BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/20131 21. Wahlperiode 18.02.20 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Deniz Celik (DIE LINKE) vom 10.02.20 und Antwort des Senats Betr.: Pflege von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transidenten, intergeschlechtlichen und queeren Menschen (LSBTI*) im Alter Es besteht eine besondere gesellschaftliche Verantwortung einer Rehabilitierung /Wiedergutmachung gegenüber den älteren Generationen von LSBTI* der Kriegs- und Nachkriegszeit, die besonders von gesellschaftlicher Ächtung , staatlicher Verfolgung und Ignoranz sowie von Pathologisierungen betroffen waren und deren Folgen ihre Lebenslagen bis in die Gegenwart kennzeichnen. Ältere und zu pflegende LSBTI* sowie Menschen mit HIV sind nach wie vor mit Unkenntnis, Unwissen, Nicht-Wahrnehmen, Fremdheitsgefühlen des Pflegeumfelds ihnen und ihren Lebenswelten gegenüber konfrontiert. Sie wünschen sich Angebote der Altenhilfe und Altenpflege, die adäquat ihre Bedürfnisse berücksichtigen und in denen sie diskriminierungsfrei ihr gewohntes Leben fortführen können. Zugleich bestehen Befürchtungen im Pflegesetting durch Pflegende und Mitbewohnende, diskriminiert zu werden. Die aktuelle Studienlage zeigt auf, dass fehlende Anerkennung als LSBTI* in der pflegerischen Fürsorge, in der theoretischen/konzeptionellen Berücksichtigung und im solidarischen Miteinander zur schädigenden Pflege geraten kann, wodurch Unsichtbarkeit der Personen, soziale Isolation, Schädigungen der persönlichen und sozialen Integrität sowie des Wohlbefindens resultieren. Der Siebte Bundesaltenbericht, das Pflegeberufegesetz und der Hamburger Aktionsplan sind Beispiele eines Wertekanons und rechtlicher Regelungen für Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt und für die Etablierung entsprechender Strukturen, die ebendiese für die Altenarbeit und Altenpflege auf den Weg bringen. In einigen deutschen Städten wie beispielsweise in Berlin, Frankfurt/Main, München, Köln, Dortmund, Neubrandenburg, Neu-Ulm existieren mittlerweile spezielle und/oder integrative Pflegeeinrichtungen und -dienste, die ihre Einrichtungs- und Pflegekonzepte für die Zielgruppen geöffnet haben. In Berlin gibt es Pflege-Wohngemeinschaften für schwule Männer , eine für lesbische Frauen ist gerade in Planung. Es sind zur Qualitätssicherung und nachhaltigen Vertrauensbildung inzwischen Zertifizierungen entstanden, die eine LSBTI*-sensible Pflege absichern (zum Beispiel der „Regenbogenschlüssel“ des Frankfurter Verbands, das „Qualitätssiegel“ des Lebensort Vielfalt Berlin). Der BISS-Index für eine „gute Pflege“ von Lesben, Schwulen und Menschen mit HIV wird gerade über den Bundesverband der AWO in einigen Pflegeeinrichtungen umgesetzt. Ebenso bestehen in anderen Bundesländern und Städten teils Informations- und Schulungsmaterialien für eine subjektorientierte Pflege von LSBTI* im Alter, teils eine spezifische Senioren-/-innenberatung und spezifische Koordinations- und Ansprechpersonen zu den Themen LSBTI* im Alter und in der Pflege. Die Stadt Hannover Drucksache 21/20131 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 hat etwa Fortbildungen von circa 200 in der Pflege tätigen Personen zum Themenfeld gefördert. Ich frage den Senat: 1. Gibt es Projekte und Einrichtungsträger der offenen Senioren-/-innenarbeit und der LSBTI*-Fachinstitutionen, die gezielt und proaktiv die Teilhabe und Partizipation älterer LSBTI* in Hamburg unterstützen? Wenn ja, bitte konkret darstellen. Wenn nein, warum nicht? Die offene Seniorenarbeit in Hamburg steht mit ihren vielfältigen Angeboten grundsätzlich allen