BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2125 21. Wahlperiode 13.11.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 05.11.15 und Antwort des Senats Betr.: Olympia 2024: Sind auch die Einnahmen schöngerechnet? Im Finanzreport zu den Olympischen Spielen 2024 findet sich ein Abschnitt „Einnahmen OCOG“. Die Tabelle auf Seite 103 zeigt die verschiedenen Kategorien der Einnahmepotenziale. Der höchste Betrag mit 1,1 Milliarden Euro wird für „lokale Sponsoren & Ausrüster “ angegeben. Als Innensenator Neumann während einer Pro-undKontra -Olympia-Veranstaltung in der Patriotischen Gesellschaft am 02.11.2015 nach den Grundlagen dieser Einnahmeschätzung und der Veröffentlichung der Daten früherer Olympiastädte gefragt wurde, wich er einer konkreten Antwort aus. Die Zahlen der anderen Städte kenne er nicht, die Daten könnten auch nur zugänglich gemacht werden, wenn die Verantwortlichen damit einverstanden seien. Ich frage den Senat: 1. Wie lautet die Definition für „lokale Sponsoren“? Bei den „lokalen Sponsoren“ handelt es sich um Sponsoren des Organisationskomitees Olympischer Spiele (OCOG). Diese sponsern – im Gegensatz zu den langfristig gebundenen TOP-Sponsoren des IOC (The Olympic Partners) – nur die Ausrichtung einer spezifischen Ausgabe der Spiele (in diesem Fall Hamburg 2024). Diese Sponsoren weisen üblicherweise eine räumliche Nähe zu der Ausrichterstadt oder dem Ausrichterland auf. 2. Welche potenziellen Sponsoren/-innen/-gruppen und/oder Ausrüster/ -innen wurden betrachtet aus a. Hamburg, b. der Metropolregion, c. Deutschland, d. Europa, e. weltweit? Bitte jeweils die Namen der Unternehmen und Branchen nennen. In den Fällen, wo keine konkreten Unternehmen betrachtet wurden oder genannt werden können, bitte die Wirtschaftsbereiche (Autobranche, Versicherungen, ...) nennen? Zu diesem frühen Planungsstand, der bis zur Entscheidung der Vergabe der Spiele im Sommer 2017 mit entsprechender Ungewissheit behaftet ist, kommen als Sponsoren alle Unternehmen in Betracht, die keine Branchen-Überschneidung mit den langfristigen TOP Partnern des IOC haben. Drucksache 21/2125 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Wie hoch wurden jeweils die Einnahmen durch die unter Nummer 2. a. – 2. e. genannten Sponsoren/-innen/-gruppen und/oder Ausrüster/-innen angesetzt? 4. Welche der unter Nummer 2. a. – 2. e. genannten Sponsoren/-innen/ -gruppen und/oder Ausrüster/-innen haben bisher oder werden nach Einschätzung des Senats zukünftig Sponsorgengelder (ge-)geben für Hamburger Einrichtungen/Vereine/Initiativen oder andere Anlässe wie zum Beispiel Preisverleihungen? a. Auch Sponsoren/-innen und Ausrüster/-innen können den Euro nur einmal ausgeben. Wie hoch wird der Rückgang bei diesen Beiträgen aufgrund der gleichzeitig beziehungsweise alternativ erwartenden Sponsorenbeiträge für Olympia 2024 eingeschätzt? b. Wie soll der Rückgang dieser Einnahmen durch Sponsorengelder et cetera bei den jeweils Betroffenen ausgeglichen werden? 5. Wie hoch wurden die unter Nummer 3. abgefragten Einnahmen von den jeweiligen Geldgebern/-innen für die EM 2024 in Deutschland angesetzt ? Entfällt, siehe Antwort zu 2. a. bis 2. e. 6. In welchen Anschnitten des Host City Contract (HCC), seiner Anlagen und der anderen Dokumente, die Bestandteil des HCC sind, finden sich Regelungen, Hinweise, Verpflichtungen oder anderes zum Umgang mit Sponsoren/-innen, Ausrüstern/-innen und deren Zuwendungen? Bitte jeweils die Fundstelle angeben. HCC Principles §§ 24.5, 24.2; HCC Operational Requirements (Seite 98); HCC Operational Requirements (Seite 122); HCC Operational Requirements (Seite 177). 