BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2251 21. Wahlperiode 20.11.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Ralf Niedmers (CDU) vom 13.11.15 und Antwort des Senats Betr.: Flüchtlingsunterkünfte in den Stadtteilen Eilbek, Wandsbek-Kern, Marienthal, Jenfeld und Tonndorf (Wahlkreis 11: Wandsbek) Im Wahlkreis 11 leben gut 102.000 Menschen. Derzeit bieten die Einrichtungen zur Unterbringung von Flüchtlingen im Wahlkreis 11 Wandsbek (Stand 29.10.2015) Platz für 3.321 Menschen. Weitere Standorte und Plätze sind in Planung. Großunterkünfte gibt es derzeit unter anderem in WandsbekMarienthal und Jenfeld. Erst Ende Oktober 2015 gab die Sozialbehörde bekannt, dass im Bezirk Wandsbek in den kommenden Wochen die Eröffnung von weiteren Flüchtlingsunterkünften bevorstehe. An insgesamt vier Standorten sollen insgesamt bis zu 2.220 neue Schlafplätze entstehen. Geplant ist, dass in den Standorten Flüchtlinge einziehen, die zuvor in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Stadt untergebracht waren. Trotz kurzfristig anberaumter „Infoveranstaltungen“ für Anwohner wachsen die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger. Bei der geplanten Größe der Flüchtlingsunterkünfte besteht die Sorge, dass die gar nicht auf so viele Menschen angelegte Infrastruktur eine erfolgreiche Integration der Bewohner in den Bezirk erschweren könnte. Es gilt die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen und ihre berechtigten Belange zu beachten. Nur durch Transparenz und vollständige Information kann gewährleistet werden, dass es bei der bisher in Hamburg vorherrschenden hohen Akzeptanz und ehrenamtlichen Unterstützung im Bereich der Flüchtlingshilfe bleibt. Dies gilt umso mehr, als das der Senat aufgrund der unstrittig bestehenden Eilbedürftigkeit und großen Not von den sonst vorgesehenen gesetzlichen Verfahren wird abweichen müssen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Neuschaffung von Plätzen 1. Welche Flüchtlingsunterbringungen plant der Senat derzeit im Wahlkreis 11 neu zu schaffen beziehungsweise welche bestehenden Flüchtlingsunterbringungen sollen aufgestockt werden und wie weit sind die jeweiligen Planungen vorangeschritten? Bitte jeweils genaue Angaben zur Kapazität, zum Planungsstand, zur Realisierung, zur Art der Einrichtung (Erstaufnahme, Folgeunterbringung) und zur geplanten Nutzungsdauer der Einrichtung machen. Zentrale Erstaufnahme: Zum derzeitigen Zeitpunkt bestehen keine konkreten Planungen, eine weitere Erstaufnahmeeinrichtung in den genannten Gebieten zu errichten. Darüber hinaus prüfen die zuständigen Behörden weiterhin alle in Betracht kommenden Flächen auf ihre Eignung als Unterbringungsstandorte. Die Bezirke sind laufend in diese Prüfungen einbezogen. Über beschlossene, kurzfristig erforderliche Sofort- Drucksache 21/2251 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 maßnahmen zur Unterbringung von Flüchtlingen informieren die Behörden auf www.hamburg.de/sofortmassnahmen. Das Umfeld solcher Standorte wird per Handzettel , über Medien und über den Twitter-Account der zuständigen Behörde (www.twitter.com/hh_basfi) informiert. Der Austausch der Zelte durch Holzbauten in der Erstaufnahmeeinrichtung am Jenfelder Moorpark ist abgeschlossen. Derzeit finden noch einige Nacharbeiten statt. Eine Veränderung in der Kapazität ist nicht erfolgt. In der Erstaufnahmeeinrichtung in der Oktaviostraße wurden die Bundeswehrzelte abgebaut und an andere Standorte verlagert. An deren Stelle erfolgt die Aufstellung von