BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2630 21. Wahlperiode 22.12.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Nebahat Güçlü (fraktionslos) vom 16.12.15 und Antwort des Senats Betr.: Kulturelle Vielfalt in der hamburgischen Verwaltung 2006 gab der damalige Senat das Ziel aus, dass bis 2011 ein Zielwert von 20 Prozent der Ausbildungsplätze in der Hamburgischen Verwaltung mit Nachwuchskräften mit Migrationshintergrund besetzt werden sollen. Seitdem läuft die Kampagne „Wir sind Hamburg! Bist Du dabei?“ Im Jahr 2013 hat der Senat mit dem Hamburger Integrationskonzept die Wichtigkeit der Interkulturellen Öffnung der Verwaltung für das Gelingen der Integration herausgestellt . Aus der Antwort des Senats auf die Drs. 20/10509 geht hervor, dass der Einstellungsanteil 2012 bei 17,3 Prozent und in 2013 bei 16,8 Prozent lag. Das Zentrum für Aus- und Fortbildung gibt für 2014 den Anteil von eingestellten Auszubildenden mit Migrationshintergrund in der Hamburger Verwaltung mit 15,2 Prozent an. Die Zahlen sind rückläufig und im Durchschnitt nicht annähernd am Zielwert von 20 Prozent. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie verteilen sich die Zahlen nach Bewerbungsanteil und Einstellungsanteil auf die Bereiche Allgemeine Verwaltung, Justiz, Steuerverwaltung, Polizei, Feuerwehr, Strafvollzug und weitere Berufe? Die nachfolgende Tabelle zeigt die Anteile der Bewerberinnen und Bewerber mit Migrationshintergrund (MH) sowie der Eingestellten mit MH in den erfragten Ausbildungsbereichen für das Einstellungsjahr 2014: Ausbildungsbereiche Anteil Bew. mit MH Anteil Eingest. mit MH Allgemeine Verwaltung 21,0% 22,6% Steuerverwaltung 25,5% 13,9% Justiz 13,0% 18,8% Justizvollzug 20,4% 11,6% Polizei 22,3% 14,9% Feuerwehr 13,0% 7,8% Weitere Berufe nach Berufsbildungsgesetz * 15,3% Gesamt 21,2% 15,2% * Ein Bewerbungsmonitoring findet nicht statt, jedoch werden die Einstellungsanteile im Rahmen des jährlichen Controllings nachrichtlich erfasst. 2. Wo liegen laut Senat die Gründe dafür, dass die Quote von 20 Prozent nicht erreicht wird? Drucksache 21/2630 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Es handelt sich bei dem Zielwert um einen gemittelten Wert, der zwar gleichermaßen für alle Berufsbereiche gilt, dessen Realisierbarkeit aber in Abhängigkeit der spezifischen Anforderungen der einzelnen Ausbildungsberufe steht. Zu den Gründen im Einzelnen siehe Antwort zu 6. 3. Mit der seit 2006 laufenden Dachkampagne „Wir sind Hamburg! Bist Du dabei?“ und den begleitenden Maßnahmen allein wird der Zielwert von 20 Prozent nicht erreicht. Welche Maßnahmen werden darüber hinaus angedacht oder durchgeführt , um den Zielwert von 20 Prozent zu erreichen? Die Kampagne „Wir sind Hamburg! Bist Du dabei?“ setzt seit Jahren auf eine hohe Zahl von ineinander greifenden Maßnahmen und behördenübergreifenden Aktivitäten, insbesondere eine intensive Öffentlichkeitsarbeit. Hierzu zählen Flyer und Plakate, Imagefilme, die Werbung in U- und S-Bahnen sowie im Internet, in den Kundenbereichen der Behörden und Ämter, an Schulen und auf Messen, Fachveranstaltungen sowie die Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen und Qualifizierungsträgern. Darüber hinaus ergänzen die Einstellungsstellen der Behörden die Maßnahmen der Kampagne durch: Allgemeine