BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2304 21. Wahlperiode 24.11.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 18.11.15 und Antwort des Senats Betr.: Großsiedlung für Flüchtlinge in Rissen (II) – Bürger fordern eine Lösung, die Integration zulässt! Der Neubau der Folgeunterkunft Sieversstücken II ist nahezu fertiggestellt. Nach Auskunft der städtischen Betreibergesellschaft f & w fördern und wohnen AöR (f & w) werden die neuen Bewohner in der zweiten Novemberhälfte in die Räume einziehen. Erfahrungswerte für den Betrieb einer mit zukünftig rund 800 Bewohnern außergewöhnlich großen Unterkunft fehlen nicht nur in Rissen und Sülldorf, sondern generell. Noch bevor solche Erkenntnisse aber gewonnen werden können, wird in unmittelbarer Nachbarschaft, auf dem Grundstück Suurheid/B-Plan Rissen 45/Sülldorf 22, die nächste Großunterkunft angekündigt, geplanter Fertigstellungstermin Ende 2016 (siehe dazu auch Drs. 21/2058). Die Anwohner sind aufgebracht, haben viele Fragen und formulieren − unter anderem vorgetragen durch die Bürgerinitiative „V.I.N. Rissen“ − konkrete Forderungen. Die Antworten und Reaktionen, die darauf bislang vom Bezirk kamen, waren ausweichend und schwammig. Unklar blieb dabei bislang auch, ob und wie die BASFI auf den Beschluss des Hauptausschusses der Bezirksversammlung Altona gemäß § 15 Absatz 3 BezVG „Sieversstücken Plus − Infrastrukturmaßnahmen notwendig“ vom 11. Juni 2015 reagiert hat und entsprechend, wie es mit der Umsetzung der darin geforderten, konkreten Infrastrukturmaßnahmen rund um die Folgeunterkunft Sieversstücken aussieht. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Zu Sieverstücken I + II: 1. Wann wird die Folgeunterkunft Sieversstücken II nach den Vorstellungen des Senats und von f & w mit wie vielen Flüchtlingen belegt? Wie viele Flüchtlinge sollen kurz- und mittelfristig in den Folgeunterkünften Sieversstücken I und II untergebracht werden? Sieversstücken I hat eine Kapazität in Höhe von 300 Plätzen und Sieversstücken II in Höhe von 444 Plätzen. Im Übrigen siehe Drs. 21/1988. 2. Nach welchem Prinzip und welchen Kriterien werden die zukünftigen Bewohner der Folgeunterkunft Sieversstücken I + II ausgewählt? Welche Alters- und Geschlechtermischung wird angestrebt? Wie viele Kinder im Krippen und Kita-Alter und wie viele schulpflichtige Kinder sollen plangemäß in den Folgeunterkünften unterkommen? 3. Wie ist mit Blick auf die vorgenannte Bewohnerstruktur, aber auch grundsätzlich, der Planungs- und Umsetzungsstand hinsichtlich: Drucksache 21/2304 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 a. der Versorgung mit ausreichenden Kita-Plätzen in der näheren Umgebung? Wie viele Plätze stehen wo zur Verfügung, wie wird die Ausstattung der Einrichtungen mit zusätzlichem Personal sichergestellt , wie viele zusätzliche Stunden (WAZ) werden den Einrichtungen für die Umsetzung von Spracherwerb und Integration zugestanden ? Es wird grundsätzlich in allen Wohnunterkünften eine sozialverträgliche Belegung angestrebt. Das heißt, dass einerseits in jeder Unterkunft eine Mischung von Familien sowie alleinstehenden Männern und Frauen verschiedener Nationalitäten aufgenommen wird. Bei der Belegung konkreter Zimmer oder Wohneinheiten wird dann darauf geachtet, Menschen zusammenzubringen, die die gleiche Sprache sprechen und/oder einen gemeinsamen kulturellen Hintergrund haben. Soweit es die Kapazitäten