BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2774 21. Wahlperiode 26.01.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Detlef Ehlebracht (AfD) vom 18.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Sanierung St. Pauli Elbtunnel – The never-ending story Reichen 100 Millionen Euro insgesamt für die Sanierung des alten Elbtunnels ? Hamburg schaffte es nach nur vier Jahren Bauzeit, 1911 den St. Pauli Elbtunnel , der damals als technische Sensation galt, zu errichten. Seit 2003 ist der alte Elbtunnel als Baudenkmal anerkannt und ein fester Bestandteil unserer Hamburger Geschichte. Die Erhaltungswürdigkeit steht daher außer Frage . Die Sanierungsarbeiten am alten Elbtunnel haben 1994 begonnen und sollten ursprünglich bis zum 100. Geburtstag abgeschlossen sein. Daraus wurde jedoch nichts, da sich die Sanierungsarbeiten aufgrund verschiedener Ursachen immer wieder verzögerten, und dadurch der Termin der Fertigstellung nach hinten verschoben wurde. Was ist hier schief gelaufen?! Wir wissen, es wurden immer neue Schäden entdeckt, die Einfluss auf Zeitplan und Kosten nahmen. Dass die Besonderheiten , wie zum Beispiel die mit grünen Fliesen verkleideten und mit Reliefs verzierten Röhren, künstlerische Handarbeiten erfordern, die sich mit immensen Kosten niederschlagen, sollte der Projektplanung allerdings vorher bekannt gewesen sein. Versteckte Schäden oder fehlerhafte Dokumentationen der vorhandenen Bauausführungen sind bekanntermaßen schwer vorauszusehen, genauso wie Umwelt- und Arbeitsbelastungen durch seinerzeit verwendete Baustoffe (zum Beispiel Blei). Wann die Sanierungsarbeiten für die bisher in Angriff genommenen Maßnahmen fertiggestellt sein werden, ist offensichtlich schwer absehbar. Nach Schätzungen werden sie zwischen 2017 und 2019 beendet sein. Der Kostenansatz des Erneuerungsprogramms, der anfangs von der HPA für die Oströhre mit 17 Millionen Euro berechnet wurde, liegt nach den letzten Informationen bei nunmehr rund 60 Millionen Euro und wird bei Fertigstellung der Weströhre dann wohl insgesamt deutlich über 100 Millionen Euro betragen . Es stellt sich daher die Frage, ob man bei Planung der Sanierung im Sinne des Steuerzahlers sachgerecht gehandelt hat. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA) wie folgt: Drucksache 21/2774 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Ist die Sanierung der Schachtgebäude mit sämtlichen technischen Einrichtungen vollständig abgeschlossen? Wenn nein, welche Arbeiten sind hier noch zu erledigen und zu welchen Kosten? Bitte detailliert aufschlüsseln nach Gewerken beziehungsweise Kostengruppen. Ja. 2. Wie weit ist die Sanierung der Oströhre vorangeschritten? Wann erfolgte der Baubeginn, welche Arbeiten sind hier noch zu erledigen und zu welchen Kosten? Bitte detailliert aufschlüsseln nach Gewerken beziehungsweise Kostengruppen. Die Arbeiten in der Oströhre begannen im Mai 2011. Die Grundinstandsetzung von Wand und Gewölbe ist abgeschlossen. Noch zu erledigen ist die Grundinstandsetzung des unteren Tunnelquerschnitts sowie die technische Gebäudeausrüstung. Noch offene Kosten sind in Höhe von: - Bauleistungen: circa netto 20,2 Millionen Euro - Planungsleistung und baubegleitende Leistungen: circa netto 3,0 Millionen Euro - sonstige Leistungen: circa netto 0,2 Millionen Euro - Eigenleistung HPA: circa netto 2,2 Millionen Euro - Unvorhersehbares: circa netto 4,9 Millionen Euro 3. Welche Kosten fallen aktuell für die Sanierung der Oströhre an? Bitte detailliert aufschlüsseln nach abgerechneten Aufträgen. Bisher sind für die Sanierung der Oströhre folgende