BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/20084 21. Wahlperiode 14.02.20 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dennis Thering und Birgit Stöver (CDU) vom 06.02.20 und Antwort des Senats Betr.: Leuchtturm für Hamburg oder Blendwerk von Rot-Grün – Wie steht es um den Neubau des AK Altona? (II) Die Hamburger Krankenhäuser sind die Herzkammer der pulsierenden Gesundheitsmetropole Hamburg. Mit ihren mehr als 40 000 Mitarbeitern leisten die im Hamburger Krankenhausplan gelisteten Kliniken einerseits einen unverzichtbaren Beitrag für die gesundheitliche Versorgung der Menschen in unserer Stadt. Andererseits bilden die Krankenhäuser das Zentrum der florierenden Gesundheitswirtschaft. Diese hat sich in den vergangenen Jahrzehnten neben Hafenwirtschaft und Luftfahrtindustrie zu einem entscheidenden Standortfaktor und mit rund 170 000 Beschäftigten sogar zum stärksten Beschäftigungsfaktor in ganz Hamburg entwickelt. Vor diesem Hintergrund fällt dem geplanten Neubau der Asklepios Klinik Altona (AK Altona) eine besondere Rolle zu. Das Senatshandeln bei diesem wichtigen Projekt warf und wirft allerdings seit seinem Bekanntwerden mehr Fragen auf, als es Antworten liefert. So kündigte der Erste Bürgermeister in seiner Regierungserklärung vom 11. April 2018 zwar vollmundig an: „Nach der Modernisierung vieler anderer Krankenhäuser wird Altona der nächste Standort sein, an dem wir in den kommenden Jahren gemeinsam mit Asklepios das bisherige AK Altona durch einen modernen Neubau ersetzen, der höchsten Ansprüchen der modernen Medizin gerecht wird und bestens in das städtische Umfeld integriert ist.“1 Allerdings konnte der heutige SPD-Spitzenkandidat damals und bis heute nicht darlegen, ab wann, bis wann und wie genau der Neubauprozess erfolgen soll. In den Antworten auf mehrere CDU- und FDP-Anfragen (Drs. 21/12681, 21/12685, 21/13693) übten sich Senat und Gesundheitsbehörde ferner in schachähnlichen Verbalrochaden und in der Kommunikation belangloser Selbstverständlichkeiten. Und während die GRÜNEN dieses Projekt in ihrem aktuellen Wahlprogramm gleich komplett aussparen, verliert auch die seit 2011 ununterbrochen die Gesundheitssenatorin stellende SPD dazu in ihrem Wahlprogramm nur zwei dürre Sätze: „In Altona bauen wir eines der modernsten Krankenhäuser Deutschlands und machen es zu einem Gesundheitszentrum für den Stadtteil. Diese Investition geht nicht zu Lasten anderer Krankenhäuser, sondern wird zusätzlich finanziert .“2 1 http://www.hamburg.de/buergermeisterreden-2018-2/10903724/regierungserklaerungtschentscher /, letzter Zugriff: 20.01.20. 2 https://www.spd-hamburg.de/fileadmin-hamburg/user_upload/Regierungsprogramm2020- 2025.pdf, hier Seite 91, letzter Zugriff: 20.01.20. Drucksache 21/20084 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dieses fortgesetzte Kommunikationsmissmanagement hatte zu einem befremdlichen Informationsvakuum bei diesem für die Anwohner, Patienten und Beschäftigten sowie den Gesundheitsstandort Hamburg so wichtigen Projekt geführt. Vor dem Hintergrund dieses, einen Monat vor der nächsten Bürgerschaftswahl gleichermaßen bedauerlichen wie unbefriedigenden, Befundes hatten wir dem Senat Ende Januar mit Drs. 21/19809 bewusst die Gelegenheit gegeben, bei wesentlichen Punkten endlich für Klarheit zu sorgen . Mit seinen bewusst desinformierenden und/oder nichtssagenden Antworten auf die 19 Fragen hat der rot-grüne Senat diese Möglichkeit aber bedauerlicherweise vorerst ungenutzt gelassen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Das Neubauprojekt Asklepios Klinik Altona ist Teil der Rahmenplanung im Krankenhausquartier Altona, die in Werkstattverfahren gemeinsam mit Fachbehörden, dem Bezirk und Expertinnen und Experten seit Januar 2019 entwickelt wurde. Die Ergebnisse wurden im Planungs- und Hauptausschuss des Bezirksamts Altona vorgestellt (14.02.2019/03.04.2019). In der Informationsveranstaltung am 19. März 2019 in der Asklepios Klinik