BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2670 21. Wahlperiode 29.12.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse, Dr. Bernd Baumann und Dr. Joachim Körner (AfD) vom 23.12.15 und Antwort des Senats Betr.: Ist der Medienstandort Hamburg in Gefahr? Hamburg ist der führende Standort in vielen Bereichen der Medien in Deutschland. Das betrifft unter anderem den Umsatz, die Anzahl Beschäftigter sowie die Anzahl an Medienunternehmen unter anderem aus den Bereichen Werbung, Verlag, Musik, Filmwirtschaft, Druck und Rundfunk. Hinzu kommen die zahlreichen Multimediaunternehmen. Die Medienlandschaft befindet sich nun schon seit Jahren in einem fortschreitenden Umbruch, auch in Hamburg. Selbst so bekannte Medien wie „Der Spiegel“ trifft der Strukturwandel hart. Allein der Verlag des Nachrichtenmagazins baut im Rahmen seines Sparprogramms etwa 150 Stellen ab, wie kürzlich bekannt wurde. Gleichzeitig scheint sich nach den politisch motivierten Krawallen gegenüber Medienhäusern wie dem Axel-Springer-Verlag vor allem in den 1960er Jahren nun erneut eine Welle an Übergriffen anzubahnen – diesmal ausgeführt gegen wirtschaftlich sehr erfolgreiche Medienkonzerne der neuen Generation, wie etwa Facebook (Anschlag auf die Facebook-Zentrale am 13.12.2015 vermutlich durch Antifa-Gruppen). Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Begriff „Medien“ ist statistisch nicht definiert. Der Beantwortung dieser Fragen wird daher der Begriff Kreativwirtschaft zugrunde gelegt. Zur Kreativwirtschaft zählen: - Musikwirtschaft - Buchmarkt - Kunstmarkt - Filmwirtschaft - Rundfunkwirtschaft - Markt für Darstellende Künste - Designwirtschaft - Architekturmarkt - Pressemarkt - Werbemarkt - Software-/Games-Industrie Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen zum Teil auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Kreativ Gesellschaft mbH wie folgt: Drucksache 21/2670 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie wird die aktuelle wirtschaftliche Lage bei den Medienunternehmen in Hamburg, soweit bekannt, bewertet? Die Handelskammer hat in ihrer Bestandsaufnahme 2015 festgestellt, dass die Kreativwirtschaft ihren Anteil an der wirtschaftlichen Leistung der Stadt noch steigern konnte . Den Herausforderungen der insbesondere mit der Digitalisierung verbundenen Veränderungsprozesse haben sich die Hamburger Medienunternehmen erfolgreich gestellt und einen führenden Platz in der deutschen und europäischen Medienwirtschaft behauptet. 2. Wie viele Medienunternehmen hat Hamburg in den letzten Jahren verloren (etwa durch Insolvenzen/Abwanderungen) und neu hinzubekommen (Neugründungen/Zuzüge)? Welcher Art sind diese Unternehmen? Die Zahl der Unternehmen in der Hamburger Kreativwirtschaft ist von 2009 bis 2013 um circa 3 Prozent angestiegen. Im Übrigen werden die erfragten Daten in dieser Systematik statistisch nicht erfasst. Die Frage kann deshalb in der für die Beantwortung dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht beantwortet werden. 3. Wie viele Stellen sind im Mediensektor in Hamburg in den letzten 20 Jahren verloren gegangen? Die Zahl lässt sich in der für die Beantwortung dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermitteln. Die Bestandsaufnahme 2015 der Handelskammer Hamburg, die auf Daten der Jahre 2009 bis 2013 beruht, zeigt im Saldo einen Zuwachs an Stellen. 4. Lässt sich die These, dass andere Medienstandorte wie Berlin Hamburg zunehmend den Rang ablaufen, quantitativ belegen? Hat Berlin Hamburger Medienunternehmen erfolgreich „abgeworben“? Wenn ja, was ist der Grund dafür? Was tut Hamburg dagegen, um als Medienstandort attraktiv beziehungsweise einzigartig zu bleiben? Nein. Abwerbungen durch das Land Berlin sind dem Senat nicht bekannt. Die Handelskammer Hamburg kommt zum Ergebnis, dass die Wahrnehmung Hamburgs als Kreativstandort in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode wurde das neu geschaffene Amt Medien in der Senatskanzlei angesiedelt. Außerdem wurde die neue Medienstandort-Initiative next- Media.Hamburg gegründet. 5. Vor allem im Multimedia-Bereich (Gaming, E-Commerce et cetera) sind sogenannte Start-ups für junge Gründer attraktiv, um in der Medienszene Fuß zu fassen. Gibt es hier Erkenntnisse, wie viele Start-ups in den letzten zehn Jahren sich in Hamburg angesiedelt haben? Die Anzahl der Gewerbean- und -abmeldungen wird im Gründungsbarometer der Handelskammer Hamburg dargestellt (https://www.hk24.de/ unternehmensfoerderung_und_start/unternehmensgruendung/gruendungsbarometer). 