BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/20037 21. Wahlperiode 11.02.20 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 03.02.20 und Antwort des Senats Betr.: Bekämpfung von Betrugsdelikten – Welche Strategie verfolgt der Senat? (IX) Ob Waren- oder Warenkreditbetrug, Sozialleistungsbetrug, Love Scamming, Enkeltrick- oder Callcenter-Betrug, um nur einige Beispiele zu nennen – statistisch betrachtet kommt es in Hamburg alle 16 Minuten zu einer Tat, die sich unter eine der vom LKA herausgearbeiteten 36 Arten des Betrugsdelikts fassen lässt. Im Anschluss an die vorigen Schriftlichen Kleinen Anfragen zur Bekämpfung von Betrugsdelikten, zuletzt der Drs. 21/17542, wird es Zeit für einen neuen Sachstand. Darüber hinaus wird die Auswertung der Deliktszahlen und Aufklärungsquoten in den Bereichen Betrug und Computerbetrug zeigen, ob die vom Senat angekündigten Maßnahmen gefruchtet haben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie haben sich die Anzahl der erfassten Betrugsfälle (PKS-Straftatenschlüssel 510000) und des sonstigen Warenkreditbetrugs (PKS-Straftatenschlüssel 511200) sowie die Aufklärungsquoten in Hamburg seit dem 01.01.2018 entwickelt? Bitte jahresweise aufschlüsseln. 2. Wie haben sich nach der PKS folgende Deliktszahlen sowie die Aufklärungsquoten in Hamburg seit dem 01.01.2018 entwickelt? 897100 Computerbetrug - 511120 Betrügerisches Erlangen von Kfz § 263a StGB - 511212 Weitere Arten des Warenkreditbetruges § 263a StGB - 516300 Computerbetrug mittels rechtswidrig erlangter Zahlungskarten mit PIN § 263a StGB - 516520 Computerbetrug mittels rechtswidrig erlangter Daten von Zahlungskarten § 263aStGB - 516920 Computerbetrug mittels rechtswidrig erlangter sonstiger unbarer Zahlungsmittel § 263 a StGB - 517220 Leistungskreditbetrug § 263a StGB - 5175** Computerbetrug (sonstiger) § 263a Absätze 1 und 2 StGB, Vorbereitung § 263a Absatz 3 StGB - 517900 Missbräuchliche Nutzung von Telekommunikationsdiensten § 263a StGB - 518112 Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen § 263a StGB Drucksache 21/20037 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 - 518302 Überweisungsbetrug § 263a StGB Bitte jahresweise aufschlüsseln. Siehe Anlage. 3. Zeichnen sich aktuelle Trends zu bestimmten typisierten Formen des Betrugs („Betrugsmaschen“) ab? Wenn ja, welche sind das? Für den Bereich der sogenannten Vertrauensdelikte sind aktuell die „Betrugsmaschen “ Love-Scamming sowie aus dem Bereich des Callcenter-Betrugs die Tatbegehungsweisen falsche Amtsperson (insbesondere falscher Polizeibeamter), falscher Bankmitarbeiter, Schockanrufe mit Hinweis auf ein Schadensereignis (auch in Verbindung mit falscher Amtsperson) und der Enkeltrick (auch in Verbindung mit falscher Amtsperson) bekannt, wobei der fallzahlenmäßige Schwerpunkt auf den Bereich der falschen Amtsperson entfällt. Von den Vorjahren signifikant abweichende Trends zeichnen sich hierbei derzeit nicht ab. Basierend auf diesen Erkenntnissen liegt für den Bereich der polizeilichen Präventionsmaßnahmen ein Schwerpunkt auf der umfassenden Vermittlung von Informationen zum sogenannten Callcenter-Betrug und den verschiedenen Facetten. Das Spektrum der Präventionsarbeit umfasst dabei die direkte Schulung von Bankmitarbeitern sowie von weiteren Multiplikatoren. Ergänzt wird dieses Angebot durch Vorträge vor Seniorinnen und Senioren sowie ihren Angehörigen. Zudem werden im Rahmen der Kampagne „In Hamburg schaut man hin“ immer wieder geeignete Fälle für die Pressearbeit aufbereitet, um so am konkreten Beispiel zu sensibilisieren. 