BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2468 21. Wahlperiode 11.12.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten David Erkalp (CDU) vom 03.12.15 und Antwort des Senats Betr.: Initiative „Flüchtlinge in Handwerksausbildung“ – Was ist der aktuelle Stand? Am 23. Oktober 2015 stellten der Senat und die Handwerkskammer ihre gemeinsame Initiative „Flüchtlinge in Handwerksausbildung“ vor. In der gemeinsamen Pressemitteilung hieß es, dass insgesamt 30 Flüchtlinge aus städtischen Unterkünften in nur acht Wochen in Ausbildungen im Handwerk vermittelt werden konnten. Die aus Syrien, Afghanistan, Pakistan, Eritrea und Somalia stammenden Flüchtlinge werden seit dem 1. November in den Berufen Maler, Lackierer, Gebäudereiniger, Bäcker und Fleischer ausgebildet. Um Flüchtlinge nachhaltig in den Arbeitsmarkt integrieren zu können, braucht es nicht nur geeignete Betreuungskonzepte, sondern ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Dazu zählen unter anderem die Vermittlung in geeignete Sprachkurse, um Sprach- und Bildungsdefizite abzubauen, die Möglichkeit der Zertifizierung beim Spracherwerb sowie eine individuelle und kontinuierliche Unterstützung während der Ausbildungszeit in Form einer sozialpädagogischen Begleitung, um vorzeitigen Ausbildungsabbrüchen entgegenzuwirken . Zudem müssen die Maßnahmen anschlussfähig sein und dürfen Flüchtlinge und Asylbewerber nicht in eine „Sackgasse“ ohne Option auf weiterführende Angebote führen. Bei sämtlichen berufsbezogenen Maßnahmen für Flüchtlinge gilt es daher darauf zu achten, dass Nachhaltigkeit stets Vorrang vor einer zu schnellen Vermittlung in Beschäftigung hat. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften der Handwerkskammer Hamburg (HWK) und der Bundesagentur für Arbeit (BA) – Regionaldirektion Nord wie folgt: 1. Wie viele Flüchtlinge konnten insgesamt zum 1. November 2015 in welche Berufsausbildungen im Handwerk vermittelt werden? 30 Flüchtlinge haben zum 1. November 2015 einen Ausbildungsvertrag im Rahmen des oben genannten Projektes unterschrieben, davon sechs für den Beruf Bäcker/in, sieben für den Beruf Gebäudereiniger/in, 16 für den Beruf Maler/Lackierer und einer für den Beruf Fleischer/in. 2. Welche Unternehmen haben mit jeweils wie vielen Flüchtlingen Ausbildungsverträge über eine Berufsausbildung im Handwerk abgeschlossen ? Mit folgenden Firmen und folgender Innung bestehen die Ausbildungsverträge (Stand: 8. Dezember 2015): Drucksache 21/2468 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Firma/Innung Anzahl der Ausbildungsverträge Ewald Hamburg GmbH 1 Bäckerinnung 6 Katzer Gruppe 4 Otto Gerber GmbH 5 Thomas Rath GmbH 2 Bogdol Verwaltungs- und Immobilien GmbH 1 Schultz Gruppe GmbH 2 Malermeister Uderstadt GmbH 2 Rieß und Lauenstein GmbH 1 tip-top Gebäudeservice GmbH 1 Heinrich Aldag Altländer Fleisch- und Wurstwaren GmbH & CO KG 1 Malerei Peters GmbH 1 Im Übrigen siehe Antwort zu 4. 3. Welche Berufsschulen besuchen die Flüchtlinge jeweils und umfasst das Modell/die Initiative einen individuell auf die Flüchtlinge abgestimmten zeitlichen Ablaufplan der Berufsausbildung? Die Auszubildenden besuchen seit dem 1. November 2015 die Staatliche Berufsschule Eidelstedt (BS 24). Zu Beginn erfolgte ein 14-tägiger Deutsch-Intensivkurs, der Deutschunterricht wird bis zum Halbjahreswechsel am 31. Januar 2016 an der BS 24 fortgesetzt. Die Ausbildung findet im Teilzeitmodell statt, das heißt drei Tage pro Woche im Betrieb (die betriebliche Ausbildung begann ab dem 23. November 2015) und zwei Tage pro Woche in der Schule. Der Unterricht findet in Gruppen statt, das heißt jeweils eine Hälfte der Auszubildenden ist im Betrieb und im Wechsel in der Schule. Im Januar 2016 gelten individuell abgestimmte Ablaufpläne für jeden einzelnen Auszubildenden , die unter anderem den Übergang in die zuständige Fachberufsschule und den weiteren Sprachkurs regeln. Die Pläne berücksichtigen den bis dahin erfolgten Lernfortschritt und werden eng zwischen den Betrieben, den Innungen und der HWK und dem Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB) abgestimmt. 