älteren Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität offen. Die zuständige Behörde arbeitet aktuell gemeinsam mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege, dem Landes-Seniorenbeirat und den Bezirksämtern an einer konzeptionellen Weiterentwicklung der Seniorenarbeit. Dabei wird auch die Teilhabe von LSBTI* berücksichtigt. Darüber hinaus gibt es folgende Angebote, die sich gezielt an ältere LSBTI* richten: - Im Bezirk Altona gibt es seit September 2019 eine Seniorenrunde „Lesben 50++“ (Träger: Seniorenbüro Hamburg e.V.), die sich wöchentlich in einem Gemeinschaftsraum der Servicewohnanlage von f & w fördern und wohnen AöR in Altona Altstadt trifft. Direkt nebenan ist eine Pflegeeinrichtung von PFLEGEN & WOHNEN HAMBURG GmbH. Das Bezirksamt Altona unterstützt dieses Angebot als einen Baustein für die Umsetzung des Altonaer Aktionsplans „Vielfalt“. - Das Bezirksamt Eimsbüttel plant, im Bereich der offenen Seniorenarbeit das Thema „Diversität im Alter“ speziell mit der Konzentration auf sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität zu einem Schwerpunktthema der nächsten Zeit zu machen. Im Kern wird es um die Sensibilisierung der Träger der offenen Seniorenarbeit im Bezirk Eimsbüttel gehen. - Im Bezirk Hamburg-Nord besteht als spezielles Angebot für schwule Senioren seit 2016 an jedem zweiten und vierten Sonntag im Monat der Seniorenkreis Café Laubfrosch im Magnus-Hirschfeld-Centrum. Darüber hinaus gibt es im Magnus- Hirschfeld-Centrum an jedem ersten und dritten Mittwoch im Monat einen Stammtisch für lesbische, bisexuelle und queere Frauen ab 50 zum Kennenlernen, Austauschen und Klönen. - Im Bezirk Wandsbek ist zur Fortführung eines konstruktiven Austausches zwischen dem Bezirksamt und gesellschaftlichen Einrichtungen über den Aktionsplan des Hamburger Senats zur Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt und Einblicke und dessen praktische Umsetzung eine Kooperation mit dem Magnus- Hirschfeld-Centrum geplant. 2. Wer koordiniert in Hamburg die Beratung, Vernetzung, Teilhabe, Betreuung und pflegerische Versorgung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transidenten, intergeschlechtlichen und queeren Senioren/-innen und zu Pflegenden? Gibt es in Hamburg zentrale Ansprechstellen oder -personen auf Landes- und Bezirksebene analog der Koordinationsstelle „Immer dabei“ für ältere Lesben und Schwule in NRW? Gibt es eine aufsuchende Senioren-/-innenberatung in Hamburg analog rosaAlter in München? Wenn ja, bitte konkret darstellen. Wenn nein, warum nicht? In Hamburg gibt es bei Bedarf eine auf den Einzelfall bezogene Zusammenarbeit zwischen den Pflegestützpunkten und den Beratungsstellen für ältere, pflegebedürftige und körperbehinderte Menschen (PBM) und den LSBTI*-Interessenvertretungen. Die jeweiligen Expertisen der Beraterinnen und Berater werden genutzt. Wenn von der ratsuchenden Person gewünscht, finden Beratungsgespräche auch gemeinsam statt. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/20131 3 3. Welche konkreten Ergebnisse wurden bei der Umsetzung der Maßnahmen Nummern 48 bis 52 des Aktionsplanes zur Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt erzielt? - Zu Maßnahmen Nummern 48, 49 und 51: Die Zielsetzung in § 1 des Hamburgischen Seniorenmitwirkungsgesetzes wurde um die gleiche Teilhabe und Anerkennung älterer Menschen jeder geschlechtlichen Identität und jeder sexuellen Orientierung ergänzt. Dieses Ziel ist nach der gesetzlichen Regelung durch alle Behörden unter aktiver Eigenbeteiligung der Seniorinnen und Senioren zu fördern. Das Thema sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identitäten in der offenen Seniorenarbeit wurde ferner zwischen der für Gesundheit zuständigen Behörde und den Bezirksämtern in der AG Senioren besprochen. Die Bezirksämter beraten zu den Voraussetzungen und Fördermöglichkeiten bei der Gründung von Seniorengruppen. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 1. - Zu Maßnahme Nummer 50: Es besteht ein Kontakt zwischen dem Landes-Seniorenbeirat, dem Lesben- und Schwulenverband in Deutschland Landesverband Hamburg e.V. und dem Lesbenverein Intervention e.V. Der Landes-Seniorenbeirat hat im Magnus-Hirschfeld- Centrum über die Mitwirkungsmöglichkeiten nach dem Hamburgischen Seniorenmitwirkungsgesetz informiert. - Zu Maßnahme Nummer 52: Das Thema Akzeptanz und Anerkennung der geschlechtlichen und sexuellen Vielfalt wurde in den Fortschreibungsbericht zum Demografie-Konzept Hamburg 2030 aufgenommen. Ferner wurde im Fortschreibungsbericht für die Entwicklung demografiefester Quartiere das Ziel formuliert, eine möglichst hohe Lebensqualität für alle Bürgerinnen und Bürger zu erzielen, die es ihnen ermöglicht, sich unabhängig von ihrem Alter, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Identität, ihrer Herkunft, Kultur oder Religion in ihrem Quartier zuhause zu fühlen. 4. Wie hat sich die Situation der Teilhabe und Partizipation von LSBTI*- Senioren/-innen in Hamburg seit dem Start des Aktionsplans zur Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt verändert? Bitte die Antworten in Bezug auf die Lebenswelten von lesbischen, schwulen, bisexuellen , transidenten, intergeschlechtlichen und queeren Senioren/-innen differenzieren . Siehe Antworten zu 1. und zu 3. 5. Welche Unterstützung von Initiativen zu neuen Wohnformen im Alter von LSBTI* hat seit Beschluss der Maßnahme des Aktionsplans Nummer 53 stattgefunden? Zu welchen Ergebnissen hat es geführt? 6. Was wurde konkret dafür getan, insbesondere zielgruppenspezifische Wohngemeinschaften für zu pflegende LSBTI* in Hamburg zu initiieren? Gibt es mittlerweile solche Pflegewohngemeinschaften in Hamburg vergleichbar mit Berlin? Falls ja: Bitte auflisten nach jeweiliger Zielgruppe und Anzahl der Plätze. Zielgruppenspezifische Wohngemeinschaften für LSBTI* bestehen in Hamburg bislang nicht. Die Hamburger Koordinationsstelle für Wohn-Pflege-Gemeinschaften steht im Kontakt zu den Interessenvertretungen von LSBTI*. Im Herbst 2020 ist ein Fachtag geplant. 7. Sind sensibilisierende Schulungen von Behördenmitarbeitenden der Fachbereiche Senioren/-innen, Gesundheit und Pflege zu den Lebensund Bedürfnislagen von älteren und zu pflegenden LSBTI* in Hamburg analog anderer Stadtverwaltungen wie etwa von Hannover oder Berlin durchgeführt worden oder vorgesehen? Drucksache 21/20131 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Falls ja: Bitte chronologisch auflisten nach durchgeführten Schulungen und jeweiliger Teilnehmendenzahl beziehungsweise geplanten Schulungen . Wenn nein, warum nicht? Mit den Beraterinnen und Beratern der PBM und LSBTI*-Interessenvertretungen wurde ein Schulungscurriculum zur Information und Sensibilisierung im Umgang mit LSBTI*-Personen im Alter entwickelt. Diese Schulung soll interessierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der PBM angeboten werden. Im Rahmen der Erarbeitung und Umsetzung des Aktionsplans für Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt wurden die zuständigen Stellen für Pflege, Gesundheit und offene Seniorenarbeit für die Thematik sensibilisiert. Am 9. Mai 2018 fand ein Thementisch „Gesundheit, Alter und Pflege“ statt, zu dem Fachbehörden, Bezirksämter, Interessenvertretungen, Institutionen aus dem Bereich Gesundheit, Alter und