BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2683 21. Wahlperiode 12.01.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 04.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Übergang von der Schule zum Beruf – Wo landen Hamburgs Schulabgänger tatsächlich? Kurz vor Weihnachten veröffentlichte die Schulbehörde die Zahlen zum Verbleib der Schulabgänger aus dem Schuljahr 2014/2015. Senator Rabe lobte die Reformen, die Hamburg im Bereich des Übergangs Schule – Beruf seit drei Jahren in die Wege geleitet hat. Dabei hat sich die Situation gegenüber dem Vorjahr verschlechtert: In diesem Jahr begannen 1.693 der 4.609 Schulabgänger direkt eine Berufsausbildung; dies entspricht 36,7 Prozent und damit einem Rückgang um 0,7 Prozent (2013/2014: 37,4 Prozent). Die größte Gruppe, nämlich 2.029 Jugendliche (44 Prozent), wird indes an Hamburgs Berufsschulen im Rahmen von AvDual beziehungsweise an trägergestützten Produktionsschulen auf eine Ausbildung vorbereitet, und das, obwohl alle diese Schulabgänger seit dem vergangenen Schuljahr im Rahmen der „Berufs- und Studienorientierung“ bereits zuvor verbindlich auf den Übergang in Beruf und Studium geschult wurden. In der Pressemitteilung der zuständigen Schulbehörde (http://www.hamburg.de/bsb/pressemitteilungen/nofl/4657480/2015-12-18- bsb-schulabgaenger/) heißt es weiter: „Auch in diesem Jahr konnte die Jugendberufsagentur sicherstellen, dass kein Jugendlicher nach Abschluss der Schule verloren ging.“ Diese Aussage verwundert, da der Geschäftsführer des Hamburger Instituts für Berufliche Bildung (HIBB), Rainer Schulz, gegenüber der „tageszeitung“ einräumte, dass 157 Jugendliche erklärt haben, sie wollten „nicht weiter beraten werden.“ Im Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsfraktionen darauf geeinigt, die konzertierte Nachvermittlung von ausbildungssuchenden Jugendlichen zu verbessern. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf teilweise auf Grundlage von Auskünften der Agentur für Arbeit Hamburg wie folgt: 1. Wie viele Schülerinnen und Schüler aus staatlichen und nicht staatlichen allgemeinbildenden Schulen haben die Schule zum Ende des Schuljahres 2014/2015 mit jeweils welchem Schulabschluss verlassen? Bitte für Hamburg gesamt und nach Bezirken getrennt in absoluten und prozentualen Zahlen angeben. Drucksache 21/2683 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Da die Angaben für das Schuljahr 2014/2015 nach derzeitigem Planungsstand erst Ende Februar 2016 vorliegen, werden in der folgenden Übersicht die Abschlüsse an allgemeinbildenden Schulen im Schuljahr 2013/2014 dargestellt. Jährlich absolvieren circa 400 bis 450 Schülerinnen und Schüler eine berufliche Bildungsmaßnahme und erwerben dabei den ersten allgemeinbildenden Schulabschluss . Deshalb ist davon auszugehen, dass von den 5,1 unten angegebenen Prozent Schülerinnen und Schülern ohne Schulabschluss rund die Hälfte in den nachfolgenden Jahren einen Abschluss nachholt. Schulentlassene (SEL)1) aus Hamburger allgemeinbildenden Schulen des Schuljahres 2013/14 nach Bezirk und Abschlussart Bezirk ohne Schulabschluss 2) erster allgemeinbildender Schulabschluss mittlerer Schulabschluss schulischer Teil der Fachhochschulreife Allgemeine Hochschulreife SEL1) insgesamt Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Altona 124 6,4% 240 12,5% 286 14,8% 59 3,1% 1.218 63,2% 1.927 Bergedorf 66 4,6% 236 16,3% 335 23,1% 58 4,0% 754 52,0% 1.449 Eimsbüttel 33 1,8% 175 9,4% 277 14,9% 59 3,2% 1.310 70,7% 1.854 Hamburg- Mitte 185 7,4% 618 24,8% 679 27,3% 102 4,1% 907 36,4% 2.491 Hamburg- Nord 104 4,9% 361 16,9% 454 21,2% 103 4,8% 1.116 52,2% 2.138 Harburg 122 7,6% 298 18,6% 366 22,8% 60 3,7% 760 47,3% 1.606 Wandsbek 121 3,5% 395 11,5% 616 17,9% 115 3,3% 2.192 63,7% 3.439 Hamburg insgesamt 1) 755 5,1% 2.323 15,6% 3.013 20,2% 556 3,7% 8.257 55,4% 14.904 Quelle: Schuljahresstatistik 2014 1) Ohne Erwachsenenbildung, Berufliche Bildungsgänge an Sonderschulen und Nicht-Schüler-Prüfungen 2) Diese Zahl enthält auch Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Ein erheblicher Teil dieser Schülerinnen und Schüler erreicht infolge der jeweiligen Lernbeeinträchtigungen keinen ersten allgemeinbildenden - oder höherwertigen Abschluss. 