4. Wie hat sich die Anzahl der zurückgestellten Verfahren seit dem 1. Januar 2019 beim LKA entwickelt? Bitte pro Abteilung des LKA quartalsweise zu den Stichtagen 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober angeben. Die Erhebung der Rückstellungen erfolgt jeweils zum letzten Werktag des Vormonats; zu den erfragten Daten siehe folgende Tabelle: Abteilung 2018 2019 Dezember März Juni September Dezember LKA gesamt 3 320 2 636 2 549 3 296 1 807 LKA 1 1 542 1 288 1 469 1 626 1 221 LKA 4 64 0 98 111 130 LKA 5 1 061 1 283 771 1 370 120 LKA 6 553 0 0 0 0 LKA 7 100 65 211 189 336 Die sehr stark gesunkenen Rückstellungszahlen im LKA 5 resultieren aus optimierten Arbeitsabläufen im Bereich des allgemeinen Betruges, hierbei insbesondere veränderten Modalitäten in der Zuschreibung. Die im Dezember vergleichsweise hohen Rückstellungszahlen im LKA 7 werden durch unterschiedliche Faktoren bedingt, unter anderem durch umfangreiche Ermittlungsverfahren und krankheitsbedingte Abwesenheiten . Bei den zurückgestellten Vorgängen handelt es sich zum Großteil um Vorgänge im Zusammenhang mit demonstrativen Aktionen oder Sachbeschädigungen (Schmierereien/Graffiti und Beschädigungen von Wahl- und Veranstaltungsplakaten der politischen Parteien). Im LKA 42 führte ein Anstieg der Fallzahlen verbunden mit einer Vielzahl urlaubs- sowie krankheitsbedingter Abwesenheiten zu Rückstellungen. Diese betreffen ausschließlich Ermittlungsverfahren, bei denen zur Beweissicherung und Strafverfolgung keine unmittelbaren Maßnahmen erforderlich sind. 5. Wie hat sich die krankheitsbedingte Fehlzeitenquote im LKA 55 seit Februar 2019 entwickelt? Bitte monatsweise angeben. Die Organisationsstruktur in dem elektronischen Personalcontrolling (ePeCo) wird nach der Umstellung auf das Kooperationsprojekt Personaldienste der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein (KoPers) zum 1. Juli 2018 noch nicht wieder vollständig abgebildet. Valide Daten im Sinne der Fragestellung können daher nicht dargestellt Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/20037 3 werden. Wann und wie detailliert die Darstellung zukünftig möglich sein wird, hängt vom Aufbau der Daten in dem KoPers-Modul „Dienstposten/Arbeitsplatz“ ab. 6. Wie viele der in Drs. 21/16598 angekündigten neuen Sachbearbeiterstellen waren zum Stichtag 1. Januar 2020 besetzt? Bitte das Stellensoll und die Vollzeitäquivalente angeben. Aufgrund der Umstellung der Personalwirtschaft ist ein „Stellensoll“ nicht mehr vorgesehen , zum erfragten Stichtag kann nur nach Dienstposten ausgewertet werden. Da die zusätzlichen Dienstposten nicht separat ausgewiesen werden, ist die Besetzungssituation speziell dieser Dienstposten nicht ermittelbar. Aufgrund der Umstellung der Stellenwirtschaft wurde das „LKA 1 Betrug“ bereits organisatorisch perspektivisch in der Stellenwirtschaft eingerichtet. Die in Drs. 21/16598 benannten 18 zusätzlichen Stellen stammen aus dem Paket der Einstellungsoffensive 300+. Hieraus wurden im Jahr 2019 zehn und im Jahr 2020 acht neue Dienstposten im zukünftigen „LKA 1 Betrug“ geschaffen. 