BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2026 21. Wahlperiode 03.11.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 26.10.15 und Antwort des Senats Betr.: Rente mit 67 – Und noch lange nicht Schluss? Im Jahre 2007 wurde mit der Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 eine Anpassung an den demographischen Wandel vorgenommen: Wer 1964 oder später geboren ist, kann die Regelaltersrente erst mit 67 erhalten. Für die zwischen 1947 und 1963 Geborenen wird die Regelaltersgrenze stufenweise um 24 Monate von 65 auf 67 Jahre angehoben. Die Regelungen für Hamburgs Beamte und Richter wurden zum 1. Januar 2010 entsprechend angepasst. Auch wenn viele sich auf ihren wohlverdienten Ruhestand freuen, fällt es manchen auch schwer zu gehen. Insofern ist es positiv, dass es Vorschriften gibt, die es Menschen, die über das gesetzliche Ruhestands- beziehungsweise Renteneintrittsalter hinaus arbeiten möchten, grundsätzlich ermöglichen, länger berufstätig zu sein. Gerade im Hinblick auf die besonderen Herausforderungen der Verwaltung zur Bewältigung des Flüchtlingsstroms oder im Bereich der völlig überlasteten Justiz ist es durchaus sinnvoll, den erfahrenen Beamten, Beschäftigten und Richtern, die gern länger arbeiten möchten, dies auch zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche Möglichkeiten gibt es für Beamte und Richter, den Eintritt in den Ruhestand hinauszuschieben? Bitte für Beamte und Richter jeweils unter Angabe der konkreten gesetzlichen Regelungen detailliert darstellen . Für Beamtinnen und Beamte kann der automatische Eintritt in den Ruhestand mit Erreichen der Altersgrenze (§ 25 Beamtenstatusgesetz) nach § 35 Absatz 4 des Hamburgischen Beamtengesetzes (HmbBG) aus dienstlichen Gründen mit Zustimmung der Beamtin beziehungsweise des Beamten (§ 35 Absatz 4 Nummer 1 HmbBG) oder auf Antrag der Beamtin beziehungsweise des Beamten, wenn dies im dienstlichen Interesse liegt (§ 35 Absatz 4 Nummer 2 HmbBG), um bis zu drei Jahre hinausgeschoben werden. Für Richterinnen und Richter kann der gesetzliche Eintritt in den Ruhestand (§ 7 Absätze 1 und 2 des Hamburgischen Richtergesetzes – HmbRiG) derzeit nicht hinausgeschoben werden (§ 7 Absatz 3 HmbRiG). 2. Haben diese jeweils einen Anspruch auf das Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand? Wenn ja, nach welcher Vorschrift und unter welchen Voraussetzungen? Drucksache 21/2026 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Nein. Beamtinnen, Beamte haben derzeit keinen Anspruch auf das Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand. 3. Wie viele Anträge auf Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand wurden seit dem Jahr 2010 gestellt und wie viele wurden jeweils mit welcher Begründung abgelehnt? Bitte pro Jahr für Beamte und Richter gesondert angeben. In den Jahren 2010 bis 2015 (Stichtag 26. Oktober 2015) wurden in nachstehendem Umfang Anträge auf Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand durch Beamtinnen und Beamte gestellt beziehungsweise abgelehnt. Grund für die Ablehnungen war jeweils ein entgegenstehendes oder fehlendes dienstliches Interesse. Jahr Gestellte Anträge Abgelehnte Anträge 2010 44 5 2011 46 7 2012 14 2 2013 52 6 2014 59 25 2015 69 24 4. Welche Möglichkeiten hat der Dienstherr, von sich aus den Eintritt eines Beamten beziehungsweise Richters in den Ruhestand hinauszuschieben ? Bitte unter Angabe der gesetzlichen Vorschrift nennen. In wie vielen Fällen und in welchen Behörden geschah dies seit dem Jahre 2010? Bitte pro Jahr und Behörde angeben. Nach § 35 Absatz 4 Nummer 1 HmbBG kann der Eintritt in den Ruhestand um bis zu drei Jahre aus dienstlichen Gründen mit Zustimmung der Beamtin beziehungsweise des Beamten hinausgeschoben werden. Die Anzahl der Fälle stellt sich wie folgt dar: Jahr Behörde, Bezirksamt, Landesbetrieb, Hochschule Hinausschieben des Eintritts in den  Ruhestand aus dienstlichen Gründen  (Initiative der Dienststelle) nach § 35 Abs.  4 Nr. 1 HmbBG  ‐ Anzahl der Fälle 2010 0 2011 Technische Universität Hamburg‐Harburg 1 Bezirksamt Hamburg‐Nord  1 Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt 1 2013 Senatskanzlei 1 2014 Senat 1 Behörde für Justiz und Gleichstellung 1 Behörde für Stadt‐entwicklung und Umwelt  1 2015 Senat 1 Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg 1 Behörde für Umwelt und Energie 2 Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen  2 Finanzbehörde 1 Zu Richterinnen und Richtern siehe Antwort zu 1. 