BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2342 21. Wahlperiode 01.12.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Daniel Oetzel (FDP) vom 23.11.15 und Antwort des Senats Betr.: Anwendung von Wechselmodellen bei Trennung von Eltern (III) Bezug nehmend auf die Antwort des Senats zu Drs. 21/1992 – Anwendung von Wechselmodellen bei Trennung von Eltern (II) stellen sich einige Anschlussfragen. Daher frage ich den Senat: „Neben der paritätischen Aufteilung der Betreuung bei einem Wechselmodell beziehungsweise der paritätischen Doppelresidenz ist auch jede andere Form der Aufteilung als Modell denkbar, zum Beispiel das Residenzmodell mit festem Wohnsitz des Kindes bei einem Elternteil und Umgangskontakten zum zweiten Elternteil oder das „Nestmodell“, bei dem das Kind im Elternhaus wohnen bleibt und dort abwechselnd von den getrennt lebenden Eltern betreut wird.“ (Vergleiche Drs. 21/1992.) 1. Werden die erwähnten Modelle ohne Präferenz beraten? Wenn nein, warum nicht und welches Model wird aus welchem Grunde präferiert? Ja. 2. Sind dem Senat Forschungsergebnisse bekannt, die nahelegen, dass im Allgemeinen eine Doppelresidenz mit einem hohen Betreuungsanteil für beide Eltern für die Entwicklung der Kinder förderlich ist? 3. Kennt der Senat konkret die Meta-Analyse von Hildegund Sünderhauf (2013) und insbesondere die aktuellen Studien des schwedischen CHESS-Instituts (Elvis-Projekt, 2013 – 2015)? a. Wenn nein, gedenkt der Senat sich mit besagten Studien auseinanderzusetzen ? Wenn nein, warum nicht? Ergebnisse von Studien und Beiträge zu Fachdiskussionen werden innerhalb der mit Sorge- und Umgangsregelungen befassten Professionen wie auch im Austausch der Professionen untereinander regelmäßig ausgewertet. Die fachliche Bewertung erfolgt im Rahmen interner und professionsübergreifender Dienst- und Fachbesprechungen, im Arbeitskreis „Hamburger Praxis“ sowie in der Aus- und Fortbildung. Im Übrigen hat sich der Senat mit einzelnen Forschungsergebnissen nicht befasst. b. Gedenkt der Senat, die Doppelresidenz in Zukunft entsprechend diesen Ergebnissen in Beratungen von Trennungseltern stärker einzubringen ? Drucksache 21/2342 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Wenn nein, warum nicht? Siehe Drs. 21/1488. Die Beratung von Trennungseltern orientiert sich immer am Einzelfall . Die Frage 2. in Drs. 21/1992 beantwortete der Senat wie folgt: „Die zur Beantwortung der Frage erforderlichen Daten werden weder im Rahmen der Justiz- noch der Jugendhilfestatistik erhoben. Im Übrigen kann die Entscheidung für das Wechselmodell beziehungsweise die paritätische Doppelresidenz von den Eltern zu jedem Zeitpunkt getroffen werden, sodass eine Einbeziehung des Jugendamtes oder des Familiengerichts nicht zwingend ist.“ 4. Werden die Daten überhaupt erhoben? Wenn ja, in welcher Form, wenn nein, warum nicht? Nein. Der Nutzungsgrad des Wechselmodells kann sich im Einzelfall jederzeit ändern. Aus einer entsprechenden Erhebung ließen sich deshalb keine handlungsrelevanten Aussagen ableiten. 5. In welchem (prozentualen) Umfang) wird von der Nutzung des Wechselmodells beziehungsweise der paritätischen Doppelresidenz im Vergleich zu den anderen Möglichkeiten in Streitfällen Gebrauch gemacht? Siehe Drs. 21/1992. Auf die Fragen 3. und 4. der Drs. 21/1992 antwortete der Senat wie folgt: „Nach Auffassung der zuständigen Behörde ist die Kooperationsfähigkeit und -willigkeit der Eltern ein entscheidender Aspekt für das Gelingen eines Wechselmodells.