BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2088 21. Wahlperiode 10.11.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Kruse (FDP) vom 02.11.15 und Antwort des Senats Betr.: Städtische Beteiligung bei Hapag-Lloyd: Kann Olaf Scholz seine Versprechen halten? Mit dem Satz „I want my money back“ erklärte Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung von März 2012, warum er Hunderte Millionen Euro Steuergelder in Hapag-Lloyd investierte. Durch den hastigen Börsengang des Unternehmens, der nun abermals verschoben werden musste, wird deutlich, dass die Beteiligung Hamburgs an der Reederei viel weniger Wert ist, als bislang erhofft und bilanziert. Die Scholz-Formulierung „I want my money back“ ist vor diesem Hintergrund als nicht mehr haltbare politische Äußerung einzustufen . Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise aufgrund von Auskünften der HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH (HGV) wie folgt: 1. Wann und zu welchem Wert hat die Freie und Hansestadt Hamburg beziehungsweise ein öffentliches Unternehmen mit städtischer Beteiligung zu welchem Kurs Anteile in welcher Höhe an Hapag-Lloyd erworben? Siehe Drs. 20/11774. 2. Wie wirkt sich die niedrige Bookbuilding-Spanne des nun erfolgenden Börsengangs von Hapag-Lloyd auf die Buchwerte des Hapag-LloydAktienbestandes bei der HGV aus? 3. Gilt für die Bilanzierung der HGV betreffend die Hapag-Lloyd-Beteiligung das strenge Niederstwertprinzip? Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt wird beziehungsweise wurde welche Neubewertung des Hapag-Lloyd-Aktienbestands aufgrund der geringen Bookbuilding-Spanne bei der HGV vorgenommen? Wenn keine Neubewertung vorgenommen wird: warum nicht? Eine Überprüfung des Beteiligungsbuchwerts der Hapag-Lloyd AG (HL) bei der HGV erfolgt im Rahmen der Jahresabschlusserstellung. Da die Aktien im Anlagevermögen gehalten werden, wird nach den entsprechenden Bestimmungen des Handelsgesetzbuches auf Grundlage einer aktualisierten Unternehmensplanung zu entscheiden sein, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine voraussichtlich dauerhafte Wertminderung vorliegt. 4. Was ist die Ursache, dass die Bookbuilding-Spanne für den Börsengang gegenüber den anfänglichen Ankündigungen des Unternehmens HapagLloyd deutlich gesenkt werden musste? Drucksache 21/2088 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 5. Waren die Ursachen für die Reduzierung der Bookbuilding-Spanne zum Zeitpunkt der Vorbereitung und zum Zeitpunkt der Verkündung des Börsengangs nicht bekannt? Wenn ja, warum? Die nicht absehbare nachteilige Entwicklung der Kapitalmärkte während der Dauer des Bookbuilding-Verfahrens führte zu einer Anpassung der Preisspanne und der Angebotsstruktur im Rahmen des Börsengangs. 6. Wann hat der Senat beziehungsweise die durch ihn mitbeherrschte Vermögensbeteiligungsgesellschaft entschieden, dass ein Börsengang auch zu deutlich schlechteren Konditionen erfolgen soll? Wann hat sich der Senat damit befasst? Zu welchem Ergebnis ist er gekommen und was waren die Gründe dafür? Die Zustimmung zur aktuellen Angebotsstruktur hat satzungsgemäß der HL-Aufsichtsrat , in dem auch die HGV vertreten ist, vor Zulassung zum Wertpapierhandel gegeben . Der Senat hat sich zuletzt im Zusammenhang mit der Zusammenführung der Containerschifffahrt von HL und der Compañía Sud Americana de Vapores (siehe Drs. 20/11663) im Rahmen seiner Beteiligungsstrategie grundsätzlich mit dem vorgesehenen Börsengang befasst. 7. Welche Risikorückstellungen hat die HGV für die Beteiligung an HapagLloyd zu welchem Zeitpunkt in welcher Höhe gebildet? Was waren die jeweiligen Gründe dafür? Wie hoch ist die aktuelle Risikorückstellung? Die HGV hat keine Rückstellung für die Unternehmenswertentwicklung der Beteiligung an HL gebildet. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. und 3. 8. Welche Kosten sind der Stadt Hamburg bisher durch die Finanzierung der Hapag-Lloyd-Beteiligung entstanden? 9. Wie hoch sind die entgangenen Einnahmen der Stadt Hamburg aus nicht geflossenen Dividendenzahlungen des Unternehmens HapagLloyd seit Beginn der Beteiligung und seit Erhöhung der Beteiligung im Jahr 2012? Zum 31. Oktober 2015 ergeben sich kalkulatorische Finanzierungskosten für den ersten Beteiligungsschritt seit 2009 von rund 214 Millionen Euro und für den zweiten Beteiligungsschritt seit 2012 von rund 45 Millionen Euro. Den Finanzierungskosten stehen Einnahmen des Haushalts der Freien und Hansestadt aus Bürgschaftsprovisionen in Höhe von insgesamt rund 56 Millionen Euro gegenüber. Im Übrigen handelt es sich hierbei um hypothetische Fragen, die der Senat in ständiger Praxis grundsätzlich nicht beantwortet. 10. Gilt das von Olaf Scholz artikulierte Ziel „I want my money back“ noch? Wenn ja, wann soll die Rückholung der Steuergelder wie erfolgen? 11. Hält der Senat es weiterhin für realistisch, dass das für die Hapag-LloydBeteiligung eingesetzte Steuergeld an die Stadt vollständig zurückfließt? Wenn ja, was sind die Gründe angesichts der vorgenannten Fakten? Der Senat bewertet den Börsengang von HL als wichtigen Schritt für das Unternehmen , aus dem sich neue Handlungsmöglichkeiten für die Zukunft eröffnen. Hiermit wird der nach der endgültigen Abwendung des Mehrheitsverkaufsrechts der TUI im Jahr 2012 und der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch die Integration des Containergeschäfts von CSAV im Jahr 2014 der dritte Schritt der Hapag-Lloyd-Strategie des Senats vollzogen. In Zukunft können die Stadt Hamburg wie auch andere Aktionäre von der Möglichkeit profitieren, Aktien zu verkaufen, ohne die Stabilität der Reederei zu gefährden. Im Übrigen siehe Drs. 20/7162.