5. Wie stellt sich die Situation (Fragen 1. – 3.) für die Angestellten des öffentlichen Dienstes im Hinblick auf den Rentenbeginn dar? Bitte unter Angabe der gesetzlichen beziehungsweise tariflichen Vorschriften nennen . Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2026 3 § 41 Satz 3 SGB VI regelt seit dem 1. Juli 2014 die Möglichkeit, ohne Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Beschäftigung über den Zeitpunkt der Regelaltersgrenze hinaus zu vereinbaren, sofern eine Vereinbarung (hier: Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder – TV-L) die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vorsieht. § 33 Absatz 5 TV-L eröffnet außerdem die Möglichkeit, Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis nach § 33 Absatz 1 Buchstabe a TV-L mit Erreichen der Regelaltersgrenze geendet hat, unter Abschluss eines neuen schriftlichen Arbeitsvertrages weiter zu beschäftigen. Ein Anspruch auf Vereinbarung des Fortbestandes oder Neubegründung des Arbeitsverhältnisses besteht nicht. In den Jahren 2010 bis 2015 (Stichtag 26. Oktober 2015) wurden in nachstehendem Umfang* Anträge auf Vereinbarung einer Weiterbeschäftigung gestellt beziehungsweise abgelehnt. Die Ablehnung durch die Dienststelle erfolgte jeweils mangels eines dienstlichen Interesses an der Weiterbeschäftigung. Jahr Anträge der Dienststellen Anträge der Beschäftigten* Abgelehnte Anträge der Beschäftigten* 2010 5 9 0 2011 6 10 1 2012 5 6 1 2013 6 12 0 2014 5 18 1 2015 9 19 2 *Die Angaben beruhen auf einer bei den Behörden und Ämtern durchgeführten Abfrage. Eine abschließende Qualitätssicherung der ermittelten Daten war in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 6. Welche Möglichkeiten bestehen für die Beamten, Richter und Angestellten des öffentlichen Diensts der Freien und Hansestadt Hamburg, auch nach ihrem individuellen Ruhestands- beziehungsweise Renteneintrittsalter durch eine Beschäftigung hinzuzuverdienen? Gibt es Obergrenzen für den Hinzuverdienst? Bitte die gesetzlichen beziehungsweise tariflichen Grundlagen und Zahlen für die jeweiligen Gruppen gesondert angeben. Beamtinnen und Beamte sowie Richterinnen und Richter haben nach Eintritt in den Ruhestand grundsätzlich die Möglichkeit, Beschäftigungen im Rahmen von Arbeitsverhältnissen auszuüben. Die Einkünfte aus Beschäftigungen außerhalb einer Verwendung im öffentlichen Dienst nach Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze werden nicht auf die Versorgungsbezüge angerechnet. Einkünfte aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst werden auch nach Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auf die Versorgungsbezüge angerechnet, wenn die Summe aus Einkommen und Versorgung eine bestimmte Höchstgrenze überschreitet (§ 64 des Hamburgischen Beamtenversorgungsgesetzes – HmbBeamtVG). Diese beträgt grundsätzlich 100 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das Ruhegehalt berechnet, mindestens aber 150 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 4. Eine den Rentenanspruch berührende Hinzuverdienstgrenze für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die neben dem Bezug einer Regelaltersrente eine Beschäftigung ausüben, besteht nicht. 