BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2459 21. Wahlperiode 08.12.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jörg Hamann und Franziska Grunwaldt (CDU) vom 02.12.15 und Antwort des Senats Betr.: Öffentlich geförderte Beschäftigung in Hamburg – Was unternimmt der Senat? Das Thema Langzeitarbeitslosigkeit wird phasenweise mehr oder weniger intensiv diskutiert, obwohl es sich hierbei um ein permanentes Problem handelt . Am Ende des Jahres 2014 waren in Hamburg fast 30.000 Menschen länger als 24 Monate arbeitslos und im Leistungsbezug SGB II. Die Wahrscheinlichkeit , aus Langzeitarbeitslosigkeit in eine ungeförderte Beschäftigung zu wechseln, liegt bei etwa 1,5 Prozent pro Monat mit deutlich abnehmender Tendenz bei längerer Arbeitslosigkeit. Aus Kurzarbeitslosigkeit heraus ist die Wahrscheinlichkeit sechsmal höher. Nach 24 Monaten Arbeitslosigkeit ist eine Vermittlung nur noch unter ganz bestimmten Voraussetzungen wahrscheinlich und in der Regel ist die Arbeitslosigkeit dann verfestigt. Hier Bewegung zu erzeugen und für die betroffenen Personen Teilhabemöglichkeiten zu organisieren, ist − auch bei einem insgesamt positiven Verlauf der Arbeitsmarktentwicklung − aktuelle politische Aufgabe. Die Bemühungen Hamburgs, zur Modellregion für den PAT (Passiv-Aktiv- Transfer) zu werden, sind augenscheinlich gescheitert. Im Koalitionsvertrag von SPD und GRÜNEN „Gemeinsam schaffen wir das moderne Hamburg“ wird unter dem Punkt „Hamburg hält zusammen/Arbeit“ ausgeführt, dass die unter anderem vom Jobcenter team.arbeit.hamburg finanzierten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose aufgestockt werden sollen. Insgesamt sollen um bis zu 1.000 weitere öffentlich geförderte sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in dieser Legislatur geschaffen werden. Nach knapp einem Jahr Regierungsverantwortung ist eine Sachstandabfrage notwendig. Dies vorausgeschickt fragen wir den Senat: Der Senat hat sich für die Legislaturperiode zum Ziel gesetzt, bis zu 1.000 weitere sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen. Diese sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse sollen im Rechtskreis des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) für Arbeitslosengeld-II-Empfänger des Hamburger Jobcenters bereitgestellt werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele der im Koalitionsvertrag angekündigten, zusätzlichen öffentlich geförderten Arbeitsplätze sind bisher geschaffen worden und in welchen Bereichen? (Bitte nach konkreten Zahlen und Tätigkeitsbereichen sowie Trägern aufschlüsseln.) Wenn noch keine geschaffen wurden, warum nicht? Drucksache 21/2459 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 In 2015 wurden zunächst 100 Fördermöglichkeiten im Bundes-ESF-Programm zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit für langzeitarbeitslose erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach dem SGB II in Hamburg beantragt und bewilligt. Die Fördermittel aus dem Bundes-ESF-Programm zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit für den Förderzeitraum 1. Juni 2015 bis 31. Mai 2017 werden individuell personen- und nicht platzbezogen bewilligt. Es gibt hierbei keine Eingrenzung auf bestimmte Branchen/Bereiche. Die Akquisition der potenziellen Arbeitgeber ist noch nicht abgeschlossen. 2. Welche konkreten Maßnahmen sind geplant, um bis zum Ende der Legislaturperiode die avisierten 1.000 öffentlich geförderten Beschäftigungsverhältnisse (ögB) zu schaffen? (Bitte um Darstellung der Maßnahmen und die dazugehörige Zeitachse.) Falls noch keine Planungen hierzu vorliegen, warum nicht und wie will der Senat das gesetzte Ziel erreichen? Die Planung für die Zusammensetzung des sozialen Arbeitsmarktes für 2016 und Folgejahre ist noch nicht abgeschlossen, da die Eingliederungsmittelverordnung des Bundesministeriums für das Jahr 2016 noch nicht verabschiedet wurde. Mithin ist noch nicht abschließend bekannt, welche Bundesmittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen im Rechtskreis SGB II zur Verfügung stehen werden. Ungeachtet dessen plant die zuständige Behörde gemeinsam mit Jobcenter team.arbeit.hamburg und der Agentur für Arbeit, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse nach § 16 e SGB II bereits in 2016 um weitere 200 Plätze aufzustocken. Außerdem soll die Zahl der mit dem Eingliederungszuschuss geförderten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze im Rechtskreis SGB II in 2016 aufgestockt werden. Im Übrigen sind die Planungen noch nicht abgeschlossen. 3. In der Mehrbedarfsdrs. 21/1395 wird unter dem Punkt Finanzierungsbeiträge der BASFI ausgeführt: „Die für das Jahr 2015 geplanten Aufwendungen für Zuwendungen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik werden um 12.000 Tsd. Euro reduziert. Die verbleibenden – im Rahmen der Bewirtschaftung – zur Verfügung stehenden Mittel erscheinen ausreichend, um die Bedarfe in diesem Aufgabenfeld abzudecken.“ 3.1 Wie hoch ist der Betrag der verbleibenden Mittel, die die Bedarfe in dem Aufgabenfeld abdecken sollen? 