BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2327 21. Wahlperiode 27.11.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 20.11.15 und Antwort des Senats Betr.: Bebauung Gleisdreieck, Oberbillwerder, Allermöhe III In Bezug auf die Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft, Drs. 21/1838 vom 3.11.2015, sowie die Senatsdrs. 2015/1960 sowie meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/2150 frage ich den Senat: Bei der sogenannten Fläche Oberbillwerder handelt es sich um die Fläche, die im Flächennutzungsplan nördlich des S-Bahnhofs Allermöhe als Wohnbaufläche dargestellt ist. Zurzeit liegen keine Planungen für diese Fläche vor. Derzeit ist ausschließlich eine Bebauung der Fläche des sogenannten Gleisdreiecks östlich des Mittleren Landwegs vorgesehen. Eine darüber hinausgehende bauliche Entwicklung am Mittleren Landweg ist derzeit noch nicht abschließend definiert. Diese soll vor allem in der von der Bezirksversammlung Bergedorf (Sitzung am 24. September 2015) beschlossenen Masterplanung erarbeitet werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Ist es zutreffend, dass die zur Bebauung mit circa 800 Wohnungen für Flüchtlinge vorgesehene Fläche des „Gleisdreiecks Billwerder“ derzeit ein wichtiges Verbindungselement zwischen den Naturschutzgebieten „Boberger Niederung“ und „Die Reit“ darstellt? Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde diese Fläche unter naturschutzfachlichen Aspekten (inklusive des Arten- und Habitatschutzes)? Bitte vorliegende Gutachten beifügen. Die Fläche des „Gleisdreiecks Billwerder“ stellt kein wichtiges Verbindungselement zwischen den Naturschutzgebieten „Boberger Niederung“ und „Die Reit“ dar. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist die Fläche als geringwertig einzustufen. Es handelt sich um stark verarmtes Grünland und eingesäte Grasäcker mit nährstoffreichen Gräben. 2. Ist es zutreffend, dass das geplante Naturschutzgebiet in Allermöhe als letzter Landschaftskorridor zwischen den Naturschutzgebieten Boberger Niederung und Die Reit – die „Allermöher Marsch“ – sowohl als Ausgleichfläche für den Bau der A 26 wie auch für die Bebauung des „(alten) Gleisdreiecks Billwerder“ vorgesehen ist? Wenn ja, bitte ausführen, wie dieselbe Fläche als Ausgleichsfläche „doppelt“ für zwei verschiedene Bauvorhaben dienen kann. Wenn nein, welche Ausgleichflächen sind jeweils für die A 26 und das „Gleisdreieck Billwerder“ vorgesehen? Drucksache 21/2327 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Nein. Im Landschaftskorridor Allermöhe sind für den Bau der A 26 Teilflächen zur Umsetzung von Ersatzmaßnahmen nach der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung vorgesehen. Ersatzmaßnahmen für die Bebauung des Gleisdreiecks Billlwerder hat das Sondervermögen Naturschutz und Landschaftspflege in Curslack bereitgestellt. Zusätzlich zum gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleich soll der gesamte Landschaftskorridor als Naturschutzgebiet (NSG) gesichert werden, um die Kohärenz des Schutzgebietssystems in Hamburg aufrechtzuerhalten. 3. Wie soll die bereits im Biotopverbund befindliche „Allermöher Marsch“ südlich des Gleisdreiecks die Zerstörung des Korridors zwischen Boberger Niederung und Reit verhindern, zumal die nördliche Fläche (Gleisdreieck ) mit Unterkünften für die Belegung mit mehr als 4.000 Flüchtlingen und Asylbewerbern bebaut werden soll? Das geplante NSG „Allermöher Marsch“ beinhaltet die entscheidenden Flächen des Biotopverbunds und damit auch des Landschaftskorridors. Eine ausreichende Verbindung zwischen den Naturschutzgebieten „Boberger Niederung“ und „Die Reit“ ist damit gewährleistet. Die Flächen des Gleisdreiecks sind kein Bestandteil des Biotopverbunds . 