Altona wurde die interessierte Öffentlichkeit informiert und Meinungen und Anregungen aufgenommen (die Dokumentation hierzu ist unter dem nachstehenden Link abrufbar: https://www.hamburg.de/fernstrassen/stadtentwicklung-a7-deckel/ 12275428/rahmenplan-krankenhausquartier-altona/). Diese sind in die weitere Planung eingeflossen. Im Vorfeld wurden in Fachgesprächen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Krankenhausplanerinnen und -planern, die ausgewiesene Experten zum Thema „Krankenhaus der Zukunft“ sind, die zukünftigen Entwicklungen diskutiert. Dies bezog sich insbesondere auf zu erwartende Veränderungen in Medizin und Technik, um perspektivisch sich ändernde Anforderungen soweit wie möglich für die Planungsvorgaben zu definieren. Dabei spielte insbesondere die Flexibilität innerhalb des Baukörpers eine entscheidende Rolle, um künftig die Abläufe und Erfordernisse an neue Entwicklungen anzupassen. Asklepios informiert seit Projektbeginn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Patientinnen und Patienten, Anwohnerinnen und Anwohner und sonstige Interessierte über verschiedene Kanäle wie Workshops, Veranstaltungen, Presseartikel, die Ausstellung der Wettbewerbsentwürfe, eine Quartierszeitung und insbesondere die begleitende Website (https://www.asklepios.com/das-neue-akaltona/ ). Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt. 1. Speziell in seiner Antwort auf Frage 4. aus Drs. 21/19809, inwiefern und wodurch der Senat das neue AK Altona zu einem der modernsten Krankenhäuser Deutschlands machen will, übt sich der Senat in befremdlichen Allgemeinplätzen zu Modernität, Perspektiven und Klimaschutz. a) Inwiefern ist eine vollständige Digitalisierung der neuen Klinik vorgesehen und welche finanziellen Mittel sind dafür nach aktuellem Stand vorgesehen? Bei den Planungen zum Neubau der Asklepios Klinik Altona werden die Voraussetzungen für die Etablierung optimaler digitaler Prozesse und E-Health-Anwendungen kontinuierlich mit Start des Planungsprozesses berücksichtigt. Der Anteil der für die Digitalisierung notwendigen Mittel kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beziffert werden. b) Verfolgen der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden eine Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welche Ziele und Maßnahmen sind darin mit jeweils welchen Zeithorizonten für das Hamburger Gesundheitswesen im Allgemeinen und für die Hamburger Krankenhäuser im Speziellen vorgesehen ? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/20084 3 Die Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie für die Leistungserbringer im Hamburger Gesundheitswesen ist abhängig vom Ausbau der bundesweiten Telematikinfrastruktur . Die jeweiligen Anbindungsnotwendigkeiten sind bundesrechtlich vorgegeben; ebenso die Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit der Telematikinfrastruktur. Die Notwendigkeit für spezifische Hamburger Digitalisierungsansätze ist laufend zu prüfen . Im Rahmen der Landeskonferenz nach § 90a SGB V werden sektorenübergreifende Ansätze für das Gesundheitswesen erarbeitet – diese binden die Krankenhäuser als Leistungserbringer der stationären Versorgung ein. c) Wie ist der aktuelle Stand der Initiative H3 („Hamburg Health Harbour “) und welche Elemente davon sollen am neuen AK Altona umgesetzt werden? An der Initiative „H3 – Hamburg Health Harbor“ sind neben Vertretern der Krankenkassen und Krankenhäuser auch die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg, die Ärztekammer Hamburg, die Gesundheitswirtschaft Hamburg GmbH sowie die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz beteiligt. In regelmäßigen Beratungen werden Lösungen zur Förderung der sektorenübergreifenden digitalen Zusammenarbeit im Gesundheitswesen erarbeitet. Mittlerweile wurden erste Anwendungsfelder identifiziert, welche fortlaufend präzisiert und weiterentwickelt werden. Die Asklepios Klinik Altona ist als Partner von H3 an der Einführung