BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2860 21. Wahlperiode 19.01.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 13.01.16 und Antwort des Senats Betr.: Großsiedlungen nur in Bergedorf? Die Wohnungsbaupolitik des Senats für Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte steht in der Kritik. Vor allem die CDU warnt vor einer Ghettobildung. Auch von Umweltschützern wird kritisiert, dass vermehrt frühere Projekte aus der Schublade geholt und durch den Zuzug von Asylbewerbern legitimiert werden (NABU). Durch große Wohnsiedlungen werden ökologisch wertvolle Flächen ohne entsprechenden Ausgleich versiegelt. Einem Bericht des „Hamburger Abendblatts“ zu Folge will Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt nunmehr angeblich auf die bislang geplanten Großsiedlungen für Flüchtlinge verzichten und nur noch im sogenannten alten Gleisdreieck im Bezirk Bergedorf den Bau einer Großsiedlung mit 800 Wohnungen für rund 4.000 Flüchtlinge vorantreiben. Eine Abkehr von der Flüchtlingsunterbringung in Großsiedlungen wäre außerordentlich zu begrüßen. Gleichwohl bliebe es mit der geplanten Bebauung im Gleisdreieck für Bergedorf bei einer Zerstörung des wichtigen Naturkorridors zwischen den Naturschutzgebieten Boberger Niederung und Die Reit. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Bei den geplanten Quartieren der Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen handelt es sich weder quantitativ noch qualitativ um Großsiedlungen beziehungsweise Großwohnsiedlungen (unter anderem mindestens 1.000 Wohnungen). Im Übrigen siehe Drs. 21/1838. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Beabsichtigt der rot-grüne Senat seinen integrationsfeindlichen Sonderweg mit der Einrichtung von Massenunterkünften tatsächlich zu verlassen ? Wenn ja, bitte detailliert ausführen, welche Planungen jeweils in den Bezirken verworfen und welche fortgeführt werden. Wenn nein, warum nicht? Der Senat hält weiter daran fest, bis zu 5.600 zusätzliche Wohnungen als Flüchtlingsunterkünfte im Standard des öffentlich geförderten Wohnungsbaus in diesem Jahr zu errichten. Die derzeitige Situation gibt keinen Anlass, von diesem Ziel abzuweichen. Dem Senat ist es ein Anliegen, von Anfang funktionierende, stabile Quartiere zu entwickeln , die Teilhabe und Integration ermöglichen. Drucksache 21/2860 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Wie ist der aktuelle, konkrete Sach- und Planungsstand für Großsiedlungen von allen landesweiten Vorhaben (gemäß Drs. 21/1838)? Bitte ausführen . Großsiedlungen (mit mindestens 1.000 Wohnungen) als landesweite Vorhaben (im Sinne einer Senatsplanung) befinden sich derzeit nicht in Planung. 3. Hält der rot-grüne Senat weiterhin an der Zerstörung des wichtigen Naturkorridors zwischen den Naturschutzgebieten Boberger Niederung und Die Reit durch die Errichtung einer Massenunterkunft im alten Gleisdreieck fest? Wenn ja, wieso prüft und berücksichtigt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde nicht die auf bezirklicher Ebene vorgeschlagene Liste mit elf Standorten, die für eine kleinteiligere Unterbringung ohne Antasten des Naturkorridors von der CDU vorgeschlagen wurde? Wenn nein, was wird stattdessen geplant? Der Senat hält weiter an der Errichtung von Wohnbauten im Gleisdreieck fest. Naturschutzgebiete sind nicht betroffen. Die Vorhabenfläche am Mittleren Landweg „Gleisdreieck “ ist im Flächennutzungsplan (FNP) und im Landschaftsprogramm (Lapro) als gewerbliche Baufläche dargestellt. Sie ist demnach auch nicht Teil des Biotopverbundes oder des Grünen Netzes. Mit der Darstellung im FNP wird die Planungsabsicht der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) behördenverbindlich