zulassen , wird dabei auch auf individuelle Wünsche zur gemeinsamen Unterbringung Rücksicht genommen. Die konkrete Belegungsplanung erfolgt dann gemäß Bedarf zeitnah vor der Inbetriebnahme. Im Rahmen des flexiblen, nachfrageorientieren Kita-Gutschein-Systems passen die Kita-Träger durch die Erweiterung bestehender oder den Bau neuer Kitas ihre Betreuungskapazitäten den veränderten Nachfragestrukturen an. Es erfolgt keine Belegung von Plätzen durch den öffentlichen Jugendhilfeträger. Grundsätzlich obliegt es den Eltern, sich eine geeignete Kita für ihr Kind zu suchen. Vor dem Hintergrund der besonderen Situation der Flüchtlingsfamilien kommt der Beratung und Unterstützung der Familien bei der Platzsuche durch das bezirkliche Jugendamt, das Sozialmanagement von f & w fördern und wohnen AöR, durch Kita-Träger und durch weitere im Sozialraum und Unterkünften aktive Institutionen und Personen eine besondere Bedeutung zu. Die für Kindertagesbetreuung zuständige Behörde steht im Austausch mit dem Bezirksamt Altona und den vor Ort agierenden Kita-Trägern, um vorhandene Kita-Angebote räumlich zu erweitern, weitere Betreuungsangebote zu schaffen und gegebenenfalls den Aufbau neuer Kitas zu unterstützen. Im Hamburger Kita- Gutschein-System erhalten die Kita-Träger die erforderlichen finanziellen Mittel für die Betreuung aller in der Kita betreuten Kinder beziehungsweise zur Finanzierung des dafür erforderlichen Personals mittels kindbezogener Leistungsentgelte. Die Einstellung geeigneten pädagogischen Personals erfolgt eigenverantwortlich durch den Kita- Träger. Die Qualifikationsanforderungen für das Personal ergeben sich aus § 3 des Landesrahmenvertrags „Kinderbetreuung“ in Tageseinrichtungen‘ (www.hamburg.de/contentblob/1830150/data/landesrahmenvertrag-neu.pdf). Die Durchführung spezieller Vorbereitungsmaßnahem für neu einzustellendes Personal, zum Beispiel durch Fortbildungen, liegt in der Verantwortung des Trägers. b. der Versorgung mit ausreichenden Schulplätzen für schulpflichtige Kinder? Die tatsächliche Schülerzahl ist abhängig von der Belegung. Nach derzeitigem Planungsstand ist jedoch die Versorgung in nahe gelegenen Schulen gesichert. Eine konkrete Festlegung erfolgt nach der Belegung der Unterkunft. c. einer ausreichenden ärztlichen Versorgung der neuen Bewohner, zum Beispiel im Asklepios Westklinikum Hamburg in Rissen? Grundsätzlich ist das medizinische Versorgungssystem in Hamburg ausreichend, um auch diese Personengruppe zu versorgen. Inwieweit punktuelle Ergänzungen vorzunehmen sind, wird im Laufe der weiteren Planungen zu entscheiden sein. d. der Aufstockung und finanziellen Unterstützung der ehrenamtlichen und freiwilligen Arbeit? Im Rahmen welcher Strukturen und Zuständigkeiten und mit welcher finanziellen Ausstattung soll diese zukünftig organisiert und unterstützt werden? e. der sozialen, auf Integration im Sinne von einem Ankommen im Stadtteil ausgerichteten Angebote (Begleitung bei Behördengängen, Freizeitgestaltung wie Sport, Musik, Nachbarschaftstreffen, Spielund Bastelnachmittage, Kennenlernen der regionalen Gepflogenheiten , seelsorgerische Angebote, der Erweiterung des Busverkehrs)? