BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2775 21. Wahlperiode 26.01.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke (FDP) vom 18.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Vergabe der Betriebsträgerschaften Hamburger Flüchtlingsunterkünfte (II) In meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage vom 27. November 2015 (Drs. 21/2312) gibt der Senat einige Antworten auf meine Fragen, die eine Nachfrage erforderlich machen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. In der Antwort auf Frage 1. heißt es, dass im Fall einer Vergabeentscheidung einer Betriebsträgerschaft eine Leistungsbeschreibung zugrunde gelegen hätte. Welchen konkreten Inhalt umfasst diese Leistungsbeschreibung , welche Kriterien finden Anwendung und wie werden diese gewichtet? (Bitte beifügen.) Die Leistungsbeschreibung kann im Transparenzportal abgerufen werden: http://suche.transparenz.hamburg.de/dataset/leistungsbeschreibung-betrieb-zea. Die Leistungsbeschreibung gilt für alle Betreiber gleichermaßen. Gewichtungen werden nicht vorgenommen. Sie wird derzeit überarbeitet. 2. Ferner heißt es, bei der Vergabe der Betriebsträgerschaft wären alle Hilfsorganisationen rechtzeitig über die Inbetriebnahme eines Standorts informiert worden und hätten ihr Interesse bekunden können. a. Welche Hilfsorganisationen sind jeweils wann über die Vergabe der Betriebsträgerschaften welcher bisherigen Standorte informiert worden ? (Bitte Hilfsorganisationen, Informationszeitpunkte und Standorte einzeln aufschlüsseln.) b. Welche zeitliche Frist wurde den Hilfsorganisationen zur Interessensbekundung gesetzt? (Bei unterschiedlichen Fristen für jeweilige Standorte bitte einzeln aufschlüsseln.) c. Aus welchen Gründen werden ausschließlich Hilfsorganisationen angesprochen und keine privatgewerblichen Auftragnehmer? Im Jahr 2015 erforderte die Zugangssituation vor allem im zweiten Halbjahr einen sehr schnellen Aufbau von Unterbringungskapazitäten. Damit ging ein ebenfalls sehr hoher Bedarf an sehr kurzfristig bereitzustellenden Kräften für den Betrieb und die Betreuung einher, der allein durch einen Rückgriff auf den Regelbetreiber f & w fördern und wohnen AöR (f & w) nicht mehr zu decken war. Vor diesem Hintergrund mussten sehr kurzfristig Alternativen gefunden werden. Dabei war zu berücksichtigen, dass konzeptionell vorgesehen ist, dass der Betreiber bereits in Planung und Aufbau der Einrichtung eingebunden werden soll und einen zeitlichen Vorlauf zur Bereitstellung von Personal benötigt. Zugleich sollte der Betreiber in der Lage sein, auch kurzfristig Notunterbringungen personell unterstützen zu können. Drucksache 21/2775 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Da die in Hamburg ansässigen Hilfsorganisationen aus ihren haupt- und ehrenamtlichen Tätigkeiten heraus über vielfältige Kompetenzen im Bereich der Organisation und Durchführung von Betriebs- und Betreuungsaufgaben in sozialen Einrichtungen verfügen, auf eine entsprechende Personalressource – im Rahmen von Notmaßnahmen auch kurzfristig - zurückgreifen können, in den örtlich-räumlichen und sozialen Bezügen in Hamburg erfahren sind und in ihrer Zuverlässigkeit auch im Rahmen einer sensiblen Aufgabenstellung keine Zweifel bestehen, wurden die Hilfsorganisationen angefragt, ob sie bereit wären, hier tätig zu werden. Im Rahmen von gemeinsamen Terminen – insbesondere eines gemeinsamen Gesprächs am 4. September 2015 – wurden die jeweiligen Möglichkeiten zur Betreuung von Einrichtungen geklärt und einvernehmliche Regelungen getroffen. Hierbei erklärten sich die Hilfsorganisationen teilweise auch zur kurzfristigen Übernahme noch nicht konkret geplanter Einrichtungen bei kurzfristigen Inbetriebnahmen bereit. Im Einzelfall wurden im Rahmen der grundsätzlichen Regelungen für Einrichtungen bei besonders eilbedürftigen Entscheidungen telefonische oder elektronische (E-Mail) Abstimmungen vorgenommen. 