Pflege sowie die Politik eingeladen worden sind. Im Rahmen des Thementisches wurde sich intensiv mit der Thematik befasst. Am 4. Juni 2018 hat die Stabsstelle Gleichstellung und geschlechtliche Vielfalt den Aktionsplan im Rahmen einer Sitzung des Landes-Seniorenbeirates vorgestellt und für die Thematik sensibilisiert. Die Stabsstelle Gleichstellung und geschlechtliche Vielfalt hat am 5. Februar 2019 den Aktionsplan bei dem bezirklichen Planungsteam „generationenfreundliches Wandsbek “ vorgestellt und ist mit den dortigen Vertretungen aktiv in das Gespräch über die Thematik gekommen. An der Sitzung hat auch eine Vertreterin des Lesbenvereins Intervention e.V. teilgenommen, um über konkrete Lebenslagen und Herausforderungen von Lesben im Alter zu informieren, Fragen zu beantworten und Kontakte herzustellen . Am 22. November 2019 fand eine weitere Veranstaltung im Bezirksamt Wandsbek/AG der bezirklichen Seniorenarbeit statt, in der durch die Stabsstelle Gleichstellung und geschlechtliche Vielfalt zu den Lebenslagen älterer LSBTI*-Personen und insbesondere über die Möglichkeiten der Rehabilitierung der nach § 175 StGB verurteilten homosexuellen Männer informiert worden ist. An der Sitzung nahmen Vertreterinnen und Vertreter von Trägern aus dem Bereich offene Seniorenarbeit, Mitglieder des örtlichen Seniorenbeirates und Vertreter des Fachamtes Sozialraummanagement teil. Überdies wurden im September 2018 alle Alten- und Pflegeeinrichtungen durch ein Anschreiben mit beigefügtem Informationsblatt über die Rehabilitierungsmöglichkeiten der nach § 175 StGB verurteilten Personen informiert. Das Zentrum für Aus- und Fortbildung bot und bietet den Behördenmitarbeitenden die folgenden Fortbildungen zum Thema an. Titel Lernziel Vorurteilsbewusstes Handeln – Anti-Bias-Training Vorurteile reflektieren, Umgang sensibilisieren , Lösungsstrategien entwickeln Spielend lernen mit dem Diversity- Brettspiel Das Spiel Diversity kennenlernen, um das Thema Vielfalt zu befördern Was heißt da Diskriminierung? Umgang und Strategien für den (Berufs-)Alltag Wissen über Diskriminierung erweitern, eigene Position reflektieren, Lösungsansätze entwickeln Hätt‘ ich doch was gesagt! – Argumentationstraining gegen diskriminierende Äußerungen Selbstreflexion, Gruppendynamik, Kommunikationsstrategien , Lösungsansätze Genaue Teilnehmerzahlen hierzu sind dem Senat nicht bekannt. 8. Hat eine Benennung in Bezug auf die Belange von LSBTI* besonders sensibilisierter Ansprechpersonen bei den Pflegestützpunkten gemäß dem Beschluss der Maßnahme des Aktionsplans Nummer 54 stattgefunden ? Wenn nein, warum nicht? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/20131 5 Wenn ja, welche Erfahrungen gibt es hierzu? Wie können zu pflegende LSBTI*-Bürger/-innen und deren Angehörige gezielt Kontakt zu ihr finden ? In jedem PBM wurde eine Person als Ansprechperson benannt. Ältere Personen aus dem LSBTI*-Personenkreis und deren Angehörige wenden sich in der Regel zunächst an LSBTI*-Interessenvertretungen und Beratungsstellen. Diese kennen die PBM und die Ansprechpersonen und können eine Beratung vermitteln, wenn es um spezielle Fragen im Zusammenhang mit Alter, Behinderung und Pflege geht. 9. Haben Fortbildungen zum Themenbereich von zu pflegenden LSBTI* als sensibilisierende Maßnahme der Mitarbeitenden von Pflegestützpunkten in Hamburg stattgefunden? Wenn ja, haben alle Mitarbeitenden daran teilgenommen und mit welchem Ergebnis wurden die Fortbildungen evaluiert? Wenn nein, warum nicht? Die Fortbildungen sind in Planung, siehe Antwort zu 7. 10. Wie wird gewährleistet, dass auch künftige Mitarbeitende der Pflegestützpunkte in Hamburg solche Fortbildungen erhalten? Siehe Antworten zu 7. und zu 9. 