BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2624 21. Wahlperiode 22.12.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Philipp Heißner (CDU) vom 15.12.15 und Antwort des Senats Betr.: Flüchtlingsunterkünfte im Wahlkreis 6 (III) Die Antworten des Senats auf die Schriftlichen Kleinen Anfragen Drs. 21/1492 und Drs. 21/1998 veranlassen zu weiteren Nachfragen zur Flüchtlingsunterbringung im Wahlkreis 6. Es ist zu beobachten, dass Schriftliche Kleine Anfragen zu Flüchtlingsunterbringungen vom Senat mittlerweile anscheinend routinemäßig ausweichend oder zum Teil gar nicht beantwortet werden. Die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft gab zuletzt beispielsweise einer Beschwerde über unzureichende Antworten zu der erwähnten Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/1492 vollumfänglich Recht. Schriftliche Kleine Anfragen dienen dazu, dass Abgeordnete Informationen zum Regierungshandeln erhalten können. Ohne solche Informationen können sie ihre Entscheidungs- und Kontrollrechte nicht wahrnehmen, weshalb das Fragerecht auch in der Verfassung verbrieft ist. Ausweichende oder gar ausbleibende Antworten befriedigen das legitime Informationsinteresse der Abgeordneten ebenso wenig wie eine übermäßig enge Interpretation der Fragestellungen und führen damit natürlich zu weiteren Nachfragen, die völlig unnötig Verwaltungsressourcen binden . Wenn der Senat in der aktuellen Situation Verwaltungsressourcen schonen möchte, kann er dies also durch eine möglichst umfängliche erstmalige Beantwortung beispielsweise der vorliegenden Schriftlichen Kleinen Anfrage erreichen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche Überlegungen und Prüfungen zu Flüchtlingsunterkünften liegen aktuell für den Wahlkreis 6 vor? Die zuständigen Behörden informieren fortlaufend über die aktuellen Planungen für die Unterbringung von Flüchtlingen unter www.hamburg.de/fluechtlinge. Darüber hinaus befinden sich folgende Standorte im Wahlkreis 6 in der Vorprüfung: Kollaustraße 15 und Holsteiner Chaussee 395 (Umbau einer bestehenden Unterkunft für öffentliche Unterbringung). Folgende Objekte wurden für öffentliche Unterbringung geprüft und als ungeeignet eingestuft: Große Bahnstraße 11 – 25, Hagenbeckstraße 100, Kronsaalsweg 29, Doerriesweg 13, Farnhornstieg 10, Holsteiner Chaussee 28, Langenfelder Damm 46 und im Basselweg 3. 2. Welche Flächen hat der Bezirk Eimsbüttel wann dem Senat genannt (vergleiche Frage 3. in Drs. 21/1998)? Wie groß sind diese Flächen jeweils? Wie viele Flüchtlinge sollen auf den Flächen jeweils untergebracht werden? Drucksache 21/2624 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Als mögliche Flächen für die Flüchtlingsunterbringung mit der Perspektive Wohnen hat der Bezirk folgende Flächen benannt: Fläche Benannt am Größe Duvenacker 23.09.2015 1,1 ha Ellerbeker Weg 02.10.2015 1,6 ha Hörgensweg 02.10.2015 8 ha Spannskamp 02.10.2015 2,5 ha Vogt- Kölln- Straße 02.10.2015 2,6 ha Die Flächen „Spannskamp“ und „Vogt-Kölln-Straße“ wurden für Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen geprüft und als ungeeignet eingestuft. Die Anzahl der Flüchtlinge auf der Fläche hängt vom Bauvolumen ab, das auf der jeweiligen Fläche realisiert werden kann und bei der Flächennennung noch nicht quantifiziert werden konnte. 