4. Wie soll zudem die Zerstörung des Korridors zwischen Boberger Niederung und Reit verhindert werden, wenn auf den Wiesen zwischen den S-Bahn-Gleisen und dem Billwerder Billdeich eine Großsiedlung für 15.000 Bewohner entstehen soll (SPD-Vorschlag)? Eine Bebauung der Flächen entsprechend des geltenden Flächennutzungsplanes würde die Funktion des verbleibenden „Biotopkorridors“ nicht wesentlich beeinträchtigen . Das wertvolle Grünland könnte zum weit überwiegenden Teil erhalten bleiben. Die Planungen für das neue NSG „Allermöher Marsch“ wären ebenso wie die Biotopverbindung zwischen dem NSG „Boberger Niederung“ und dem NSG „Die Reit“ nicht betroffen. 5. Sind bereits Prüfungen hinsichtlich notwendiger Wasserstandsenkungen zur Bebauung der feuchten Marschen in Bezug auf angrenzende Biotope und insbesondere die Naturschutzgebiete Boberger Niederung und Die Reit vorgenommen worden? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Gegebenenfalls bitte Gutachten beifügen . Wenn nein, wieso nicht und gegebenenfalls wann sollen diese erfolgen? Bisher haben keine Prüfungen stattgefunden. Bei Bedarf wird das Bezirksamt entsprechende Gutachten in Auftrag geben. 6. Nach dem vorgestellten Lageplan für die Bebauung des Gleisdreiecks (Präsentation „MILA“ vom 4.11.2015) sind auf dieser Fläche weder Nahversorgungsmöglichkeiten noch Bildungseinrichtungen, Räume für Sportvereine oder Ähnliches vorgesehen. Wie will der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde sicherstellen, dass die für einen neuen Stadtteil notwendige Infrastruktur schon bei Bezug der Fläche durch die Flüchtlinge zur Verfügung steht? Der Senat wird gemeinsam mit dem Bezirksamt und den zuständigen Dienststellen die Versorgung mit sozialer Infrastruktur sicherstellen. Gegenwärtig laufen entsprechende Prüfungen, sind aber noch nicht abgeschlossen. Nahversorgungsangebote werden voraussichtlich außerhalb der Fläche „Gleisdreieck“ in unmittelbarer Nähe vorgesehen. Der Investor sieht innerhalb des Quartiers beziehungsweise der Gebäude Flächen für Kindertagesheime sowie Begegnungsräume vor, die unterschiedlich genutzt werden können. 7. Laut Senat sind „Wohnbauflächen in Oberbillwerder zwischen dem S-Bahnhof Allermöhe und dem Billwerder Billdeich (…) nicht identisch mit dem Umfeld des S-Bahnhofs Mittlerer Landweg“, der ein „Siedlungsschwerpunkt “ „mit weiteren Quartieren“ „rund um“ werden soll, „um eine Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2327 3 Isolation der neuen Siedlung zu vermeiden.“ Wie ist das konkret zu verstehen ? Bitte auf einer Landkarte einzeichnen. a. Wo endet der Siedlungsschwerpunkt mit weiteren Quartieren rund um die S-Bahn-Station Mittlerer Landweg? An welche Flächen ist hier gedacht? b. Wo enden die Wohnbauflächen in Oberbillwerder? c. Wie groß sind die Flächen zwischen dem Siedlungsschwerpunkt Mittlerer Landweg und Oberbillwerder und was soll dort geplant werden? d. Welche Bebauung ist jeweils vorgesehen und für wie viele Bewohner ? 8. Welchen Zeitplan verfolgt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde bei der Entwicklung des Siedlungsschwerpunkts „Oberbillwerder “? Wie wird er bis zur Fertigstellung die von ihm selbst befürchtete „Isolation“ des Gleisdreiecks verhindern? 9. Mit wie vielen Bebauungsplanverfahren rechnet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde insgesamt zur Verwirklichung von Oberbillwerder beziehungsweise dem Siedlungsschwerpunkt Mittlerer Landweg ? Siehe Vorbemerkung. 