11. Wie werden die Themen geschlechtlicher und sexueller Vielfalt in der Rahmenplanung der pflegerischen Versorgungsstruktur berücksichtigt (wie als Beschluss der Maßnahme Nummer 55 des Aktionsplans festgelegt )? Die Fortschreibung der Rahmenplanung der pflegerischen Versorgungsstruktur 2025 befindet sich derzeit in der Entwicklungsphase. In der Ende 2020 vorliegenden Rahmenplanung wird im Hinblick auf fachpolitische Aspekte wie die Personalsituation in der Pflege und Quartiersorientierung ein eigener Schwerpunkt auf die Zielgruppe LSBTI* gelegt werden. Konkrete Aussagen, in welcher Form und mit welchen Aussagen die Themen geschlechtliche und sexuelle Vielfalt berücksichtig werden, sind zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich. 12. Gibt es in Hamburg Pflegeeinrichtungen und Pflegedienste, die sich speziell oder integrativ der Betreuung und Pflege von LSBTI* und Menschen mit HIV zugewandt haben? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, bitte konkret darstellen. Welche Unterstützungen erhalten diese Träger von den zuständigen Fachbehörden? Wie können zu pflegende LSBTI* und Menschen mit HIV sowie deren Angehörige gezielt diese Einrichtungen und Dienste finden? 13. Gibt es Pläne, Pflegeeinrichtungen und Pflegedienste zu befähigen, ihre Einrichtungs- und Pflegekonzepte für eine subjektorientierte Betreuung und Pflege von LSBTI* und Menschen mit HIV zu öffnen? Wenn ja, wie sehen diese aus? Wenn nein, warum nicht? Zugelassene Pflegeeinrichtungen haben in ihren Konzepten keinen ausdrücklichen Schwerpunkt zur Versorgung dieses Personenkreises benannt. Zur professionellen pflegerischen Versorgung gehören die Berücksichtigung der konkreten Lebenssituation , der soziale, kulturelle und religiöse Hintergrund, die sexuelle Orientierung sowie die Lebensphase des zu pflegenden Patienten. Vergleiche auch Antworten zu 14. bis 16. 14. Wurden bisher seitens der zuständigen Behörden die Träger und Verbände der Pflegeeinrichtungen und Pflegedienste in Hamburg für die Erlangung von deutschlandweit anerkannten Zertifizierungen einer diversitätensensiblen Pflege für LSBTI*, wie etwa den sogenannten Regen- Drucksache 21/20131 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 bogenschlüssel des Frankfurter Verbandes oder das Qualitätssiegel des Lebensort Vielfalt Berlin, sensibilisiert, unterstützt und gefördert? Wenn ja, bitte konkret darstellen. Wenn nein, warum nicht? Die Verbände der Pflegeeinrichtungen wurden im Rahmen eines regelmäßigen Austauschs über die Möglichkeiten der Zertifizierung, insbesondere über das Qualitätssiegel des „Lebensort Vielfalt“, informiert. 15. Wie wurden seit Beschluss der Maßnahme Nummer 56 des Aktionsplans die Themen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von in der Pflege tätigem (Fach-)Personal berücksichtigt? Welche der in der Pflege tätigen Berufsgruppen wie etwa Führungspersonen, Lehrende, Pflegefachpersonen, Pflegende, Pflegeschüler /-innen sowie Pflegestudierende, Senioren-/-innenbegleiter/ -innen, Sozialarbeiter/-innen, Sozialpädagogen/-innen, Mitarbeitende der Hauswirtschaft, der Hausmeisterei, des Putzdienstes und ehrenamtliche Personen in der ambulanten und stationären Alten- und Krankenpflege wurden in Hamburg erreicht? Die Themen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt sind in den Rahmen- und Bildungsplänen der Aus- und Weiterbildung von in der Pflege tätigem (Fach-)Personal berücksichtigt. In der Ausbildung zur Pflegefachfrau beziehungsweise zum Pflegefachmann sind die Themen gemäß Rahmenplänen der Fachkommission nach § 