BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/20222 21. Wahlperiode 25.02.20 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrea Oelschläger und Peter Lorkowski (AfD) vom 18.02.20 und Antwort des Senats Betr.: Vorkaufsrecht für Landwirte Der Milchbetrieb der Familie J. liegt im Bezirk Altona - Rissen. Seit über 14 Jahren bewirtschaftet die Familie den Betrieb mit 340 Tieren, darunter 140 Milchkühen auf dem gepachteten Hof. Nun soll das Grundstück an ein Immobilienmakler-Ehepaar verkauft werden. Nachdem der Landwirt erfuhr, dass die Hofstelle veräußert werden soll, gab auch er ein Kaufangebot ab. In Hamburg ist das Bundesgesetz GrdstVG (Grundstückverkehrsgesetz) über Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Sicherung landund forstwirtschaftlicher Betriebe einschlägig, da nichts explizit geregelt ist. Nach § 2 des Grundstückverkehrsgesetzes (GrdstVG) bedarf der Verkauf eines landwirtschaftlichen Grundstücks grundsätzlich einer Genehmigung. Diese darf nur aus bestimmten Gründen versagt werden, wobei in der Praxis die „ungesunde Verteilung von Grund und Boden“ (Verkauf an einen Nichtlandwirt ) der wichtigste Versagungsgrund ist. Die Hamburger Wirtschaftsbehörde hat den Verkauf der landwirtschaftlichen Fläche an einen außerlandwirtschaftlichen Investor genehmigt. Der Landwirt hat gegen die Entscheidung der Wirtschaftsbehörde Widerspruch eingelegt. Dies vorausgeschickt fragen wir den Senat: In der Gemarkung Rissen wurde ein rund 16 ha großes Flurstück von der privaten Eigentümerin an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) verkauft. Der Betreiber des auf diesem Flurstück befindlichen Milchbetriebes hatte die Flächen von der Eigentümerin gepachtet. Dieses Pachtverhältnis war bis zum 31.12.2019 befristet. Es kam keine Einigung mit der privaten Eigentümerin über eine Verlängerung des Pachtverhältnisses oder einen Kauf zustande. Nachfolgend wurde das Flurstück an die GbR verkauft. Da es sich um eine landwirtschaftliche Fläche mit einer Größe von über 1 ha handelt, bedarf der Kaufvertrag der Genehmigung. Zuständige Behörde ist die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI). Das Prüfverfahren leitet sich aus den Vorgaben des Grundstückverkehrsgesetz (GrdstVG) ab. Am 23. September 2019 hat die BWVI den Kaufvertrag genehmigt. Gegen die Genehmigung wurde Widerspruch eingelegt. Das Widerspruchsverfahren ist anhängig . Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Das Grundstückverkehrsgesetz des Bundes soll landwirtschaftliche Betriebe sichern. Hat der oben genannte Landwirtschaftsbetrieb gegenüber Nichtlandwirten ein Vorkaufsrecht? Nein. Drucksache 21/20222 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Handelt sich es bei den Interessenten um aktive Landwirte oder um „Nichtlandwirte“? Landwirtschaft im Sinne des Gesetzes ist die Bodenbewirtschaftung und die mit der Bodennutzung verbundene Tierhaltung, um pflanzliche oder tierische Erzeugnisse zu gewinnen, besonders der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft, der Erwerbsgartenbau , der Erwerbsobstbau und der Weinbau sowie die Fischerei in Binnengewässern . Der Käufer ist deswegen einem Landwirt gleichzustellen. Bei dem Käufer handelt es sich um eine GbR, deren Gesellschaftszweck das Betreiben eines landwirtschaftlichen Betriebes insbesondere der Pferdezucht sowie der Pensionspferdehaltung auf eigener Futtergrundlage durch Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte inklusive deren Bearbeitung und Verarbeitung ist. 3. Kann die Hamburger Wirtschaftsbehörde den Verkauf an einen Nichtlandwirt versagen? Wenn ja, welche Voraussetzungen müssen dafür vorliegen? Ja, wenn nach § 9 GrdstVG ein Versagungsgrund vorliegt. Dies war in der vorliegenden Angelegenheit nicht der Fall. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Mit welcher Begründung wird der Erwerber, ein Ehepaar, beide Immobilienmakler , die aus dem Milchbetrieb einen Reiterhof machen wollen, mit einem landwirtschaftlichen Betrieb gleichgestellt? 5. Würde eine unklare oder unverbindliche Absichtserklärung des Erwerbers , dort irgendwann selbst Landwirtschaft zu betreiben, ausreichen, um einen Anspruch auf den Erwerb zu erhalten? 6. Hat der Erwerber in absehbarer Zeit zu verwirklichende Absichten zur Aufnahme einer landwirtschaftlichen Tätigkeit? Wenn ja, welche und wann? Der Käufer hat ein schlüssiges und nachvollziehbares Betriebskonzept in Form eines Investitionsplans mit Entwicklungsprognose für das Betreiben eines landwirtschaftlichen Betriebes mit Pferdezucht und Pensionspferdehaltung jeweils auf eigener Futtergrundlage durch Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte auf dem Flurstück vorgelegt . In einem Ende November 2019 geschlossenen Vergleich zwischen dem Betreiber des Milchbetriebs und dem Käufer wurde unter anderem vereinbart, dass das Pachtverhältnis für das Flurstück bis zum 31.12.2021 verlängert wird. Die Vertragsschließenden haben übereinstimmend erklärt, dass eine Nutzung über den 31.12.2021 nicht möglich ist. Die Umsetzung der Planungen der GbR soll nunmehr ab dem 01.01.2022 erfolgen. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. 7. Wurde dieser Vorgang in einer Ausschusssitzung der Hamburgischen Bürgerschaft thematisiert? Wenn ja, in welcher? Eine bürgerschaftliche Eingabe wurde beim Eingabenausschuss der Hamburger Bürgerschaft eingereicht.