2. Wie viele Schülerinnen und Schüler aus staatlichen und nicht staatlichen berufsbildenden Schulen haben die Schule zum Ende des Schuljahrs 2014/2015 jeweils mit jeweils welchem Abschluss verlassen? Bitte in absoluten und prozentualen Zahlen angeben. Da die Angaben für das Schuljahr 2014/2015 nach derzeitigem Planungsstand erst Ende Februar 2016 vorliegen, werden in der folgenden Übersicht die Abschlüsse an berufsbildenden Schulen im Schuljahr 2013/2014 dargestellt. Abschlüsse an Hamburger berufsbildenden Schulen im Schuljahr 2013/14 Anzahl Anteil Abgang* 2.321 11,3% Absolventen 18.239 88,7% unter den Absolventen mit Abschlusszeugnis, ohne dass sich der vorhandene allgemeinbildende Schulabschluss verändert hat 13.517 65,7% Abschlusszeugnis mit zusätzlich erworbenem erstem allgemeinbildenden Schulabschluss 477 2,3% mittlerem Schulabschluss 1.798 8,7% schulischem Teil der Fachhochschulreife 393 1,9% Fachhochschulreife 1.408 6,8% fachgebundener Hochschulreife 60 0,3% allgemeiner Hochschulreife 586 2,9% insgesamt 20.560 100% Quelle: Schuljahresstatistik 2014 * In den Bildungsgängen der Berufsvorbereitungsschule und in der Berufsqualifizierung sind direkte Übergänge in die duale Ausbildung oder andere berufsqualifizierende Maßnahmen werden – Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2683 3 auch unterjährig – angestrebt. Die unter „Abgang“ gezählten Schülerinnen und Schüler beinhalten auch die als positiv zu bewertenden Übergänge in die duale Ausbildung oder andere Maßnahmen. 3. Wie viele Schulabgänger der Schuljahre 2013/2014 und 2014/2015 begannen jeweils direkt eine Berufsausbildung? Bitte in absoluten und prozentualen Zahlen angeben. Nach dem Schuljahr 2013/2014 begannen 1.893 von 5.059 Jugendlichen direkt eine Berufsausbildung nach der allgemeinbildenden Schule. Das entspricht einem Anteil von 37,4 Prozent. Nach dem Schuljahr 2014/2015 begannen 1.693 von 4.609 Jugendlichen direkt eine Berufsausbildung nach der allgemeinbildenden Schule. Das entspricht einem Anteil von 36,7 Prozent. Bei den genannten Übergangsquoten ist zu berücksichtigen, dass jährlich rund 900 bis 1.100 Schülerinnen und Schüler aus dem Bildungsgang AvDual in Ausbildung oder Beschäftigung übergehen, siehe Antwort zu 7. Dadurch verbessern sich die Übergangsquoten um weitere 18 bis 23 Prozent auf eine Übergangsquote von rund 55 bis 60 Prozent. Die Ausgangszahlen dieser Verbleibstatistik der Jugendberufsagentur (JBA) für Schulabgängerinnen und -abgänger unterscheiden sich von der in den Antworten zu 1. und 2. genannten amtlichen Schuljahresstatistik, da ihnen unterschiedliche Stichtage und andere Definitionskriterien für Schulabgängerinnen und -abgänger zugrunde liegen. Unter anderem sind bei der Schuljahresstatistik Schulabgängerinnen und -abgänger definiert als „Schulentlassene“, die das allgemeinbildende Schulsystem verlassen. In der Verbleibstatistik der JBA werden hingegen diejenigen, die nach dem Verlassen der allgemeinbildenden Schule anschließend an einer berufsbildenden Schule einen Bildungsgang zum Erwerb eines höheren Abschlusses besuchen (Berufliche Gymnasien, Höhere Handelsschule et cetera), zu der Gruppe „weiterer Schulbesuch “ gezählt. 