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2304 3 Der Senat wird zur Unterstützung und Vernetzung ehrenamtlicher Flüchtlingsarbeit ein übergreifendes „Forum Flüchtlingshilfe“, beginnend mit einer Auftaktveranstaltung am 18. Dezember 2015 (http://www.hamburg.de/forum-fluechtlingshilfe/), etablieren, das unter anderem die Optimierung konkreter Unterstützungsmaßnahmen und Strukturen vor Ort einschließen wird. In allen Bezirken ist eine zusätzliche Stelle zur Unterstützung und Beratung des zivilgesellschaftlichen Engagements geschaffen worden. Im Rahmen der Umsetzung des „Forums Flüchtlingshilfe“ (Drs. 21/1354) werden den Bezirken finanzielle Mittel zur Unterstützung des zivilgesellschaftlichen Engagements zur Verfügung gestellt. Im Mai 2015 haben bereits erste Gespräche mit dem Runden Tisch Blankenese, der langjährig in Sieversstücken ehrenamtlich tätig ist, und Vertretern der Kirchengemeinden Rissen, Sülldorf und Nienstedten zur Vorbereitung des zivilgesellschaftlichen Engagements für Sieversstücken II stattgefunden. Die genannten Kirchengemeinden haben sich bereit erklärt, Hilfs- und Unterstützungsleistungen für die neuen Bewohner zu organisieren und eine Angebotsstruktur im Sinne einer Willkommenskultur zu entwickeln und umzusetzen. Unter Federführung des Runden Tisches Blankenese haben weitere Strukturierungstreffen stattgefunden und ab Herbst 2015 wurde ein Qualifizierungsangebot für zivilgesellschaftlich Interessierte in Zusammenarbeit mit dem Diakonischen Werk umgesetzt. Aufgrund der bis kurz vor der Inbetriebnahme von Wohnunterkünften (WuK) unklaren Belegungsstruktur hat sich das Bezirksamt für eine modulare Infrastrukturplanung für Kinder, Jugendliche, Familien (mit und ohne Kinder, Alleinerziehende), alleinstehende Erwachsene (Frauen und Männer) entschieden, durch die im Bedarfsfall flexibel die bestehende Infrastruktur verstärkt werden kann. Im Übrigen siehe Drs. 21/1354. f. der Aufstockung des Personals im PK 26, der Ausweitung der Öffnungszeiten der Außenstelle Rissen? Die Polizei nimmt im Rahmen einer Gesamtbetrachtung kontinuierlich Lagebeurteilungen vor, die sich auch auf die personelle Ausstattung der Dienststellen beziehen. 4. Welche der vorgenannten Aufgaben und Infrastrukturmaßnahmen fallen in den Aufgabenbereich des Bezirks Altona und welche in den Aufgabenbereich der städtischen Behörden? Welche Behörden sind dies? Bezirksamt Altona Soziale Infrastruktur im Sinne von Jugend- und Familienhilfe, stadtteilkulturellen Angeboten und Senioren Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration Kitaplanung, Arbeit, Integrations- und Orientierungskurse Behörde für Inneres und Sport Angelegenheiten der Polizei Behörde für Schule und Berufsbildung Beschulung der schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen 5. Inwieweit werden diese Infrastrukturmaßnahmen umgesetzt sein, bevor die Bewohner einziehen und, sofern die Umsetzung erst nach Einzug erfolgt, bis wann wird sie abgeschlossen sein? Die Umsetzung von Infrastrukturangeboten und die Anpassung bestehender Infrastrukturangebote werden sich an den Bedarfen der dort lebenden Bevölkerung orientieren . Vorbereitende Gespräche sind hierzu bereits geführt worden. Darüber hinaus sind die Überlegungen noch nicht abgeschlossen. 