kundgetan, an dieser Stelle Bauflächen zu realisieren. Durch die Realisierung der Vorhabenfläche würde der bestehende Landschaftskorridor im Bereich des Gleisdreiecks von circa 1 km auf 600 m Breite reduziert. Dies wird naturschutzfachlich gemäß Lapro als ausreichend breit erachtet. Ein Biotopkorridor zwischen den Naturschutzgebieten Boberger Niederung und Die Reit bleibt erhalten. Die naturschutzfachlich hochwertigen Bereiche des Landschafts- beziehungsweise Biotopkorridors sollen durch die Ausweisung als Naturschutzgebiet „Allermöher Marsch“ geschützt werden. Eine ausreichende Verbindung zwischen den Naturschutzgebieten „Boberger Niederung“ und „Die Reit“ ist damit gewährleistet. Die Flächen des Gleisdreiecks sind kein Bestandteil des Biotopverbunds. Im Übrigen siehe Drs. 21/2327. Die Vorhabenfläche selbst stellt sich weitestgehend als intensiv genutztes Grünland ohne Artenbesonderheiten dar. Vielfach kommen überwiegend Ubiquisten („Allerweltsarten “) vor, sodass dieser Fläche eine geringe Wertigkeit als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zuzuordnen ist. Auf Antrag der Fraktionen SPD, CDU und GRÜNE hat die Bezirksversammlung am 27. August 2015 für die Bereitstellung zusätzlicher 1.000 Unterbringungsplätze im Jahr 2016 die Flächen Binnenfeldredder/Bünt, östlich Speckenweg, Dweerlandweg und die Fläche neben dem Unfallkrankenhaus einstimmig beschlossen. Diese vier Flächen werden gemäß dem Beschluss weiterhin und parallel zu der Fläche Mittlerer Landweg Gleisdreieck für die öffentlich-rechtliche Unterkunft geprüft. 4. Wie ist der aktuelle Planungsstand des Senats gemeinsam mit dem Bezirksamt und den zuständigen Dienststellen zur Sicherstellung der Versorgung mit sozialer Infrastruktur für die zukünftige Bebauung des alten Gleisdreiecks? 5. Welche Ergebnisse haben die Prüfungen für Nahversorgungsangebote ergeben? Dem Senat ist es ein Anliegen, von Anfang an funktionierende, stabile Quartiere zu entwickeln, die Teilhabe und Integration ermöglichen. Dementsprechende Planungen für die Entwicklung einer tragfähigen sozialen Infrastruktur und Nahversorgung am Mittleren Landweg sind in Erarbeitung und derzeit noch nicht abgeschlossen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/2860 3 6. Welche konkreten Flächen für Kindertagesheime sowie Begegnungsräume sind innerhalb des Quartiers beziehungsweise der Gebäude vorgesehen und wie werden diese baulich gestaltet, integriert und erreichbar sein? Im Quartier sind vier Kindertagesstätten in den Erdgeschossen der Wohnbebauung mit jeweils 60 bis 80 Plätzen verteilt. Bei der Herstellung der Kitaflächen sind die Richtlinien für den Betrieb von Kindertageseinrichtungen zu beachten. 7. Wie ist der aktuelle Planungsstand für zusätzlichen Verkehrszuwegungen ? Derzeit gibt es keinen aktuellen Planungsstand. 8. Wie und wo sollen die notwendigen Bautransporte (allein im Gleisdreieck circa 120.000 m3 Sand, 3.000 Rohre und so weiter) verkehrlich entlanggeführt werden? Der Investor wird kurzfristig einen Baustellenlogistiker beauftragen, um einen reibungslosen Zu- und Abfahrtsverkehr der notwendigen Bautransporte zur Vorhabenfläche zu ermöglichen. 9. Welche sonstigen Plankonkretisierungen gibt es? Siehe Antwort zu 4. und zu 5. 10. Wie werden die Anlieger über den Planungsstand informiert und beteiligt ? Die Bauantragsunterlagen und die dazugehörige Umweltverträglichkeitsprüfung liegen zur Einsichtnahme aus. Dies wurde öffentlich bekanntgegeben unter www.hamburg.de/bergedorf/4653730/mila/. Zwei öffentliche Veranstaltungen haben bereits stattgefunden, je nach Planungsstand werden weitere öffentliche Veranstaltungen folgen. Mit den unmittelbar angrenzenden Grundeigentümern wurden Einzelgespräche geführt.