BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/204 21. Wahlperiode 17.04.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir und Inge Hannemann (DIE LINKE) vom 09.04.15 und Antwort des Senats Betr.: Budgets für behinderte Menschen nach SGB IX Zum 1. Juli 2001 wurde mit dem Persönlichen Budget nach dem SGB IX eine neue Form der Ausführung von Sozialleistungen eingeführt. Damit können grundsätzlich nach § 11 SGB I erforderliche Sozialleistungen als Dienst-, Sach- und Geldleistungen ausgeführt werden. Es kommt dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen des Leistungsanspruchs nach dem maßgeblichen materiellen Sozialleistungsrecht erfüllt sind. Das persönliche Budget hat zum Ziel, behinderten Menschen in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen (§ 17 Absatz 2 Satz 1 SGB IX). Ein Antrag kann bei jedem der in § 2 BudgetVO genannten Leistungsträger gestellt werden: Rehabilitationsträger, Pflegekassen , Integrationsämter, Krankenkassen, Träger der Sozialhilfe. Wir fragen den Senat: 1. Wie viele Persönliche Budgets wurden an Leistungsberechtigte ausgegeben ? Bitte jährlich seit 2004 aufschlüsseln nach Integrationsamt und Träger der Sozialhilfe. Im Fachamt für Eingliederungshilfe des Bezirksamtes Wandsbek wird die Zahl der laufenden Persönlichen Budgets der Eingliederungshilfe jährlich stichtagsbezogen in einer händisch geführten Liste erfasst. Es liegen Daten seit 2007 vor. Für die Angaben der Budgets in den Werkstätten für Behinderte wurde auf eine Auswertung des Datawarehouses /PROSA zurückgegriffen, die sich auf das Jahr bezieht und nicht auf einen Stichtag. Aufgrund des Sozialdatenschutzes dürfen Akten und Sozialdaten beim Integrationsamt nur sechs Jahre aufbewahrt werden, daher liegen dort Angaben ab 2009 vor. Jahr Sozialhilfeträger Integrationsamt 2007 (Stichtag unbekannt) 35 - 2008 (Stichtag unbekannt) 36 - 2009 (Stichtag 31.12.) 47 2 2010 (Stichtag 31.12.) 103 1 2011 (Stichtag 31.12.) 139 0 2012 (Stichtag 31.12.) 177 + 58 Werkstattbud- gets 0 2013 (Stichtag 31.12.) 223 + 81 Werkstattbudgets 0 2014 (Stichtag 31.12.) 304 + 84 Werkstattbudgets 0 Drucksache 21/204 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Jahr Sozialhilfeträger Integrationsamt 2015 (Stichtag 31.03.) 318 + 56 Werkstattbudgets 2. Wie hoch waren jeweils die Gesamtausgaben des Persönlichen Budgets ? Bitte jährlich seit 2004 aufschlüsseln nach Integrationsamt und Träger der Sozialhilfe. Für den Sozialhilfeträger liegen Daten über die bewilligten Beträge aus dem Datawarehouse /PROSA vor: Jahr Sozialhilfeträger in € Integrationsamt in € 2004 51.878,99 - 2005 100.053,50 - 2006 238.554,00 - 2007 451.879,72 - 2008 511.016,72 - 2009 864.484,05 39.600,00 2010 1.290.830,66 19.800,00 2011 1.641.432,66 0 2012 2.438.591,24 0 2013 3.119.007,11 0 2014 3.164.712,30 0 Im Übrigen siehe Antwort zu 1. a. Wie viele Persönliche Budgets wurden jeweils in welcher Höhe in den Jahren von 2004 bis jetzt bewilligt? Bitte in Gruppen von 0 – 200 Euro, 200 – 400 Euro, 400 – 600 Euro et cetera aufschlüsseln. Die individuelle Höhe der Persönlichen Budgets wird vom Sozialhilfeträger nicht elektronisch erfasst. Eine Einzelfallauszählung von 276 Fällen ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Die Persönlichen Budgets des Integrationsamtes beliefen sich auf die Gruppe zwischen 1.600 – 1.800 Euro. 3. Wie hoch ist die Anzahl der Leistungsberechtigten des trägerübergreifenden Persönlichen Budgets als Komplexleistung seit 2004? Bitte jährlich aufschlüsseln nach Beteiligung Träger Integrationsamt und sonstiger Träger. Trägerübergreifende Budgets unter Beteiligung des Sozialhilfeträgers beziehungsweise des Integrationsamtes gibt es nicht. a. Existieren Maßnahmen, mit denen der Senat die Inanspruchnahme trägerübergreifender Budgets verbessert? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Trotz bundesweiter Modellversuche spielen trägerübergreifende Persönliche Budgets bis heute praktisch keine Rolle in Deutschland. Die unterschiedlichen Leistungsgesetze der Rehabilitationsträger erschweren diese Leistungsform erheblich. Die zuständige Behörde hatte 2014 alle Rehabilitationsträger zu einem Informationsaustausch zum Thema „Persönliches Budget“ gebeten. Dabei wurde deutlich, dass eine wesentliche Ursache für die geringe Rolle trägerübergreifender Persönlicher Budgets ist, dass die häufigste gewünschte Leistungskombination, die für ein trägerübergreifendes Budget in Frage käme, gerade Eingliederungshilfe und Pflege ist. Pflegeleistungen nach SGB XI können jedoch nur als Gutschein in ein trägerübergreifendes Budget einbezogen werden, sodass überhaupt kein echtes verfügbares Geldbudget zustande kommt. Zudem können Leistungen der Krankenkassen nur von dort zugelassenen Anbietern erbracht werden, aus denen die Versicherten frei wählen können. Vor diesem Hintergrund plant die zuständige Behörde derzeit keine neuen Aktivitäten in dieser Richtung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/204 3 4. Wie viele Widersprüche und Klagen gab es aufgrund von Ablehnung von Anträgen auf Persönliches Budget? Bitte jährlich seit 2004 aufschlüsseln nach Träger Integrationsamt und sonstiger Träger. a. Wie lauten die am häufigsten vorkommenden Begründungen für Ablehnungen? b. Wie viele der Widersprüche beziehungsweise Klagen führten zu einem Anspruch auf ein Persönliches Budget? Neuanträge auf Leistungen der Eingliederungshilfe, die im Rahmen des Persönlichen Budgets erbracht werden sollen, werden dann abgelehnt, wenn keine Ansprüche auf Leistungen nach dem 6. Kapitel des SGB XII vorliegen. Wenn ein laufendes Persönliches Budget nicht zweckmäßig verwendet wird, kann eine Weiterführung abgelehnt und die Geld- in eine Sachleistung umgewandelt werden. Im Fachamt für Eingliederungshilfe werden Zahl, Begründung und Ergebnis von Widersprüchen und Klagen nicht systematisch erfasst. Eine manuelle Auswertung aller circa 20.000 Betreuungsakten (inklusive archivierter Akten) im Fachamt für Eingliederungshilfe ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.