3. Die Antwort auf die Fragen 2. und 3. beinhaltet eine Tabelle mit den Standorten, Vergabeentscheidungsdaten und Inbetriebnahmedaten der Einrichtungen, die an freie Träger vergeben wurden. a. Wann erfolgte jeweils die Entscheidung durch die Senatskommission , die Aufnahmeeinrichtungen an den aufgelisteten Standorten zu errichten? (Bitte jeweils für die Standorte differenziert angeben.) Die Entscheidung über die Realisierung von Standorten erfolgt in der Regel in der Lenkungsgruppe „Integration öffentlich-rechtliche Unterbringung (örU) und Zentrale Erstaufnahme (ZEA) in die gesamtstädtische Flächenverwertung und Planung“. Zur Vermeidung von Obdachlosigkeit mussten, bezogen auf die in der Drs. 21/2312 genannten Objekte, kurzfristig Entscheidungen getroffen werden. Dies erfolgte in einem Gremium aus Staatsräten, Bezirksamtsleitern und Leitungskräften des Zentralen Koordinierungsstabes Flüchtlinge beziehungsweise vor dessen Einrichtung den Leitungskräften der zuständigen Behörden. Die weiteren Angaben sind der folgenden Übersicht zu entnehmen: Standort Befassung des Entscheidungsgremiums Karl-Arnold-Ring 23. September 2014 Neuland I 23. September 2014 Neuland II Notmaßnahme, keine Befassung des Entscheidungsgremiums Geutensweg Notmaßnahme, keine Befassung des Entscheidungsgremiums. In der Senatssitzung am 15. September 2015 wurde der Ankauf der Liegenschaft erörtert. Der Standort wurde in der Lenkungsgruppe „Integration öffentlich-rechtliche Unterbringung (örU) und Zentrale Erstaufnahme (ZEA) in die gesamtstädtische Flächenverwertung und Planung“ am 25. September 2015 erörtert und nachträglich beschlossen. Rugenbarg Notmaßnahme, keine Befassung des Entscheidungsgremiums. Der Standort wurde in der Lenkungsgruppe „Integration öffentlich -rechtliche Unterbringung (örU) und Zentrale Erstaufnahme (ZEA) in die gesamtstädtische Flächenverwertung und Planung“ am 25. September 2015 erörtert und nachträglich beschlossen. Albert-Einstein- Ring Notmaßnahme, keine Befassung des Entscheidungsgremiums. Der Standort wurde in der Lenkungsgruppe „Integration öffentlich -rechtliche Unterbringung (örU) und Zentrale Erstaufnahme (ZEA) in die gesamtstädtische Flächenverwertung und Planung“ am 16. Oktober 2015 erörtert und nachträglich beschlossen. Behrmannplatz Dieser Standort wurde vom Betreiber selbst angeboten und umgesetzt. Kieler Straße Notmaßnahme, keine Befassung des Entscheidungsgremiums Wendenstraße Notmaßnahme, keine Befassung des Entscheidungsgremiums Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2775 3 Standort Befassung des Entscheidungsgremiums Wiesendamm Notmaßnahme, keine Befassung des Entscheidungsgremiums. Der Standort wurde in der Lenkungsgruppe „Integration öffentlich -rechtliche Unterbringung (örU) und Zentrale Erstaufnahme (ZEA) in die gesamtstädtische Flächenverwertung und Planung“ am 16. Oktober 2015 erörtert und nachträglich beschlossen. Blomkamp Notmaßnahme, keine Befassung des Entscheidungsgremiums Papenreye Notmaßnahme, keine Befassung des Entscheidungsgremiums b. Wann erfolgte jeweils die Entscheidung, dass der Betrieb der jeweiligen Einrichtung nicht durch f & w fördern und wohnen AöR erfolgen werde? (Bitte jeweils für die Standorte differenziert angeben.) Siehe Antwort zu 2. a. bis c. sowie Drs. 21/2312. c. Wurden seitdem weitere Erstaufnahmen durch freie Träger in Betrieb genommen? Falls ja, bitte aufschlüsseln entsprechend der Tabelle in Drs. 21/2312 zu Fragen 2. und 3. zuzüglich der Daten aus a. und b. Die seit der Drs. 21/2312 in Betrieb genommenen Einrichtungen, die nicht von f & w betrieben werden, sind der folgenden Übersicht zu entnehmen: Standort Betreiber Stadtteil Befassung des Entscheidungsgremiums Vergabeentscheidung Inbetriebnahme Flagentwiet Deutsches Rotes Kreuz Kreisverband Hamburg- Harburg e.V. Schnelsen 16.11.2015 28.07.2015 11.12.2015 (geplant: Ende 09/2015) Vogt-Kölln- Straße Deutsches Rotes Kreuz Kreisverband Hamburg- Harburg e.V. Stellingen 03.12.2015 28.07.2015 31.12.2015 (geplant: Ende 09/2015) Melanchthonstraße Johanniter- Unfall-Hilfe e.V. Regionalverband Hamburg Stellingen 30.10.2015 22.12.2015 15.01.2016 Im Übrigen siehe Antwort zu 3. a. 4. Wie erfolgt die Finanzierung der Flüchtlingsunterkünfte, die von freien Trägern betrieben werden? (Bitte Verfahren beschreiben.) Siehe Drs. 21/2457 und 21/2725. a. Wonach bemisst sich der Auftragswert für die Betriebsträgerschaft? b. Wie hoch ist jeweils der Auftragswert der zu erbringenden Leistung für den Betrieb der einzelnen Einrichtungen, die von freien Trägern betrieben werden? (Bitte für jede Einrichtung, die von freien Trägern betrieben wird, aufschlüsseln.) c. Welche Vergabeart und welcher Schwellenwert sind bei den jeweiligen Auftragswerten einschlägig? Einen vorab definierten Auftrags- beziehungsweise Schwellenwert für den Betrieb einer Erstaufnahmeeinrichtung gibt es nicht, siehe auch Drs. 21/2718. Im Übrigen wird aufgrund der regelhaften Eilbedürftigkeit auf ein Ausschreibungsverfahren verzichtet, siehe auch Drs. 21/2312 und 21/2718. d. In welchen zeitlichen Abständen erhalten die Träger Zahlungen? Drucksache 21/2775 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Monatlich. e. Müssen die Träger in Vorleistung gehen? Wenn ja, warum und in welcher Höhe? (Bitte einzeln aufschlüsseln.) Ja. Die erbrachten Leistungen werden monatlich rückwirkend abgerechnet. Sobald ein Standort bereits seit drei Monaten ohne größere Schwankungen läuft, kann dem Betreiber eine Vorauszahlung in Höhe von 90 Prozent der durchschnittlichen Kosten gezahlt werden. f. In jeweils welcher Höhe sind zum Stichtag 31.12.2015 Mittel an die freien Träger geflossen? (Bitte einzeln aufschlüsseln je Träger und Standort.) Die zum 31. Dezember 2015 abgerechneten Kosten für nicht von f & w betriebene Einrichtungen sind der folgenden Übersicht zu entnehmen: Standort Betreiber Kosten in Euro Karl-Arnold-Ring Deutsches Rotes Kreuz Kreisverband Hamburg-Harburg e.V. 2.961.433,26 Neuland I Deutsches Rotes Kreuz Kreisverband Hamburg-Harburg e.V. 1.780.051,67 Neuland II Deutsches Rotes Kreuz Kreisverband Hamburg-Harburg e.V. 38.838,06 Geutensweg Deutsches Rotes Kreuz Kreisverband Hamburg-Harburg e.V. 581.799,35 Flagentwiet Deutsches Rotes Kreuz Kreisverband Hamburg-Harburg e.V. 131.732,15 Rugenbarg Deutsches Rotes Kreuz Kreisverband Hamburg Altona und Mitte e.V. 2.240.006,21 Albert-Einstein- Ring Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Hamburg e.V. 335.176,14 Behrmannplatz Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Hamburg e.V. Noch nicht abgerechnet Kieler Straße Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Regionalverband Hamburg 170.916,07 Wendenstraße Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Regionalverband Hamburg 134.185,82 Wiesendamm Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Regionalverband Hamburg 88.569,46 Blomkamp Malteser Hilfsdienst e.V. 212.276,20 Papenreye ASB Sozialeinrichtungen (Hamburg) GmbH 1.169.899,50 Vogt-Kölln- Straße ASB Sozialeinrichtungen (Hamburg) GmbH* Noch nicht abgerechnet * vorübergehend, bis Übernahme durch das Deutsche Rote Kreuz erfolgt 5. Aus welchen Gründen verzichtet der Senat auf eine systematische Erfassung und Gewichtung von Kriterien für die Vergabe von Betriebsträgerschaften an freie Träger? Die Anforderungen an den Betrieb einer Erstaufnahmeeinrichtung sind in der Leistungsbeschreibung festgehalten (siehe Antwort zu 1.). Eventuelle Besonderheiten einer Unterkunft können in einem gesonderten Vertrag beschrieben werden. Zudem können sich bei Inbetriebnahme noch nicht absehbare Änderungen (zum Beispiel in der Größe der Einrichtung oder der Art der Unterbringung) ergeben. Alle beteiligten Organisationen haben sich daher bereit erklärt, sich auch in Notsituationen im Rahmen ihrer Kapazitäten zu engagieren. Eine „systemische Erfassung und Gewichtung von Kriterien“ würde zu einer Einschränkung der Flexibilität in dem durch eine hohe Dynamik geprägten Betrieb einer Erstaufnahmeeinrichtung führen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2775 5 6. In der Antwort auf Frage 13., Drs. 21/2312 heißt es, für mehrere im Aufbau befindliche Unterkünfte würden Gespräche mit Hilfsorganisationen geführt. a. Für welche sich derzeit in Planung befindlichen Einrichtungen ist die Vergabe der Betriebsträgerschaft an freie Träger vorgesehen? b. Wann ist jeweils die Inbetriebnahme der Standorte geplant? c. Um welche Auftragswerte handelt es sich dabei jeweils? d. Mit welchen Hilfsorganisationen wurden für jeweils welche Einrichtungen Gespräche geführt? e. In welchen Fällen sind Vergabeentscheidungen bereits getroffen worden und wer hat den Zuschlag jeweils erhalten? f. Für die Einrichtungen, für die noch keine Vergabeentscheidung getroffen wurde: Wann erfolgt die Vergabeentscheidung? (Bitte einzeln aufschlüsseln.) Über neue Einrichtungen informieren die zuständigen Behörden auf den bezirksbezogenen Standortlisten unter http://www.hamburg.de/fluechtlinge/. Darüber hinaus sieht der Senat in ständiger Praxis davon ab, zu einzelnen Prüfungsschritten Auskunft zu erteilen, sofern es sich um ergebnisoffene Prüfungen handelt.