6. Wie fördert man in Hamburg vor allem junge Start-ups in den oben genannten Bereichen? Grundsätzlich stehen alle Angebote zur Förderung von Startups am Standort Hamburg auch Gründern mit Fokus auf Medienthemen zur Verfügung. Im Bereich Finanzierung ist auf die Förderinstrumente der Hamburgischen Investitions - und Förderbank (IFB) sowie der BürgschaftsGemeinschaft Hamburg GmbH (BG), zum Beispiel den Innovationsstarter Fonds, die BG-Bürgschaft sowie die Programme BG-Start! und InnoRampUp, zu verweisen. Beim Networking werden unter anderem Veranstaltungen im Rahmen der Initiative nextMedia.Hamburg angeboten. Speziell für Medien-Start-ups ist das Scoopcamp zu nennen. Zudem werden Plattformen unterstützt, die den verschiedenen Teilnehmern des Hamburger Startup-Ökosystems den Austausch erleichtern. So engagierte sich Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2670 3 die Stadt in 2015 zum Beispiel bei Veranstaltungen wie dem StartupWeekend, der NEXT Konferenz, der solutions.Hamburg und der Neumacher Konferenz. Im Rahmen von öffentlichen Service&Support-Leistungen ist mit dem nextMedia StartHub eine erste Anlaufstelle für innovative, digitale Start-ups in Hamburg geschaffen worden. Der StartHub arbeitet auch an der Vernetzung der Start-up-Szene mit der am Standort etablierten Medienlandschaft. Der nextMedia StartHub ergänzt dabei das breite Beratungsangebot an öffentlichen Einrichtungen wie die Hamburger Existenzgründungsinitiative (H.E.I.), das Beratungscenter Wirtschaft der IFB und das Hamburger Existenzgründungs Programm (hep). 7. Ist eine Zunahme von politisch motivierter Gewalt gegenüber Medienunternehmen in Hamburg zu verzeichnen? Wenn ja, welche ähnlichen Vorfälle/Gewalttaten gab es in den vergangenen fünf Jahren? 8. Gibt es Erkenntnisse von Polizei und Verfassungsschutz, wer hinter den jüngsten Übergriffen auf Medienunternehmen wie Facebook steckt? 9. Gibt es Erkenntnisse darüber, was die Ziele der Angriffe sind? Da es sich bei den dem Landesamt für Verfassungsschutz bekannt gewordenen Vorfällen um einzelne Fälle im Jahr handelt, ist eine Tendenz nicht erkennbar. Folgende Angriffe auf Medienunternehmen wurden hier festgestellt: Datum Angriffsziel und Tatbegehung Tathintergrund laut Selbstbezichtigungsschreiben bzw. Tatdokumentation 22.08.2012 Sachbeschädigung mit Steinen und Farbe an einem von der „Deutschen Telekom“ bzw. Tochterfirmen genutzten Gebäude Das Unternehmen sei „Profiteur der Krisenpolitik“ 27.04.2013 Sachbeschädigung mit Farbe an einem von der „Deutschen Telekom“ bzw. Tochterfirmen genutzten Gebäude Das Unternehmen sei wegen Umstrukturierungsmaßnahmen nach dem Aufkauf eines griechischen Telekommunikationsunternehmens „Profiteur der Krisenpolitik“ und wegen der Lieferung von Kommunikationstechnologie an die Bundeswehr „Kriegsdienstleister“ 05.12.2013 Sachbeschädigung mit Farbe gegen die Werbeagentur „Jung von Matt“ Dem Unternehmen wird vorgeworfen , Akteur der Gentrifizierung im Stadtteil St. Pauli zu sein 11.01.2015 Brandanschlag auf das Gebäude der „Hamburger Morgenpost“ Laufende Ermittlungen 23.02.2015 Sachbeschädigung mit Farbe und Steinen gegen die Werbeagentur „Jung von Matt“ Das Unternehmen wird als „Werbepartner der Hamburger Olympiabewerbung “ angegriffen 20.07.2015 Brandstiftung an von den Firmen Telekom, Vodafone und O2 genutzten Mobilfunk -Sendemasten Angriff auf die „Infrastruktur, die es (…) ermöglicht, dass dieses ausbeuterische und unterdrückende System so weiterlaufen kann (…).“ 12.12.2015 Sachbeschädigung mit Farbe und Steinen gegen ein von Facebook genutztes Gebäude Diverse Kritik an der Politik des Unternehmens, u.a. hinsichtlich „Übergriffigkeit“ auf die Privatsphäre der Nutzer und Kooperation mit staatlichen Institutionen, insbesondere Sicherheitsbehörden Drucksache 21/2670 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Aufgrund der vorliegenden Bekennungen sind die Taten linksextremistischen Gruppierungen oder entsprechenden Einzeltätern zuzurechnen. Eine darüber hinausgehende Antwort ist aufgrund der für die Beantwortung dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 10. Gibt es Befürchtungen, dass Medienkonzerne aufgrund der oben genannten Übergriffe den Medienstandort Hamburg wieder verlassen beziehungsweise sicherere Standorte vorziehen? Nein.