Kosten angefallen und abgerechnet worden: - Bauleistungen: circa netto 21,2 Millionen Euro - Planungsleistung und baubegleitende Leistungen: circa netto 4,4 Millionen Euro - sonstige Leistungen: circa netto 0,6 Millionen Euro - Eigenleistung HPA: circa netto 3,0 Millionen Euro 4. Welche Arbeiten stehen noch an? Sind diese bereits ausgeschrieben beziehungsweise vergeben? Bitte detailliert aufschlüsseln mit Kostenangaben . Die Arbeiten zur Grundinstandsetzung des unteren Tunnelquerschnitts werden in vier Leistungsbereichen vergeben: - Baustelleneinrichtung/Bewetterung – Vergabe ist erfolgt - Abbrucharbeiten – laufendes Vergabeverfahren - Tübbingsanierung – Vergabeverfahren in Vorbereitung - Neubau – Vergabeverfahren in Vorbereitung - Technische Gebäudeausrüstung – Vergabeverfahren in Vorbereitung Die Kosten beziehungsweise Kostenplanung der Aufträge unterliegt dem Betriebsund Geschäftsgeheimnissen der HPA, da eine Veröffentlichung Rückschlüsse auf das geplante Auftragsvolumen und die Preiserwartungen der HPA erlauben würde und damit die Angebots- und Preisgestaltung der Bieter bei Auftragsvergaben zu Ungunsten der HPA beeinflussen könnte. 5. Wurden als Grundlage für die bisher vergebenen Aufträge regelmäßig qualifizierte Ausschreibungen der zu erbringenden Leistungen durchgeführt ? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2774 3 Wenn ja, wurden die Ausschreibungsunterlagen jeweils durch ein Ingenieurbüro oder durch eigene Mitarbeiter der HPA erstellt? Bitte gegebenenfalls nach Aufträgen aufschlüsseln. Ja. Die Ausschreibungsunterlagen wurden durch Ingenieurbüros erstellt. Im Übrigen siehe Drs. 20/6783 und 20/6689. 6. Waren bei den Ausschreibungen auch ausreichend Eventualpositionen für unvorhergesehene Leistungen vorgesehen oder sind Nachtragsaufträge in erheblichem Maße nach Stundenaufwand abgerechnet worden? Eventualpositionen waren in den Ausschreibungen vorhanden. Nachtragsleistungen wurden vor Ausführung angezeigt, angeboten, geprüft und beauftragt. Teilweise wurden Nachtragsleistungen auch über Stundenaufwand abgerechnet. 7. Nach den derzeit verfügbaren Angaben des Senats, wird „der aufgrund der aktuell sehr starken Auslastung gestörte Wettbewerb im Baugewerbe “ als Grund für die neuesten Kostensteigerungen angegeben. Waren beziehungsweise sind in den veröffentlichten Ausschreibungen ausreichend lange Vorlauf- beziehungsweise Ausführungsfristen vorgesehen? Ja. 8. Welche strategischen Überlegungen wurden seitens der HPA angestellt, um die oben angegebenen Rahmenbedingungen, die zu den Preissteigerungen führen, zu modifizieren? Die HPA als öffentlicher Auftraggeber ist an die Prozedere von öffentlichen Vergabeverfahren gebunden. Ziel dieser Vergabeverfahren ist es unter anderem einen größtmöglichen Wettbewerb mit wirtschaftlichen Angeboten zu ermöglichen. Der Bauwerkszustand , die technische Komplexität und der Umfang der zu verrichtenden Arbeiten sowie die aktuellen Marktbedingungen sind als Rahmenbedingungen gegeben und lassen sich nicht beeinflussen. 9. Wie viele geeignete Firmen gibt es nach den Erkenntnissen der Planer europaweit für die Ausführung der ausgeschriebenen Arbeiten und wie viele haben sich beteiligt? Die Anzahl geeigneter Firmen ist nicht bekannt. Die bisherigen Erfahrungen haben allerdings gezeigt, dass bei derartig speziellen Bauaufgaben, wie sie bei diesem historischen Bauwerk anfallen, die Anzahl der geeigneten Firmen begrenzt ist. Bei der Vergabe zur „Baustelleneinrichtung/Bewetterung“ haben nur zwei Firmen ein gültiges Angebot abgegeben. Zu den laufenden Vergabeverfahren kann die HPA keine Aussage treffen, weil diese das Ergebnis wirtschaftlich zu Ungunsten der HPA beeinflussen könnte. 