7. Wie viele Beamte, Richter und Angestellte des öffentlichen Dienstes der Freien und Hansestadt Hamburg sind seit dem Jahre 2010 bei ihr beschäftigt, obwohl sie das gesetzliche Ruhestands- beziehungsweise Renteneintrittsalter bereits erreicht haben? Bitte für die jeweiligen Gruppen jeweils zum Stichtag 31.12. angeben. Eine zentrale Auswertung des statistischen Personalbestandes jeweils zum 31.12. der Jahre 2010 bis 2014 unter Berücksichtigung der besonderen Altersgrenzen für Vollzugsbedienstete (§§ 108, 114 und 115 Absatz 2 HmbBG) sowie der besonderen Drucksache 21/2026 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Ruhestandseintrittsdaten für Lehrpersonal an Schulen sowie wissenschaftliches und künstlerisches Personal an Hochschulen (§ 35 Absatz 1 Satz 4 HmbBG) ergibt folgendes Bild: Bestandsfälle am 31.12. des Jahres Beamtinnen und Beamte nach Erreichen der individuellen Altersgrenze Tarifbeschäftigte nach Erreichen der Regelaltersgrenze 2010 56 108 2011 36 147 2012 62 176 2013 69 182 2014 58 182 Im Übrigen siehe Antwort zu 1. 8. Wirbt die Freie und Hansestadt Hamburg als Arbeitgeber aktiv für eine Weiterbeschäftigung über das gesetzliche Ruhestands- beziehungsweise Renteneintrittsalter hinaus? Wenn ja, welche Zielgruppen werden dafür auf welche Art und Weise angesprochen? Wenn nein, aus welchen Gründen nicht? Im Zusammenhang mit den steigenden Flüchtlingszahlen können die Behörden und Ämter zur weiteren Unterstützung der Personalrekrutierung Beamtinnen und Beamte sowie Tarifbeschäftigte, die in Kürze die Altersgrenze erreichen, auf die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung ansprechen. Das Personalamt hat ein entsprechendes Merkblatt zur Verfügung gestellt. Die konkrete Ansprache erfolgt zielgerichtet und einzelfallbezogen dezentral in den Behörden und Ämtern. 9. Hat die Freie und Hansestadt Hamburg durch die Weiterbeschäftigung von Beamten, Richtern und Angestellten des öffentlichen Dienstes über das gesetzliche Ruhestands- beziehungsweise Renteneintrittsalter hinaus Kosten gespart, beispielsweise durch geringere Ausgaben für Ruhestandsgehälter ? Wenn ja, wie hoch liegen die Einsparungen? Bitte Zahlen für die jeweiligen Gruppen gesondert angeben. Ob bei einer Beschäftigung über die Altersgrenze hinaus Kosten gespart werden, ist unter anderem von folgenden in jedem Einzelfall wechselnden Parametern abhängig: a) Ob, Wann und Wie einer hypothetischen Nachbesetzung bei Ausscheiden mit Erreichen der Altersgrenze (individuelle Höhe der Bezüge), b) Höhe des individuellen Versorgungs-/Zusatzversorgungsanspruches der beziehungsweise des Bediensteten im Zeitpunkt des Erreichens der Altersgrenze, c) Möglichkeit des Anwachsens von Versorgungs- beziehungsweise Zusatzversorgungsansprüchen für den später beginnenden Ruhestand, d) Höhe der Beihilfeansprüche während der Weiterbeschäftigung. Wegen der dargestellten Abhängigkeit von den Umständen jedes Einzelfalles können Aussagen zur Kostenfolge nicht getroffen werden. 10. Welche gesetzlichen Änderungen sind seit dem Jahre 2010 in Kraft getreten, die das Hinausschieben des Ruhestands beziehungsweise des Rentenbeginns oder die Möglichkeit des Hinzuverdiensts nach dem Eintritt in den Ruhestand oder in die Rente betreffen? Bitte die geänderten Gesetzesvorschriften (jeweils unter Angabe der alten und neuen Fassung ) für die jeweiligen Gruppen gesondert angeben. a. Welche Auswirkungen hatten diese Änderungen jeweils für die Beamten, Richter und Angestellten des öffentlichen Dienstes der Freien und Hansestadt Hamburg? b. Inwiefern sind weitere Änderungen geplant? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2026 5 Es sind folgende Änderungen in Kraft getreten: Änderung des § 35 Absatz 4 und Absatz 5 HmbBG durch Artikel 1 Nummer 3.1 des Gesetzes zur Förderung der Mobilität zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft (MobFG) vom 17. Februar 2014 – HmbGVBl. Seite 70, Änderung des Inkrafttretens von § 7 Absatz 6 HmbRiG (geregelt in 26 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 17 Nummer 5.6 des Gesetzes zur Neuregelung des Hamburgischen Beamtenrechts vom 15. Dezember 2009) durch Artikel 2 MobFG, Ergänzung des § 41 SGB VI um einen Satz 3 durch das Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz ) vom 23. Juni 2014 (BGBl I Seite 787). a) Für Beamtinnen, Beamte, Richterinnen und Richter sind die Möglichkeiten des Hinausschiebens des Eintritts in den Ruhestand auf eigenen Antrag eingeschränkt worden. Konkrete Auswirkungen sind nicht bekannt. b) Damit hat sich der Senat nicht befasst.