BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/20004 21. Wahlperiode 07.02.20 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 30.01.20 und Antwort des Senats Betr.: Ein Jahr Resozialisierungsgesetz – Welche Fortschritte wurden tatsächlich erzielt? (II) In der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage, Drs. 21/19816, teilt der Senat mit, dass die Fachstelle Übergangsmanagement im Jahr 2019 1 354 Insassen über das Angebot des Übergangsmanagements informiert hat. Von diesen haben 360 Klienten Beratungen zu individuellen Problemlagen in Anspruch genommen. Allerdings wurden nur 143 Eingliederungspläne durch das Übergangsmanagement erstellt. Dabei heißt es in § 8 Absatz 1 Satz 1 HmbResOG: „Das Übergangsmanagement beginnt in der Regel sechs Monate vor der voraussichtlichen Haftentlassung mit Erstellung des Eingliederungsplans nach § 9 und endet in der Regel sechs Monate nach der Haftentlassung.“ § 9 Absatz 1 Satz 1 HmbResOG lautet: „Zu Beginn des Übergangsmanagements wird ein Eingliederungsplan erstellt.“ Im Jugendbereich ließen sich 86 von 95 Klienten beraten; es wurden 47 Eingliederungspläne erstellt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Hamburgische Resozialisierungs- und Opferhilfegesetz (HmbResOG) hat eine möglichst flexible, auf die Bedarfe des Einzelfalls passende Hilfe zum Ziel. Jeder Gefangene, der vor einer Haftentlassung steht, hat einen gesetzlichen Anspruch auf einen individuell abgestimmten Hilfeplan zur Wiedereingliederung. Das Angebot hierzu wird verbindlich vorgestellt – sowohl sechs Monate vor der Haftentlassung als auch unmittelbar davor (circa vier Wochen). Die Annahme dieses Angebotes ist jedoch freiwillig und auf den individuellen Bedarf abgestimmt. Dementsprechend kann eine Unterstützung auch gemäß § 9 Absatz 4 HmbResOG bezogen auf einzelne und gegebenenfalls zeitlich befristete Hilfsbedarfe erfolgen, sofern ein umfassendes Übergangsmanagement nach § 9 Absatz 1 HmbRes OG nicht gewünscht oder erforderlich ist. Siehe hierzu auch Drs. 21/11906. Die Erstellung eines Eingliederungsplans (EP) ist demnach nicht nach jedem Erstbeziehungsweise Beratungsgespräch zwingend erforderlich. Vielmehr ist immer im Einzelfall auf den jeweils festgestellten individuellen Handlungsbedarf abzustellen. Insbesondere bei sehr kurzen Freiheits- beziehungsweise Ersatzfreiheitsstrafen stehen Erst- und Beratungsgespräche im Vordergrund. Im Übrigen siehe auch Drs. 21/19816. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat teilweise auf der Grundlage von Auskünften von f & w fördern und wohnen AöR (f & w) die Fragen wie folgt: Drucksache 21/20004 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Aus welchem Grund wurden nur 143 Eingliederungspläne durch das Übergangsmanagement erstellt, wenn 360 Klienten Beratungen zu individuellen Problemlagen in Anspruch genommen haben? Siehe Vorbemerkung. 2. Aus welchem Grund wurden im Jugendbereich nur 47 Eingliederungspläne erstellt, obwohl sich 86 Klienten beraten ließen? Es wird grundsätzlich unterschieden zwischen dem Angebot und einem auf den individuellen Bedarf abgestimmten Hilfeplan. Für alle im Jahr 2019 von der Jugendanstalt Hahnöfersand gemeldeten 86 Klienten wurde im Rahmen der Vorstellung des Angebotes von den für das Übergangsmanagement zuständigen Koordinatoren der Jugendgerichtshilfe beziehungsweise der Jugendbewährungshilfe im ersten Bearbeitungsschritt ein EP mit den Stammdaten angelegt. Bei der in der Drs. 21/19816 genannten Zahl von 47 handelt es sich um die Fälle, bei denen ein bereits mit allen Beteiligten abgestimmter Hilfeplan erstellt wurde. 3. Wie passt dies zur gesetzlichen Vorgabe in § 8 HmbResOG, nach der das Übergangsmanagement mit Erstellung des Eingliederungsplans beginnt? Siehe Vorbemerkung sowie Antwort zu 2. 4. Wie beurteilt die zuständige Behörde den Umstand, dass nur 360 Klienten Beratungen in Anspruch nahmen, obwohl im Jahre 2019 insgesamt 1 354 Insassen durch die Fachstelle Übergangsmanagement informiert wurden; dies ist nicht einmal ein Drittel? Siehe Vorbemerkung. 5. Auf meine Frage, inwieweit sich seit Inkrafttreten des Resozialisierungsgesetzes die Suche nach Wohnraum für die Betroffenen verbessert hat, antwortet der Senat: „Die Integration in Wohnraum für die Gruppe der Haftentlassenen stellt weiterhin eine Herausforderung dar. Im Jugendbereich werden die Möglichkeiten der Jugendhilfe, zum Beispiel die Unterbringung im Rahmen der Hilfen zur Erziehung/Hilfen für junge Volljährige (zum Beispiel über trägereigenen Wohnraum nach §§ 27 und 35 SGB VIII) genutzt. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, Jungerwachsene in die Wohnprojekte (Jungerwachsenenprogramm) von f & w fördern und wohnen AöR einzusteuern.“ Mit der Drs. 21/14115 haben wir den Senat aufgefordert, die Anzahl der Plätze in Wohnheimen und Wohnprojekten unter sozialpädagogischer Betreuung, Begleitung und Unterstützung gemäß §§ 67 fortfolgende SGB XII für Haftentlassene von 90 auf 120 aufzustocken, ein Wohnprojekt speziell für junge Haftentlassene, die einen erhöhten Betreuungsbedarf aufweisen, mit zehn Plätzen einzurichten und das erfolgreiche Projekt des Hamburger Fürsorgevereins „Ankerplatz“ zu stärken. Leider wurde unser Antrag mit den Stimmen der Regierungsfraktionen abgelehnt. a. Wie viele und welche Wohnheime/Wohnprojekte für obdachlose Haftentlassene mit jeweils wie vielen Plätzen gibt es aktuell in Hamburg ? Welche Veränderungen hat es hierbei im Vergleich zur Antwort des Senats auf meine Schriftliche Kleine Anfrage, Drs. 21/13881, gegeben? Siehe Drs. 21/13881. Hinzugekommen ist mit Übernahme ins Regelangebot nach Kapitel 8 SGB XII seit 01.06.2019 das Projekt Ankerplatz der Wohnheimgesellschaft des Hamburger Fürsorgeverein von 1948 e.V. mit 50 Plätzen für haftentlassene Männer und Frauen in vom Träger angemieteten Wohnraum. Dieser Wohnraum geht grundsätzlich nach zwölf Monaten an die Klientel über. Beratung, Unterstützung und Begleitung gemäß §§ 67 fortfolgende SGB XII erfolgt durch sozialpädagogische Fachkräfte. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/20004 3 b. Wie stellt sich aktuell die Auslastung dar? Eine Stichtagsauswertung der Belegung wird nicht vorgenommen, die Angebote sind regelmäßig voll belegt. Nach einem Auszug wird ein Platz umgehend neu vergeben. Das Leistungsangebot des Projektes Ankerplatz ist noch im Aufbau begriffen, die Auslastung beträgt durchschnittlich 44 Prozent mit deutlich steigender Tendenz. c. In den Drs. 21/13881 und 21/14118 wies der Senat darauf hin, dass ein Angebot mit einer geplanten Kapazität von 50 Wohnungen vom Hamburger Fürsorgeverein von 1948 e.V. sukzessive für haftentlassene , wohnungslose Frauen und Männer aufgebaut und durch die Freie und Hansestadt Hamburg unterstützt werde; dabei handele es sich um das Projekt „Ankerplatz“. Wie ist der aktuelle Sachstand und welche Mittel hat der Fürsorgeverein in den Jahren 2018 und 2019 dafür erhalten? Sofern es keine finanzielle Unterstützung gab, weshalb nicht und was ist dann mit dem Hinweis darauf, dass das Projekt durch die Freie und Hansestadt Hamburg unterstützt werde, gemeint? Das Projekt Ankerplatz wurde bis zum 31.05.2019 im Wesentlichen aus Mitteln der Stiftung Deutsches Hilfswerk finanziert. Zum 01.06.2019 hat die BASFI mit der Wohnheimgesellschaft des Hamburger Fürsorgeverein von 1948 e.V. eine Vereinbarung nach § 75 SGB XII über Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 fortfolgende SGB XII) im Umfang von bis zu 50 Plätzen geschlossen. Konzeptionelle Besonderheiten, wie die Anbahnung des Hilfeprozesses während der Haft, wurden dabei berücksichtigt. Die Plätze können in Anspruch genommen werden, wenn ein Leistungsanspruch auf die Gewährung von Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 – 69 SGB XII) besteht. Entsprechende Bewilligungen werden durch die Fachstelle für Wohnungsnotfälle – Zentralstelle gemäß § 68 SGB XII erteilt. d. Wie hat sich die Anzahl der Plätze in den Wohnprojekten im Jungerwachsenenprogramm von f & w fördern und wohnen AöR seit 2015 entwickelt? Bitte jeweils zum Stichtag 1. Januar angeben. Stichtag 01.01.2015 01.01.2016 01.01.2017 01.01.2018 01.01.2019 01.01.2020 Plätze JEP 19 19 19 19 19 85 Quelle: f & w Aufgrund des hohen Bedarfs ist im Februar 2019 im Bezirk Harburg (Jutestraße) das Jungerwachsenenprogramm (JEP) 2 in Betrieb gegangen, das 40 Plätze für männliche Jungerwachsene bietet. Die bereits seit 2009 für männliche Jungerwachsene bestehenden 19 Plätze des JEP 1 im Bezirk Hamburg-Mitte (Hinrichsenstraße) werden seit Juni 2019 für junge Frauen bereitgestellt. Im Januar 2020 startete die Belegung der zusätzlichen 26 Plätze im JEP 3 (Bezirk Eimsbüttel, Am Dänenstein), die aufgrund der möglichen etagenweisen Trennung sowohl für junge Frauen als auch junge Männer zur Verfügung stehen.