BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2763 21. Wahlperiode 12.01.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 06.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Abschiebungen aus Hamburg – Wie verfährt der Senat? Aus Hamburg werden im Durchschnitt täglich mehrere Menschen abgeschoben . Allein im November 2015 wurden 484 Menschen aus Hamburg von den Behörden gezwungen Deutschland zu verlassen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Menschen wurden in den vergangenen vier Quartalen jeweils aus Hamburg abgeschoben/rückgeführt? Bitte aufschlüsseln nach a. Quartal, Die Rückführungszahlen für das Jahr 2015 sind der folgenden Übersicht zu entnehmen : Quartal Abschiebungen ins Herkunftsland Zurückschiebungen in Drittstaat Freiwillige Ausreisen mit Grenzübertrittsbescheinigung Rückführungen gesamt I 2015 101 20 104 225 II 2015 125 17 75 217 III 2015 98 1 372 471 IV 2015 313 37 897 1.247 (Quelle: Einwohner-Zentralamt.) b. Geschlecht, c. Alter (in Sechsjahresschritten, null – sechs, sechs – zwölf Jahre et cetera), d. Länge des Aufenthalts in Deutschland (unter einem Jahr, ein Jahr – fünf Jahre, fünf – zehn Jahre, über zehn Jahre), e. gegebenenfalls Abschiebungshaftanstalt, f. Geburtsland, g. Land, in das abgeschoben wurde. Diese Angaben werden statistisch nicht gesondert erfasst. Zur Auswertung der in der Fragestellung genannten Merkmale müsste der Datensatz jeder einzelnen abgeschobenen Person händisch nach diesen Informationen durchgesehen werden. Dies ist bei der oben angegebenen Gesamtzahl in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Drucksache 21/2763 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Wie ist das Verfahren bei einer Abschiebung (zwangsweisen Rückführung )? Bitte beschreiben. Einer Abschiebung geht stets eine Ausreiseaufforderung und eine Möglichkeit zur selbständigen oder unterstützten freiwilligen Ausreise voraus (Ausnahme: Abschiebung aus Strafhaft). Erst wenn die Pflicht zur Ausreise nicht befolgt wird, kann eine Abschiebung erfolgen. Um den gesetzlichen Auftrag zur Abschiebung nach § 58 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) durchzusetzen, begeben sich die eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Wohnung oder Unterkunft der Betroffenen. Dort wird geklingelt beziehungsweise geklopft und den Betroffenen mittels eines Dolmetschers die bevorstehende Maßnahme erklärt. Den Betroffenen wird dann Gelegenheit gegeben , ihr Gepäck (zum Beispiel Kleidung, persönliche Gegenstände et cetera) einzupacken . Anschließend folgen der Transport zum jeweiligen Abflughafen und die dortige Übergabe an die Bundespolizei, welche die Ausreise begleitet und überwacht. 3. Wie viele der unter 1 genannten Abschiebungen fanden unangekündigt statt? Gemäß der am 24. Oktober 2015 in Kraft getretenen Neuregelung des § 59 Absatz 1 Satz 8 AufenthG darf die Abschiebung nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise nicht mehr angekündigt werden. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. b. bis g. 4. Wie lang waren die Fristen zur freiwilligen Ausreise in den unter 1. genannten Abschiebungen jeweils? 5. In wie vielen der unter 1. genannten Abschiebungen lagen ärztliche Atteste der Betroffenen vor, die der Abschiebung widersprachen? 6. In wie vielen der unter 1. genannten Abschiebungen überprüfte das Einwohnerzentralamt die Flugreisetauglichkeit der Betroffenen? a. Wie viele Abschiebungen fanden in ärztlicher Begleitung statt? 7. Wie viele der unter 1. genannten Abschiebungen, beziehungsweise vorbereitenden Maßnahmen, wie Abholung, fanden zwischen 21 Uhr und 6 Uhr statt? Die Ausreisefrist ist nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens gesetzlich vorgegeben , siehe hierzu im Einzelnen § 36 Absatz 1 sowie § 38 Asylgesetz (AsylG). Abschiebungsandrohungen nach § 59 AufenthG sind „mit einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise“ zu versehen. Danach sind die Fristen einzelfallabhängig; sie werden statistisch nicht erfasst, siehe im Übrigen Antwort zu 1. b. bis g. 8. In wie vielen, der unter 7. genannten Fälle wurde die Erlaubnis der Vollstreckungsbehörde erst nachträglich eingeholt? Wer stellt diese Erlaubnis aus? Die Erlaubnis zur Vollstreckung zur Nachtzeit wird grundsätzlich vor der Maßnahme eingeholt und auf der Grundlage des § 25 Hamburgisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz durch die Leitung der Abteilung für Ausländerangelegenheiten des Einwohner -Zentralamtes erteilt. Im Übrigen siehe Antworten zu 1. Ausnahmen können zurzeit nicht ermittelt werden. 