BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2677 21. Wahlperiode 05.01.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Ludwig Flocken (AfD) vom 28.12.15 und Antwort des Senats Betr.: Kindesmisshandlungen mit Todesfolge und Anwesenheit von Stiefvätern Die Forschungsergebnisse von Martin Daly (Psychologie-Professor an der McMaster Universität, Hamilton, Ontario, Kanada) aus mehreren Jahrzehnten in Ländern auf allen Kontinenten zeigen, dass Stiefväter bis zu 100 mal so häufig tödliche Gewalt gegen ihre Stiefkinder anwenden als leibliche Väter gegen ihre leiblichen Kinder, bemessen relativ zur Anzahl der Expositionen. (Roach, J. (2011). „Evolution and the Prevention of Violent Crime“. Psychology 02 (4): 393–357. DOI:10.4236/psych.2011.24062). Die Daten des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen nennen in 20 Prozent Stiefväter als Täter, wobei die Bezugsgröße alle (deutschlandweit ) tödlich misshandelten Kinder sind. Ich frage den Senat: Wenn bei einem Kleinkind oder Säugling Hinweise/Verdachtsmomente auf Kindesmisshandlung bemerkt werden, sind die Mitarbeiter der Jugendämter und der freien Träger dann gehalten, die Anwesenheit eines Stiefvaters anstelle eines leiblichen Vaters im gleichen Haushalt als zusätzlichen Risikofaktor zu betrachten und entsprechend zu handeln? Wenn ja, wurde dies auch beachtet? Wenn nein, warum nicht? Die Fachkräfte sind im Rahmen der sozialpädagogischen Diagnose verpflichtet, in jedem Einzelfall die jeweils spezifischen Risiko- und Schutzfaktoren aus dem individuellen , psychosozialen sowie familiengeschichtlichen Bereich und der aktuellen Problemlage einer Familie zu prüfen und zu bewerten. Zu der Vielzahl der zu prüfenden Einflussfaktoren gehören auch die schützenden oder gefährdenden Einflüsse, die von (Stief-)Vätern oder anderen wichtigen Personen im sozialen und familiären Umfeld der Kinder ausgehen können. Sie isoliert zu betrachten, käme einer unzulässigen Vereinfachung des Erkennens, Beurteilens und Handelns der Fachkräfte in einer tatsächlich sehr komplexen Realität gleich.