BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2727 21. Wahlperiode 12.01.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 05.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Neue Dimension der Gewalt gegen Frauen Nach Presseberichten ist es nicht nur in Köln, sondern auch in Hamburg in der Silvesternacht zu sexuellen Übergriffen auf Frauen durch Gruppen von vermutlich Arabern gekommen. Mehrere Gruppen von fünf bis fünfzehn Männern sollen Jagd auf Frauen gemacht und diese sexuell belästigt, beraubt und bestohlen haben. Der NRW-Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei nannte die Attacken eine „neue Dimension der Gewalt“. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Polizei Hamburg hatte sich, wie in den Vorjahren, mit verstärkten Kräften auf die Silvesternacht vorbereitet. Sachverhalte, die von den Vorjahren hätten abweichen können, lagen den Sicherheitsbehörden im Vorfeld nicht vor. Das gilt auch für den Bereich der Reeperbahn. Der Bereich der Reeperbahn war in der Silvesternacht durch ein hohes Besucheraufkommen von in der Spitze bis zu 50.000 Besuchern geprägt. Besonders im Bereich der Großen Freiheit und des Beatles-Platzes kam es zu dichten Menschenansammlungen. Die vor Ort eingesetzten Polizeikräfte haben deshalb in der Zeit von 2 Uhr bis circa 4 Uhr den Bereich der Großen Freiheit gesperrt und dort nur noch einen geregelten Zu- und Abgang zugelassen, um Gefahren durch die dichte Zusammenballung der Menschen zu verhindern. Die Polizeikräfte wurden in der Silvesternacht vor Ort vereinzelt von Frauen auf Übergriffe angesprochen. Konkrete Täterhinweise, die vor Ort gezielte Zugriffe ermöglicht hätten, konnten dabei nicht gegeben werden. Die Frauen wurden aufgrund der Einsatzsituation vor Ort gebeten, an der nahe gelegenen Davidwache Anzeige zu erstatten . Es ist darauf hinzuweisen, dass auch an der Davidwache ein hohes Besucheraufkommen zu verzeichnen war, sodass Anzeigende Wartezeiten in Kauf nehmen mussten . Insgesamt war für die Silvesternacht, wie für Silvesternächte nicht unüblich, ein hohes Anzeigenaufkommen für verschiedenste Delikte festzustellen. Eine ungewöhnliche Häufung von Delikten durch Übergriffe auf Frauen ist den Kräften vor Ort und den Kräften an der Davidwache nicht aufgefallen. Der entsprechende Lagebericht aus dieser Nacht, gefertigt am 1. Januar 2016, „vermerkt diverse Anzeigen wegen sexueller Übergriffe im Bereich Große Freiheit“. Am Montagmorgen lagen der Polizei Hamburg hierzu vier Strafanzeigen vor. Vor dem Hintergrund des Lageberichts und der Hinweise aus Köln hat der Polizeipräsident weitere Informationen hierzu eingeholt. Die hieraus erkennbaren Tatabläufe, nach denen die Übergriffe durch Gruppen von Männern begangen wurden, führten einhergehend mit am Montag eingehenden weiteren Strafanzeigen zu weiteren Ermittlungen und einem Zeugen-/Geschädigtenaufruf der Polizei Hamburg. Drucksache 21/2727 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Hieraus ergaben sich mit Stand 12. Januar 2016 158 Anzeigen. In allen Fällen wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Ermittlungen dauern an. Die Strafanzeigen lassen sich derzeit untergliedern in - 122 Anzeigen (213 Geschädigte) wegen Beleidigung auf sexueller Basis/sexueller Nötigung, - 23 Anzeigen (29 Geschädigte) wegen Beleidigung auf sexueller Basis/sexueller Nötigung und anschließendem Diebstahl, - acht Anzeigen (neun Geschädigte) wegen Beleidigung auf sexueller Basis/ sexueller Nötigung und anschließendem Raub, - fünf Anzeigen (sechs Geschädigte) wegen Beleidigung auf sexueller Basis/ sexueller Nötigung sowie Körperverletzung. Auch in Hamburg konzentrieren sich die Aussagen auf Personen, die dem äußeren Anschein nach einen nordafrikanischen oder arabischen Hintergrund haben. Die Polizei hat am 5. Januar 2016 eine Ermittlungsgruppe eingesetzt, die alle infrage kommenden Ermittlungsansätze verfolgt. Die Staatsanwaltschaft hat eine Zuständigkeitsregelung getroffen, wonach diese Verfahren konzentriert in der für Sexualdelikte zuständigen Abteilung bearbeitet werden. Die Polizei führt im Bereich St. Pauli an den Wochenenden und zu entsprechenden Zeiten mit hohem Besucheraufkommen Schwerpunkteinsätze durch. Hierbei wird auch auf die Möglichkeit des Einsatzes mobiler Videoüberwachung zurückgegriffen. Nach Bewertung durch die Polizei handelt es sich um ein in dieser Form bisher unbekanntes , besonders gravierendes Phänomen sexueller Übergriffe auf Frauen, auf die sich die Polizei mit den Maßnahmen vor Ort konzeptionell neu einstellen wird. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie stellte sich die Situation rund um die Reeperbahn in der Silvesternacht aus Sicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde dar? 2. Gegen wie viele Personen wurden in diese Zusammenhang Ermittlungsverfahren eingeleitet? Bitte die entsprechenden Delikte und Staatsangehörigkeit , Aufenthaltsstatus, Geschlecht und Alter der Personen, gegen die jeweils ermittelt wird, angeben und auch angeben, ob diese in einer sogenannten Flüchtlingsunterkunft wohnen. 3. Wie viele Strafanzeigen sind in diesem Zusammenhang bisher eingegangen ? Siehe Vorbemerkung. 4. Sichtet die Polizei Einträge in sozialen Netzwerken, um weitere Opfer ausfindig zu machen? Wenn ja, in welchem Umfang? Wenn nein, warum nicht? Nein. Die Pressestelle der Polizei hat mögliche Geschädigte und Zeugen über die öffentlichen Medien gebeten, entsprechende Hinweise an die Polizei zu geben. 5. Wie viele Polizeibeamte waren in der Silvesternacht auf St. Pauli im Einsatz ? Warum konnten diese die im öffentlichen Raum begangenen Straftaten nicht verhindern? Insgesamt waren bis zu 209 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte eingesetzt. Darüber hinaus siehe Vorbemerkung. 6. Stimmt der Senat der Einschätzung, es handele sich um eine „neue Dimension der Gewalt“, zu? Bitte begründen. Wie möchte der Senat Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2727 3 beziehungsweise die zuständige Behörde diesen Straftaten künftig begegnen? Ja. Siehe Vorbemerkung.