6. Inwieweit wurde bei den Überlegungen zu der geplanten weiteren Flüchtlingsunterkunft auf der Suurheid/B-Plan Rissen 45/Sülldorf 22 in Erwägung gezogen, zunächst abzuwarten und zu überprüfen, inwieweit Rissen und Sülldorf in der Lage sind, die neuen Flüchtlinge in Sieversstücken II sinnvoll zu integrieren, bevor in die konkrete Planung zur weitere Ansiedlung von Flüchtlingen auf dem direkten Nachbargrundstück eingestiegen wird? Ausdrückliches Ziel des Senats ist eine Entlastung der öffentlichen Unterbringung und insbesondere der vorübergehenden Unterbringung in Zelten, Hallen und Containern. In diesen temporären Unterkünften leben mittlerweile mehr als 30.000 Menschen. Der Drucksache 21/2304 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Senat sieht in der schnellen Entwicklung von Wohnungsbauquartieren eine Chance die unbefriedigende Wohnsituation der in Hamburg verbleibenden Flüchtlinge und Asylbewerber mit Bleibeperspektive deutlich zu verbessern. Die derzeitige Situation lässt ein Abwarten, will man Wohnungslosigkeit verhindern, nicht zu. 7. In welcher Weise wurde hierbei berücksichtigt, dass das bisher positive Meinungs-/Stimmungsbild der Sülldorfer und Rissener Bürger (Stichwort: Willkommenskultur) bezüglich der Ansiedlung und Integration von Flüchtlingen bei einer zusätzlichen Ansiedlung von mehreren Tausend Flüchtlingen kippen kann? 8. Wie gedenkt der Senat ein solches Kippen der Stimmung, welches, wie die Erfahrung der letzten Monate zeigt, mit einem spürbaren Wegfall von freiwilligen Helfern einhergehen würde, abzufedern und wie rechtfertig er eine derartige Überbelastung eines Stadtteils? Die Willkommenskultur der Rissener Bürger zeigt sich im vielfachen Bemühen von Vereinen und Bürgerinitiativen eine verträgliche Integration herzustellen. f & w stimmt bereits jetzt schon seine Maßnahmen und Angebote am Standort Sieverstücken mit den langjährigen und erfahrenen freiwilligen Helfern ab. Grundsätzlich verfügt f & w über langjährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit den direkten Nachbarn und den Stadtteilen, um Wohnunterkünfte zur öffentlichen Unterbringung möglichst konfliktfrei zu betreiben. In der Regel können Probleme, die sich im Rahmen des Zusammenlebens von bestehender Nachbarschaft und neu hinzuziehenden Bewohnern der Unterkünfte ergeben, durch Runde Tische, direkte Gespräche in der Unterkunft, Besuche von Nachbarn bei öffentlichen Veranstaltungen der Unterkünfte (Sommerfeste et cetera) sehr gut gelöst werden. Eine Überbelastung der Stadtteile Rissen und Sülldorf wird von den zuständigen Behörden nicht gesehen. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass ein Gebiet wie Rissen/Sülldorf wie auch andere Stadtteile in der Lage ist, eine größere Anzahl von Flüchtlingen aufzunehmen und zu integrieren. Die bisherigen Erfahrungen im Bezirk Altona zeigen, dass weiterhin ein ausgeprägtes zivilgesellschaftliches Engagement besteht. Darüber hinaus ist in Rissen/Sülldorf der Einsatz eines Quartiersmanagement (QM) in Planung. Das QM wird das Zusammenleben der zugewanderten und der einheimischen Bevölkerung, im Sinne eines interkulturellen Quartiers, aktiv mitgestalten und unterstützen. Aufkeimende Vorurteile können frühzeitig erkannt und bearbeitet sowie entstehende Konflikte gelöst werden. Zum Planungsstand hinsichtlich der Folgeunterkunft auf der Suurheid/ Bebauungsplan (im Folgenden „B-Plan“) Rissen 45/Sülldorf 22: 9. Welche Überlegungen, Parameter und Berechnungsgrundlagen liegen der schon in der Drs. 21/1838 (bestätigt in Drs. 21/2058) definierten Zahl von circa 800 Wohnungen für 4.000 Flüchtlinge, die der Senat auf der Fläche Suurheid/B-Plan Rissen 45/Sülldorf 22 bauen lassen will, zugrunde? Ziel ist es, bis Ende 2016 möglichst viele Flüchtlinge in neugebauten Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende im Standard des sozialen Wohnungsbaus unterzubringen . In jedem Bezirk werden dafür bis zu 800 Wohneinheiten neu gebaut, die jeweils mit circa fünf Flüchtlingen belegt werden sollen. 