BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2320 21. Wahlperiode 27.11.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 20.11.15 und Antwort des Senats Betr.: Hat der Senat bei den Cannabis-Experimenten der vergangenen Monate die Suchtprävention aus den Augen verloren? Die von den GRÜNEN geplante und von der SPD tolerierte Werbeveranstaltung , das im Koalitionsvertrag geforderte Modellprojekt zur straffreien Abgabe vom Cannabis, bleibt den Hamburgern erspart. Als Bilanz bleibt allerdings übrig, dass die GRÜNEN auf dem Rücken suchtkranker und suchtgefährdeter Menschen ein Prestigeprojekt durchsetzen wollten und die SPD sie dabei aus Koalitionsräson viel zu lange gewähren ließ. Der Suchtprävention in Hamburg wurde durch dieses polit-taktische Gebaren erheblicher Schaden zugefügt, der umgehend wieder gutgemacht werden muss. Suchtprävention ist das Gebot der Stunde. Denn der Cannabis- Konsum war gerade bei Kindern und Jugendlichen bereits in den vergangenen Jahren in Hamburg erschreckend stark gestiegen. Viele junge Menschen müssen inzwischen wegen ihrer Drogensucht ambulant oder sogar stationär behandelt werden. Deshalb hat die CDU seit Langem vor den fatalen Folgen einer Verharmlosung des Drogenkonsums gewarnt. Unter anderem deshalb haben die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV), das Büro für Suchtprävention (BfS) und das SuchtPräventions Zentrum (SPZ) der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) im Sommer des vergangenen Jahres die Kampagne „BLEIB STARK! BLEIB DU SELBST“ gestartet, allerdings mit einjähriger Verspätung. Im Zentrum steht ein Ideen- und Mitmachwettbewerb, bei dem Jugendliche über einen Zeitraum von mehreren Wochen eigene Beiträge im Internet hochladen und sich darin mit den Themen Cannabis und Kiffen auseinandersetzen sollen. Die Beiträge werden von einer Fachjury am Ende des Zeitraums bewertet, woraufhin im Anschluss ein Gesamtgewinner gekürt wird. Für den ersten Durchgang, der bis Dezember 2014 lief, wurden laut meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage aus dem März 2015 (Drs. 21/35) seitens der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) 123.000 Euro ausgegeben . Hinzu kamen Geldspenden in Höhe von 7.500 Euro. Die Ergebnisse einer vom BfS vorgenommenen Evaluation sollten im 1. Quartal 2015 vorliegen , taten es Mitte März 2015 aber noch nicht. Seit dem 16. November 2015 läuft die zweite Runde des Ideenwettbewerbs. In der begleitenden Pressemitteilung der BGV vom 13. November 2015 wurde interessanterweise nicht das Ziel ausgegeben, den Cannabiskonsum zu verringern. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Drucksache 21/2320 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Was hat die Kampagne „BLEIB STARK! BLEIB DU SELBST!“ inklusive Planung, Durchführung, Website und Preisverleihung bisher insgesamt gekostet und wer hat welche Kosten getragen? Bitte aufschlüsseln nach Kostenträgern und ihren jeweiligen finanziellen Beiträgen. Für die Entwicklung und Durchführung der auf Nachhaltigkeit angelegten Cannabis- Präventionskampagne, hat die BGV 2014 insgesamt 124.493,87 Euro aufgewendet. Für die aktuelle Durchführung des begleitenden Aktionswettbewerbs inklusive der Umgestaltung der Webseite, der Herstellung von Printprodukten, der Durchführung des Wettbewerbs und der vom Büro für Suchtprävention geplanten Peer-Aktionen wurden für 2015 25.546,45 Euro veranschlagt. Eine detaillierte Auflistung der Kosten erfolgt im Rahmen des Zuwendungsnachweises und kann erst 2016 dargelegt werden . Zusätzlich wurde aufgrund der großen Nachfrage aktuell der Fachkräfte-Flyer nachgedruckt. Hier entstanden Kosten in Höhe von 1.174,53 Euro. 2. Liegt der in Drs. 21/35 angekündigte Evaluationsbericht des BfS mittlerweile vor? Wenn ja, bitte beifügen. Wenn nein, warum nicht? Ja. Der Bericht steht unter www.sucht-hamburg.de/uploads/docs/721.pdf online zur Verfügung. 