BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2087 21. Wahlperiode 10.11.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Kruse (FDP) vom 02.11.15 und Antwort des Senats Betr.: Digitalisierung – Hamburg hält internationalem Vergleich nicht stand Die Digitalisierung verändert viele Bereiche der Gesellschaft und hat nachhaltige Auswirkungen auf nahezu die gesamte Wirtschaft. Europäische Städte unterstützen digitale Unternehmer sehr unterschiedlich. Dies zeigt ein Ranking im sogenannten European Digital City Index (EDCi) 2015, worin 35 europäische Hauptstädte und Startup Hubs miteinander verglichen wurden. Entscheidend bei der Bewertung waren Kriterien, wie der Zugang zu Kapital, unternehmerische Kultur oder digitale Infrastruktur. Berlin kam bei dem Ranking nur auf Platz 7, München schaffte es auf Platz 10 und Hamburg ist gar nicht erwähnt worden. Dagegen liegt London an der Spitze, dahinter Amsterdam und Stockholm. Im Koalitionsvertrag hat der Senat deutlich gemacht, dass er seine Wirtschaftspolitik an den strategischen Leitlinien Wissensbasis, Digitalisierung und Internationalisierung ausrichten wird. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburgischen Investitions- und Förderbank AöR (IFB) wie folgt: 1. Warum ist Hamburg nicht in dem Ranking digitaler Städte nach dem EDCi vertreten? Wie erklärt sich der Senat dies? Haben bisherige Maßnahmen des Senats zum Thema Digitalisierung nicht ausgereicht? Wenn ja, warum? 2. Kennt der Senat das Ranking digitaler Städte nach dem EDCi? Wenn, ja, wie bewertet der Senat dieses Ranking? Wenn nein, warum nicht? 3. Was wird der Senat zeitnah unternehmen, um die Stellung Hamburgs im europaweiten Vergleich zu verbessern (bitte genau begründen)? Der European Digital City Index gehört zu den jüngsten einer Vielzahl von Smart City und Start-up-Rankings. Er wurde Ende Oktober 2015 im Rahmen der Konferenz „ICT 2015 – Innovate, Connect, Transform“ vorgestellt. Der Senat hat sich mit dem EDCiRanking und seinen Bewertungsmechanismen bislang nicht befasst. Das EDCiRanking erfasst 28 europäische Hauptstädte sowie sieben weitere Städte, deren statistische Rahmendaten den von den Ranking-Erstellern gewählten Referenzdaten zu den Themen digitale Aktivität und Entrepreneurship der bereits erfassten Städte ähneln. Im Übrigen wird der Senat die Maßnahmen wie im Koalitionsvertrag beschrieben umsetzen. Drucksache 21/2087 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. Welche Maßnahmen hat der Senat bisher umgesetzt, um für Unternehmen a. den Zugang zu Kapital, Mit der Gründung der IFB hat der Senat insbesondere auch für innovative Unternehmen den Zugang zu Kapital deutlich verbessert. Die Förderprogramme InnoRampUp (Gründerförderung), Innovationsstarterfonds (Beteiligungskapital für innovative Startups ) und das Programm für Innovation („Profi“ für F&E-Projektförderung) stehen allen innovativen Gründern beziehungsweise Unternehmen offen und wurden auch von Unternehmen aus dem IT-Bereich entsprechend genutzt: Quote IT Gründer/IT-Unternehmen in den Programmen „Programm für Innovation “, „InnoRampUp“ sowie im „Innovationsstarterfonds Hamburg I“ 01.08.2013 bis 31.10.2015 2013 (ab 01.08.2013) 2014 2015 (bis 30.10.2015) PROFI 0% 40% 33% InnoRampUp 54% 50% 33% Innovationsstarter Fonds 50% 56% 40% Quelle: IFB Hamburg b. die unternehmerische Kultur und Der Senat unterstützt die Unternehmen in ihrer Entwicklung zu einer unternehmerischen Kultur, die für die Chancen der Digitalisierung offen ist. Hierzu gehört auch die Clusterpolitik des Senats, mit der die vorhandenen Netzwerke genutzt, clusterübergreifend vertieft und stärker auf digitalisierungsbezogene Aspekte ausgerichtet werden . c. die digitale Infrastruktur zu verbessern? Der Senat geht von einer guten bis sehr guten Versorgung mit breitbandigen Internetzugängen über Festnetz und Mobilfunk im Stadtgebiet aus. Vor allem im Geschäftskundenbereich verzeichnet Hamburg ein hohes Niveau beim Anbieterwettbewerb. Ergänzend beabsichtigt der Senat, Anbietern öffentlicher WLAN-Netze geeignete Installationspunkte zur Verfügung zu stellen, die in städtischem Eigentum stehen. Aktuell wird mit zwei Anbietern über entsprechende Sondernutzungsverträge verhandelt . Im Übrigen erhält Hamburg bis 2017 Mittelanteile aus der 2015 erfolgten Vergabe ehemaliger Rundfunkfrequenzen (sogenannte Digitale Dividende II), die gemäß einer Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zur Verwendung für die Breitbandförderung und Digitalisierungsprojekte zweckgebunden sind. Ein Großteil der Mittel wird Hamburg voraussichtlich für die Breitbandausbauförderung in bislang unterdurchschnittlich versorgten Gebieten einsetzen (unter anderem Vier- und Marschlande), wobei der Fokus auf einer Versorgung von Privathaushalten liegt. 