10. Inwieweit wird in die Planung miteinbezogen, dass die Integration derart vieler Flüchtlinge auf engstem Raum von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist? Umgekehrt gefragt: Inwieweit lag der Fokus des Senats hier vor allem auf dem vorhandenen Bauplatz und der Tatsache, dass die Wohnungsbebauung bereits grundsätzlich zugelassen worden war? Der Standort impliziert auch aufgrund der planerischen Ausweisung als Wohngebiet eine Eignung als dauerhafter Wohnort und hat das Potenzial für einen neuen nachhaltigen Stadtbaustein. Daher sind die Voraussetzungen für die Integration von Flüchtlingen an diesem Ort grundsätzlich günstig. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2304 5 11. Nach welchem − nicht zwingend offiziellen – Schlüssel beziehungsweise welchen Kriterien bemessen Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden intern, wie viele Flüchtlinge ein Stadtteil aufnehmen kann/ muss? Welche „Flüchtlinge-pro-Einwohner“-Relation wird dabei als tragbar erachtet? Wo liegt nach Auffassung des Senats eine Grenze aus Gründen der Machbarkeit der Integration? Es werden aufgrund der aktuellen Lage fortlaufend neue Standorte für die öffentlichrechtliche Unterbringung mit unterschiedlichen Platzkapazitäten benötigt. Ziel des Senats ist dabei eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Unterkünfte über alle Stadtteile. Mit einer Obergrenze der „Flüchtlinge pro Einwohner Relation“ hat sich der Senat vor dem vorgenannten Hintergrund bisher nicht befasst. 12. Wie gehen der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden mit der nachvollziehbaren Forderung der betroffenen Rissener und Sülldorfer Bürger um, „zuerst die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen zu planen und umzusetzen, bevor man über die konkreten Flüchtlingszahlen für einen Standort verhandeln könne“? Es ist vorgesehen, die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen begleitend mit zu planen und die Infrastrukturen entsprechend des Bedarfes anzupassen. 13. Inwieweit sieht der Senat das Risiko, dass die Rissener und Sülldorfer Bürger den Bau der Folgeunterkunft auf der Fläche Suurheid über eine verwaltungsgerichtliche Klage verzögern? Wäre es insofern nicht sinnvoller , sich von vorneherein, im Einklang mit den Betroffenen, auf eine „integrierbare Zahl von Flüchtlingen“ im Sinne ihrer Forderung zu beschränken? Der Senat betrachtet Klagemöglichkeiten nicht als Risiko, sondern als selbstverständliche Möglichkeiten eines Rechtsstaats, das Handeln der Verwaltung auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Das korrespondiert mit der ebenso selbstverständlichen Verpflichtung des Senats, bei der Ansiedlung von Flüchtlingsunterkünften das geltende Recht einzuhalten. 14. In seiner Antwort zu Frage 6. der Drs. 21/2058 führt der Senat aus, dass „die Genehmigung über Befreiungen nach § 31 Absatz II Nummer 1 BauGB vom zuständigen Bezirksamt geprüft wird“ und dass „im Falle der Genehmigung über Befreiung keine Änderung des Bebauungsplanes erforderlich ist“. In Bezug auf welche Festsetzungen des Bebauungsplanes hält der Senat eine Befreiung für erforderlich? Rechnet der Senat mit der Erteilung der Befreiung? Wenn ja, warum, wenn nein: welche Gründe könnten der Erteilung der Befreiung entgegenstehen und wären diese aus heutiger Sicht des Senats heil- beziehungsweise behebbar? Wenn ja, wie? Könnte es sich bei der Befreiung in dem geforderten Umfang um einen „Planersatz“ handeln? Die Prüfung, ob hier eine Befreiung nach § 31 Absatz 2 BauGB erteilt werden kann, ist noch nicht abgeschlossen. 