7. Wie hat sich die Personalsituation insgesamt im LKA 5 seit dem 1. Januar 2018 entwickelt? Bitte das Stellensoll und die Vollzeitäquivalente jeweils nach Abteilungen zu den Stichtagen 1. Januar und 1. Juli angeben . Aufgrund der bestehenden Situation mit KoPers liegen Daten aus KoPers bis einschließlich Juni 2019 vor: 1. Januar 2018 1. Juli 2018 1. Januar 2019 1. Juni 2019 S te lle n VP K* An za hl M ita rb ei te r St el le n VP K* An za hl M ita rb ei te r St el le n VP K* An za hl M ita rb ei te r St el le n VP K* An za hl M ita rb ei te r LKA 50/ LKA 501 17,00 23,36 26,00 17,00 26,58 29,00 17,00 25,60 28,00 4,00 6,8 7,00 LKA 51 30,00 23,99 26,00 31,00 24,49 26,00 31,00 25,74 27,00 30,00 24,13 26,00 LKA 52 36,00 42,13 44,00 37,00 41,48 43,00 36,00 38,52 40,00 9,00 7,78 9,00 LKA 53 23,00 21,18 22,00 25,00 22,61 24,00 24,00 24,46 26,00 24,00 23,88 25,00 LKA 54 49,00 41,60 44,00 49,00 42,75 45,00 48,00 44,50 47,00 50,00 46,11 47,00 LKA 55 59,00 68,01 74,00 60,00 65,30 71,00 64,00 75,22 80,00 LKA 56 12,00 10,25 12,00 12,00 10,25 12,00 12,00 10,25 12,00 14,00 10,25 12,00 LKA 1 Betrug 117,0 129,62 139,00 * verfügbare Personalkapazität Die zum Stichtag 1. Januar 2020 den erfragten Dienststellen zugeordnete Anzahl von Dienstposten ist in der folgenden Tabelle dargestellt: Dienststelle Dienstposten LKA 50/LKA 501 4 LKA 51 31 LKA 52 9 LKA 53 24 LKA 54 56 LKA 55 - LKA 56 13 LKA 1 Betrug 134 Im Übrigen siehe Antwort zu 6. 8. In der Antwort auf Frage 4., Drs. 21/14575 stellt der Senat die Auswertung digitaler Beweismittel und die dafür benötigte hohe Expertise als eine der größten Herausforderungen dar. Welche konkreten Maßnahmen wurden getroffen, um dieser Herausforderung zu begegnen? Drucksache 21/20037 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Die Polizei hat das Vorprojekt „Digitale Spuren“ eingerichtet, welches die Machbarkeit eines zentralen Auswertenetzwerkes sowie die Möglichkeiten der Auswerteunterstützung der Sachbearbeitung prüft, um hierdurch die Auswertung digitaler Spuren beziehungsweise Beweismittel weiterzuentwickeln und damit auch einem steigenden Aufkommen begegnen zu können. 9. Wie ist der Umsetzungsstand der von der AG Betrug entwickelten Maßnahmen (Drs. 21/16598)? a. Welche Erfahrungen wurden mit den umgesetzten Maßnahmen gemacht? b. Wurden weitere Maßnahmen in die Wege geleitet? Wenn ja, welche Erfahrungen konnten bisher mit ihnen gemacht werden? 10. Die kurzzeitige Messung der tatsächlichen Anwesenheit wurde laut Antwort auf Frage 1., Drs. 21/17542 zum 15. Mai 2019 eingestellt. Worauf soll sich das Controllingkonzept zur Kapazitätssteuerung (Drs. 21/16598) stützen, wenn die tatsächliche Anwesenheit der zugeteilten Mitarbeiter nicht nachverfolgt wird? 11. Falls sich gegen eine Umsetzung der von der AG Betrug vorgeschlagenen Maßnahmen entschieden wird, wie sieht der Plan B des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde für die Organisation der Betrugsbekämpfung aus? Die neuen Zuständigkeitsregelungen bezogen auf die Verlagerungen der Deliktsbereiche Falschgeld und Skimming in das Fachkommissariat Schleusung und Dokumentenhandel (LKA 64), des Deliktes Untreue in das Fachkommissariat Spezielle Wirtschaftskriminalität (LKA 51) sowie des Deliktsbereiches der „Vertrauensdelikte“ (Callcenter -Betrug, Love Scamming, Trick in Wohnung) in das Fachkommissariat