3. Wie bekannt sind die Kampagne und der Wettbewerb bei Jugendlichen in Hamburg? Die Kampagne ist breit angelegt und bekannt gemacht worden, zum Beispiel in Schulen und Hochschulen sowie durch einen Facebook-Auftritt. Siehe Antwort zu 6. Daher ist von einem hohen Bekanntheitsgrad auszugehen. 4. Welche Personen waren oder sind Mitglieder der Fachjury zur Bewertung der Wettbewerbsbeiträge? 2014 waren Vertreterinnen und Vertreter des Büros für Suchtprävention, des Sucht- PräventionsZentrums (SPZ) des Landesinstituts für Lehrerbildung, der BKK Nord- West, der AOK Rheinland/Hamburg, des ausrichtenden Unternehmens Acrobat+, drei Jugendliche, die bereits in die Konzeptionierung der Kampagne eingebunden waren, ein Filmproduzent, ein Musikproduzent, Vertreter der Kö16a und der zuständigen Behörde in der Jury vertreten. Die Jury für die Preisverleihung 2016 steht noch nicht fest. 5. Nach welchen Kriterien wurde und wird diese Fachjury besetzt und wer entscheidet final über die Besetzung? Die Besetzung der Fachjury wurde und wird gemäß den für den jeweiligen Wettbewerb notwendigen fachlichen Anforderungen festgelegt. Dies erfolgte in gemeinsamer Absprache zwischen dem Büro für Suchtprävention, dem SPZ des Landesinstitut für Lehrerbildung (LI) und der Behörde. 2014 wurde aufgrund der Bandbreite der damals möglichen Beiträge die Film-, Werbungs- und Musikbranche in die Jury eingebunden. 6. Welche Akteure hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde außer den oben genannten Einrichtungen in die Kampagne miteingebunden ? a) Sind Hamburgs Schulen und Hochschulen in die Kampagne involviert worden beziehungsweise ist dies für die Zukunft geplant? Ja. b) Sind Ausbildungsstellen, Handelskammer und Handwerkskammer in die Kampagne involviert worden beziehungsweise ist dies für die Zukunft geplant? Ja. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2320 3 c) Sind sonstige soziale Einrichtungen, Diakonie, Jugendeinrichtungen , Sozialarbeiter, Sportvereine et cetera in die Kampagne involviert worden beziehungsweise ist dies für die Zukunft geplant? Ja. d) Sind Vertreter des Gesundheitswesens (Ärzte, Forscher, Krankenkassen ) in die Kampagne involviert beziehungsweise ist dies für die Zukunft geplant? Ja. 7. Welche weiteren Präventionsmaßnahmen plant der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde für die Zukunft und welche Hamburger Akteure will er miteinbinden? Aktuell sind im Bereich der Cannabis-Prävention über die derzeit laufenden Maßnahmen zu „BLEIB STARK!“ und der in der Antwort zu 10. genannten aktuellen Projekte keine weiteren Beiträge der zuständigen Behörde zu diesem Themenfeld geplant. Davon unbenommen erfolgt die Prävention über die Suchthilfeträger. 8. Ist es eines der Ziele der Kampagne, den Cannabis-Konsum zu verringern ? Wenn ja, warum wurde dieses Ziel nicht in der BGV vom 13. November 2015 erwähnt? Wenn nein, warum nicht? Ja, die Verringerung des Konsums psychotroper Substanzen ist immer impliziter Bestandteil aller Maßnahmen der Suchtprävention und muss daher nicht zwingend in jeder Mitteilung erwähnt werden. 