15. Ist für die Erteilung der Befreiung im Sinne des § 31 Absatz II BauGB eine öffentliche Anhörung notwendig, wenn ja, wann und wo wird diese erfolgen, welche Rechte stehen den anzuhörenden Bürgern zu, welche Bindungswirkung entfalten Widersprüche im Rahmen dieses Verfahrens ? Mit welcher zeitlichen Verzögerung wäre in diesem Fall und aus welchen Gründen zu rechnen? Nein. 16. Für den Fall, dass die Bezirksversammlung eine Befreiung in Bezug auf Baumasse, Baunatur und Geschosszahl nicht zustimmen sollte, beabsichtigt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde eine Ände- Drucksache 21/2304 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 rung des B-Plans im vereinfachten Verfahren gemäß § 13 BauGB zu erwirken? Der Senat hat sich damit noch nicht befasst. 17. Welche Anhörungsverpflichtungen bestünden im Rahmen des Verfahrens nach § 13 BauGB, welche Wirkung haben Widersprüche in diesem Verfahren? In einem Verfahren nach § 13 BauGB sind die betroffene Öffentlichkeit sowie die berührten Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange zu beteiligen. Im Rahmen des § 13 BauGB kann auf die frühzeitige Beteiligung nach den § 3 Absatz 1 und § 4 Absatz 1 BauGB verzichtet werden. Anstatt einer öffentlichen Auslegung der Planunterlagen und der öffentliche Bekanntmachung dieser Auslegung nebst der Information über die Stellungnahmemöglichkeiten zu den Planunterlagen kann der betroffenen Öffentlichkeit auch in anderer Weise Gelegenheit zur Stellungnahme in angemessener Frist gegeben werden. Auch den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben. „Widersprüche“ sind in diesem Verfahren nicht vorgesehen. Alle fristgerecht eingehenden Stellungnahmen einschließlich derjenigen, die dem Planungsvorhaben widersprechen, sind in die Abwägungsentscheidung einzustellen. 18. Wird die Möglichkeit einer Änderung des B-Plans im vereinfachten Verfahren gemäß § 13 BauGB derzeit parallel zur Befreiung nach § 31 Absatz II geprüft und welches Vorgehen würde dem Senat beziehungsweise den zuständigen Behörden im Hinblick auf die Modifikation des bisherigen B-Plans das größere Maß an Gestaltungsfreiheit einräumen? Nein. Ein Verfahren zur Änderung des B-Plans ist nicht beabsichtigt und erforderlich. Die Erteilung von Befreiungen oder Abweichungen ist keine „Modifikation des bisherigen B-Plans“ und daher kein Ausdruck von „Gestaltungsfreiheit“, sondern eine rechtlichen Bindungen unterliegende Ermessensentscheidung, bei der öffentliche Belange einschließlich der Belange der Flüchtlingsunterbringung ebenso wie die nachbarlichen Interessen zu berücksichtigen sind. 19. Erfüllte die am 18. November 2015 angesetzte Sitzung/Informationsveranstaltung des Planungsausschusses der Bezirksversammlung Altona die Anforderungen an eine öffentliche Anhörung im Sinne der vorgenannten baugesetzlichen Verfahren? Nein. Bei der Veranstaltung am 18. November 2015 handelte es sich um eine Informationsveranstaltung , die nicht im Rahmen eines Bauleitplanverfahrens stattfand. Anforderungen aus dem Baugesetzbuch waren daher nicht zu beachten. 