Verwaltung: Realisierung zielgruppenspezifischer Ansprachen unter anderem in Publikationen, Werbefilmen und einem Online-Tool. Einsatz von Nachwuchskräften mit Migrationshintergrund auf Messen und Schulveranstaltungen . Justizdienst: Einsatz zielgruppenspezifischer Medien wie zum Beispiel eines Logos und eines Ausbildungsvideos, derzeit Gestaltung eines neuen Flyers. Justizvollzug: Seit 2013 Intensivierung der Werbung, auch motivtechnische Präsentation von Nachwuchskräften mit Migrationshintergrund. Feuerwehr: Besuche von Messen und Berufsinformationsveranstaltungen in Hamburger Stadtteilen mit hohem Migrationsanteil, Abbildung von Personen mit Migrationshintergrund auf Flyern und Plakaten. Hinweise, dass kulturelle Vielfalt bei der Feuerwehr gewünscht wird. Polizei: Pressetermine, Radio- und Fernsehsendungen in türkischer und deutscher Sprache, Zeitungsartikel zum Thema Einstellung und Migration, vermehrte Informationsveranstaltungen an Hamburger Schulen mit hohem Migrationsanteil, Kontaktaufnahme zu verschiedenen konsularischen Vertretungen mit dem Ziel gemeinsame Veranstaltungen durchzuführen, Besuche bei entsprechenden Vereinen und Verbänden, auf Berufsmessen und Anderen, Werbekampagnen mit Auszubildenden /Beschäftigten mit Migrationshintergrund (Bannerwerbung an Polizeigebäuden , Flyer, U-und S-Bahn-Werbung, Trainposter, Imagefilm, Public Screen in verschiedenen Filialen von Systemgastronomieketten), Messeveranstaltungen bei Sportvereinen in Stadteilen mit hohem Migrationsanteil, Annoncen in Printmedien mit Bildern von Menschen mit Migrationshintergrund, Werbung auf Dienstfahrzeugen und zielgruppengerechte Einstellungsberatung. Darüber hinaus werden im Marketingbereich der Einstellungsstelle der Akademie der Polizei ab 2016 zusätzlich zu den bisher drei Beschäftigten mit Migrationshintergrund zwei weitere entsprechende Beschäftigte eingesetzt. Steuerverwaltung: Gezielte Ansprache von Menschen mit Migrationshintergrund in den Informationsmaterialien (zum Beispiel Flyer) sowie auf den Ausbildungsseiten der Steuerverwaltung im Internet, Ausbau von gezielten Schulveranstaltungen. Einsatz von Beschäftigten mit Migrationshintergrund, die an ihren ehemaligen Schulen über die Ausbildungsmöglichkeiten berichten. Einsatz von Nachwuchskräften mit Migrationshintergrund auf Messen und Schulveranstaltungen. 4. Laut Drs. 20/10509 lag der Bewerbungsanteil immer leicht über dem Einstellungsanteil, im Jahr 2013 mit 19 Prozent zu 16,8 Prozent deutlicher darüber. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2630 3 a. Wie liegt der Bewerbungsanteil im Vergleich zum Einstellungsanteil von 15,2 Prozent in 2014? b. Wie ist das Verhältnis Bewerbungen/Einstellungen bei den anderen Ausbildungssuchenden? 5. Wie ist das Verhältnis in den einzelnen Bereichen Allgemeine Verwaltung , Justiz, Steuerverwaltung, Polizei, Feuerwehr, Strafvollzug und weitere Berufe? Siehe Antwort zu 1. 