Wohncontainern, die je nach Wetterlage bis Ende des Jahres abgeschlossen sein soll. Die Kapazität soll um rund 400 Plätze erhöht werden. Die Nutzungsdauer richtet sich jeweils nach dem vorhandenen Bedarf. Öffentliche Unterbringung: In Jenfeld im Elfsaal 20 werden acht Häuser (Festbau) für insgesamt rund 350 Personen in öffentlich-rechtlicher Unterbringung errichtet. Die Erschließung des Grundstücks Elfsaal 20 hat begonnen, die Fertigstellung ist für Februar 2016 geplant. Angrenzend soll SAGA GWG Geschosswohnungsbau errichten, der auch für die Unterbringung von Flüchtlingen gedacht ist. Die Wohnungen werden temporär (15 Jahre) für öffentlich rechtliche Unterbringung zur Verfügung gestellt. Der Wohnungsbau der SAGA beginnt in 2016. In Wandsbek-Kern in der ehemaligen Schule am Eichtalpark (Walddörferstraße 91) werden 350 Flüchtlinge in drei hergerichteten Bestandsgebäuden und in wenigen Containern untergebracht. Der Standort steht bis Mitte 2017 zur Verfügung. Nach Fertigstellung der Umbauten kann mit dem sukzessiven Bezug der Einrichtung Mitte Dezember 2015 begonnen werden. 2. Welche derzeit für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzten Flächen im Bezirk Wandsbek sind aus rechtlichen oder sonstigen Gründen, zum Beispiel auslaufende Mietverträge, nur zeitlich begrenzt nutzbar für die Unterbringung von Flüchtlingen? Bitte nach Zeitpunkt (sofern bekannt) und Art der Begrenzung auflisten. Zur Zentralen Erstaufnahme siehe Drs. 21/2112. Folgende genutzten Flächen und Gebäude im Bezirk Wandsbek für öffentlich rechtliche Unterbringung sind temporär vorgesehen: Einrichtung Nutzungsende Gründe für Nutzungsende W768 August-Krogmann Straße 31.03.2016 Befristete Baugenehmigung W613 Bargteheider Straße 31.12.2016 Befristeter Mietvertrag (mit vertraglicher Rückbauverpflichtung) W908 Borstels Ende 31.12.2016 Befristeter Mietvertrag (mit vertraglicher Rückbauverpflichtung) W909 Kirchhofstwiete 31.12.2016 Befristeter Mietvertrag (mit vertraglicher Rückbauverpflichtung) W825 Duvenstedter Damm 31.08.2017 Befristeter Mietvertrag (mit vertraglicher Rückbauverpflichtung) W830 August-Krogmann-Str. 31.12.2017 Befristeter Mietvertrag W749 Litzowstraße 16.12.2018 Befristete Baugenehmigung W783 Waldreiterring 31.12.2018 Befristeter Mietvertrag (mit vertraglicher Rückbauverpflichtung) W751 Bahngärten 31.12.2019 Befristete Baugenehmigung W752 Rahlstedter Straße 31.12.2019 Befristete Baugenehmigung W790 Flughafenstraße 31.12.2020 Befristete Baugenehmigung 3. Welche Einrichtungen mit welchen Kapazitäten waren bis vor Kurzem in Planung, werden aber nicht realisiert? Was sind die Gründe für die jeweiligen Entscheidungen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2251 3 Im Postfach angeboteoeffentlicheunterbringung@basfi.hamburg.de gehen eine Vielzahl von Vorschlägen aus der Bevölkerung ein. Dort werden Flächen, Grundstücke und Gebäude genannt, die aus Sicht der Meldenden für die Unterbringung von Schutzsuchenden geeignet erscheinen. Alle diese Angebote werden für eine Nutzung für Zentrale Erstaufnahme (ZEA) oder öffentliche Unterbringung (örU) geprüft. Abgelehnt werden Flächen, Grundstücke und Gebäude insbesondere, wenn sie zum Beispiel baurechtlich nicht genehmigungsfähig sind, wenn die Flächen zu klein sind oder sonstige Gründe einer Realisierung entgegenstehen. Im Übrigen siehe Drs. 21/681, Drs. 21/1002, Drs. 21/1271, Drs. 21/1568, Drs. 21/1906 und Drs. 21/2232. 4. Wann genau werden diese unter 1. genannten Flüchtlingsunterkünfte eingerichtet beziehungsweise wird die jeweilige Aufstockung vollzogen? 