53 Pflegeberufegesetz (PflBG) unter Punkt 2 verankert: „Die professionelle Pflege bezieht Menschen aller Altersstufen in unterschiedlichen Lebenssituationen in verschiedenen institutionellen Kontexten mit ein. Dabei respektiert sie das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben in unterschiedlichen Lebenssituationen“ (Rahmenlehrplan der Fachkommission nach § 53 PflBG, 1. August 2019; siehe: https://www.bibb.de/dokumente/pdf/geschst_pflgb_ rahmenplaene-der-fachkommission.pdf). In Curriculum-Einheit 09 wird die Berücksichtigung „der Individualität von Lebenswelten als Ausdruck unterschiedlicher Lebensentwürfe und ihrer individuellen Lebensgestaltung “ betont. In Curriculum-Einheit 09 wird zudem konkret abgestellt auf die Berücksichtigung der Bedürfnisse und Erwartungen, die aus den jeweiligen kulturellen , religiösen und individuellen Lebenslagen entstehen, und dem zu entwickelnden Grundverständnis auf der Seite der Pflegenden, dass die Lebenslage eines jeden Menschen als Bereicherung empfunden werden kann. Des Weiteren werden im Rahmenlehrplan explizit die Kontextbedingungen der Curriculum -Einheiten erwähnt: „die Berücksichtigung der Möglichkeiten sozialer Vernetzung ; besondere Netzwerke von Menschen mit LSBTI-Identitäten“ in der Pflege. Die Inhalte der Rahmenlehrpläne, und somit auch die Bedürfnisse von LSBTI, fließen in das Curriculum der generalistischen Pflegeausbildung in Hamburg mit ein, das derzeit erstellt wird. In den Ausbildungszielen § 5 Absatz (2) Pflegeberufereformgesetz (PflBRefG) wird ferner explizit formuliert, dass die in Absatz (1) beschriebene Ausbildung die konkrete Lebenssituation, den sozialen, kulturellen und religiösen Hintergrund, die sexuelle Orientierung sowie die Lebensphase des zu pflegenden Patienten berücksichtigt. Bereits zum Start der Ausbildung beinhaltet der erste Theorieblock des Rahmenlehrplans diesen Grundsatz. Die Auszubildenden erwerben folgende Kompetenzen: - Respektieren von Menschenrechten, Ethikkodizes sowie religiöse, kulturelle, ethnische und andere Gewohnheiten von zu pflegenden Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen, - Erkennen des Prinzips der Autonomie der zu pflegenden Person als eines von mehreren konkurrierenden ethischen Prinzipien und unterstützen der zu pflegenden Menschen bei der selbstbestimmten Lebensgestaltung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/20131 7 Im Bildungsplan der vollqualifizierenden Berufsfachschule für Sozialpädagogische Assistenz (siehe https://hibb.hamburg.de/wp-content/uploads/sites/33/2015/10/ Bildungsplan-sozialpädagogische-assistenz-assistenz-BFSvq.pdf) sind die Themen der sexuellen Vielfalt unter Punkt 2 „Bildungs- und Erziehungsauftrag des Bildungsganges “ explizit benannt. Sie sind Inhalt mehrerer Lernfelder (unter anderem im Bereich „Sozialpädagogisches Handeln“, Lernfeld (LF) 4 „Beziehungen gestalten“ oder LF 5 „Werte und Normen“, LF 7 „Entwicklungskonzepte kennen und berücksichtigen “ oder in LF 16 „Gesundheit fördern“). Im Bildungsplan der Fachschule für Sozialpädagogik (siehe https://hibb.hamburg.de/ wp-content/uploads/sites/33/2015/10/Bildungsplan.pdf) sind Themen der sexuellen Vielfalt zum einen in den Zielrichtungen zum Bildungsauftrag verankert (Seite 7 fortfolgende ). Zum anderen werden in den Lernfeldern zu Fragen der Entwicklung und Bildung von Kindern und Jugendlichen (LF 5, LF6) die Themen aus dem Spektrum zur geschlechtlichen Vielfalt unterrichtet. In der Ausbildung der Pflegeassistenz mit Schwerpunkt Haus- und Familienpflege sind die Themen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt im Bereich Wirtschaft und Gesellschaft