und Umsetzung beteiligt. d) Inwiefern kann die neue Klinik eine koordinierende Rolle in der digitalen Gesundheitsversorgungsinfrastruktur in Hamburg einnehmen? e) Inwiefern können durch die neue Klinik auch Leistungen für andere Kliniken in Hamburg und darüber hinaus erbracht werden? Die Digitalisierung des Gesundheitswesens muss von den Patientinnen und Patienten ausgedacht werden. Alle Krankenhäuser werden digitale Prozesse umsetzen müssen. Eine koordinierende Rolle eines Krankenhauses in Hamburg erscheint derzeit unwahrscheinlich. Inwieweit digitale Leistungen für andere Krankenhäuser durch die neue Asklepios Klinik Altona erbracht werden, müssen das weitere Planungsverfahren und der zukünftige Bedarf zeigen. f) Das bei der Senatskanzlei angesiedelte Amt für IT und Digitalisierung (ITD) weist ein stattliches Organigramm3 mit einem beachtlichen Personalkörper auf. Welche Abteilungen/Referate/Stellen innerhalb des ITD sind für die Digitalisierung der Hamburger Krankenhäuser zuständig und inwiefern haben sich diese bisher mit den Planungen bezüglich der Digitalisierung für das neue AK Altona befasst? Als zentrale Einheit steuert, gestaltet, organisiert und begleitet ITD den Digitalisierungsprozess der Freien und Hansestadt Hamburg. Von dieser gesamtstrategischen Perspektive wird auch die Digitalisierung im Gesundheitsbereich erfasst. Eine unmittelbare fachliche Zuständigkeit hierfür besteht nicht. Im Rahmen des bei ITD angesiedelten Projekts „Kinderleicht zum Kindergeld“ bestehen punktuelle Bezüge zum AK Altona. 2. Planungen für die sektorenübergreifende Zusammenarbeit spielen in der Senatsantwort auf Drs. 21/19809 keine erkennbare Rolle. a) Was ist nach dem aktuellen Planungsstand mit Blick auf den Neubau des AK Altona konkret an ambulanten und/oder teilstationären Leistungsangeboten ergänzend zur stationären Versorgung vorgesehen ? 3 https://www.hamburg.de/contentblob/10445610/a1ea270fd0eb8746ff546dea57d00bbb/ data/organigramm-amt-it-digitalisierung.pdf, letzter Zugriff: 05.02.20. Drucksache 21/20084 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Die neue Asklepios Klinik Altona wird eng verzahnt mit dem Quartier ein öffentlicher Ort mit einem niedrigschwelligen bis hoch spezialisierten Angebot an sektorenübergreifenden Gesundheitsleistungen, wie beispielsweise Sprechstunden und Ambulanzen , Ambulantes Operieren, Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) und Medizinisches Versorgungszentrum. Im Übrigen siehe Drs. 21/19809. b) Ist beispielsweise ein Integriertes Notfallzentrum (INZ) geplant? Wenn nein, warum nicht? Ja, ein Integriertes Notfallzentrum ist im Grobraumprogramm und im Betriebsorganisationskonzept für das Neubauvorhaben Asklepios Klinik Altona beschrieben, und wird in dem weiteren Planungsverfahren konkretisiert. 3. In seiner Antwort auf die Fragen 5. und 6. der Drs. 21/19809 betont der Senat zwar, dass „sich die neue Asklepios Klinik Altona noch stärker den Bürgerinnen und Bürgern öffnen wird“, verneint aber bei der Antwort auf Frage 12. die Absicht, das neue Klinikum mit einer Schnellbahnhaltestelle direkt zu erschließen, wohingegen dies für das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) vom Senat jüngst im Rahmen der Planungen für die neue U-Bahn-Linie U5 angekündigt wurde4. a) Aus welchen genauen Gründen soll das bereits bestehende UKE mit einer eigenen Schnellbahnhaltestelle ausgestattet werden, das überhaupt erst noch zu errichtende neue AK Altona aber nicht? Die erste Konzeptstudie zur U-Bahn-Netzerweiterung aus dem Jahr 2014 sah für die neue Linie U5 eine geradlinige Streckenführung über Hoheluftbrücke und Siemersplatz unter anderem mit einer Haltestelle Veilchenweg im Lokstedter Steindamm (Einzugsgebiet circa 4 600 Einwohnerinnen und Einwohner) vor. Diese Linienführung wurde in der folgenden Machbarkeitsuntersuchung zur „U5 Mitte“ (Februar 2019) bestätigt . Vertiefende Vorplanungen zeigten dann auf, dass die Verschiebung der geplanten