BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/20080 21. Wahlperiode 11.02.20 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Michael Kruse und Ewald Aukes (FDP) vom 05.02.20 und Antwort des Senats Betr.: Einführung des Verkehrsmodells für Hamburg – Was ist dran an den Ankündigungen des Senats? Gerade am Ende der Legislaturperiode kurz vor dem Wahltermin häufen sich „Erfolgsmeldungen“ des Senats. Kürzlich war der Presse zu entnehmen, dass das Verkehrsmodell fertiggestellt und einsatzbereit sei.1 Gleichzeitig hieß es jedoch, dass das Modell „getestet“ würde und laut Staatsrat Rieckhof „bald“ zum „wesentlichen Instrument der Verkehrsentwicklungsplanung“ werden solle. Ein vollständig einsatzbereites Verkehrsmodell, welches die FDP-Fraktion seit Jahren einfordert, wäre eine große Verbesserung für die künftige Verkehrsplanung in Hamburg. Leider hat sich die Einführung des versprochenen Modells, welches ursprünglich 2015 beauftragt worden war, immer wieder verzögert. Ursprünglich sollte es 2017 fertiggestellt sein, zuletzt im Sommer 2019 in Betrieb gehen, was aber nicht geschah. Auch in Verkehrsausschusssitzungen wurde das Verkehrsmodell regelmäßig in den letzten Jahren als „kurz vor der Fertigstellung“ beschrieben. Deswegen stellt sich die Frage, ob das Verkehrsmodell tatsächlich einsatzbereit ist oder sich immer noch in der seit Jahren andauernden Dauertestphase befindet. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Das gesamtstädtische feinräumige Verkehrsmodell wurde mit dem Ziel aufgebaut, bei der Beantwortung strategischer verkehrlicher Fragestellungen, bei der Einschätzung von Maßnahmenwirkungen aus der Verkehrsentwicklungsplanung, aber auch teilräumlichen verkehrlichen Untersuchungen zu unterstützen und eine einheitliche Datenbasis für Planungsprozesse, zum Beispiel die Darstellung von Verkehrsbelastungen , zu liefern. Das Verkehrsmodell hat einen Umgriff der weit über Hamburg hinaus reicht. Es basiert auf umfassenden räumlich stark verfeinerten Strukturdaten, detaillierten Daten zu Verkehrsnetzen und -angeboten sowie empirisch ermittelten Daten zum Mobilitätsverhalten und auf zahlreichenden Algorithmen, die Verkehrserzeugung , Verkehrsmittelwahl und Routenwahl in einem sich wiederholenden Prozess ermitteln. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1) Ist das Verkehrsmodell vollständig einsatzbereit oder unterliegt es noch einer Testphase? 1 https://www.abendblatt.de/hamburg/article228328485/Schneller-durch-die-Stadt-Hamburgsneues -Modell-gegen-Stau.html. Drucksache 21/20080 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Das Verkehrsmodell ist für das Analysejahr 2014 und das Prognosejahr 2030 fertig aufgebaut. Hinsichtlich der Anwendungen findet sich das Verkehrsmodell noch in der Testphase. 2) Wann wird es vollständig einsatzbereit sein und zum „wesentlichen Instrument der Verkehrsentwicklungsplanung“ werden, wie angekündigt? Das Verkehrsmodell wird kurzfristig vollständig einsatzbereit sein. Der mit dem Verkehrsmodell erstellte Analysefall wird für Auswertungen im Rahmen der Zustandsanalyse der Verkehrsentwicklungsplanung eingesetzt. Der erstellte Prognosenullfall befindet sich noch in einer Testphase. 3) Welche Schritte sind für die Einführung des Verkehrsmodells geplant? (Bitte Schritte und Zeitplan nennen.) Zunächst werden im Rahmen der Testphase verschiedene Anwendungsfälle gerechnet . Anschließend soll der sukzessive Einsatz entsprechend der Bedarfe der verschiedenen Anwender erfolgen. 4) Wer wird mit dem Verkehrsmodell arbeiten? Das Verkehrsmodell soll zukünftig für verkehrliche Fragestellungen genutzt werden, für die eine modellhafte Berechnung notwendig ist. Dies umfasst vor allem die Fachbehörden , Bezirksämter, die Hamburger Verkehrsverbund GmbH, die Hamburger Hochbahn AG und Planungsbüros im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg oder Dritter. 5) Wie werden die eingesetzten Mitarbeiter auf die Arbeit mit dem Verkehrsmodell geschult? Im Rahmen des Auftrags zum Modellaufbau sind Schulungen für die entsprechenden Softwareanwendungen vorgesehen. Weitere Schulungen erfolgen nach Bedarf. 6) Welche einzelnen Parameter wird das Verkehrsmodell berücksichtigen können? Das Verkehrsmodell beinhaltet verschiedene Daten. Die Nachfragedaten umfassen Strukturdaten – Einwohnerinnen und Einwohner, Arbeitsplätze, Schulplätze et cetera – und bilden die „Start“- und „Endpunkte“ der Wege innerhalb des Verkehrsmodells. Das Verkehrsangebot beinhaltet alle Netzelemente, auf denen im Ergebnis Verkehrsbelastungen abgebildet werden. Dabei wird in das Netz für den motorisierten Individualverkehr – Straßennetz – und den öffentlichen Verkehr – Liniennetz – unterschieden. Die Verhaltensdaten bilden das Verhalten der modellierten Personengruppen ab, zum Beispiel durchschnittliche Anzahl Wege pro Tag, Affinität zu bestimmten Verkehrsmitteln . Der Zusammenhang von Nachfrage-, Verhaltens und Angebotsdaten im Verkehrsmodell ermöglicht es, Auswirkung von Änderungen in einem dieser Bereiche ableiten zu können, zum Beispiel Auswirkungen der Anpassung der Infrastruktur auf die Verkehrsbelastung oder die Wahl des Verkehrsmittels. 7) Welche Verkehrsplanungen werden im Jahr 2020 mit dem neuen Verkehrsmodell durchgeführt werden? (Bitte einzeln aufzählen.) Hauptanwendungsfälle werden Maßnahmen- und Szenarienbewertungen im Rahmen der Verkehrsentwicklungsplanung sein. Von weiteren Anwendungsfällen ist auszugehen , dies richtet sich nach dem konkreten Bedarf der einzelnen Anwender. 8) Wann kann die Ampelsteuerung kurzfristig auf Hinweise aus dem Verkehrsmodell angepasst werden, sodass Events im Straßenraum zu einer Anpassung der Ampelsteuerung führen? Einzelne kurzfristige Events, zum Beispiel Baustellen oder Veranstaltungen, die zu temporären Veränderungen des Verkehrsaufkommens führen, sind keine Anwendungsfälle für das strategische gesamtstädtische Verkehrsmodell. Diese Fragestellungen sind weiterhin Teil der Aufgaben der Baustellenkoordinierung beziehungsweise Verkehrsleitzentrale.