4. Befinden sich alle der ursprünglich ausgewählten 30 Flüchtlinge nach wie vor in der Berufsausbildung oder gab es frühzeitige Ausbildungsabbrüche ? Wenn ja, aus welchen Gründen und wurden die Ausbildungsplätze entsprechend nachbesetzt? Im Zuge der Besetzung der Ausbildungsstellen gab es einige Flüchtlinge, die sich entschieden haben, den Ausbildungsplatz nicht anzunehmen. Diese Plätze wurden nachbesetzt. Von den 30 Auszubildenden, die zum 1. November 2015 begonnen haben, befinden sich derzeit 27 noch in der Ausbildung. Drei Auszubildende wurden aufgrund eines erheblichen Alphabetisierungsbedarfs in einen entsprechenden Bildungsgang umgeschult und es erfolgte eine Auflösung des Ausbildungsvertrags. Diese Plätze wurden nicht nachbesetzt. 5. Gab es neben den 30 Flüchtlingen, denen ein Ausbildungsplatz zugewiesen werden konnte, weitere Flüchtlinge, die an einer der Ausbildungen Interesse hatten, aber nicht genommen werden konnten? Wenn ja, wie viele waren es und was waren die Gründe dafür, dass ihnen kein Ausbildungsplatz vermittelt werden konnte? Das Vorhaben ist als Pilotprojekt auf eine Gruppengröße von 30 Personen ausgelegt. Die Betriebe haben sich aus einer Interessentengruppe von 70 Flüchtlingen für Auszubildende entschieden. Im Übrigen siehe Antwort zu 9. 6. Liegt der Initiative ein konkretes Betreuungskonzept zugrunde? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2468 3 Wenn ja, wie sieht dieses aus und gibt es Kooperationen mit freien Trägern ? Wenn nein, warum nicht? Seit Beginn der Initiative betreuen eine Mitarbeiterin der HWK und jeweils eine Mitarbeiterin /ein Mitarbeiter der beteiligten Innungen die Teilnehmenden. Inhalte der Betreuung sind die Organisation mit den Ausbildungsbetrieben, Behördengänge, die Eröffnung des Kontos bei einem Kreditinstitut, Unterstützung in Fragen der Krankenversicherung , der Sozialversicherung und der Steuer sowie zu alternativen Wohnmöglichkeiten . Zu Beginn des Jahres 2016 wird ein/e Betriebliche/r Integrationsbegleiter/in zur Verfügung stehen, der/die Betreuung übernimmt und nach einem mit dem HIBB noch zu konkretisierenden Konzept arbeitet. Die Betriebliche Integrationsbegleitung war von Beginn an Bestandteil der Planung. Formale Kooperationen mit freien Trägen bestehen derzeit nicht, da mit dem dargestellten Konzept eine ausreichende Betreuung sichergestellt ist. 7. Gibt es seitens des Senats beziehungsweise der jeweiligen Partner der Initiative Erfahrungswerte, auf die die gegenwärtige Initiative aufbaut? Wenn ja, welche sind dies? Nein. 8. In der Pressemitteilung des Senats und der Handwerkskammer heißt es, dass den Flüchtlingen ein betrieblicher Integrationsbegleiter zur Seite gestellt wird, der von der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation bezahlt wird. Ist dies der einzige Integrationsbegleiter für die Flüchtlinge? Seit wann ist der betriebliche Integrationsbegleiter im Einsatz? Welche Aufgaben umfasst dessen Tätigkeit im Einzelnen? Für die Erbringung der Leistung Betriebliche Integrationsbegleitung hat das