3. Auf der Fläche am Hörgensweg (Eidelstedt, zwischen Straße Hörgensweg , AKN-Trasse und A 23) soll eine Unterkunft für Flüchtlinge entstehen . a) Wie ist der aktuelle Stand der Planungen? Welche Prüfungen oder Prüfungsschritte werden aktuell durchgeführt? Die Fläche Hörgensweg ist mit Beschluss von der Bezirksversammlung (BV) vom 17. Dezember 2015 in das Eimsbütteler Wohnungsbauprogramm 2015 aufgenommen worden. Für eine Nutzung als Wohnbaufläche ist ein Bebauungsplanverfahren durchzuführen . Das Bezirksamt führt aktuell Gespräche mit dem Eigentümer und den Fachbehörden. b) Liegen inzwischen Ergebnisse der Prüfung oder zu einzelnen Prüfungsschritten vor? Wenn ja, wie lauten diese? Nein. c) Wann hat der Senat mit der Eigentümerin zu diesem Thema Gespräche geführt? Was war Inhalt dieser Gespräche? In den letzten Wochen wurden mehrere Gespräche mit dem Eigentümer geführt. Abschließende Ergebnisse liegen noch nicht vor. d) Gibt es Vereinbarungen mit der Eigentümerin der Fläche? Gibt es Vereinbarungsentwürfe oder Verhandlungen? Wenn ja, mit welchem Inhalt? Was haben diese zum Gegenstand? Nein. e) Wann wurden welche politischen Gremien über die Planungen zu der Fläche am Hörgensweg informiert oder konsultiert? Wann sollen welche politischen Gremien in Zukunft informiert werden? In welchen politischen Gremien ist derzeit geplant, sich mit der Thematik zu befassen? Wann und in welcher Form? Zu den Planungen für den Wohnungsbau wurde im Rahmen des Wohnungsbauprogramms im zuständigen Stadtplanungsausschuss informiert. Zu den Planungen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung mit der Perspektive anschließendes Wohnen wurde der bezirkliche Hauptausschuss am 10. September 2015 informiert. Der bezirkliche Stadtplanungsausschuss wurde am 13. Oktober 2015 informiert (Siehe BV-Drs. 20-1177 vom 17. November 2015). Die weitere Information der politischen Gremien erfolgt abhängig vom weiteren Verlauf der Planungen. f) Wie will der Senat die Anwohner über die Bebauung des Grundstücks informieren? Welche Informationsveranstaltungen sind geplant? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2624 3 Wenn eine Einigung zur Nutzung der Fläche erzielt wird, soll eine angemessene Information der Anwohnerinnen und Anwohner durchgeführt werden. g) Wie viele Wohneinheiten sollen auf dem Grundstück entstehen? Die Bebauung der Fläche hinsichtlich des Bauvolumens und der Anzahl der Wohneinheiten wird zurzeit konkretisiert. h) Welche Art von Wohnungen sollen gebaut werden: Flüchtlingsunterkünfte , Sozialwohnungen, freie Wohnungen, oder andere Wohnformen ? Ist eine gemischte Nutzung geprüft worden? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Wie soll sichergestellt werden, dass die Belegungsstruktur eine sozialverträgliche Mischung aufweist? i) Welche weiteren Einrichtungen sollen (neben den Wohneinheiten) auf dem Grundstück entstehen? j) Welche Maßnahmen des Sozialraummanagements sind vorgesehen ? Ist ein Quartierskonzept vorgesehen? Wenn ja, wann wird es vorliegen? Wenn nein, warum nicht? Siehe Antwort zu 3. c). k) Welches Maß der baulichen Nutzung gemäß § 17 BauNVO soll auf dem Grundstück umgesetzt werden? Bitte GRZ und GFZ angeben. l) Welche Geschossigkeit soll auf dem Grundstück umgesetzt werden ? Siehe Antwort zu 3. g). m) Welches Planrecht mit welcher Ausweisung gilt derzeit für das Grundstück? n) Unterliegt das Grundstück oder Teile davon einem besonderen Schutzstatus? Wenn ja, handelt es sich um Schutz nach dem Landesnaturschutzgesetz , Bundesnaturschutzgesetz oder der FHH-Richtlinie? Handelt es sich um eine Ausgleichsfläche oder potenzielle Ausgleichsfläche ? Es gilt der Bebauungsplan Eidelstedt 62 vom 24. April 2001. Die Festsetzungen lauten : GE IV; GRZ 0,8; GF 60.000 m2; Flächen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft, die dem Gewerbegebiet als Ausgleichsflächen zugeordnet sind. o) Wurde bereits ein Bauantrag für das Grundstück eingereicht? Wenn ja, wann? Wer ist der Bauherr? Nein. p) Sind Lärmschutzmaßnahmen vorgesehen und/oder für eine Wohnnutzung notwendig? Wenn ja, welche? Hierzu können noch keine Aussagen getroffen werden. Dieses ist Aufgabe und Ergebnis eines Bebauungsplanverfahrens. q) Wie wird das Grundstück derzeit genutzt? Es handelt sich nach Kenntnisstand des Bezirksamtes um eine weitestgehend leer stehende Fläche. Die auf dem Gelände befindlichen Gebäude sind teilweise in Nutzung . Drucksache 21/2624 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 4. In Drs. 21/1492 antwortet der Senat, dass die Erstaufnahmeeinrichtung in der Vogt-Kölln-Straße ab dem 5. Oktober belegt werden sollte. Aktuell stehen dort Container bereit, die Einrichtung wurde jedoch noch nicht belegt. Auf einer Informationsveranstaltung für Anwohner erteilte das Bezirksamt die Auskunft, dass die Belegung ab Mitte August geplant sei. In Drs. 21/1998 antwortet der Senat, dass die Einrichtung ab Anfang November 2015 belegt werden soll. Bis heute ist die Einrichtung jedoch nicht belegt. In Drs. 21/1998 antwortet der Senat nicht auf die gestellten Fragen und verweist lediglich auf „unvorhergesehene Verzögerungen im Baufortschritt“. Dies ist unzureichend, weil insbesondere nach den genauen Gründen für die jeweiligen Verzögerungsschritte gefragt war. a) Wann wird die Einrichtung mit wie vielen Flüchtlingen belegt? b) Warum waren die bisherigen Angaben des Senats jeweils unzutreffend ? Bitte genau begründen. c) Warum genau hat sich die Belegung im Einzelnen immer wieder verzögert? Bitte sämtliche genaue Gründe angeben, die zu den Verzögerungen geführt haben. Das ursprüngliche Ziel, die Einrichtung zum August 2015 in Betrieb zu nehmen, konnte aufgrund folgender Probleme nicht eingehalten werden: Bodengrundprobleme, die sich im Rahmen der Erdarbeiten zeigten, bei der Containerlieferung, Ausstattungsqualität der Container, bei den Wasseranlagen sowie aufgetretene Brandschutzfragen. Aktuell wird eine abschließende Klärung der Brandschutzfragen durch Gutachten vorgenommen . Abhängig von deren Ergebnis erfolgt die Belegung mit bis zu 512 Personen . 5. In einem ehemaligen Baumarkt im Hörgensweg sind derzeit Flüchtlinge untergebracht. a) Wie viele Flüchtlinge sind dort aktuell auf welcher Fläche untergebracht ? Bitte nach Geschlecht aufschlüsseln. Am Stichtag 16. Dezember 2015 waren 795 Personen in der Unterkunft untergebracht . Da-von waren 507 männlich und 288 weiblich. Die Nutzfläche beträgt rund 11.000 Quadratmeter. b) Wie hoch sind die Fluktuation und die durchschnittliche Verweildauer ? Eine Statistik zur Fragestellung liegt nicht vor und kann in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht erstellt werden. Es müssten alle Einzelmeldungen für jeden Tag seit der Inbetriebnahme händisch ausgewertet werden. Nach Einschätzung des Betreibers liegt die Verweildauer durchschnittlich zwischen drei und sechs Wochen. c) Zu wie vielen Polizeieinsätzen kam es in oder im unmittelbaren Umfeld der Unterkunft? Bitte einzeln unter Angabe des Zeitpunkts, des Einsatzgrundes und der Zahl der eingesetzten Einsatzkräfte angeben. Polizeieinsätze werden im Hamburger Einsatzleitsystem (HELS) der Polizeieinsatzzentrale dokumentiert; zu den Besonderheiten der Daten des HELS und den eingesetzten Einsatzkräften der Polizei siehe Drs. 21/2108. Einsätze für den Zeitraum von der Einrichtung der Unterkunft im Hörgensweg (44. KW) bis Ende November 2015 siehe Drs. 21/1812, 21/2108 und 21/2472. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2624 5 Im Zeitraum 1. Dezember 2015 bis zum Stichtag 15. Dezember 2015 sind im HELS für die Anschrift der ZEA Hörgensweg, Hörgensweg 6, die in der folgenden Tabelle dargestellten Polizeieinsätze registriert: Lfd. Nr. Datum Anlassart Anzahl Streifenwagen 1 02.12.2015 Streit 2 2 04.12.2015 Person verletzt 1 3 04.12.2015 Betäubungsmitteldelikt 2 4 10.12.2015 Person randaliert 1 5 13.12.2015 Anzeigenaufnahme 1 d) Wie viele Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren laufen derzeit wegen in oder auf dem Gelände der Unterkunft oder von Bewohnern im unmittelbaren Umfeld der Unterkunft begangenen Ordnungswidrigkeiten /Straftaten? Wegen was wird jeweils seit wann ermittelt? Die Polizei erfasst Straftaten gemäß dem Straftatenkatalog der Richtlinien für die Erfassung und Verarbeitung der Daten in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). In der PKS erfolgt die räumliche Erfassung in ihrer kleinsten Einheit nach Ortsteilen. Nach Art der Tatörtlichkeit oder nach Adressen wird nicht weiter differenziert; somit werden Flüchtlingsunterkünfte als Tatort nicht gesondert erfasst. Für die Beantwortung der Fragestellungen wäre daher eine Auswertung sämtlicher kriminalpolizeilicher Ermittlungsvorgänge des erfragten Zeitraums erforderlich. Die händische Durchsicht mehrerer Zehntausend Hand- und Ermittlungsakten ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Ordnungswidrigkeiten im Sinne der Fragestellung sind seit dem Bestehen der ZEA bis zum Stichtag 16. Dezember 2015 beim örtlich zuständigen Polizeikommissariat 27 nicht registriert. Im Vorgangsverwaltungs- und -bearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft wird die Adresse des Tatortes nicht belastbar erfasst. Es wird auch nicht registriert, ob die vorgeworfene Straftat in einem Zusammenhang zu einer Flüchtlingsunterkunft oder Bewohnerinnen und Bewohnern von Flüchtlingsunterkünften steht. Es müssten zur Beantwortung der Frage daher alle offenen Ermittlungsverfahren ausgewertet werden. Selbst bei Beschränkung auf die naheliegendsten Tatvorwürfe der Körperverletzung und Beleidigung müssten schon 3.132 Bekannt-Verfahren und 378 Unbekannt -Verfahren ausgewertet werden. Angesichts vorgenannter Umstände kann in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit keine Verfahrensauswertung erfolgen . e) Wie funktioniert die Warmwasserversorgung? Ist gewährleistet, dass immer warmes Wasser zum Duschen zur Verfügung steht? An wie vielen Tagen seit der erstmaligen Nutzung der Einrichtung hat die Warmwasserversorgung ganztägig oder zeitweise nicht funktioniert ? Das Wasser wird über Warmwasserboiler erhitzt und steht im Regelbetrieb ausreichend zur Verfügung. Anfangs traten Probleme bei der Warmwasserversorgung auf, die jedoch behoben wurden. f) Wie oft sind Ärzte vor Ort? Wie viele Menschen können pro Tag eine ärztliche Konsultation erhalten? Werden Medikamente ausgegeben ? Eine allgemeinärztliche circa vierstündige Sprechstunde findet sechsmal pro Woche statt. Die behandelnden Ärzte sind Mitarbeiter des Albertinen-Krankenhauses Hamburg . Pro Tag können im Rahmen der allgemeinärztlichen Sprechstunde circa 30 bis 40 Patienten behandelt werden. Zusätzlich wird einmal pro Woche eine dreistündige kinderärztliche Sprechstunde angeboten. In den drei Stunden werden circa 20 bis 25 Kinder behandelt. Medikamente werden von allen behandelnden Ärzten ausgegeben. Drucksache 21/2624 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Die nicht zu den Standardmedikamenten gehörenden und somit nicht vorrätigen Medikamente werden verordnet. g) Sind oder waren Schwangere in der Einrichtung untergebracht? Wenn ja, wie viele? Wie wird sichergestellt, dass Schwangere die erforderliche medizinische Versorgung/Vorsorge vor Ort erhalten? Am Stichtag 16. Dezember 2015 waren dem Betreiber sieben Schwangerschaften bekannt. Die medizinische Betreuung erfolgt durch die Ärzte vor Ort.