BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2250 21. Wahlperiode 20.11.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse, Dr. Joachim Körner und Detlef Ehlebracht (AfD) vom 13.11.15 und Antwort des Senats Betr.: Unbegründete Ablehnung von ehrenamtlicher Unterstützung bei der Integration der Flüchtlinge durch den Senat Die Flüchtlingsbewegung, die die Bundesrepublik Deutschland seit Monaten fest im Griff und das Land sowie seine Bevölkerung an die Grenzen der Belastbarkeit getrieben hat, ist mittlerweile zu einer unkontrollierten Masseneinwanderung ausgeufert. Auch die Hansestadt Hamburg muss jetzt die enormen Belastungen tragen, die sich gegenwärtig aus der Unterbringung und Versorgung Tausender Menschen ergeben. Dies ist jedoch nicht alles. Denn mittel- und langfristig wird es darauf ankommen, die hier verbliebenen Migranten in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Erhebungen wie das Flüchtlings-Monitoring der CDU haben gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit der nach Deutschland kommenden Personen aus islamischen Ländern stammt. So waren unter den 36.137 Flüchtlingen, die sich im August 2015 in Hamburg aufhielten, 25.320 Muslime, was einem Wert von 70 Prozent entspricht.1 Da es in Deutschland gerade im Milieu von in urbanen Ballungszentren lebenden muslimischen Migranten verstärkt zur Herausbildung von Parallelgesellschaften 2 kommt, den von deutschen Gerichten in zivilrechtlichen Angelegenheiten mitunter sogar eine islamische Rechtsprechung zugebilligt wird3, und entgegen der in Politik und Medien erkennbaren Tendenz, dies zu leugnen, darf man annehmen, dass solche Strukturen durch die zunehmende Einwanderung weiterer Hunderttausender Muslime zusätzlich aushärten. So hat bereits eine 2006 durchgeführte Studie ergeben, dass es bei den Muslimen in Deutschland zwischen 2000 und 2005 zu einer evidenten Steigerung von Religiosität gekommen ist; demnach stieg der Anteil von Menschen, die sich selbst als „sehr religiös“ bezeichneten, von 8 auf 28 Prozent an.4 1 Dieser Wert ergibt sich, wenn man die Personenzahlen islamischer Herkunftsländer addiert. In Fällen wie Ghana oder Mazedonien, wo es gleichermaßen christliche wie muslimische Bevölkerungsteile gibt, wurde jeweils die Hälfte des angeführten Zahlenwertes zugrunde gelegt. Für die Russischen Föderation wurde hingegen der Gesamtwert verwendet, da die Flüchtlinge hier ausschließlich aus dem islamischen Nordkaukasus stammen. Cf. Drs. 21/1568. Seiten 3 – 4. 2 Confer Muslime in Deutschland. Leben wir in Parallelgesellschaften? „Tagesspiegel Online“ am 17.09.2014. 3 Confer Scharia hält Einzug in deutsche Gerichtssäle. „Die Welt“ online am 1.02.2012. 4 Leibold, J. et al.: Abschottung von Muslimen durch generalisierte Islamkritik?; in: Bundesamt für politische Bildung: Aus Politik und Zeitgeschichte. Parallelgesellschaften? 1-2/2006. Seite 8. Drucksache 21/2250 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Diese Tendenz hat auch in einer Untersuchung des Bundesministeriums des Inneren aus dem Jahr 2007 Bestätigung gefunden. In ihr zeigt sich, dass 47 Prozent der jugendlichen Muslime in Deutschland die Meinung vertreten, es sei die Pflicht eines guten Muslims, Ungläubige zum Islam zu bekehren.5 Angesichts solcher Ergebnisse überrascht es kaum, dass sich gleichzeitig 53,3 Prozent der Befragten als „gläubig“ bezeichneten, während 33,8 Prozent ihre Religiosität als „sehr stark“ beschrieben.6 Zudem entkräftet die Untersuchung aber auch die oft von den politischen Medien vorgetragene Anschuldigung, Muslime in Deutschland würden im Alltag vermehrt zu Opfern von Diskriminierung.7 So gaben insgesamt 97 Prozent der Befragten an, noch niemals aus fremdenfeindlichen Motiven tätlich angegriffen worden zu sein.8 Dass die Desintegration muslimischer Migranten in Deutschland längst auch von weiten Teilen der Bevölkerung mit großer Sorge gesehen wird, ist hinlänglich bekannt. Obwohl (oder vielleicht gerade weil) diese Entwicklung immer akuter wird, gibt es in Hamburg Menschen, die sich persönlich für die Eindämmung dieses Prozesses einsetzen möchten. Vor diesem Hintergrund hat sich ein Hamburger Bürger am 21.09.2015 in einem persönlichen Schreiben an Innensenator Neumann gewandt und ihm seine ehrenamtliche Mitarbeit dafür angeboten, die Flüchtlinge in Hamburg auf die „Grundregeln unserer Verfassung hinzuweisen.