20. Wenn ja, in welcher Weise wurde der Öffentlichkeit im Vorfeld hinreichend Gelegenheit zur inhaltlichen Vorbereitung auf die Anhörung gegeben beziehungsweise besteht hier nicht die Verpflichtung, die konkreten, modifizierten Pläne der Öffentlichkeit zugänglich zu machen? Wenn ja, für welchen Zeitraum müssen diese Pläne öffentlich ausliegen und ist dies bereits erfolgt? Entfällt. 21. In der Begründung zum B-Plan Suurheid/Rissen 45/Sülldorf 22 wird auf den Seiten 31, 32 detailliert aufgelistet, welche Strukturen das zukünftige Wohngebiet haben soll. So heißt es dort insbesondere, dass „der Nachfrage nach familienfreundlichem Wohnungsbau in Form von Ein- und Mehrfamilienhäusern in Form von Geschosswohnungsbau Rechnung getragen werden soll“ in Form von „durchgrünter, lockerer 2- geschossiger Bebauung, überwiegend aus Doppelhäusern“, vorgesehen seien „ein Kindertagesheim, Mehrgenerationenwohnungen, Spielplätze und Freiflächen als Gemeinschaftsanlagen, viel Grün, Ladennutzung zur örtlichen Versorgung, insgesamt ein „relativ strenges Konzept, welches eine identifikationsstiftende städtebauliche Gesamtstruktur entstehen lassen sollte“. Weiter heißt es, dass „das neu ausgewiesene Wohngebiet Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2304 7 eine Nutzungsmischung erhalten soll mit Raum für soziale Einrichtungen , Arbeitsstätten, nicht störende Handwerksbetriebe und Läden“. Nunmehr heißt es, dass von dem Konzept zugunsten einer mehrgeschossigen Bauweise abgewichen werden soll, damit letztlich nahezu vier Mal so viele Wohneinheiten entstehen können wie ursprünglich geplant. Inwieweit sieht sich der Senat bei der Anpassung des B-Plans an die Bedarfslage der Folgeunterkünfte für 4.000 Flüchtlinge an die übrigen Gestaltungsmerkmal des ursprünglichen B-Plans gebunden beziehungsweise welche Gestaltungselemente würde man, insbesondere mit Blick auf die für „später“ angekündigte Zuführung der Wohnungen zum sozialen/regulären Wohnungsmarkt, erhalten wollen? 22. Sofern man sich im Rahmen des Baus der Folgeunterkünfte nicht an die Vorgaben des B-Plans halten will/wird: Wie soll zu einem späteren Zeitpunkt den bei Erstellung des Ausgangs-B-Plan relevanten, städtebaulichen Planungserwägungen Rechnung getragen werden und wer kommt für die absehbaren Mehrkosten auf? Bindend sind die Festsetzungen des Bebauungsplans, von denen nur im Rahmen des baurechtlich Zulässigen abgewichen werden kann. Der B-Plan Rissen 45/Sülldorf22 weist eine zwei- bis drei(mehr-)geschossige Bauweise als allgemeines Wohngebiet auch heute schon aus. Spielplätze und Freizeitflächen, Gemeinschaftsanlagen, Läden und Raum für soziale Einrichtungen sind weiterhin vorgesehen. Das städtebauliche Konzept wird somit weitestgehend erhalten. 23. In der Drs. 21/2058 heißt es hinsichtlich der Beschulung der schulpflichtigen Kinder aus der zukünftigen Unterkunft Suurheid, dass man „den Ausbau der Schule Lehmkuhlenweg in Erwägung ziehe“, in der Begründung zum (Ausgangs-)B-Plan Suurheid werden sowohl die Schule Lehmkuhlenweg als auch die Schule Marschweg als potenzielle Schulen benannt, „die den zu erwartenden Spitzenbedarf von ½ Grundschulzug würden abdecken können (siehe Seite 32 der Begründung)“. Wie rechtfertigt der Senat einen Plan, der nunmehr eine Schule allein mit dem Beschulungsthema betraut? Wie soll in diesem Fall die Integration der Flüchtlingskinder in großer Zahl gelingen? Wie