10. Inwieweit sind Ideen zur Bebauung im Einzelnen mit der Bezirksversammlung Bergedorf abgestimmt? Der Stadtentwicklungsausschuss Bergedorf wurde am 4. November 2015 im nicht öffentlichen Teil über das Bebauungskonzept „Gleisdreieck“ informiert. 11. Kommt der Bebauungsimpuls aus dem Bezirk oder dem Senat? Die Fläche „Gleisdreieck“ und die umliegenden Bereiche sind schon seit längerer Zeit Bestandteil des Bergedorfer Wohnungsbauprogramms. Dort sind sie als Prüfflächen definiert. 12. Wie haben sich politischen Gremien und Parteien der Bezirksversammlung Bergedorf zu den Plänen im Einzelnen eingelassen? Die Bezirksversammlung Bergedorf hat sich in ihren Sitzungen am 24. September 2015 und am 29. Oktober 2015 mit dem Thema befasst. Im Übrigen siehe Drucksachen der Bezirksversammlung Bergedorf Nummern 20-0548, 20-0551, 20-0572, 20- 0572.1 und 20-0572.2. 13. Wann und wie sollen die Bürger in diese, die Marschlande grundlegend verändernde Vorhaben einbezogen werden? Über die Entwicklung der Fläche „Gleisdreieck“ wurde in einer Veranstaltung am 6. Oktober 2015 informiert, eine weitere öffentliche Veranstaltung wird am 4. Dezember 2015 stattfinden. Im Rahmen der Masterplanung Mittlerer Landweg ist eine Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger vorgesehen. 14. Welche Auswirkungen werden die Wohnbauflächen in Oberbillwerder und ein Siedlungsschwerpunkt im Umfeld des S-Bahnhofs Mittlerer Landweg sowie Unterkünfte für die Belegung mit mehr als 4.000 Flüchtlingen und Asylbewerbern im Gleisdreieck auf die Marschlande in ihrer jetzigen Struktur und in ihrer jetzigen Funktion haben? 15. Ist es politischer Wille des Senats, die Marschlande in ihrer jetzigen Struktur und in ihrer jetzigen Funktion aufzulösen? Wenn nein, welcher Kern bleibt von der jetzigen Struktur und Funktion der Marschlande nach der Bebauung von Oberbillwerder und dem Umfeld des S-Bahnhofs Mittlerer Landweg erhalten? Drucksache 21/2327 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 16. Auf welchen Flächen soll die verdrängte Landwirtschaft zukünftig stattfinden ? 17. Welche Kompensationen sind für die betroffene Landwirtschaft vorgesehen , deren wirtschaftliche Grundlage durch den Entzug der Pachtflächen entzogen wird? 18. Was soll mit den Kleingärten und den weiteren Anrainern geschehen? Siehe Vorbemerkung. 19. Soll eine Wegeverbindung nach Neuallermöhe-West die „Integration der Fläche (Gleisdreieck) in den Quartierszusammenhang“ darstellen? Wenn ja, wie soll die Infrastruktur in Neuallermöhe diese Herausforderung schaffen? Die vorhandenen Wegeverbindungen sowie die S-Bahn-Anbindung liefern eine Integration im Quartierszusammenhang. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass die hier vorhandene Infrastruktur in Neuallermöhe ausreichende Kapazitäten aufweist. 20. Welche weiteren Infrastrukturmaßnahmen sind geplant? Siehe Vorbemerkung. Im Übrigen Antwort zu 6. 21. In welcher Höhe werden welche finanziellen Mittel für die soziale Infrastruktur bereitgestellt? Da sich der genannte Standort erst in Planung befindet, kann derzeit keine Aussage bezüglich der konkreten Höhe und Art der bereitzustellenden finanziellen Mittel für die soziale Infrastruktur getroffen werden. Die entsprechenden finanziellen Mittel werden im Rahmen der Aufstellung des nächsten Haushalts 2017/2018 bedarfsgerecht berücksichtigt. Im Kita-Gutschein-System werden den Trägern die Investitionskosten für den Bau und die Unterhaltung der Kindertageseinrichtungen über das kinderbezogene Teilentgelt Gebäude refinanziert. 