Schwerer Diebstahl/Trickdiebstahl (LKA 433) traten mit Änderung der Unterstellungsverhältnisse bis zum 14. Oktober 2019 in Kraft. Für den Bereich des allgemeinen Betruges hat die nunmehr klarere Zuständigkeitsregelung zu einer Entlastung im Rahmen der Zuschreibung geführt und die Abgabe teils artfremder, teils umfangreicher Delikte zu einer Verstetigung des Vorgangsdurchsatzes in der Sachbearbeitung. Die Einrichtung der Zentralen Vorermittlungen erfolgt mit Einrichtung des „LKA 1 Betrug“, die noch nicht erfolgt ist. Die Entwicklung eines Konzeptes zur Unterstützung von Steuerungsmaßnahmen des LKA 5 ist noch nicht abgeschlossen. Die zwischen der Staatsanwaltschaft und dem LKA abgestimmte Vereinbarung zur verfahrensökonomisierten Bearbeitung minderschwerer allgemeiner Betrugsdelikte trat zum 1. Mai 2019 in Kraft. Die Vereinbarung gewährleistet inhaltliche Standards der an die Staatsanwaltschaft Hamburg übersandten Vorgänge und minimiert gleichzeitig nicht Erfolg versprechende, polizeiliche Ermittlungsschritte. Die Umsetzung der Regelungen wird fachlich im Rahmen eines Prozesses des fortwährenden Erfahrungsaustausches zwischen LKA und Staatsanwaltschaft begleitet. Hieraus resultierende Erkenntnisse wurden zur Verstetigung der Anwendungspraxis und Nachschärfung einzelner Aspekte genutzt. Insgesamt wird die geschlossene Vereinbarung als effizienzsteigernd wahrgenommen. Die Verstärkung der Personalkapazität im Bereich des allgemeinen Betruges ist erfolgt und hatte positive Wirkungen auf die Bewältigung des Vorgangseingangs und war ein wesentlicher Faktor für den Abbau der Rückstellungen. 12. Hat die Betrachtung der Betrugsphänomene durch die AG Betrug zu der Empfehlung geführt, bestimmte Betrugsdelikte zukünftig an den regionalen Standorten des LKA zu bearbeiten und dadurch die Anzahl der zentral bearbeiteten Betrugsdelikte zu reduzieren? Wenn ja, welche? Wie hoch waren jeweils die Fallzahlen im Jahr 2019? Nein; im Übrigen siehe Drs. 21/16598. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/20037 5 Anlage zu 1.: 2018 2019 PKS- erfasste Aufklärung erfasste Aufklärung Schlüssel Delikt Fälle Fälle in % Fälle Fälle in % 510000 Betrug §§ 263, 263a, 264, 264a, 265, 265a-e StGB 33.173 18.242 55 30.636 15.688 51,2 511200 Sonstiger Warenkreditbetrug 8.704 3.141 36,1 6.578 1.472 22,4 Zu 2.: 2018 2019 PKS- erfasste Aufklärung erfasste Aufklärung Schlüssel Delikt Fälle Fälle in % Fälle Fälle in % 897100 Computerbetrug 3.495 872 24,9 3.143 660 21 511120 Betrügerisches Erlangen von Kfz § 263a StGB 0 0 - 2 0 0 511212 Weitere Arten des Warenkredit-betruges § 263a StGB 769 232 30,2 690 124 18 516300 Computerbetrug mittels rechtswidrig erlangter Zahlungskarten mit PIN gemäß § 263a StGB 2.140 457 21,4 1.810 384 21,2 516520 Computerbetrug mittels rechtswidrig erlangter Daten von Zahlungskarten § 263a StGB 123 39 31,7 201 54 26,9 516920 Computerbetrug mittels rechtswidrig erlangter sonstiger unbarer Zahlungsmittel § 263a StGB 72 27 37,5 62 14 22,6 517220 Leistungskreditbetrug § 263a StGB 135 47 34,8 58 16 27,6 517500 Computerbetrug (sonstiger) § 263a StGB 238 67 28,2 299 63 21,1 517900 Missbräuchliche Nutzung von Telekommunikationsdiensten § 263a StGB 8 0 0 8 1 12,5 518112 Abrechnungsbetrug im Gesund-heitswesen § 263a StGB 1 1 100 3 2 66,7 518302 Überweisungsbetrug § 263a StGB 9 2 22,2 10 2 20