“ Die Expertise des Hamburger Bürgers ergibt sich unter anderem aus seiner Tätigkeit als Leiter eines Generalstabslehrgangs für nicht NATO-Ausländer an der Führungsakademie der Bundeswehr, wo er über sieben Jahre jeweils Gelegenheit hatte, arabische Sunniten sowie Menschen aus anderen islamischen Kulturen über ein Jahr hinweg zu beobachten. In seinem Schreiben weist er zudem explizit darauf hin, dass seiner Erfahrung zufolge ausgerechnet sunnitische Araber die „am schwierigsten in unsere Kultur zu integrierende Ausländergruppe“ darstellen. Angesichts der beschriebenen Gesamtsituation in Deutschland, die nun durch eine ungesteuerte Einwanderung muslimischer Migranten zusätzlich akzeleriert wird, ist die negative Antwort des Senats nicht nachvollziehbar. Anstatt das Engagement sowie die offenkundige Expertise des besagten Bürgers zu nutzen, hat Senator Neumann ohne Begründung erklärt, dass die Behörde für Inneres und Sport nicht beabsichtige, die angebotene Gratisdienstleistung in Anspruch zu nehmen. Ein solches Verhalten hat nicht nur negative Folgen für die insgesamt abnehmende Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung, sondern vermittelt auch den Eindruck von Desinteresse. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie lautet die Begründung für die Entscheidung, die Hilfe des Hamburger Bürgers angesichts der immer geforderten Integration und der These , ehrenamtliches Engagement sei unverzichtbar, nicht anzunehmen? 2. Hält es der Senat für richtig, solche Hilfsangebote in einem derart unpersönlichen schriftlichen Brief zu beantworten? Sollte nicht ergänzend das persönliche Gespräch gesucht werden, um die Absage angemessen zu begründen? 5 Muslime in Deutschland. Integration, Integrationsbarrieren, Religion und Einstellungen zu Demokratie, Rechtsstaat und politisch-religiös motivierter Gewalt. Ergebnisse von Befragungen im Rahmen einer multizentrischen Studie in städtischen Lebensräumen. Seite 118. 6 Ibid. Seite 110. 7 Im vorliegenden Fall wird von körperlicher Gewalt als Indikator ausgegangen, da Diskriminierungserfahrungen stets inhaltlich variant sind und daher die Aussagekraft empirischer Erhebungen beeinträchtigen; physische Gewalt hingegen stellt grundsätzlich ein triviales Phänomen dar und unterliegt somit keiner Interpretation. 8 Muslime in Deutschland. Seite 105. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2250 3 3. Wie beurteilt der Senat die Gefahr einer Verschärfung der Desintegration von Muslimen in der Hansestadt Hamburg durch die unkontrollierte Einwanderung , die sich gegenwärtig abspielt? 4. Mit welcher Strategie soll der besorgniserregenden Entwicklung von Parallelgesellschaften begegnet werden? Die zuständigen Behörden erreichen eine Vielzahl von ehrenamtlichen Unterstützungsangeboten . Die Behörden begrüßen grundsätzlich diese Unterstützungsbereitschaft . Die Angebote müssen jedoch in jedem Einzelfall geprüft und bewertet werden. Dabei müssen sich die Behörden auf solche Angebote konzentrieren, die aus sich heraus umsetzbar sind, da aufgrund der zurzeit besonders hohen Arbeitsbelastung eine zeitaufwändige Aufklärung des Hintergrundes von Anbietern und der konkreten Ausgestaltung von Angeboten nicht möglich ist. Im vorliegenden Fall erfolgte eine Rückmeldung durch die Leiterin des Einwohner-Zentralamtes.