und im Rahmen des religionspädagogischen Unterrichts/Projektes regelmäßiger Unterrichtsbestandteil (vergleiche Bildungsplan der Berufsfachschule für Haus- und Familienpflege https://hibb.hamburg.de/wp-content/uploads/sites/33/2015/ 10/bild_plan_haus_familienpflege.pdf). Das Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt wird ferner im Rahmen der Schulung der Besuchskräfte für den Hamburger Hausbesuch für Seniorinnen und Senioren thematisiert. Es ist geplant, einen Informationsflyer des Magnus-Hirschfeld-Centrums in den Materialkoffer für die Besuchskräfte aufzunehmen. 16. Sind Fortbildungen von in der Alten- und Krankenpflege tätigen (Fach-)Personen zu den Themen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt geplant und gefördert? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, bitte konkret darstellen. Die Fortbildungsangebote für das neue Berufsfeld werden zurzeit erarbeitet und orientieren sich an den bundesweit geltenden Vorgaben. In den neu entwickelten Fachfortbildungsordnungen der Gesundheits- und Krankenpflege ist jeweils im Grundmodul als Lernergebnis formuliert: „Die Teilnehmer*innen berücksichtigen ethische und interkulturelle Aspekte im Pflegealltag.“ In diesem Kontext wird unter anderem auch die Diversität der zu Pflegenden thematisiert. Zum Ausbildungsstart formulierte Kompetenzen: - Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer respektieren Menschenrechte, Ethikkodizes sowie religiöse, kulturelle, ethnische und andere Gewohnheiten von zu pflegenden Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen (II. 3. a). - Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erkennen das Prinzip der Autonomie der zu pflegenden Person als eines von mehreren konkurrierenden ethischen Prinzipien und unterstützen zu pflegende Menschen bei der selbstbestimmten Lebensgestaltung (II. 3. b.). - Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer machen sich eigene Deutungs- und Handlungsmuster in der pflegerischen Interaktion mit Menschen aller Altersstufen und ihren Bezugspersonen und mit ihren unterschiedlichen, insbesondere kulturellen und sozialen Hintergründen bewusst und reflektieren sie (II. 1. a). 17. Auf Grundlage des Pflegeberufegesetzes ist im bundesweiten Rahmencurriculum in der Curricularen Einheit CE 09 „(Alte) Menschen bei der Lebensgestaltung lebensweltorientiert unterstützen“ punktuell eine inhaltliche Befassung mit einem adäquaten pflegerischen Umgang von LSBTI* und Menschen mit HIV festgeschrieben. Vor diesem Hintergrund erfolgen die Fragen an den Senat: Sind vertiefende und übergreifende Drucksache 21/20131 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 8 Ergänzungen zu anderen Curricularen Einheiten in einem Landescurriculum geplant? Wenn ja, bitte konkret darstellen. Wenn nein, warum nicht? Sind Fortbildungen von Multiplikatoren/-innen wie Lehrende oder Anleitungspersonen geplant, die ebendiese fachlichen Vertiefungen im Pflegeunterricht der Pflegeschulen oder in den Ausbildungsbetrieben vermitteln können? Ja, zurzeit wird ein verbindliches vertiefendes Hamburger Curriculum für die generalistische Pflegeausbildung erarbeitet. Damit wird sichergestellt, dass an allen Pflegeschulen unter anderem auch die Inhalte zu den Themen der LSBTI* Berücksichtigung finden. Die Inhalte der CE 09 sollen im 2. Quartal 2020 feststehen. Ab Herbst 2020 werden die Lehrkräfte an den Schulen zu den entsprechenden Inhalten des Curriculums schulintern fortgebildet. 