4. Wie viele ausbildungssuchende Jugendliche konnten 2015 im Rahmen der Nachvermittlung einen Ausbildungsplatz finden? Die Zahlen werden vom Statistikservice der Bundesagentur für Arbeit nicht erfasst. 5. Welche konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der konzentrierten Nachvermittlung von ausbildungssuchenden Jugendlichen wurden bereits eingeleitet und welche sind noch geplant? Zum 1. Dezember 2014 und somit erstmalig zur Nachvermittlung von Jugendlichen im Jahr 2015 wurde das Projekt „Azubi Plus“ der Bundesagentur für Arbeit gestartet. Hierbei handelt es sich um spezialisierte Ausbildungsplatzvermittler/-innen aus dem gemeinsamen Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit und des Jobcenters team.arbeit.hamburg, die räumlich in den Jugendberufsagenturen angesiedelt sind. Darüber hinaus werden die Beratungskräfte der Agentur für Arbeit durch vier Ausbildungscoaching -Projekte unterstützt, die Jugendliche bei der Suche nach Ausbildungsplätzen und im Bewerbungsverfahren unterstützen. Dieses Angebot wird aus Mitteln der für Arbeit und Soziales zuständigen Behörde sowie des Europäischen Sozialfonds finanziert. Weitere Maßnahmen sind derzeit nicht geplant. 6. Wie viele Schulabgänger der Schuljahre 2013/2014 und 2014/2015 begannen jeweils eine Ausbildungsvorbereitung a. im Rahmen von AvDual? b. an Produktionsschulen? Bitte in absoluten und prozentualen Zahlen angeben. Für die Anzahl der Übergänge von Schulabgängerinnen und -abgängern nach Klasse 10 in die Ausbildungsvorbereitung siehe folgende Übersicht: Drucksache 21/2683 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Schuljahr 2013/14 Schuljahr 2014/15 Anzahl der Schulabgängerinnen und -abgänger insgesamt 5.059 4.609 - davon Übergänge in AvDual 1.733 34,3 % 1.886 40,9 % - davon Übergänge in die Ausbildungsvorbereitung der Produktionsschule 177 3,5 % 143 3,1 % Summe der Übergänge in die Ausbildungsvorbereitung 1.910 37,8 % 2.029 44,0 % Quelle: Verbleibstatistik der Jugendberufsagentur Hamburg 7. Wie viele Abgänger aus AvDual der Schuljahre 2012/2013 und 2013/ 2014 konnten jeweils in eine duale Ausbildung oder eine Beschäftigung vermittelt werden? Aus dem Schuljahr 2012/2013 wurden 752 Abgänger aus AvDual in eine duale Ausbildung , 58 in eine vollqualifizierende Berufsfachschulausbildung und 135 Abgänger in eine Beschäftigung vermittelt. Aus dem Schuljahr 2013/2014 wurden 822 Abgänger aus AvDual in eine duale Ausbildung , 93 in eine vollqualifizierende Berufsfachschulausbildung und 162 Abgänger in eine Beschäftigung vermittelt. a. Wie viele Jugendliche konnten nach Abschluss des AvDual- Bildungsganges nicht in eine duale Ausbildung oder Beschäftigung vermittelt werden? Bitte pro Jahr in absoluten und prozentualen Zahlen darstellen. b. Was passiert mit den Jugendlichen, die nach Abschluss des AvDual -Bildungsganges in keine duale Ausbildung oder Beschäftigung vermittelt werden können? Welche Alternativen werden für sie vorgehalten ? Nach Abschluss von AvDual wurden nach dem Schuljahr 2012/2013 1.050 Abgänger nicht in duale Ausbildung oder Beschäftigung vermittelt, das entspricht einem Anteil von 52,6 Prozent der Abgänger aus AvDual insgesamt. Dieses gilt für den angegebenen Stichtag 15. September 2013. Danach kann es – und das wird auch gewünscht – weitere Übergänge in Ausbildung und Beschäftigung gegeben haben. In dieser Gruppe sind auch Jugendliche, die sich für einen weiterführenden schulischen Bildungsgang entschieden haben. Im Übrigen siehe Drs. 20/10239. Nach Abschluss von AvDual wurden nach dem Schuljahr 2013/2014 1.169 Abgänger nicht in duale Ausbildung oder Beschäftigung vermittelt, das entspricht