wird sichergestellt, dass das Leistungsniveau der Schule erhalten bleibt? Wie die genaue Beschulung der schulpflichtigen Kinder organisiert wird, hängt unter anderem von der Altersstruktur der Kinder ab, also der Frage, wie hoch der Anteil der Kinder ist, die eine Grundschule besuchen werden und wie groß der Anteil derer, die auf weiterführende Schulen gehen werden. Mit dem Hinweis auf eine mögliche bauliche Erweiterung am Standort Lehmkuhlenweg wird lediglich ein Weg aufgezeigt, wie die zusätzlich benötigten Kapazitäten geschaffen werden könnten. Ob diese Räume für Flüchtlingskinder genutzt werden oder ob im Rahmen der Schulorganisation auch andere Schulen hieran beteiligt werden, ist damit noch nicht festgelegt. Auch wenn die Flüchtlingskinder auf mehrere Schulen verteilt werden, müssen zusätzliche Kapazitäten für die gesamte Schülerschaft der Region geschaffen werden. Hierfür wäre der Standort Lehmkuhlenweg aufgrund seiner Lage gut geeignet. Verfahrenfragen zum „Flüchtlingsunterbringungs-Maßnahmengesetz“: 24. Der Senat hatte angekündigt, eine Senatsdrucksache betreffend das „Flüchtlingsunterbringungs-Maßnahmengesetz“ zu veröffentlichen. Ist dies erfolgt, wenn ja, wann und mit welchem Inhalt beziehungsweise unter Modifikation welcher landesrechtlichen Vorschriften? Welche Gremien waren an der Erstellung der Drucksache beteiligt? 25. Wenn nein: wann ist die Veröffentlichung dieser Senatsdrucksache zu erwarten, welche Gremien sind an ihrer Erstellung beteiligt und welchen Inhalt wird sie haben? Der Senat hat am 2. September 2014 eine Senatsdrucksache über einen Gesetzesantrag Hamburgs im Bundesrat betreffend Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Drucksache 21/2304 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 8 Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen (Flüchtlingsunterbringungs-Maßnahmengesetz ) beschlossen. Der Senatsbeschluss findet sich im Transparenzportal unter http://daten.transparenz.hamburg.de/Dataport.HmbTG.ZS.Webservice.GetRessource 100/GetRessource100.svc/63cc526f-fdff-4ff5-a4fe-a87272b16885/Akte_740.07- 02.pdf. Der Gesetzesantrag ist in den Bundesrat eingebracht und dort beschlossen worden. Er bildete die Grundlage für das Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20. November 2014, welches am 26. November 2014 in Kraft getreten ist. Das Gesetz beinhaltete Änderungen des Baugesetzbuches zur erleichterten Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden . 26. Falls der Verfahrensgang zu dem neuen Schnellbauverfahren nach § 246 BauGB bereits geklärt sein sollte: Welche Gremien der Bezirksversammlung sind in die Änderung/Neufassung des B-Plans Rissen 45/ Sülldorf 22 beziehungsweise grundsätzlich in das Schnellbauverfahren in welcher Form einzubinden? § 246 des Baugesetzbuchs (BauGB) regelt kein „Schnellbauverfahren“, sondern enthält unter anderem Regelungen zur planungsrechtlichen Zulässigkeit von Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende. Die bestehenden hamburgischen Zuständigkeitsregelungen und Regelungen über die Beteiligung von bezirklichen Gremien werden durch die Vorschrift grundsätzlich nicht verändert. Allerdings liegt die Zuständigkeit für die Abweichungsentscheidungen nach § 246 Absatz 14 Baugesetzbuch – wie bisher schon für die nach § 37 BauGB – bei der höheren Verwaltungsbehörde, also in Hamburg bei der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen.