BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2842 21. Wahlperiode 19.01.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Inge Hannemann (DIE LINKE) vom 12.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Jobcenter t.a.h. und der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Durch einen außergerichtlichen Vergleich zwischen einem Arbeitslosengeld- II-Berechtigten und dem Jobcenter im Burgenlandkreis wurde die dortige Praxis des Jobcenters beendet, in seinen Einladungen den Satz zu schreiben : „Beachten Sie bitte, dass Sie der Einladung trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit nachkommen müssen. Sollte Ihnen dies nicht möglich sein, weisen Sie Ihre Bettlägerigkeit mit einem ärztlichen Attest nach.“ Das dortige Jobcenter schloss einen Vergleich mit dem Kläger ab und änderte seine Einladungen diesbezüglich ab, da eingesehen wurde, dass eine bettlägerige Person schwer zum Arzt gehen kann, um ein Attest zu erlangen. Daraus ergeben sich Fragen zu Jobcenter und dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Hamburg. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter). 1. Wird der im Eingangstext zitierte Satz auch von Jobcenter team.- arbeit.hamburg in den Einladungen verwendet? Wenn ja, wie schätzt der Senat die rechtliche Zulässigkeit dieses Satzes ein? Wenn nein, welche Nachweise müssen für Jobcenter t.a.h erbracht werden , um eine Bettlägerigkeit nachzuweisen? Jobcenter nutzt den zitierten Satz in Einladungen nicht. Falls erforderlich wird zusätzlich zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) eine Wegeunfähigkeitsbescheinigung erbeten. 2. Welche Vorgehensweise gibt es beim Jobcenter t.a.h, wenn bei sogenannten Kundinnen/Kunden eine Bettlägerigkeit vorliegt? Es besteht eine Anzeigepflicht der Arbeitsunfähigkeit (§ 56 Absatz 1 S.1 Nummer 1 SGB II). Mit Vorlage einer AUB ist grundsätzlich ein wichtiger Grund gegeben, einen Meldetermin nicht einzuhalten. Im Einzelfall kann nach vorheriger Aufforderung ergänzend ein ärztliches Attest für die Unmöglichkeit des Erscheinens zu einem Meldetermin vom Leistungsberechtigten verlangt werden, da eine Arbeitsunfähigkeit nicht gleichbedeutend mit einer krankheitsbedingten Unfähigkeit, zu einem Meldetermin zu erscheinen, ist (vergleiche Bundessozialgericht , Urteil vom 9.11.2010 – Az. B 4 AS 27/10 R). 3. Welche Vorgehensweise empfiehlt Jobcenter t.a.h. ihren sogenannten Kundinnen/Kunden, um eine Wegeunfähigkeitsbescheinigung zu bekom- Drucksache 21/2842 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 men, wenn eine Bettlägerigkeit bereits vorliegt und vollkommene Mobilität fehlt? Welche Vorgehensweise wird empfohlen, wenn zusätzlich kein Umfeld besteht, welches mobil ist und der Hausarzt keine Hausbesuche durchführt? Eine Wegeunfähigkeitsbescheinigung wird nur in begründeten Einzelfällen angefordert , wenn bereits eine AUB vorliegt und ein persönliches Erscheinen der Kundin/des Kunden erforderlich ist. Jobcenter empfiehlt dem Kunden/der Kundin in diesen Fällen, sich an den behandelnden Arzt zu wenden, der die AUB ausgestellt hat. 4. In welchen Fällen wird der MDK durch das Jobcenter t.a.h eingesetzt? 5. Wie häufig wurde der MDK seit 2013 durch Jobcenter t.a.h. eingesetzt /beauftragt? Bitte jährlich, nach Bezirken beziehungsweise Jobcenter -Standorten und nach Gründen aufschlüsseln. 6. Welche Kosten entstanden/entstehen durch die Einschaltung des MDK? Bitte jährlich seit 2013 aufschlüsseln. Das Verfahren nach § 56 Absatz 1 S.5 SGB II i.V.m. § 275 Absatz 1 Nummer 3b und Absatz 1a SGB V findet bei Jobcenter keine Anwendung. 7. Wie viele Fälle wurden seit 2013 bekannt, in denen eine Krankheit „vorgetäuscht “ wurde? Bitte jährlich aufschlüsseln. Durch den Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit erfolgt keine Erhebung und Auswertung im Sinne der Fragestellung. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. bis 6. 8. Gibt es eine sogenannte Blacklist von Ärzten und Fachärzten, bei denen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder Wegeunfähigkeitsbescheinigung von vornherein nicht akzeptiert werden? Wenn ja, werden die Arbeitslosengeld-II-Berechtigten hierüber informiert ? Nein. 9. Wie bewertet der Senat die Vorgehensweise und die Anzahl der Beauftragung des MDKs durch Jobcenter t.a.h? Siehe Antwort zu 4. bis 6. 10. Wie viele der Bezieher/-innen von Transferleistungen über das Jobcenter waren beziehungsweise sind seit 2010 arbeitsunfähig geschrieben? Bitte für die Jahre 2010 – 2014 jährlich und für 2015 monatlich angeben. Vonseiten des Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit erfolgt keine Erhebung und Auswertung im Sinne der Fragestellung. Eine händische Auswertung ist in der für Parlamentarische Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Der Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit weist monatlich die „kurzfristige Arbeitsunfähigkeit“ im „Arbeitsmarktreport nach Ländern, Kreisen und kreisfreien Städten, Regionaldirektionen und Agenturen für Arbeit“ aus: http://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/201512/ama/amr-amr/amr-02-0- 201512-xlsx.xlsx.