10. Gemäß bisheriger Angaben sind drei bis vier Mitarbeiter der HPA mit dem Projekt St. Pauli Elbtunnel beschäftigt. Welche berufliche Qualifikation haben diese Mitarbeiter? Es handelt sich um Bauingenieure. 11. Wer beaufsichtigt die Bauleitung und wer prüft die Rechnungen der erbrachten Leistungen? Prüfungen erfolgen durch die HPA und die durch sie beauftragten Ingenieurbüros. 12. Laut Drs. 21/2432 wurden nach derzeitigem Planungsstand für die Sanierung der Weströhre 59,7 Millionen Euro eingeplant. Ist diese Kostenkalkulation noch aktuell? Wenn nein, wie lautet die Gesamtsumme der aktuellen Kostenkalkulation ? Die Drs. 21/2432 bezieht sich auf die Oströhre. 13. Liegt für die 59,7 Millionen Euro eine detaillierte Kostenberechnung vor? Drucksache 21/2774 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Wenn ja, wie sieht diese aus und von wem wurde sie auf welcher Grundlage erstellt? Wenn nein, warum nicht? Für die Oströhre liegt eine detaillierte Kostenermittlung vor, die in Zusammenarbeit der HPA und beteiligten Ingenieurbüros erstellt wurde. Diese setzt sich aus Kostenschätzung , -berechnung und -anschlägen zusammen. Die bisher getätigten Aufwendungen wurden durch das SAP-System erfasst und abgebildet. Die bisherigen Erfahrungen aus der Grundinstandsetzung des oberen Tunnelquerschnittes wurden bei der Kostenermittlung berücksichtigt. Im Übrigen siehe Antworten 2. und 3. 14. Wie schlüsseln sich aktuell die Gesamtkosten der Sanierung für die Weströhre nach den einzelnen baulichen Kostengruppen auf und auf welcher Grundlage wurden sie erstellt? Nach gegenwärtigen groben Schätzungen schlüsseln sich die Gesamtkosten für die Sanierung der Weströhre bislang wie folgt auf: - Bauleistungen: circa netto 25,98 Millionen Euro - Planungsleistungen und baubegleitende Leistungen: circa netto 4,82 Millionen Euro - Sonstige Leistungen: circa netto 0,50 Millionen Euro - Eigenleistung HPA: circa netto 2,94 Millionen Euro - Unvorhersehbares: circa netto 3,77 Millionen Euro - Preissteigerung: circa netto 4,63 Millionen Euro Um Angaben zu Kosten für die Weströhre fundiert konkretisieren zu können, muss eine Neubewertung vorgenommen werden. Diese kann erst im Zuge der noch ausstehenden Detaillierung und Anpassung der Planung erfolgen. 15. Welche Überlegungen wurden angestellt, damit für die Sanierung der Weströhre nicht die gleichen, für den Bauherrn nachteiligen Rahmenbedingungen (Auswirkungen der Wettbewerbsstörungen der Bauwirtschaft) eintreten wie bei der Oströhre? Die baulichen, technischen und marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind gegeben und lassen sich nicht beeinflussen. Die mit der Weströhre gemachten Erfahrungen werden allerdings der Sanierung der Oströhre zugutekommen. 16. Laut Drs. 20/14331 wäre nach Einschätzung der HPA eine alternative Basissanierung der Weströhre möglich. Wird diese Alternative angesichts der für 2017 – 2021 verfügbaren Bundesmittel (Denkmalpflege) noch in Erwägung gezogen? Nein. 17. Können die Bundesmittel für die Denkmalpflege auch für die jetzt noch bis 2017/2018 laufende Sanierung der Oströhre eingesetzt werden? Nein. 18. Wurde die Basissanierung auch vor dem Hintergrund in Erwägung gezogen, dass es in zehn bis 15 Jahren gegebenenfalls eine entspanntere Wettbewerbssituation in der Bauwirtschaft gäbe, die zu wesentlich niedrigeren Preisen führen würde? Nein. Im Übrigen kann eine derartig langfristige Veränderung der Marktsituation und der Baupreise nicht seriös prognostiziert werden.