7. Der finanzielle Beitrag des IOC wird auf Seite 103 des Finanzreports mit 1 Milliarde Euro (2024) angegeben. Im der deutschen Übersetzung des Gastgeberstadtvertrages (HCC) heißt es unter Nummer 9: „Das IOC wird dem OCOG unter den nachfolgenden Bedingungen einen finanziellen Beitrag im Zusammenhang mit den Einnahmen aus Fernsehübertragungsvereinbarungen (Broadcast Agreements) in Höhe von USD 855.000.000 (achthundertfünfundfünfzig Millionen US-Dollar) gewähren: a. ... d. das IOC ist berechtigt, die Höhe dieses Beitrags zu reduzieren, falls das IOC der Auffassung ist, dass es nicht die gesamten Einnahmen erhalten hat, welche aus den im Zusammenhang mit den Spielen abgeschlossenen Broadcast Agreements erwartet wurden, bzw. gemäß § 36 unten Zahlungen zurückzuhalten." a. Wo ist im HCC beziehungsweise in den weiteren Anlagen und Dokumenten zum Vertragswerk geregelt, wie das IOC seine Einnahmeerwartungen dokumentieren muss? Bitte die genauen Fundstellen angeben. b. Welche Einspruchsmöglichkeiten hat die Gastgeberstadt, wenn sie mit einer Reduzierung des IOC-Beitrages nicht einverstanden ist? Es handelt sich hier um Einnahmen aus abgeschlossenen Verträgen des IOC mit Lizenznehmern der Übertragungsrechte. Somit sind diese Einnahmeerwartungen in den entsprechenden Verträgen dokumentiert. Im Übrigen kann auf den in § 51 des HCC beschriebenen Streitschlichtungsmechanismus zurückgegriffen werden. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2125 3 8. Die Einnahmen aus dem Eintrittskartenverkauf werden mit 870 Millionen Euro angegeben. a. Wie hoch wurden dabei jeweils die Einnahmen für die verschiedenen Preiskategorien (siehe Seite 105) angesetzt: i. 400 Euro, ii. 150 Euro, iii. 75 Euro, iv. 20 Euro, v. für spezielle Angebote für Kinder, vi. für spezielle Angebote für Senioren/-innen, vii. für einkommensschwächere Bevölkerungsgruppe? Für die unter a. i. bis iv genannten Preiskategorien wird nach derzeitigem Planungsstand von den nachstehenden Werten ausgegangen: i. 358,741 Millionen Euro ii. 268,657 Millionen Euro iii. 264,029 Millionen Euro iv. 4,377 Millionen Euro Für die unter v. – vii. genannten Kategorien sind zum derzeitigen Planungsstand noch keine konkreten Einnahmen berechnet. Dies liegt unter anderem daran, dass für die Gruppen v. (Kinder), vi. (Senioren) und vii. (einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen ) Tickets über den normalen Vergabeprozess aus den Kontingenten i. – iv. zu den genannten ermäßigten Preisen bedient werden und daher die Einnahmen aus diesen nachfragebedingt sind und im Vorwege nicht konkret beziffert werden können. Die dadurch resultierenden geringeren Einnahmen werden durch das Anbieten und Verkaufen von Tickets für nicht besetzte Sitzplätze zu Beginn der Veranstaltungen kompensiert. Generell sind bei der Planung und Berechnung der Ticketingeinnahmen zwei gegensätzliche Ansätze beziehungsweise Richtungen zu kombinieren: Es muss sowohl darauf geachtet werden, dass alle Bevölkerungsgruppen und -schichten Zugangsmöglichkeiten zu den Spielen und den Veranstaltungen haben, also dass auch günstige Tickets verfügbar sind. Dennoch muss dafür gesorgt werden, dass insgesamt ausreichende Einnahmen generiert werden, um die Durchführung der Spiele ohne Bezuschussung vonseiten der öffentlichen Hand gewährleisten zu können. Daher verfolgt Hamburg 2024 die Strategie, sowohl höherpreisige Tickets anzubieten, um der Nachfrage aus den entsprechenden Gruppen ein Angebot gegenüberzustellen, als auch günstige Tickets. b. Im HCC unter Nummer 24.5 steht: „In Hinblick auf die kommerziellen Programme, die das OCOG umsetzt, soll das OCOG dem IOC gemäß obigem § 24.2. die folgenden Beträge in bar zahlen: a. .... b. hinsichtlich der Ticketingprogramme des OCOG einen Betrag, der siebeneinhalb Prozent (7,5%) der Bruttoeinnahmen aus allen Formen der Ticketverkäufe im Zusammenhang mit den Spielen entspricht ;“ Wurden diese 7,5 Prozent (= 65,25 Millionen Euro) bereits von den vorgenannten Einnahmen in Höhe von 870 Millionen Euro abgezogen ? Falls nein, weshalb nicht? Drucksache 21/2125 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Ja, diese Abgaben an das IOC sind in der OCOG Ausgabekategorie „26 – Others“ enthalten und wurden somit auch auf Ausgabenseite eingerechnet. c. Was genau ist unter der Barzahlung in Nummer 24.5 zu verstehen? Wie erfolgt die Übergabe des Geldes? Ein Geldbetrag, der im Wege einer auch ansonsten üblichen Überweisung zugewendet wird. d. Im HCC heißt es unter Nummer 24.6. „Weitere Details zu den in diesem § 24 beschriebenen kommerziellen Programmen sind in den „HCC Operational Requirements - Marketing Partner Dienste“, „HCC Operational Requirements - Business Development“ und „HCC Operational Requirements - Rights Protection“ enthalten.