9. Welche Veränderungen wurden in der zweiten Runde des Ideen- und Mitmachwettbewerbs im Vergleich zur ersten vorgenommen und was sind die Gründe für diese Veränderungen? Wesentlicher Bestandteil der zweiten Runde des Ideen- und Mitmachwettbewerbs ist eine niedrigschwellige Auseinandersetzung mit dem Thema Cannabis. Hierzu wurden Postkarten entwickelt, auf denen Jugendliche ihre Statements zum Thema Cannabis verfassen können. Diese können an das Büro für Suchtprävention geschickt und auf www.bleib-stark.com veröffentlicht werden. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit der Teilnahme an einem Wettbewerb, in dem die besten Statements prämiert werden. Der Verlaufszeitraum der Kampagne wird ausgedehnt. Die Neuausrichtung erfolgte auf Grundlage der Auswertung der Evaluation und wurde in enger Abstimmung mit den Akteuren der Suchtprävention weiterentwickelt. 10. Welche Maßnahmen, die über die oben genannte Kampagne hinausgehen , hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde seit dem Beginn der laufenden Wahlperiode durchgeführt und was haben diese Maßnahmen jeweils gekostet? Auf der Grundlage der Hamburger Bildungspläne (Aufgabengebiete Gesundheitsförderung , Suchtprävention) und der Bürgerschaftsdrucksache „Grundlagen und Ziele der Suchtprävention für junge Menschen in Hamburg (Drs. 20/12302) werden in Hamburger Schulen neben der Förderung von Lebenskompetenzen integrierte unterrichtliche Angebote zur Tabak-, Alkohol- und Cannabisprävention umgesetzt (siehe www.li.hamburg.de/spz). Darüber hinaus unterstützt das SPZ des LI Schulen bei der Weiterentwicklung schulischer Gesamtkonzepte zur Suchtprävention, um sowohl präventiv als auch im Bereich der Frühintervention Schülerinnen und Schüler zu schützen und zu unterstützen. Spezifische Angebote zur Cannabisprävention sind in dem Gesamtkonzept zur schulischen Suchtprävention integriert. Vor diesem Hintergrund lassen sich die Kosten ausschließlich für Cannabis-Prävention nicht ausweisen. Für erstauffällige Drogenkonsumentinnen und -konsumenten bietet die Suchtberatungsstelle für junge Menschen Kö16a der für Gesundheit zuständigen Behörde das Beratungs- und Kursangebot FreD (Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkon- Drucksache 21/2320 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 sumentinnen und -Konsumenten) an. Da das Angebot integraler Bestandteil der Beratungsstelle ist, sind die Kosten hierfür nicht bezifferbar. Das Deutsche Zentrum für Suchtfragen des Kindes und Jugendalters am UKE (DZSKJ) und die medizinische Hochschule Rostock haben, im Rahmen einer Forschungsarbeit , speziell für Cannabiskonsumentinnen und -konsumenten das Ausstiegsprogramm „CAN Stop Intramural“ entwickelt. Das Programm wird aktuell in der Behandlung auf der Suchtstation des UKE angewendet. Ein Herausrechnen der Kosten für dieses einzelne Angebot aus den jeweiligen Behandlungs-Tagesssätzen ist nicht möglich. Im erweiterten Rahmen der genannten Kampagne wurden Info-Flyer für Eltern und pädagogische Fachkräfte zum Thema Cannabis veröffentlicht. Für Eltern wurde ebenfalls eine umfangreiche Broschüre zum erzieherischen Umgang mit dem Thema erstellt. Die Materialien können über den Materialversand der zuständigen Behörde bezogen werden. Darüber hinaus ist grundsätzlich die Cannabis-Prävention mit den Aufgaben Koordination , Aufklärung und Information eine Regelaufgabe des Büros für Suchtprävention und damit integraler Bestandteil der gewährten Zuwendung.