5. Welche Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag hat der Senat bisher umgesetzt, um die Ausrichtung seine Wirtschaftspolitik anhand der Leitlinie der Digitalisierung zu realisieren (bitte insbesondere auf Maßnahmen zur Unterstützung von IT-Unternehmen eingehen)? 6. Welche Prozesse hat der Senat bisher befördert und welche Netzwerke hat er für Unternehmen unterstützt? Welche Maßnahmen wurden warum nicht erfolgreich umgesetzt? Siehe Antworten zu 4. a., zu 7. und zu 9. 7. Welchen Umsetzungsstand hat die angekündigte politikübergreifende 3-D-Druck-Strategie des Senats? Wie viele Arbeitsplätze sind dadurch bisher entstanden? Welche finanziellen Mittel aus dem Haushalt hat der Senat für die Umsetzung eingeplant? Welche Probleme gibt es bei der Umsetzung der 3-D-Druck-Strategie? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2087 3 Für die Umsetzung der 3-D-Druck-Strategie des Senats wurde ein Bearbeitungskonzept entwickelt. Dieses sieht vor, das Thema „3-D-Druck“ als Handlungsfeld in den Masterplan Industrie aufzunehmen und geeignete Dialogstrukturen und Maßnahmen aufzubauen, um gemeinsam mit den Partnern des Masterplans Industrie (DGB Nord, Handelskammer Hamburg, Industrieverband Hamburg e.V.) die zahlreichen Hamburger Aktivitäten zu konzentrieren, weiterzuentwickeln und für die Hamburger Wirtschaft, insbesondere Mittelstand und Handwerk, nutzbar zu machen. Das Konzept wird aktuell mit den Partnern weiter abgestimmt. Es ist vorgesehen, dass die Partner im 1. Quartal 2016 über die Erweiterung des Masterplans Industrie sowie über die Entwicklung und Umsetzung weiterer Aktivitäten zum Thema „3-D-Druck“ beschließen. 8. Wie wird die wissensbasierte Gründerplattform bisher von wem und wie oft genutzt? Welche Kosten sind aus dem Haushalt 2015/2016 dafür vorgesehen? Welche Defizite sind vorhanden? Mit der Schaffung einer digitalen Gründungsplattform sollen neue Impulse für wissensbasierte Gründungen aus dem Umfeld von Hochschulen beziehungsweise von Spin-off-Gründungen gesetzt werden. Dazu ist auf Basis vorhandener Strukturen ein Unterstützungskonzept zu entwickeln, das gründungsrelevante Themenfelder, wie zum Beispiel unternehmerische Motivation, Technologie- und Ideen-Scouting, Managementkapazität, Gründerteams sowie Vernetzung und Finanzierungsmöglichkeiten aufgreift. Darüber hinaus sind die Überlegungen noch nicht abgeschlossen, deshalb können konkrete Kosten derzeit noch nicht beziffert werden. 9. Wie hat der Senat die Unternehmen dabei unterstützt beziehungsweise wird der Senat die Unternehmen dabei unterstützen, die Potenziale von Industrie 4.0 für die Wirtschaft zu verbessern? Wie viele Unternehmen und welche Kammern, Verbände sind in die Planungen des Senats eingebunden ? Unter Federführung der Handelskammer Hamburg ist seit März 2015 die Initiative „Hamburger Dialogplattform Industrie 4.0“ mit Beteiligung von mehr als 100 Unternehmen , Hochschulen und Forschungseinrichtungen aktiv. Eine Bewerbung der Initiative im Rahmen des Förderprogramms „Mittelstand 4.0“ des BMWi wurde vom Senat politisch unterstützt. Die Initiative soll zukünftig gemeinsam von Handelskammer, Wirtschaft und Senat weiterentwickelt werden. Das Bearbeitungskonzept des Senats sieht zudem vor, das Thema „Industrie 4.0“ als neues Handlungsfeld in den Masterplan Industrie aufzunehmen und geeignete Dialogstrukturen und Maßnahmen aufzubauen. Aktuell wird das Konzept mit den Partnern des Masterplans Industrie weiter abgestimmt. Im 1. Quartal 2016 soll eine Beschlussfassung über die Erweiterung des Masterplans Industrie um das Handlungsfeld „Industrie 4.0“ erfolgen. 10. Wird der Senat eine Digitalisierungsoffensive, wie zum Beispiel Bayern Digital, starten? Wenn ja, wann und mit welchen Zielen? Wenn nein, warum nicht? Der Senat hat mit der Strategie Digitale Stadt eine umfassende und auf Hamburg zugeschnittene Digitalisierungsinitiative auf den Weg gebracht. Im Übrigen siehe Pressemitteilung des Senats (www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/4435132/2015-01- 13-bwf-digitalisierung-der-grossen-stadt). 11. An welchen Stellen sieht der Senat noch Defizite gegenüber anderen europäischen Städten wie London, was die Förderung von Startups aus dem IT-Bereich und die Digitalisierung der Produktionssysteme in Hamburg betrifft (bitte genau begründen)? Die Unterstützung von Start-ups orientiert sich in Hamburg nicht an einer vergleichenden Defizitanalyse mit anderen Standorten. Diese wäre nicht zielführend, da die strukturellen Ausgangsbedingungen für die Entwicklung eines Start-up-Ökosystems an den Drucksache 21/2087 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 einzelnen Standorten sehr unterschiedlich sind und dementsprechend Rahmenbedingungen stark divergieren. Der Senat richtet seine Maßnahmen auf Hamburgs spezifische Stärken, auf relevante Themenfelder und auf eine verbesserte Wahrnehmung Hamburgs als einer der führenden deutschen Wirtschafts- und Gründerstandorte aus. Siehe im Übrigen auch Antwort zu 4. a.