6. Welche Gründe gibt es, warum die Bewerbungen von Nachwuchskräften mit Migrationshintergrund nicht erfolgreich sind? Allgemeine Verwaltung: In den Auswahlverfahren zeigen sich bezüglich der Gruppe der Personen mit Migrationshintergrund keine Auffälligkeiten. Sie scheiden in der Auswahl (diese besteht aus Vorauswahl, Eignungstest und Assessment) gleichermaßen aus beziehungsweise sind gleichermaßen erfolgreich. Die Gründe, aus denen Bewerbungen abzulehnen sind beziehungsweise abgelehnt werden können, bestehen für Bewerberinnen und Bewerber mit oder ohne Migrationshintergrund gleichermaßen. Beispielsweise können sie in nicht erfüllten Formalkriterien wie dem erforderlichen Mindest- oder Höchstalter oder in der Nichterfüllung der schulischen oder beruflichen Mindestvoraussetzungen liegen. Ablehnungsgründe sind ferner das Nichtbestehen des Assessments oder auch die festgestellte Nichteignung durch den Personalärztlichen Dienst sowie im Bereich des Justizvollzugsdienstes des kognitiven und schriftlichen Testteils und des Sporttestes . 7. Welche Maßnahmen in den einzelnen Bereichen werden angedacht oder durchgeführt, um die Schere zwischen Bewerbungen und Einstellungen zu schließen? Justizvollzug: Es wird fortlaufend daran gearbeitet, die relativ komplexen Zugangsvoraussetzungen in den Ausbildungsausschreibungen und Informationsflyern einfacher zu beschreiben, um auf diesem Weg potenzielle Bewerberinnen und Bewerber mit Migrationshintergrund besser zu erreichen und Bewerbungen mit nicht erfüllten Formalkriterien von vornherein zu minimieren. Der Justizvollzug setzt seit 2014 durch Messeauftritte wieder verstärkt auf die persönliche Ansprache unter anderem mit dem Fokus auf Bewerberinnen und Bewerber mit Migrationshintergrund . In Gesprächen besteht die Möglichkeit, vor einer Bewerbung das Vorliegen der formellen Voraussetzungen zu erörtern und geeignete Hinweise und Empfehlungen zu geben, wie diese erreicht werden können. Im Einstellungstestverfahren werden im Falle des Scheiterns individuelle Hinweise bezüglich der Gründe gegeben. Dieses trifft auch bei schlechten Deutsch- und Rechtschreibkenntnissen zu und in Abhängigkeit von der Fallkonstellation wird die Möglichkeit einer Testwiederholung nach einer individuellen Frist und Vorbereitungsempfehlung gewährt. Dieses Verfahren wird aber generell angewendet und beschränkt sich nicht auf Menschen mit Migrationshintergrund. Eine regelmäßige und intensive Beteiligung und Mitwirkung in kampagnenbezogenen Gremien und Projekten und behördenübergreifender Austausch ist für den Justizvollzug ebenfalls ein wichtiger Aspekt. Feuerwehr: Bewerberinnen und Bewerber bekommen in einem Feedbackgespräch Gründe ihres Scheiterns aufgezeigt. Sie erhalten die Chance, sich dem Einstellungstest ein weiteres Mal zu stellen. In den theoretischen Eignungstest werden die Fragen kulturneutraler ausgerichtet. Polizei: Siehe Ausführungen zur Polizei in der Antwort zu 3. Steuerverwaltung: Die Steuerverwaltung erreicht in der Laufbahngruppe 1.2 (ehemaliger mittlerer Dienst) kontinuierlich über dem angestrebten Zielwert von 20 Prozent liegende Bewerbungs- und Einstellungsanteile. In der Laufbahngruppe 2.1 (ehemaliger gehobener Dienst) liegt bereits der Bewerbungsanteil bei aufsteigender Tendenz noch unter 20 Prozent. Durch die in der Antwort zu 3. dargestellten Maßnahmen soll der Bewerbungsanteil weiter gesteigert werden. Dies ist in den Drucksache 21/2630 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 letzten Jahren auch gelungen. So wuchs der Bewerbungsanteil in der Laufbahngruppe 1.2 im Zeitraum von 2007 bis 2014 von 19,5 Prozent auf 35,7 Prozent, in der Laufbahngruppe 2.1 im selben Zeitraum von 9,8 Prozent auf 19,3 Prozent.