersten Schulabschluss (eESA) oder mit mittlerem Schulabschluss (MSA), Fachschule für Sozialpädagogik: Weiterbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin beziehungsweise zum staatlich anerkannten Erzieher, Umschulung zur Erzieherin beziehungsweise zum Erzieher und Externenprüfung zur Sozialpädagogischen Assistenz (im fünfjährigen Wechsel mit der BS 23). An der Staatlichen Fachschule für Sozialpädagogik Altona (BS 21) werden folgende Bildungsgänge angeboten: Berufsfachschule SPA: Abschluss staatlich anerkannte sozialpädagogische Assistentin beziehungsweise staatlich anerkannter sozialpädagogischer Assistent für eESA und MSA, Fachschule für Sozialpädagogik: Weiterbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin beziehungsweise zum staatlich anerkannten Erzieher, Fachschule für Sozialpädagogik: berufsbegleitende Weiterbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin beziehungsweise zum staatlich anerkannten Erzieher, Umschulung Sozialpädagogische Assistenz für Migranten, Erzieherweiterbildung für Einwanderer (EFE), Sonderformat für Migranten, Anpassungsqualifizierungskurse für Erzieherinnen beziehungsweise Erzieher nach dem Berufsanerkennungsgesetz (AQUA), Anpassungsqualifizierungskurse für SPA nach dem Berufsanerkennungsgesetz (AQUA), Anerkennungsprüfungen, ohne vorherige Kursteilnahme als Alternative zum Lehrgang , nach dem Berufsanerkennungsgesetz (AQUA), Qualifizierung „Kitahelfer“: „Helferin beziehungsweise Helfer in der Kita“ und Anleiterfortbildung: Qualifizierung von Anleiterinnen beziehungsweise Anleitern. An der Beruflichen Schule für Sozialpädagogik – Anna-Warburg-Schule (BS 23) werden folgende Bildungsgänge angeboten: Berufsfachschule SPA: Abschluss staatlich anerkannte sozialpädagogische Assistentin beziehungsweise staatlich anerkannter sozialpädagogischer Assistent für eESA und MSA und Fachschule für Sozialpädagogik: Weiterbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin beziehungsweise zum staatlich anerkannten Erzieher. Drucksache 21/20002 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 An der Staatlichen Fachschule für Sozialpädagogik – Fröbelseminar (BS 30) werden folgenden Bildungsgänge angeboten: Berufsfachschule SPA: Abschluss staatlich anerkannte sozialpädagogische Assistentin beziehungsweise anerkannter sozialpädagogischer Assistent für eESA und MSA, Berufsbegleitende Berufsfachschule SPA: Abschluss staatlich anerkannte sozialpädagogische Assistentin beziehungsweise staatlich anerkannter sozialpädagogischer Assistent für MSA, Fachschule für Sozialpädagogik: Weiterbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin beziehungsweise zum staatlich anerkannten Erzieher, Fachschule für Heilerziehungspflege (HEP) – berufsbegleitend und Vollzeit, Heilpädagogische Zusatzqualifikation für Erzieherinnen und Erzieher, Heilpädagogische Nachqualifizierung, Externenprüfung Erzieher (im fünfjährigen Wechsel mit der BS 21) und Anleiterfortbildung: Qualifizierung von Anleiterinnen beziehungsweise Anleitern. 5. Wie viele Klassen wurden für die jeweiligen Formate der vier Berufsschulen von 2017 bis 2020 jeweils eingerichtet? (Bitte im halbjährlichen Turnus für jede Berufsschule mitsamt den jeweiligen Schüler-/-innenzahlen in einer Excel-Tabelle angeben – auch in Summe für jede Schule sowie jedes Jahr.) Eine Differenzierung der eingerichteten Klassen nach den einzelnen unter 4. aufgeschlüsselten Ausbildungsformaten wird im Rahmen der Schuljahreserhebung nicht erhoben. Zur Gesamtzahl der Klassen an den staatlichen sozialpädagogischen Schulen siehe Drs. 21/19118. Die Anzahl der Klassen im Schuljahr 2019/2020 wird voraussichtlich mit Veröffentlichung der Schuljahreserhebung Ende Februar 2020 qualitätsgesichert vorliegen. 6. Hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde Überlegungen angestellt, das Weiterbildungsangebot zu erweitern? Wenn die Überlegungen negativ ausfielen, mit welchen fachlichen und sachlichen Gründen ? Das Weiterbildungsangebot wurde seit 2011 stetig ausgebaut und ist mit Umsetzung der Maßnahmen zur Gewinnung des sozialpädagogischen Fachkräftebedarfs seit 2017 nochmals deutlich erweitert worden. Es ist auskömmlich und flexibel auf steigende Zahlen in der Weiterbildung Sozialpädagogischer Fachkräfte ausgerichtet. Jede Bewerberin beziehungsweise jeder Bewerber bekommt bei Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen einen Schul-, Ausbildungs- beziehungsweise Weiterbildungsplatz an einer staatlichen Fachschule für Sozialpädagogik. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 7. Welche Schritte plant der Senat, um potenzielle Interessenten/-innen der Weiterbildung zur Sozialpädagogischen Fachkraft bei ihrer Weiterbildung auch finanziell zu unterstützen? Die finanzielle Situation der Auszubildenden sowie die Möglichkeit, die Ausbildung mit individuellen Lebenssituationen, wie Familie, zu vereinbaren, wurden bereits erheblich verbessert. Damit sind alle Ausbildungsformate zur Sozialpädagogischen Fachkraft durch den erfolgten Ausbau der Finanzierungsmöglichkeiten (Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG), BAföG, berufsbegleitende Formate, Umschulungen) fiskalisch abgesichert. Die Ausbildungszeiten wurden deutlich flexibilisiert und angehende Erzieherinnen und Erzieher können im Rahmen ihrer berufsbegleitenden Weiterbildung ihr Einkommen sichern. Die Weiterbildung zur Erzieherin beziehungsweise zum Erzieher ist seit August 2016 so umstrukturiert worden, dass sie Aufstiegs-BAföG- (AFBG)-förderfähig ist und die Auszubildenden derzeit einen Beitrag zum Lebensunterhalt von bis zu 885 Euro monatlich erhalten. So stieg die Zahl der geförderten Schülerinnen und Schüler in der Erzieherausbildung, inklusive der Heilerziehungspfle- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/20002 5 ge, von 537 im Jahr 2016 auf 951 in 2019. Durch eine anstehende Novellierung des AFBG kann mit weiter steigenden Förderungen gerechnet werden. 8. Im November rühmte sich der Schulsenator, 50 Millionen Euro für die ganztägige Betreuung bereitzustellen, und zeitgleich stellte die Bundesregierung 2 Milliarden für Räume und Gebäude im Ganztag bereit.2 Welche Maßnahmen ergreift der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde nun konkret, um den spürbar steigenden und planerisch im Schulentwicklungsplan dargelegten Bedarf an Sozialpädagogischen Fachkräften an Hamburger Schulen zu begegnen? a. Welche konkreten Maßnahmen zur Ausweitung der Inklusion im ganztätigen Schulbetrieb sind konkret geplant? b. Wie plant der Senat konkret eine möglichst weitreichende Beteiligung der Betroffenen zu gewährleisten und ihre jeweilige Expertise in seine Planungen aufzunehmen? Die mit der Fragestellung dargestellten Zusammenhänge treffen nicht zu. Vielmehr stellt das Bundesfamilienministerium 2 Milliarden Euro Investitionszuschüsse für Ganztagsschulen in Aussicht, der Hamburger Anteil daran würde rund 50 Millionen Euro betragen. Die weiteren Planungen hierzu werden konkretisiert, wenn eine Einigung zwischen Bund und Ländern erfolgt ist. Der Senat stellt bereits jetzt für das qualitativ wie quantitativ umfassende Ganztagsangebot an den Hamburger Schulen im Haushaltsplan der Freien und Hansestadt Hamburg deutlich mehr als 50 Millionen Euro zur Verfügung, siehe Einzelplan 3.1. Der Rechtsanspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung an den Hamburger Grundschulen ist bereits flächendeckend umgesetzt, siehe auch Drs. 21/10990 und Drs. 21/19315. Der Schulentwicklungsplan für die staatlichen Grundschulen, Stadtteilschulen und Gymnasien 2019 dient gemäß § 86 des Hamburgischen Schulgesetzes „zur Vorbereitung von Entscheidungen zur Schulorganisation und zur Weiterentwicklung des Schulwesens “. Er ist nicht Grundlage für die Personalbedarfsplanung oder pädagogische Konzeptentwicklung, siehe auch Drs. 21/17388. Zur erfolgreichen Gewinnung von pädagogischen Fachkräften siehe Drs. 21/19315. Zu den kontinuierlichen Qualitätsverbesserungen der inklusiven Beschulung an Hamburgs Schulen siehe Drs. 21/18872. 2 Pressemeldungen der Behörde für Schule und Berufsbildung, 8.11.2019, 15.11.2019.