BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2622 21. Wahlperiode 22.12.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir und Sabine Boeddinghaus (DIE LINKE) vom 15.12.15 und Antwort des Senats Betr.: Islamistische Radikalisierung von Schülerinnen und Schülern Aus Medienberichten und Anfragen ist bekannt, dass radikal islamistische Schülerinnen und Schüler ihre Mitschüler/-innen auf aus ihrer Sicht „unislamisches “ Verhalten hinweisen. Auch bekannt ist, dass Hamburg ein Präventions - und Deradikalisierungsnetzwerk und ein mobiles Beratungsteam einsetzt , um entsprechende Maßnahmen an Schulen durchzuführen, damit es nicht mehr zu solchen Vorfällen kommt. Die Maßnahmen sollen auch Lehrerinnen und Lehrer ansprechen. Dennoch gibt es Hinweise, dass sich in Schulen Gruppen bilden, die mit dem IS und anderen radikal islamistischen Organisationen sympathisieren. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Liegen dem Senat Erkenntnisse über Gruppierungen an Schulen vor, die mit dem IS und anderen islamistischen Organisationen sympathisieren? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Die Hamburger Sicherheitsbehörden haben zurzeit keine Erkenntnisse über Gruppierungen an Hamburger Schulen, die mit dem IS oder anderen islamistischen Organisationen sympathisieren. Auch der für Bildung zuständigen Behörde ist über entsprechende Gruppenbildungen in Schulen mit Strukturen und Regeln nichts bekannt. Bisherige Fallmeldungen aus Schulen beziehen sich auf Einzelfälle. 2. Was unternehmen Schulleitung und Lehrerschaft, sofern ihnen solche Fälle bekannt werden? Bei entsprechenden Fällen würden zunächst die Klassenlehrkräfte, Beratungslehrkräfte beziehungsweise Beratungsdienste sowie die Abteilungs- und Schulleitungen eingebunden . Beim Verdacht einer Radikalisierung können das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) für Angebote in den Bereichen Fortbildung, Prävention und Beratung oder die Beratungsstelle Gewaltprävention für den Bereich Intervention eingeschaltet werden. Abhängig von der gemeinsamen Falleinschätzung würden etwaige weitere Maßnahmen geplant, wie zum Beispiel Angehörigenberatung, Unterstützungsmaßnahmen für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte, Weiterleitung an die Sicherheitsbehörden und andere. 3. Wie finden die Schüler/-innen Anknüpfungspunkte an die radikal islamistische Szene in Hamburg? Drucksache 21/2622 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Gründe für eine Radikalisierung sind sehr unterschiedlich. Die relativ einfach strukturierte Ideologie des Salafismus und die gezielt auf junge Menschen zugeschnittene Medienarbeit des „Islamischen Staates“ (IS) insbesondere im Internet bieten Anreize für diesen Personenkreis, sich dem Salafismus zuzuwenden. Darüber hinaus können junge Menschen auch durch persönliche Kontakte mit islamistischen Ideologien in Berührung kommen. 4. Wie werden Schulen im Umgang mit diesen Schülerinnen und Schülern unterstützt? Die Schulen werden zielgruppenspezifisch und anfragebezogen von der zuständigen Behörde unterstützt. Das LI bietet eine Reihe von schulinternen und zentralen Fortbildungsveranstaltungen an. Im Übrigen siehe Drs. 20/13020, Drs. 20/13214, Drs. 20/13241, Drs. 20/13716, Drs. 21/58, Drs. 21/437 und Drs. 21/1706. 5. Gibt es an den Schulen Sozialpädagogen/-innen, die die Schüler/-innen direkt ansprechen? Die Schul-Sozialpädagoginnen und -Sozialpädagogen sind an den Stadtteilschulen Teil der Beratungsstrukturen und können Schülerinnen und Schüler ansprechen, wenn eine Radikalisierung vermutet wird. 6. Was ist dem Senat darüber bekannt, wie Schulungsmaßnahmen für Lehrer /-innen an den Schulen umgesetzt werden? Siehe Antwort zu 4. 7. Sind verpflichtende Schulungen für Lehrer/-innen zum Thema Extremismus geplant? Da die Ausgangslage und die Bedarfe in der Lehrerschaft sehr heterogen sind, sind keine verpflichtenden Schulungen für Lehrkräfte geplant. Schulen mit einer Häufung von Anfragen werden eine differenzierte Beratung und ein anlassbezogenes schulinternes Fortbildungsprogramm angeboten, um eine Verständigung im Kollegium und eine Professionalisierung im Umgang mit Extremismus zu erzielen. 8. Überlegt der Senat, die systematische Aufklärungsarbeit auch zukünftig in den Bildungsplänen zu berücksichtigen in Form von Lehrmodulen im Unterricht? Die Thematisierung von Menschenrechts- und Demokratiefeindlichkeit gehört zum allgemeinen pädagogischen Auftrag der Schulen. Die Förderung einer demokratischen Grundhaltung und des Bewusstseins für die Gefahren, denen die freiheitliche Ordnung durch totalitäre Ideologien ausgesetzt ist, gehört zum elementaren Bestand der Erziehung und Bildung an Hamburger Schulen. Hierbei kommt den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern und Aufgabengebieten eine besondere Bedeutung zu. Eine Überarbeitung der Bildungspläne ist daher nicht erforderlich.