“ Welche Regelungen finden sich in den hier genannten Dokumenten, die weitere Zahlungen beziehungsweise Abgaben an das IOC und/oder Einschränkungen der Einnahmen der Gastgeberstadt enthalten ? Bitte genaue Fundstellen nennen. Es bestehen keine weiteren Reglungen bezüglich weiterer Zahlungen beziehungsweise Abgaben an das IOC und/oder Einschränkungen der Einnahmen der Gastgeberstadt . e. Die Eintrittskarten sollen zugleich auch HVV-Fahrkarten sein. i. Wie hoch ist der Beitrag, der bei 6,3 Millionen Eintrittskarten an den HVV als Kostenerstattung zu zahlen ist? Zum derzeitigen Planungsstand sind 40 Millionen Euro (2024) aus den Ticketingeinnahmen für die Bezuschussung des Kombitickets des ÖPNV vorgesehen. ii. Weshalb ist dieser Beitrag bei den Ausgaben für die Freie und Hansestadt Hamburg nicht berücksichtigt worden? Falls er entgegen der Aussagen des Staatsrats der Senatskanzlei in der Haushaltsausschuss-Sitzung am 15.10.2015 doch berücksichtigt wurde, bitte ich um Angabe des Ausgabepostens. Diese Ausgaben sind in der OCOG Ausgabenkategorie „20 – Transport“ eingerechnet und berücksichtigt. 9. Die Spendeneinnahmen wurden mit 45 Millionen Euro angegeben (2024). Es sei bereits in der Bewerbungsphase „... eine signifikante Spendenbereitschaft der Hamburger BürgerInnen und Bürger verzeichnet ...“ worden (Seite 106). a. Wie hoch ist bisher die real geflossene Spendensumme in der Bewerbungsphase? b. Wohin sind diese Spenden geflossen? An die Freie und Hansestadt Hamburg oder an Privatinitiativen wie zum Beispiel Feuer und Flamme für Hamburg? Bitte auflisten. c. Auch bei der Elphi wurde von einer hohen Spendenbereitschaft der Bürger/-innen ausgegangen. In der Realität fiel sie erheblich niedriger aus. Inwieweit haben diese Erfahrungen bei der Schätzung der Spendeneinnahmen eine Rolle gespielt? Bei der Schätzung wurde vor allem auf Referenzwerte aus Rio de Janeiro und aus Tokio abgestellt. Zudem sind Spenden an die Feuer und Flamme GmbH geflossen, deren Höhe sich nach Auskunft der Handelskammer Hamburg inklusive Sponsoring auf rund 2 Millionen Euro beläuft. 10. Bei den Kosten wurde eine Kostenvarianz von +/- 40 Prozent angesetzt. Welche Varianz wurde bei den Einnahmen angesetzt? Bitte differenziert für die in der Tabelle auf Seite 103 genannten Kategorien angeben. Falls keine Varianz berücksichtigt wurde: weshalb nicht? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2125 5 Für die Berechnung der Einnahmepotenziale wurden unter anderem die Einnahmen vergangener Spiele in den entsprechenden Kategorien betrachtet, diese dann auf das Jahr 2024 und auf den Euroraum umgerechnet und inflationsbereinigt. Aus diesen aus der Praxis herangezogenen Werten, welche allein schon wegen der Anzahl an herangezogenen Werte eine Spanne/Varianz aufweisen, wurden dann für das Hamburg- 2024-Szenario und die entsprechenden konzeptionellen Planungen Werte berechnet und angepasst. Darüber hinaus ist auf der Ausgabeseite des OCOG Budgets eine „contingency“, also ein finanzieller Sicherheitspuffer von derzeit 240 Millionen Euro eingeplant, um auch mögliche Varianzen in den Einnahmen kompensieren zu können. 11. Die Fördermittel der öffentlichen Hand werden auf Seite 106 in einer „denkbaren“ Höhe von 88 Millionen Euro angegeben. Sind diese 88 Millionen Euro in dem Hamburger Kostenanteil von 1,2 Milliarden Euro berücksichtigt? Falls ja: wo? Falls nein: weshalb nicht? Für die Annahme im Finanzreport ist von einer Auskömmlichkeit des OCOG-Budgets ausgegangen worden. Der Hinweis auf eine hälftige Kostentragung für die Paralympischen Spiele, falls diese Annahme nicht eintreten sollte, erfolgt aus Gründen der Transparenz.