22. Wer wird das notwendige Netzwerk an sozialen Einrichtungen schaffen und funktionsfähig erhalten? 23. Welche weiteren (sozialen) Einrichtungen werden, insbesondere hinsichtlich des Gleisdreiecks, geschaffen (zum Beispiel Volkshochschule, Integrationskurse et cetera)? 24. Welches Fachpersonal wird insbesondere hinsichtlich des Gleisdreiecks für die Integration eingeplant? Welche freien Träger werden einbezogen ? Integrationsangebote wie die genannten Integrations- und Volkshochschulkurse sind in Hamburg bereits dezentral ausgerichtet. Überlegungen, ob und wie Angebote der Migrations- und Sozialberatung räumlich näher an die Zielgruppe der Flüchtlinge herangetragen werden können, sind noch nicht abgeschlossen. fördern & wohnen AöR (f & w) soll die geplanten Wohngebäude am Gleisdreieck Billwerder für einen Zeitraum von rund 15 Jahren als öffentliche Unterkunft (Folgeunterbringung ) betreiben (siehe Drs. 21/1838). Die Betreuungsleistung des Unterkunftsund Sozialmanagements von f & w beinhaltet die Verweisberatung in das bestehende Hilfesystem und die Krisenintervention, das enge Zusammenwirken mit bezirklichen Fachstellen für Wohnungsnotfälle in den Bezirksämtern. Darüber hinaus sind die Überlegungen noch nicht abgeschlossen. Die Akquise und Organisation der ehrenamtlichen Arbeit sowie Akzeptanz- und Öffentlichkeitsarbeit im nachbarschaftlichen Umfeld sind Teil der Betreuungsleistung. 25. Wird es eine Aufstockung der Kapazitäten bei Polizei und Feuerwehr geben? Wenn ja, welche? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2327 5 Wenn nein, warum nicht? Siehe Drs. 21/2303. 26. Welche zusätzlichen Verkehrszuwegungen sind geplant? Die Planungen zum „Gleisdreieck“ sind noch nicht abgeschlossen. 27. Wie und wo sollen die notwendigen Bautransporte (allein im Gleisdreieck circa 120.000 m3 Sand, 3.000 Rohre und so weiter) verkehrlich entlanggeführt werden? Die Planungen hierfür sind noch nicht abgeschlossen. 28. Wie werden die benachbarten Grundstücke und Flächen vor der Erhöhung der Fläche des Gleisdreiecks geschützt? Im Rahmen der üblichen nachbarschützenden Verfahren. 29. Wo sollen Kindertageseinrichtungen und ein Nahversorger (Einzelhändler /Vollsortimenter/Discounter?) entstehen? Siehe Antwort zu 6. 30. Sind weitere Flüchtlingsunterkünfte in den Marschlanden geplant? Zum derzeitigen Zeitpunkt bestehen keine konkreten Planungen, eine weitere Erstaufnahmeeinrichtung in den genannten Gebieten zu errichten. Darüber hinaus prüfen die zuständigen Behörden weiterhin alle in Betracht kommenden Flächen auf ihre Eignung als Unterbringungsstandorte. 31. In welcher Form werden eventuelle Planungen zu den Olympischen Spielen 2024 in die Umstrukturierungen der Marschlande eingreifen? 32. Wie wird gegebenenfalls das Wassersportzentrum in Allermöhe an der Dove Elbe überplant? Für die Olympischen und Paralympischen Wettkämpfe werden die heute bereits für Regatten genutzten Flächen in Anspruch genommen. Sämtliche Maßnahmen im Bereich des Wassersportzentrums sind lediglich für die Dauer der Spiele angelegt. 33. Welche Infrastrukturmaßnahmen sind in den Marschlanden erforderlich, sollten die Olympischen Spiele 2024 tatsächlich in Hamburg stattfinden? Für den Weitertransport der Besucher von der S-Bahn-Station „Mittlerer Landweg“ mit Shuttle-Bussen ist gemäß dem Olympischen Mobilitätskonzept der Bau einer Bus- Wendeanlage unmittelbar an der Sportstätte (im Bereich der Haltestelle „Pumpwerk Allermöhe“) sowie die bauliche Ertüchtigung des Haltestellenbereichs an der S-Bahn- Station vorgesehen.