“ 6. Wird das Wechselmodell auch bei fehlender Kooperationsfähigkeit und -willigkeit der Eltern angewandt? Wenn nein, welches Modell findet dann Anwendung? Nein. Bei fehlender Kooperationsbereitschaft für das Wechselmodell ist im Beratungsprozess das im Einzelfall praktikabelste Modell auszuloten. Gegebenenfalls wird im Rahmen eines Mediationsverfahrens geklärt, welches Modell sinnvoll ist. Im familiengerichtlichen Verfahren wird ein Wechselmodell beziehungsweise ein Umgang eines Elternteils in entsprechendem Umfang gegen den Willen des anderen Elternteils praktisch nicht angeordnet. Im Übrigen siehe Antwort zu 3.b. Auf die Fragen 7. und 8. der Drs. 21/1992 antwortete der Senat wie folgt: „Die Themen mit herausgehobenem fachpolitischem Stellenwert orientieren sich an den Inhalten und den Zielen der Reform des Kindschaftsrechts, der sich daraus ergebenden Rechtsprechung sowie der Mitwirkung des Jugendamtes im familiengerichtlichen Verfahren. Bei der Planung und Durchführung der Fortbildung wird das Wechselmodell beziehungsweise die paritätische Doppelresidenz als eine von verschiedenen Möglichkeiten einbezogen (siehe Drs. 21/1488).“ 7. Da die Frage durch den Senat nicht beantwortet wurde: Entspricht das Wechselmodell beziehungsweise die paritätische Doppelresidenz der Definition des „herausgehobenem fachpolitischem Stellenwert“? Nein. Informationen über die paritätische Doppelresidenz erfolgen im Rahmen der Fortbildungen zum Sorge- und Umgangsrecht, siehe Drs. 21/1488. 8. An welchen „(…) Inhalten und den Zielen der Reform des Kindschaftsrechts , der sich daraus ergebenden Rechtsprechung sowie der Mitwir- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2342 3 kung des Jugendamtes im familiengerichtlichen Verfahren“ haben sich der Senat und die zuständige Behörde im Sinne der angesprochenen „Themen mit herausgehobenem fachpolitischem Stellenwert“ in den vergangenen fünf Jahren „orientiert“? (Bitte jahresweise mit Ergebnissen und Folgen aufschlüsseln.) In den vergangenen fünf Jahren wurden Fortbildungen zu folgenden Themen angeboten : 2011: - Aktuelles zum internationalen Familienrecht - Die Mitwirkung des Jugendamtes im familiengerichtlichen Verfahren - Trennungs- und Scheidungsberatung 2012: - Elterliche Sorge und Umgang – Entwicklung einer „Hamburger Praxis“ - Die Mitwirkung des Jugendamtes im familiengerichtlichen Verfahren 2013: - Beistandschaft-Amtsvormundschaft-Amtspflegschaft (Der Beistand zwischen zerstrittenen Eltern, Unterhalt bei erweitertem Umgang und Wechselmodell) - Die Mitwirkung des Jugendamtes im familiengerichtlichen Verfahren - Hochstrittige Elternkonflikte als Herausforderungen für die Beratungsarbeit 2014: - Die Mitwirkung des Jugendamtes im familiengerichtlichen Verfahren - Hochstrittige Elternkonflikte als Herausforderungen für die Beratungsarbeit - Mediation – Konfliktbearbeitung in Alltag und Beruf - Familienstrukturen im interkulturellen Vergleich 2015: - Die Mitwirkung des Jugendamtes im familiengerichtlichen Verfahren - Hochstrittige Elternkonflikte als Herausforderung für die Beratungsarbeit - Mediation – Konfliktbearbeitung in Alltag und Beruf - Familienstrukturen im interkulturellen Vergleich Über Ergebnisse und Folgen der Fortbildungen liegen keine Erkenntnisse vor. Mit der Resolution des Europarates „Equality and shared parental responsibility : the role of fathers“ (RES 2079/Doc. 13870) vom 02.Oktober 2015 hat sich der Senat nach eigenem Bekunden noch nicht befasst. 9. Gedenkt der Senat, sich mit dieser Resolution zu befassen? a. Wenn ja, bis wann und plant der Senat über seine dabei gewonnenen Kenntnisse proaktiv zu informieren? b. Wenn nein, warum nicht? Siehe Antwort zu 2. bis 3.a.