einem Anteil von 52,0 Prozent der Abgänger aus AvDual insgesamt. In dieser Gruppe sind auch Jugendliche enthalten, die sich für einen weiterführenden schulischen Bildungsgang entschieden haben. Abgängerinnen und Abgänger aus AvDual gehen außer in die duale Ausbildung oder Beschäftigung in die Berufsqualifizierung (BQ), in vollqualifizierende Berufsfachschulen , in einen weiterführenden schulischen Bildungsgang, in eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (der Arbeitsagentur, BVB), Berufsorientierte Ausbildungsvorbereitung (BeOA), Praktikerqualifizierung (PQ) oder Arbeits- und Berufsorientierung (ABO) oder machen eine Einstiegsqualifizierung (EQ). Einige Jugendliche gehen in ein Auslandsjahr , zur Bundeswehr, zum Bundesfreiwilligendienst oder sie unterbrechen ihren Ausbildungsweg aufgrund von persönlichen oder gesundheitlichen Gründen. Alle Jugendlichen werden – und sei es durch aufsuchende Beratung – durch die JBA weiter beraten, es sei denn, sie erklären, dass sie keine weitere Beratung mehr wünschen . 8. Wie hat sich die Anzahl der vom Staat geförderten Ausbildungsplätze seit dem Schuljahr 2012/2013 jährlich entwickelt? Fördermaßnahmen für benachteiligte Jugendliche werden zum einen aus Mitteln der Freien und Hansestadt (FHH), zum anderen aus Mitteln des Bundes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites und Drittes Buch (SGB II, SGB III) finanziert. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2683 5 Die nachfolgende Tabelle weist das Platzangebot aus, das mit Mitteln der FHH finanziert wird (Hamburger Ausbildungsprogramm – HAP, Jugendberufshilfe – JBH) sowie Plätze der Agentur für Arbeit, die aus Mitteln des Bundes finanziert werden (Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen – BaE). 2012/13 2013/14 2014/15 Jugendberufshilfe (JBH) 169 145 144 Hamburger Ausbildungsprogramm (HAP) 218 247 228 Berufsqualifizierung (BQ) 500 486 468 BaE (SGB II/SGB III) 380* 330 300 * Bis 2013 sind in der genannten Platzzahl auch anteilig Reha-Plätze enthalten Quellen: Ausbildungsreport 2013, 2014, 2015; Hamburger Institut für berufliche Bildung (HAP, JBH); Veröffentlichung des Platzangebotes in www.ichblickdurch.de (BaE) 9. Wie viele Schulabgänger der Schuljahre 2012/2013, 2013/2014 und 2014/2015 haben jeweils gegenüber der Jugendberufsagentur oder anderen zuständigen Stellen erklärt, sie wollten nicht weiter beraten werden? (Bitte pro Jahr in absoluten und prozentualen Zahlen darstellen .) Was passiert mit diesen Jugendlichen? Schulabgängerinnen und -abgänger der Abschlussjahrgänge nach Klasse 10 (Stadtteilschulen , ReBBZ) sind in der Regel weiterhin schulpflichtig und gehen entweder weiter zur Schule, in die Ausbildung, die Ausbildungsvorbereitung oder absolvieren andere schulpflichtersetzende Maßnahmen. Nicht mehr schulpflichtige jugendliche Schulabgängerinnen oder -abgänger (nach Erfüllung der elfjährigen Schulpflicht oder der Vollendung des 18. Lebensjahres) werden über ihre Anschlussmöglichkeiten informiert und hierzu beraten. Alle werden von den abgebenden Schulen (nach Ausbildungsbeendigung oder -abbruch, BQ-Beendigung oder -abbruch) regelhaft an die Netzwerkstelle der Jugendberufsagentur gemeldet . Die Zahlen werden erstmalig nach dem vollständigen Ausbau der JBA im Schuljahr 2014/2015 statistisch erfasst. Hiernach haben im Schuljahr 2014/2015 von 2.775 gemeldeten Jugendlichen unter 25 Jahren 373, das sind rund 13 Prozent, erklärt, dass sie derzeit kein Interesse an einer weiteren Beratung haben. Die betreffenden Jugendlichen werden von der „aufsuchenden Beratung“ der JBA in regelmäßigen Abständen (spätestens nach einem halben Jahr) erneut angeschrieben beziehungsweise angesprochen.