18. Wie erfolgreich ist die Unterstützung eines fachlichen Austausches mit LSBTI*-Fachinstitutionen und Pflegeeinrichtungen und -diensten zur Entwicklung zielorientierter Maßnahmen einer LSBTI*-sensiblen Pflege (Maßnahme Nummer 57 des Aktionsplans)? Welche nachhaltigen und dauerhaften Ergebnisse konnten hierin durch die zuständigen Fachbehörden erzielt werden? Welche tragfähigen Vernetzungen sind entstanden ? Gibt es regelmäßige Treffen eines Austauschs? Siehe Antwort zu 7. 19. Inwieweit wurde bei der (öffentlichen) Wohnungswirtschaft dafür geworben , eine LSBTI*-Sensibilität in die jeweiligen Unternehmensgrundsätze aufzunehmen (Maßnahme Nummer 64)? Bitte konkret darstellen. Welche diesbezüglichen Erfahrungen wurden insbesondere im Bereich der Wohnungswirtschaft für Servicewohnen für Senioren/-innen/Altenwohnanlagen gemacht? Welche Träger/-innen von Servicewohnen für Senioren /-innen/Altenwohnanlagen haben eine LSBTI*-Sensibilität in ihre Statuten aufgenommen? Die zuständige Behörde hat die Wohnungsverbände des Bündnisses für das Wohnen in Hamburg im Mai 2019 schriftlich für die Situation von LSBTI* auf dem Hamburger Wohnungsmarkt sensibilisiert. Mit dem entsprechenden Schreiben wurden die Bündnispartner dazu aufgerufen, das Thema der LSBTI*-Sensibilität in ihre Verbandsgrundsätze aufzunehmen und sich gegenüber den Mitgliedsunternehmen dafür einzusetzen , dass auch diese die Thematik zum Gegenstand ihrer Unternehmens- und Handlungsgrundsätze machen. Auch die SAGA Unternehmensgruppe ist im Mai 2019 von der zuständigen Behörde angeschrieben und gebeten worden, sich für die Verbesserung der Situation von LSBTI* auf dem Hamburger Wohnungsmarkt einzusetzen sowie für entsprechende Sensibilität im Unternehmen und bei dessen Partnern zu werben. Unabhängig davon enthält die Grundwerteerklärung der SAGA bereits ein klares Bekenntnis unter anderem gegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität. Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz entwickelt ergänzend zurzeit gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Hamburg e.V. (AGFW), dem Arbeitskreis Service-Wohnen, dem Landes-Seniorenbeirat und den Bezirksämtern das Servicewohnen konzeptionell weiter. Die Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen werden dabei berücksichtigt. 20. Inwieweit wurden die LSBTI*-spezifischen Aspekte im Leitbild „Gute Nachbarschaft“ berücksichtigt (Maßnahme Nummer 65 des Aktionsplans )? Bitte konkret darstellen. Der Senat beabsichtigt, die LSBTI*-spezifischen Aspekte im Leitbild „Gute Nachbarschaft “ zu verankern, insbesondere im Rahmen der Themen Zugangsschwierigkeiten zum Wohnungsmarkt und diskriminierungsfreie Vergabepraxis von Wohnungen. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/20131 9 21. Was hat die Prüfung, wie vorhandene bezirkliche Beratungsangebote über generationsübergreifendes und altersgerechtes Wohnen um LSB- TI*-spezifische Aspekte ergänzt werden können, ergeben (Maßnahme Nummer 66)? Bitte konkret darstellen. Wurden diesbezügliche Informationsveranstaltungen für die in der Beratung tätigen Personen durchgeführt ? Wenn ja, bitte konkret darstellen. Wenn nein, warum nicht? In den bezirklichen Pflegestützpunkten wird zu Wohnformen beraten. Im Übrigen siehe Antworten zu 2., 7. und 8. 22. Ist eine Anhörung im Senat oder in der Hamburger Bürgerschaft von Experten/-innen für die Bereiche der Teilhabe und Partizipation von LSBTI*-Senioren/-innen und der Pflege von LSBTI* geplant? Falls ja: Für wann ist eine Anhörung geplant? Und falls nein: Warum hält der Senat eine Anhörung für nicht notwendig ? Die Planungen des Senats sind dazu noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen sieht sich der Senat nicht zuständig und befugt, Stellung zu Planungen über Anhörungen der Hamburgischen Bürgerschaft zu nehmen.