9. Zu wie vielen Trennungen des Familienverbands kam es bei diesen Abschiebungen, zum Beispiel weil das 18-jährige Kind abgeschoben wurde, die Eltern aber bleiben durften, oder weil der Vater aus Krankheitsgründen in Deutschland bleiben durfte, die Mutter mit Kindern aber abgeschoben wurde? Wenn nötig, bitte schätzen. Siehe Antwort zu 1. b. bis g. Aufgrund der Vielzahl der durchgeführten Abschiebungen über den Zeitraum eines Jahres ist auch eine belastbare Schätzung nicht möglich. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2763 3 a. Ist für die getrennte Abschiebung von Familien weiterhin die Zustimmung der Amtsleitung einzuholen? Ja. b. In wie vielen Fällen wurde eine entsprechende Zustimmung vorsorglich eingeholt? Siehe Antwort zu 9. 10. Bei wie vielen der unter 1. genannten Abschiebungen waren Mitarbeiter/ -innen von privaten Sicherheitsfirmen im Einsatz, bei welchen Polizeibeamte /-innen? Bei allen Vollzugsmaßnahmen werden neben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ausländerabteilung auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes sowie Beamtinnen und Beamte der Polizei eingesetzt. a. Gab es Abschiebungen, bei denen ausschließlich Mitarbeiter/-innen privater Sicherheitsfirmen im Einsatz waren? Nein. b. Welche Sicherheitsfirmen werden bei Abschiebungen als Verwaltungshelferinnen eingesetzt? Die Firma WEKO Sicherheitsdienste GmbH. c. Welche Befugnisse haben Mitarbeiter/-innen privater Sicherheitsunternehmen und welche Befugnisse haben sie nicht? Der Sicherheitsdienst wird als Verwaltungshelfer eingesetzt, um einen reibungslosen und erfolgreichen Ablauf der Maßnahme zu sicherzustellen. Es handelt sich um unterstützende Tätigkeiten, zum Beispiel Hilfe der Betroffenen beim Einpacken, Führen der Dienstwagen, Beaufsichtigung der Kinder. 11. Wie viele der unter 1. genannten Abschiebungen gingen vom Flughafen Hamburg aus, wie viele von Flughäfen aus welchen anderen Städten und wie viele mit welchen anderen Verkehrsmitteln? Wie viele waren Sammelabschiebungen? Hamburg hat sich an 18 Chartermaßnahmen beteiligt. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. b. bis g. 12. In wie vielen Fällen kam Artikel 2 Nummer 2 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes zur Anwendung? Wie viele Menschen waren davon betroffen? Wie viele Menschen waren als Familienangehörige betroffen? Wie viele davon Kinder? Artikel 2 Nummer 2 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes enthält eine Neufassung von § 1a des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), nach dem unter bestimmten Voraussetzungen die AsylbLG-Leistungen einzuschränken sind. In Hamburg unterliegen mit Stand 30. November 2015 601 Personen einer Leistungseinschränkung gemäß § 1a AsylbLG, davon sind 20 unter 18 Jahre alt. Die Betroffenen müssen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1a AsylbLG selbst erfüllen. Kürzungen aufgrund der Erfüllung des Tatbestands durch einen Familienangehörigen ohne eigenes Fehlverhalten sieht das Gesetz nicht vor. 13. Wurden die Dienstanweisungen zum Abschiebungsverfahren seit dem Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes geändert? Wenn ja, wie? Nein. 14. In der Zeitung „Die Welt“ vom 13.12.2015 ist von einer Sammelabschiebung vom Hamburger Flughafen mit Beteiligung von FRONTEX die Rede, die in der 51. Kalenderwoche stattfinden soll. Hat diese Sammelabschiebung stattgefunden? Drucksache 21/2763 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Wenn ja, inwiefern ist die Bundeswehr und inwiefern sind Landesbehörden bei dieser Aktion beteiligt gewesen? Die für Ausländerangelegenheiten zuständige Behörde ist an der Maßnahme nicht beteiligt gewesen und hat hierüber keine Kenntnis.