BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2060 21. Wahlperiode 03.11.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 28.10.15 und Antwort des Senats Betr.: Welche Lehren zieht der Senat aus dem Aus für das Berliner CannabisModellprojekt ? Am 26. Juni 2015 hatte das von einer Politikerin der GRÜNEN geleitete Bezirksamt (BA) Friedrichshain-Kreuzberg bei der Bundesopiumstelle im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)1 einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) gestellt. Damit wurde für den entsprechenden Berliner Bezirk die Einrichtung eines Modellprojektes zum legalen Verkauf von Cannabis an Erwachsene begehrt. Mit Schreiben vom 30. September 2015 hat das BfArM dem BA Friedrichshain-Kreuzberg den Ablehnungsbescheid betreffend dessen Antrag übersandt. Weil im Gesundheitsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zurzeit Beratungen über den im Koalitionsvertrag von SPD und GRÜNEN festgeschriebenen Prüfauftrag hinsichtlich der Einrichtung eines CannabisModellprojektes laufen, ist es von großem politischen und öffentlichen Interesse , wie der Senat die Entscheidung des BfArM bewertet und welche Schlüsse daraus für Hamburg gezogen werden. Sowohl der Antrag des BA Friedrichshain-Kreuzberg als auch der (Ablehnungs -)Bescheid des BfArM wurden veröffentlicht2. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die zuständige Behörde wertet den Bescheid des Bundesinstituts für Arbeitsmittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 30. September 2015 derzeit aus und wird in der Senatsanhörung des Gesundheitsausschusses am 6. November 2015 zu der Problematik umfassend Stellung nehmen. Dadurch ist gewährleistet, dass die Abgeordneten aller Fraktionen zeitgleich und erschöpfend informiert werden. Im Übrigen siehe Drs. 21/2049. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1 Wohlwissend, dass genau genommen die Bundesopiumstelle gemeint ist, wird im weiteren Textverlauf der Einfachheit halber die Bezeichnung BfArM verwendet. 2 http://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/politik-und-verwaltung/service-undorganisationseinheiten /qualitaetsentwicklung-planung-und-koordination-des-oeffentlichengesundheitsdienstes /aktuelles/artikel.158549.php. Drucksache 21/2060 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 I. Allgemeines 1. Hat sich der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde mit dem Ablehnungsbescheid des BfArM bezüglich des vom BA FriedrichshainKreuzberg begehrten Modellprojektes befasst? Wenn ja, welche Rückschlüsse für den im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Prüfauftrag bezüglich eines Hamburger Cannabis-Modellprojektes zieht der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde daraus ? Wenn nein, warum nicht, wenn es ganz aktuell in Hamburg eine analoge Debatte inklusive parlamentarischer Beratung gibt? 2. Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde den Ablehnungsbescheid des BfArM inhaltlich und politisch? 3. Hat der im Koalitionsvertrag festgeschriebene Prüfauftrag bezüglich eines Hamburger Cannabis-Modellprojektes auch nach dem Ablehnungsbescheid des BfArM bezüglich Antrages des BA FriedrichshainKreuzberg weiterhin Bestand? Wenn ja, durch welche konkreten Regelungen und Organisationsformen soll beim Hamburger Cannabis-Modellprojekt sichergestellt werden, dass die vom BfArM für den Berliner Antrag angeführten Ablehnungsgründe nicht auch bei einem Hamburger Antrag greifen? II. Zur Unzulässigkeit 1. Als ersten Grund für die Unzulässigkeit führt das BfArM an, dass das BA Friedrichshain-Kreuzberg zwar als Antragssteller fungierte, jedoch „erkennbar nicht selber Teilnehmerin am beabsichtigten Betäubungsmittelverkehr “ sei. Das BtMG hingegen erfordere, dass im Falle einer nach § 3 Absatz 2 BtMG begehrten Ausnahmeerlaubnis alle Teilnehmer am Betäubungsmittelverkehr als Antragssteller fungieren müssen. a) Teilt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde diese Einschätzung des BfArM? Bitte begründen. b) Streben der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden an, in der laufenden Wahlperiode aufbauend auf dem Prüfauftrag des Koalitionsvertrages einen von Abgabestellen, Anbauern, Herstellern, Händlern, Erwerbern, Verwaltung und so weiter gemeinsam getragenen Antrag beim BfArM zu stellen? 2. Als zweiten Grund für die Unzulässigkeit führt das BfArM an, dass der Antrag des BA Friedrichshain-Kreuzberg „der Sache nach einen Antrag auf Erteilung einer Betriebserlaubnis für den Betrieb von Drogenkonsumräumen “ darstelle, die dafür zuständige Genehmigungsstelle aber nicht das BfArM, sondern die jeweilige oberste Landesbehörde sei. a) Teilt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde diese Einschätzung des BfArM? Bitte begründen. b) Planen der Senat, andere Behörden, eines der Bezirksämter oder eine andere städtische Stelle, in der laufenden Wahlperiode einen entsprechenden Antrag bei der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) zu stellen? c) Ist die zuständige Behörde grundsätzlich bereit, einen entsprechenden Antrag, der im Rahmen eines Cannabis-Modellprojekts gestellt wird, positiv zu bescheiden? III. Zur Unbegründetheit Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2060 3 1. Als ersten Versagungsgrund hinsichtlich der Unbegründetheit führt das BfArM an, dass der mit dem Antrag des BA Friedrichshain-Kreuzberg intendierte legale Verkauf und Konsum von Cannabis „Genusszwecken“ dient, was mit dem Ziel des BtMG kollidiert, „die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen“. a) Teilt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde diese Einschätzung des BfArM? Bitte begründen. b) Welchen alternativen Zwecken, wenn nicht dem Genusszweck, wird das Hamburger Cannabis-Modellprojekt nach aktuellem Planungsstand dienen? 2. Beim ersten Versagungsgrund weist das BfArM in seinen weiteren Ausführungen zudem darauf hin, dass der Verweis auf das vermeintlich gesündere legal erwerbbare, weil aus kontrolliertem Anbau stammende Cannabis nicht schlüssig sei, weil dadurch sowohl die grundsätzlichen Gesundheitsrisiken des Cannabiskonsums als auch die dadurch vermittelte Signalwirkung hinsichtlich einer vermeintlichen Unbedenklichkeit vernachlässigt werden. Außerdem ist laut des BfArM nicht erkennbar, wie der Schwarzmarkthandel eingedämmt werden könnte, wenn Minderjährige , Bezirksfremde und Touristen vom Bezieherkreis ausgeschlossen werden. Teilt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde diese Einschätzung des BfArM? Bitte begründen. 3. Als zweiten Versagungsgrund hinsichtlich der Unbegründetheit führt das BfArM an, dass der Betäubungsmittelverkehr und insbesondere die Nicht-Weitergabe des legal erworbenen Cannabis an Unbefugte nicht kontrolliert und gewährleistet wird und dass das BA FriedrichshainKreuzberg auf eine Zuverlässigkeitsprüfung der Erwerber verzichtet, weil dies angeblich nicht durchführbar sei. a) Teilt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde diese Einschätzung des BfArM? Bitte begründen. b) Wie genau soll bei dem geplanten Hamburger Cannabis-Modellprojekt die Nicht-Weitergabe des legal erworbenen Cannabis an Unbefugte kontrolliert und gewährleistet werden? c) Wird es in Hamburg eine Zuverlässigkeitsprüfung der Erwerber geben? Siehe Vorbemerkung.