Haltestelle vom Lokstedt Steindamm zum UKE-Gelände baulich möglich und auch verkehrlich sinnvoll ist, da im Einzugsbereich der Haltestelle neben circa 6 500 Einwohnerinnen und Einwohnern zugleich der Standort von mittelfristig 20 000 Arbeitsplätzen mit einem gegenüber der ursprünglichen Streckenführung vertretbaren Mehraufwand angeschlossen werden kann. Am AK Altona liegt diesbezüglich keine vergleichbare Situation vor (siehe Drs. 21/19809). b) Für wie wichtig erachtet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde grundsätzlich die direkte Anbindung von großen Gemeinschaftseinrichtungen wie beispielsweise Krankenhäusern an Schnellbahnlinien mittels eigener Haltestellen? c) Gehört die direkte Anbindung an eine Schnellbahnlinie mittels einer eigenen Haltestelle aus Sicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde zu den Kriterien, die die modernsten Krankenhäuser in Deutschland in Metropolen erfüllen müssen? Wenn nein, warum nicht? Kernziel der Hamburger Schnellbahnnetzentwicklung ist es, möglichst vielen Menschen einen direkten Zugang beziehungsweise deren Umstieg vom privaten Auto zu U- und S-Bahnen zu ermöglichen. Eine Konzeptstudie U-Bahn-Netzerweiterung enthielt dazu eine Potenzialanalyse bezüglich bisher nicht durch Schnellbahnen erschlossene Stadtteile. Neben dem wichtigen Erschließungskriterium „Wohnstandorte“ (Startund Zielpunkt der meisten zurückgelegten Wege) wurden darin wichtige Arbeits-, Bildungs - und Freizeitstandorte sowie sonstige Aufkommensschwerpunkte berücksichtigt . Die Einstufung als Schnellbahnpotenzialgebiet basierte auf der kumulierten Berücksichtigung dieser Kriterien. Im Übrigen siehe Drs. 21/19809. 4 https://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/13353468/2019-12-17-bwvi-schnellbahn-netz/, letzter Zugriff: 05.02.20. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/20084 5 d) In seiner Regierungserklärung aus dem April 2018 sagte der Erste Bürgermeister unter anderem: „Nach der Modernisierung vieler anderer Krankenhäuser wird Altona der nächste Standort sein, an dem wir in den kommenden Jahren gemeinsam mit Asklepios das bisherige AK Altona durch einen modernen Neubau ersetzen, der höchsten Ansprüchen der modernen Medizin gerecht wird und bestens in das städtische Umfeld integriert ist.“ (eigene Hervorhebung ) Mit welcher Begründung wird das neue AK Altona nach Ansicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde auch ohne eigene Schnellbahnhaltestelle unter Mobilitätsgesichtspunkten bestens in das städtische Umfeld integriert sein? Die Erschließung des Krankenhausstandorts Altona durch die Vielzahl der in Drs. 21/19809 genannten Buslinien mit Anbindung an das Schnellbahnnetz gewährleistet die feingliedrige Standortanbindung an den öffentlichen Verkehr in alle Richtungen . Insbesondere werden damit mehr standortspezifisch nachgefragte lokale und überörtliche Relationen bedient als durch eine einzige, lediglich in zwei Richtungen verkehrende Schnellbahnlinie. Im Übrigen siehe Drs. 21/19809. 4. Das neuartige Coronavirus (2019-nCoV) ist ein erneuter Beleg für die Wichtigkeit der Bereitstellung und Vorhaltung ausreichender Behandlungskapazitäten vor allem im stationären Bereich. a) Inwiefern ist nach den jetzigen Planungen für das neue Klinikum Altona mit Blick auf die mögliche Behandlung von Patienten, die unter hochansteckenden Infektionserkrankungen leiden, eine ausreichende Anzahl an Einzelzimmern vorgesehen? b) Wie viele Einzelzimmer sind konkret geplant und wie viele davon sollen „geschleust“ ausgestaltet werden? Im Rahmen der Planungen zum Neubau der Asklepios Klinik Altona werden verschiedene Konzepte zur Schaffung von Isolationsmöglichkeiten umgesetzt. Neben erhöhten Anteilen an Einbettzimmern sind Stationseinheiten flexibel abgrenzbar. Die Planungen des Neubaus berücksichtigen die Umsetzung zukunftsweisender Hygienestrategien nach anerkannten Standards in adäquater Kapazität entsprechend dem Einzugsgebiet .