BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/20168 21. Wahlperiode 18.02.20 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 12.02.20 und Antwort des Senats Betr.: Entwicklung der gerichtlich bestellten Betreuungen in Hamburg (VI) Die rechtliche Betreuung ist ein Rechtsinstitut, durch das Volljährige Unterstützung , Hilfe und Schutz erhalten sollen, indem bestellte Betreuer sie unter gerichtlicher Aufsicht und unter Beachtung des jeweiligen Willens der betreuten Person nach außen hin vertreten. Die rechtliche Betreuung ist ein gesellschaftspolitisches Thema mit wachsender Bedeutung: Die Zahl der in Hamburg gerichtlich bestellten Betreuungen stieg in den letzten Jahren – wie aus den Antworten des Senats auf meine Schriftlichen Kleinen Anfragen Drs. 21/4128, Drs. 21/8089, Drs. 21/12114, Drs. 21/14202 und Drs. 21/18079 ersichtlich wurde – erheblich an. Gab es in Hamburg im Jahr 2010 noch 23 836 Betreuungen, waren es im Jahr 2018 bereits 28 066 geführte Betreuungen. Da zudem Berufsbetreuer gleichzeitig aufgrund der anspruchsvollen, (zeit-)aufwendigen und finanziell ertragsarmen Arbeit vor erheblichen Nachwuchsproblemen stehen, besteht in diesem Bereich dringender Handlungs- und parlamentarischer Kontrollbedarf. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie hat sich die Anzahl der gerichtlich bestellten Betreuungen in Hamburg insgesamt im Jahr 2019 entwickelt? Bitte Bestand der Betreuungen zum 31.12 angeben. 2019 Bestand an Betreuungsverfahren* 30 682 Gesamtzahl der im Berichtszeitraum anhängigen Betreuungen (einschl. der zwischenzeitlich beendeten) 25 898 davon Bestand an fortdauernden Betreuungen 20 866 * Die Statistikführung im Betreuungsverfahren ist mit der Einführung der B-Statistik grundsätzlich umgestellt worden. Die Daten stehen seit dem Berichtsjahr 2017 zur Verfügung. Die alte Statistik kannte keine Differenzierung zwischen den anhängigen Betreuungsverfahren und den anhängigen Betreuungen. Nach Überprüfung der verfügbaren Ergebnisse aus der neuen Statistik werden die Bezeichnungen entsprechend angepasst und die zusätzlichen Daten zum Bestand anhängiger Betreuungen ab 2017 aufgeführt. Im Übrigen siehe Drs. 21/18079. 2. Wie hat sich die Anzahl der neu gestellten Anträge auf Betreuungen gemäß § 1896 BGB in Hamburg Jahr 2019 entwickelt? 2019 Neuzugänge Betreuungsverfahren* 8 252 Verfahren, in denen das Gericht über die Einrichtung der Betreuung erstmals entschieden hat 5 034 * Siehe Anmerkungen zu Antwort 1. Drucksache 21/20168 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Im Übrigen siehe Drs. 21/18079. 3. Wie hat sich die Anzahl der Betreuer, differenziert nach Berufsbetreuern, Vereinsbetreuern und ehrenamtlichen Betreuern, im Jahr 2019 entwickelt ? 2019 Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer (Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer, sonstige Berufsbetreuerinnen und Betreuer) 13 958 Vereinsbetreuerinnen und Vereinsbetreuer 1 456 ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer (Familienangehörige, sonstige ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer) 6 851 In der Tabelle aufgeführt ist jeweils die Anzahl der Betreuungsfälle. Es gibt kein amtliches Betreuungsverzeichnis, in das sich sämtliche Betreuerinnen und Betreuer eintragen lassen müssen. Im Übrigen siehe Drs. 21/18079. 4. Wie haben sich die Kosten für Betreuungen im Jahr 2019 entwickelt? Im Haushaltsjahr 2019 betrugen die Kosten für Betreuungsangelegenheiten 34 992 697,17 Euro. Im Übrigen siehe Drs. 21/18079. 5. In der Drs. 21/18079 gibt der Senat auf meine Frage nach einer Strukturreform an, die Gespräche seien noch nicht abgeschlossen. a. Wie hat sich der Sachstand der Gespräche entwickelt? b. Gibt es seit dem in der Drs. 21/18079 angegebenen Zwischenbericht neue Ergebnisobjekte? c. Für wann rechnen Senat und zuständige Fachbehörde mit i. dem Abschluss der Gespräche? ii. einem Gesetzentwurf, der das Ergebnis der Gespräche umsetzen wird? d. Der Bayerische Rundfunk schreibt auf seiner Website am 04.12.20191 „Reform des Betreuungsrechts: Es droht ein Flop“ und begründet dies damit, dass keine Kontaktpflichten des Betreuers oder eine Begrenzung der Fallzahlen auf ein absolutes Limit eingeführt werden sollen. Wie beurteilen Senat und zuständige Fachbehörde diesen Sachverhalt? Der Diskussionsprozess „Selbstbestimmung und Qualität im Betreuungsrecht“ unter Beteiligung einer Länderarbeitsgruppe und diversen Facharbeitsgemeinschaften ist abgeschlossen. Ziel des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) ist es, die Reform noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden. Das BMJV hat die Vorlage eines ersten Referentenentwurfs im Laufe des Jahres 2020 in Aussicht gestellt. Der umfangreiche Reformprozess hat von Anfang an neben den Ländern in diversen Facharbeitsgruppen Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter der Verbände sowie unabhängige Expertinnen und Experten in die Entscheidungsprozesse einbezogen . Der in Drs. 21/18079 genannte Zwischenbericht gibt die wesentlichen Inhalte und Ziele des Diskussionsprozesses weiterhin zutreffend wieder. Bund und Länder haben sich auf Fachebene über wesentliche Details der in dem Zwischenbericht aufgeführten Punkte verständigt. 1 https://www.br.de/nachrichten/bayern/reform-des-betreuungsrechts-es-droht-einflop ,RjcFIvM, zuletzt abgerufen am 12.02.2020.