3.2 Sind die zur Verfügung stehenden Mittel ausreichend, um die geplanten zusätzlichen 1.000 öffentlich geförderten Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen? Wenn nein, aus welchem Grund wurden die zusätzlich verfügbaren 12 Millionen Euro, trotz der Verpflichtungen aus dem Koalitionsvertrag , in die Mehrbedarfsdrucksache eingesteuert? Die durch die Mehrbedarfsdrucksache einmalig erfolgte Absenkung des Haushaltsansatzes hat keine Auswirkung auf die Aufwendungen der zuständigen Behörde, da ausreichend Reste für die Finanzierung der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen in 2015 zur Verfügung standen, siehe auch Protokoll des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Integration Nummer 21/2 zu Drs. 21/1395 vom 4. September 2015. Die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse nach dem SGB II werden aus Bundesmitteln geschaffen. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. 4. In welchen Bereichen sollen die öffentlich geförderten Arbeitsplätze entstehen (bitte aufschlüsseln nach Tätigkeitsfeldern, Bezirken, Trägern, Projektzuschnitten)? Siehe Antwort zu 2. 5. Was unternimmt der Senat, um sich auf Bundesebene weiterhin dafür einzusetzen, dass Hamburg Modelstandort des PAT wird? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2459 3 Auf der 91. Arbeits- und Sozialministerkonferenz im November 2014 hat Hamburg erneut für eine Aktivierung der passiven Leistungen geworben und sich für eine Reform der Förderinstrumente im SGB II und SGB III eingesetzt. Auch in der Sitzung des Kooperationsausschusses Hamburgs mit dem Bundesministerium am 30. Oktober 2015 hat die zuständige Behörde um ein Modellprojekt zum PAT in Hamburg ersucht. Auf der 92. Arbeits- und Sozialministerkonferenz wurde zudem ein Papier zur strategischen Ausrichtung öffentlich-geförderter Beschäftigung unter Einbeziehung des PAT verabschiedet. Auch im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum 9. SGB-II-Änderungsgesetz ergäbe sich die Möglichkeit für Hamburg, die Forderung einer Aktivierung passiver Leistungen zu erneuern. Dennoch hält das Bundesfinanzministerium an seiner ablehnenden Haltung gegenüber dem PAT fest. Eine Realisierung ist daher derzeit nicht wahrscheinlich. 5.1 Welche alternativen Planungen sind angedacht, falls die Versuche scheitern? 5.2 Wenn es hierzu keine Überlegungen gibt, warum nicht? Der PAT stellt eine Möglichkeit dar, zusätzliche Bundesmittel im Rechtskreis SGB II für die Schaffung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse zu aktivieren . Kerngedanke ist, die eingesparten passiven Bundesleistungen für das Arbeitslosengeld II für die Förderung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse im Eingliederungstitel bereitzustellen. Hierfür ist eine Änderung der bundesgesetzlichen Regelungen vonnöten. Dies kann daher nur in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium umgesetzt und nicht modellhaft auf Landesebene nachgebildet werden . Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 2. 6. In welcher Weise setzt der Senat sich für eine modellhafte Umsetzung und/oder Förderung des PAT-Modells innerhalb der gemeinsamen Einrichtungen Jobcenter team.arbeit.hamburg ein? Siehe Antwort zu 5. 7. Im Januar 2016 laufen viele der öffentlich geförderten Maßnahmen in Hamburg aus, insbesondere solche in benachteiligten Quartieren, für die 2015 eine sogenannte Überbrückungsfinanzierung durch die Sozialbehörde zur Verfügung gestellt worden war. Was unternimmt der Senat, um im Rahmen des in der Koalitionsvereinbarung fixierten „sozialen Arbeitsmarktes“ eine Sicherstellung respektive Fortführung der einzelnen Projekte zu gewährleisten beziehungsweise nach welchen Kriterien soll gegebenenfalls eine Auswahl getroffen werden? Siehe Antwort zu 2. Die Unterstützung diente der vorrübergehenden Überbrückungsfinanzierung. Viele Träger konnten sich erfolgreich auf andere Programme und Projekte bewerben, sodass die Unterstützung nicht mehr notwendig ist. Aber auch für diejenigen Träger, die sich in dem Überbrückungszeitraum nicht anderweitig erfolgreich beworben haben, enden die befristeten Strukturhilfen. Fortgesetzt wird jedoch das Programm Tagwerk, mit dem Langzeitarbeitslose gezielt unterstützt werden. Mit den betroffenen Projektträgern werden zurzeit durch die zuständige Behörde Gespräche geführt. 7.1 Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Passus in der Koalitionsvereinbarung: „Wir unterstützen dabei im Rahmen des Gemeinsamen Arbeitsmarktprogrammes der Behörde für Arbeit, Soziales und Integration, der Agentur für Arbeit Hamburg und des Jobcenters t.a.h. sowie des Vertrages zur Gründung der Gemeinsamen Einrichtung (Präambel und § 15) die kommunalen Initiativen Drucksache 21/2459 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 zur Förderung der sozialen Entwicklung von Stadtteilen (Quartiersarbeit )“? Die Bezirke wurden über das Ende der Überbrückungsfinanzierung frühzeitig informiert . Inwieweit in Einzelfällen stadtteilpolitisch wichtige Projekte mit alternativen Fördermaßnahmen weiterfinanziert werden können, wird zurzeit durch die zuständigen Behörden mit den Trägern erörtert.