5. In welcher Form sollen Flüchtlinge dort untergebracht werden (Zelte, Container et cetera)? Siehe Antwort zu 1. 6. Seit wann bestehen die unter 1. genannten Pläne des Senats genau? Zur Zentralen Erstaufnahme siehe Drs. 21/1298. Öffentliche Unterbringung: Die erste Befassung mit dem Standort Elfsaal 20 erfolgte im Spätsommer 2013. Zu diesem Zeitpunkt war eine Nutzung für öffentliche Unterbringung nicht möglich. Mit der erneuten Befassung im Sommer 2015 konnten die Planungen für eine temporäre Nutzung umgesetzt werden. Die erste Befassung für die Schule am Eichtalpark/Walddörferstraße 91 erfolgte im Januar 2014. Zu diesem Zeitpunkt war eine Nutzung für öffentliche Unterbringung nicht möglich. Mit der erneuten Befassung im Sommer 2015 konnten die Planungen für eine temporäre Nutzung umgesetzt werden. 7. Warum wurden jeweils genau diese Standorte für neue Flüchtlingsunterbringungen ausgewählt? Welche anderen Standorte wurden im Rahmen der Planung noch geprüft oder in Erwägung gezogen und aus welchen Gründen jeweils verworfen? Um die aktuelle Notlage der fehlenden Folgeunterbringungsmöglichkeiten zu mildern und die humanitäre Situation für Flüchtlinge in unserer Stadt zu verbessern, müssen alle angebotenen Flächen und Gebäude auf ihre Eignung geprüft und, sofern sie baurechtlich und mit einem vertretbaren finanziellen Aufwand zu realisieren sind, umgesetzt werden. Entscheidende Kriterien bei der Auswahl der Flächen sind deren Größe, die Lage (Anbindung, Infrastruktur), bauplanungsrechtliche Zulässigkeit, Freiheit von Belastungen und gesundheitsschädlichen Immissionen sowie die Verfügbarkeit. Diese Voraussetzungen trafen auch auf die ausgewählten Standorte im Wahlkreis 11 zu. Im Übrigen siehe Antworten zu 1. und 3. 8. Wann wurden welche politischen Gremien öffentlich über die unter 1. genannten Pläne informiert? Es besteht ein ständiger Austausch zu den Planungen zwischen den zuständigen Fachbehörden und dem Bezirk. Der Bezirk ist zu jeder Zeit in die Planungen eingebunden . Die Information des zuständigen Bezirksamtes über die Aufstockung der Zentralen Erstaufnahme Oktaviostraße erfolgte im Zusammenhang mit der Mitteilung über die Gesamtmaßnahme im August 2015. Die Anhörungen nach § 28 BezVG erfolgten für den Elfsaal 20 am 09.11.2015 und für die Schule am Eichtalpark/Walddörferstraße 91 am 24.09.2015. 9. Wann und wie wurden beziehungsweise werden die Bürger über die unter 1. genannten Pläne informiert? Sollten bereits Informationsveran- Drucksache 21/2251 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 staltungen durchgeführt worden sein: Wie waren die Reaktionen der Bürger auf den einzelnen Veranstaltungen jeweils? Die Informationsveranstaltung zum Jenfelder Moorpark fand am 24.07.2015 statt. Zur Oktaviostraße siehe Drs. 21/1298. Die Reaktion der Bürgerinnen und Bürger war jeweils geprägt von grundsätzlichem Verständnis für den Bedarf an Unterbringungsplätzen sowie von Fragen und Bedenken zur konkreten Ausgestaltung des Standortes , zu seiner Größe und zu seiner Einbindung in die regionale Infrastruktur (insbesondere Schulen, Kitas, ärztliche Versorgung, ÖPNV). Die Informationsveranstaltung für den Elfsaal 20 fand am 12.11.2015 statt, die Informationsveranstaltung für die Schule am Eichtalpark/Walddörferstraße 91 am 16.09.2015. In diesen Veranstaltungen bestand Gelegenheit zur kontroversen sachlichen Diskussion . Es wurden jeweils sowohl Sorgen und Bedenken als auch Hilfsangebote und Willkommensbekundungen geäußert. Bestehende