HIBB eine Ausschreibung eingeleitet, die noch nicht abgeschlossen ist. Im Rahmen der betrieblichen Integrationsbegleitung sind folgende Leistungen zu erbringen: Aufsuchende Ansprache der Teilnehmenden, der Innungen und ihrer Betriebe sowie der Lehrerinnen und Lehrer der beteiligten Berufsschulen Organisation und Durchführung von Einzel- und Gruppenberatungen, um berufliche und private Fragen und Probleme zu lösen, wie zum Beispiel Moderation bei Schwierigkeiten im Ausbildungsbetrieb, Suche nach anderem Wohnraum, Unterstützung beim Bezug von Leistungen, Organisation von Nachhilfe oder Begleitung bei Behördengängen Zusammenarbeit mit den beteiligten Projektpartnern, insbesondere mit dem HIBB mit seinen Berufsschulen, den vier Innungen der oben genannten Gewerke und ihrer Betriebe sowie der HWK Enge Abstimmung mit dem Pädagogen/-innen des HIBB, die den begleitenden Deutschunterricht durchführen Unterrichtliche Assistenz Mitwirkung an fachlichen Aktivitäten und Fallbesprechungen Im Übrigen siehe Antwort zu 6. 9. Nach welchen Kriterien wurden die Flüchtlinge bei der Besetzung der Ausbildungsplätze ausgesucht? Welche grundsätzlichen Voraussetzungen mussten bei den Flüchtlingen vorhanden sein, um eine der Ausbildungen beginnen zu können? Welche Rolle haben bereits erlangte Sprachkenntnisse gespielt? Auf welchem sprachlichen Level sind die einzelnen Flüchtlinge einzustufen (A1, A2 et cetera)? Folgende Kriterien waren für die Besetzung der Ausbildungsplätze ausschlaggebend: Dauer der Schulausbildung im Heimatland, weitere Sprachkenntnisse (zum Beispiel Englisch), handwerkliche Vorerfahrungen und soziale Kompetenzen sowie Motivation und Begeisterung für handwerklichen Berufe. Bis auf einen Auszubildenden verfügten Drucksache 21/2468 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 die Flüchtlinge zu Beginn der Ausbildung über keine Deutschkenntnisse. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. 10. Gibt es gegenwärtig Pläne des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörden, die Initiative beziehungsweise das Projekt auszubauen? Wenn ja, mit welcher Zielsetzung? Wenn nein, warum nicht? Nein, da noch keine aussagekräftigen Erfahrungen aus diesem angelaufenen Projekt vorliegen. 11. Wie viele Betriebe haben seit Bekanntwerden des Projekts Interesse bei der Handwerkskammer und/oder bei der Stadt bekundet, um an dem Projekt teilzunehmen beziehungsweise ebenfalls Flüchtlingen einen Ausbildungsplatz zu vermitteln? Bei der HWK haben sich in den letzten Wochen unabhängig von dieser Initiative 23 Betriebe registrieren lassen, weil sie interessiert sind, Flüchtlinge in Praktikum oder Ausbildung aufzunehmen. Eine genaue Erhebung, wie viele Betriebe es seit Bekanntwerden des Projektes waren, wurde nicht erstellt. Der zuständigen Behörde liegen keine weiteren Interessensbekundungen für dieses Projekt vor. 12. Am 1. August startet die Jugendbildung Hamburg gGmbH mit dem neuen Projekt der Assistierten Ausbildung. Als einziger Bildungsträger in Hamburg bietet die Jugendbildung Hamburg diese gezielte Förderung von Betrieben und benachteiligten jungen Menschen, an. Gefördert wird das Projekt durch die Agentur für Arbeit. Wie viele ausländische junge Menschen, die aufgrund von Sprachdefiziten oder bestehender sozialer Eingewöhnungsschwierigkeiten in Deutschland eine besondere Förderung benötigen, konnten seit Beginn des neuen Projekts in eine Assistierte Ausbildung vermittelt werden? Die Maßnahme Assistierte Ausbildung hat insgesamt sechs ausländische Teilnehmerinnen und Teilnehmer, davon fünf mit Sprachdefiziten.