Standorte, Plätze und Sonstiges 10. An welchen Standorten mit jeweils wie vielen Plätzen bestehen derzeit im Wahlkreis 11 Einrichtungen zur Unterbringung von Flüchtlingen? Wie viele Personen sind derzeit in den bestehenden Einrichtungen im Wahlkreis 11 untergebracht? Adresse Stadtteil Platzzahl: Soll Platzzahl: Ist Wahlkreis ZEA Wandsbek Jenfelder Moorpark Jenfeld 800 336 11 Oktaviostraße Marienthal 350 298 11 Holstenhofweg Marienthal 383 329 11 örU Wandsbek Litzowstraße 28 Wandsbek 110 123 11 Bahngärten 11 Wandsbek 120 120 11 Kirchhofstwiete 1 Wandsbek 47 41 11 11. Welche Kosten sind für die Unterbringung von Flüchtlingen im Wahlkreis 11 Wandsbek bisher entstanden? Bitte für jede Unterkunft beziehungsweise Standort einzeln ausweisen. Zentrale Erstaufnahme: Die bis zum 15.11.2015 erfassten Kosten können der folgenden Übersicht entnommen werden: Standort Kosten Holstenhofweg 4.535.231,95 € Jenfelder Moorpark 2.678.101,37 € Oktaviostraße 1.565.223,22 € Öffentliche Unterbringung: Die Betriebskosten von Januar bis September 2015 können der folgenden Übersicht entnommen werden. Für die beiden geplanten Einrichtungen im Wahlkreis sind noch keine Betriebskosten angefallen: Standort Kosten Litzowstraße 28 1.859.369,30 € Bahngärten 11 1.904.053,62 € Kirchhoftwiete 1 162.221,97 € 12. Mit wie vielen zusätzlichen Kindern müssen die Kitas und Schulen im Wahlkreis 11 im Jahr 2016 ungefähr rechnen? Soll es zusätzliche Kitaund Schulplätze geben und wenn ja, wie viele und wo? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2251 5 Die tatsächliche Schülerzahl ist abhängig von der Belegung. Derzeit geht die zuständige Behörde davon aus, dass etwa 15 bis 20 Prozent der Flüchtlinge Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter sind. Dies entspricht nach der derzeitigen Planung rund 200 bis 250 Schülerinnen und Schülern, die durch die geplanten Unterkünfte zusätzlich versorgt werden müssen, wenn diese vollständig belegt sind. Die Schulund Kitaplätze werden bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt, die Planungen der zuständigen Behörden sind noch nicht abgeschlossen. 13. Wie viele Polizeieinsätze gab es bisher in welchen sich im Wahlkreis 11 Wandsbek befindenden Flüchtlingsunterkünften im Jahr 2015? Bitte jeweils unter Angabe des Standorts, des Datums sowie des Anlasses für den Polizeieinsatz. Polizeieinsätze werden im Hamburger Einsatzleitsystem (HELS) der Polizeieinsatzzentrale dokumentiert; zur Aussagekraft und Validität von HELS-Daten generell siehe Drs. 20/13284 sowie zu den Möglichkeiten polizeilicher Auswertungen in Bezug auf Örtlichkeiten zur Flüchtlingsunterbringung im Sinne der Anfrage und das Erfordernis einer entsprechenden Beschränkung siehe Drs. 21/2108 und 21/1501. Vom 1. November 2015 bis einschließlich des 14. November 2015 wurden durch die Polizeieinsatzzentrale für die Zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen (ZEA) Holstenhofweg , Oktaviostraße und Jenfelder Moorpark insgesamt elf Einsätze im System HELS erfasst: ZEA Holstenhofweg, Holstenhofweg 84 a-h Datum Anlassart 04.11.2015 Randalierende Person 05.11.2015 Auftragsfahrt ZEA Oktaviostraße, Oktaviostr. 102 Datum Anlassart 04.11.2015 Schlägerei 05.11.2015 Personenüberprüfung 11.11.2015 Kampfmittelfund 14.11.2015 Personenüberprüfung ZEA Jenfelder Moorpark, Jenfelder Str. 158 Datum Anlassart 08.11.2015 Ruhestörung 09.11.2015 Ruhestörung 11.11.2015 Anzeigenaufnahme 12.11.2015 Ermittlungen 13.11.2015 Körperverletzung Darüber hinaus siehe Drs. 21/1812 sowie Drs. 21/2108.